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Verfahrensentwicklung: Von der ersten Idee zur chemischen Prodiktionsanlage
Verfahrensentwicklung: Von der ersten Idee zur chemischen Prodiktionsanlage
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eBook847 Seiten4 Stunden

Verfahrensentwicklung: Von der ersten Idee zur chemischen Prodiktionsanlage

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Über dieses E-Book

Von der Ideenfindung zur chemischen Produktionsanlage ist es ein weiter Weg. Kaum etwas ist so komplex wie die Herstellung chemischer Produkte.

Die verschiedensten Aspekte - auch solche, die in der Ausbildung von Naturwissenschaftlern vielleicht nur am Rande oder gar nicht berücksichtigt werden wie etwa Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, die Patent- und Lizenzsituation, Anforderungen an den Standort, Entsorgungsprobleme - werden dargestellt.

Das Buch eignet sich für den Berufsanfänger ebenso wie für den Praktiker im Betrieb. Es ist eine gemeinsame Grundlage für Ingenieure und Chemiker und sollte als Nachschlagewerk auf keinem Schreibtisch fehlen.

Der Autor beschränkt sich nicht auf Verweise auf weiterführende Literatur: viele Fakten werden wiederholt und in Zusammenhang zum Thema gebracht, Formeln kurz abgeleitet, so dass sich der Gang in die Bibliothek und der Griff zu weiteren Büchern häufig erübrigt. Es hilft Mitarbeitern in Forschung und Entwicklung ebenso wie Betriebsleitern, Fehler zu vermeiden und vermittelt die nötige Sicherheit.

SpracheDeutsch
HerausgeberWiley
Erscheinungsdatum14. März 2012
ISBN9783527660742
Verfahrensentwicklung: Von der ersten Idee zur chemischen Prodiktionsanlage

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    Buchvorschau

    Verfahrensentwicklung - G. Herbert Vogel

    Contents

    Vorwort

    1 Einführung

    1.1 Das Ziel industrieller Forschung und Entwicklung

    1.2 Die Produktionsstruktur der chemischen Industrie

    1.3 Die Aufgabe der Verfahrensentwicklung

    1.4 Ideenfindung

    2 Die chemische Produktionsanlage und ihre Bestandteile

    2.1 Katalysator

    2.2 Reaktor

    2.3 Produktaufarbeitung (thermische- und mechanische Trennverfahren)

    2.4 Rohrleitungssystem, Pumpen, Kompressoren

    2.5 Energieversorgung

    2.6 Produktversorgung und Lagerung

    2.7 Rückstandsentsorgung [Rothert 1992]

    2.8 Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik

    2.9 Anlagensicherheit

    2.10 Werkstoffauswahl

    3 Verfahrensunterlagen

    3.1 Chemische Daten

    3.2 Massenbilanz

    3.3 Stoffdaten

    3.4 Aufarbeitung

    3.5 Patent- und Lizenzsituation

    3.6 Entwicklungskosten

    3.7 Standort

    3.8 Marktsituation

    3.9 Rohstoffe

    3.10 Anlagenkapazität

    3.11 Entsorgungssituation

    3.12 Endprodukt

    4 Ablauf einer Verfahrensentwicklung

    4.1 Die Verfahrensentwicklung als iterativer Prozess

    4.2 Die Aufstellung des ersten Verfahrenskonzeptes

    4.3 Die Prüfung der Einzelschritte

    4.4 Mikroplant, Schnittstelle zwischen Labor und Technikum

    4.5 Die Prüfung des Gesamtverfahrens im Technikum

    5 Planung, Errichtung und Betriebnahme einer Chemieanlage

    5.1 Allgemeiner Ablauf einer Projektabwicklung

    5.2 Wichtige Teilaspekte bei der Projektabwicklung

    5.3 Commissioning

    5.4 Inbetriebnahme

    6 Verfahrensbewertung

    6.1 Erstellung von Studien

    6.3 Wirtschaftliches Risiko

    7 Trends in der Verfahrensentwicklung

    8 Anhang

    Anhang 8.1 Mathematische Formeln

    Anhang 8.2 Naturkonstanten.

    Anhang 8.3 Elementzusammenstellung mit relativen Atommassen und Bindungsradien sowie Schmelz- und Siedepunkten.

    Anhang 8.4 Umrechnung verschiedener Maßeinheiten in SI-Einheiten

    Anhang 8.5 Wichtige Zusammenhänge zwischen abgeleiteten Einheiten und Basiseinheiten.

    Anhang 8.6 Umrechnung von Konzentrationsangaben binärer Mischungen der gelösten Komponente A im Lösungsmittel B.

    Anhang 8.7 Van-der-Waals-Konstanten a und b und kritische Werte für einige Gase in alphabetischer Reihenfolge.

    Anhang 8.8 Wärmekapazitäten einiger Stoffe und ihre Temperaturabhängigkeit.

    Anhang 8.9 Thermodynamische Daten ausgewählter organischer Verbindungen

    Anhang 8.10 Größenordnung der Reaktionsenthalpie ΔRH ausgewählter technischer Reaktionen [Weissermel 1994].

    Anhang 8.11 Antoine-Parameter ausgewählter organischer Verbindungen

    Anhang 8.12 Eigenschaften von Wasser

    Anhang 8.13 Eigenschaften von trockener Luft (Molmasse: M = 28,966 g mol-1).

    Anhang 8.14 Dimensionslose Kennzahlen.

    Anhang 8.15 Wichtige gesetzliche Regelungen beim Umgang mit Stoffen.

    Anhang 8.16 Gefahren- und Sicherheitshinweise.

    Anhang 8.17 Die 25 größten Unternehmen der Welt im Jahr 2000.

    Anhang 8.18 Die 25 größten Unternehmen in Deutschland im Jahr 2000.

    Anhang 8.19 Oberflächenuntersuchungsmethoden.

    9 Literatur

    Register

    Prof. Dr. G. Herbert Vogel

    TU Darmstadt

    Ernst Berl Institut für Technische und Makromolekulare Chemie

    Petersenstraße 20

    64287 Darmstadt

    Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autor und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler keine Haftung.

    Die Deutsche Bibliothek –

    CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist erhältlich bei Der Deutschen Bibliothek

    © Wiley-VCH Verlag GmbH

    Weinheim 2002

    Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprachen übertragen oder übersetzt werden.

    Print ISBN 9783527287215

    Epdf ISBN 978-3-527-66104-6

    Epub ISBN 978-3-527-66074-2

    Mobi ISBN 978-3-527-66073-5

    Meinen Kindern

    Birke, Karl, Anke und Till

    Vorwort

    Die Idee des Buches war es, dem Akademiker nach seiner Ausbildung den Übergang von der Universität in die chemische Industrie zu erleichtern. Allen Diplomanden und Doktoranden der Natur-, Ingenieur-, aber auch Wirtschaftswissenschaften, die kurz vor dem Wechsel in die chemische Industrie stehen, soll dieses Buch das Rüstzeug in die Hand geben, das ihnen einen problemlosen Start ins Berufsleben ermöglicht und sie dem erfahrenen Industriechemiker und -ingenieur von Anfang an als kompetente Gesprächspartner gegenüberstehen lässt.

    Dieses Buch richtet sich aber auch sowohl an langjährige Mitarbeiter aus der Industrie, die ein umfassendes aber knappes Nachschlagewerk suchen, wenn sie Ratschläge zur Pröblemlosung brauchen, als auch an Studenten der Technischen Chemie, die ihr Wissen zur Prüfungsvorbereitung auffrischen wollen.

    In den Kapiteln 3 bis 6 wird die Entwicklung und Bewertung von Produktionsverfahren sowie die Abwicklung von Projekten aus der Sicht des Chemikers geschildert. Die unterschiedlichsten Aspekte, die berücksichtigt werden müssen, bevor und während eine Chemieanlage geplant, gebaut und in Betrieb genommen wird, werden behandelt: chemische, ingenieur- und materialwissenschaftliche, juristische, betriebswirtschaftliche, sicherheitstechnische und andere.

    Das nötige Grundwissen vermittelt Kapitel 2 mit dem Titel „ Die chemische Produktionsanlage und ihre Bestandteile". Es behandelt die wichtigsten Teilgebiete der Technischen Chemie wie Katalyse, Chemische Reaktionstechnik, Trennverfahren, Hydrodynamik, Stoff- und Energielogistik, Mess- und Regeltechnik, Anlagensicherheit, Werkstoffauswahl. So sorgt es als kurzes Lehrbuch der Chemischen Technologie, welches in das Buch integriert ist, auch dafür, dass der Leser nicht weitere Bücher zu Rate ziehen muss, sollte ihm an manchen Stellen das Fachwissen nicht mehr gegenwärtig sein. Ein ausführlicher Anhang (mathematische Formeln, Umrechnungen, thermodynamische Daten, Stoffdaten, gesetzliche Regelungen u. a.) unterstützt ihn dabei.

    Das vorliegende Buch spiegelt die industrielle Erfahrung wider, die ich in den Jahren von 1982 bis 1993 bei der BASF AG, Ludwigshafen bei Entwicklung, Planung, Bau und Inbetriebnahme petrochemischer Produktionsanlagen gesammelt habe. Daher ist die Auswahl der Themen und die Vorgehensweise natürlich subjektiv. Meinen Lehrmeistern auf diesem Gebiet, Herrn Dr. Gerd Dümbgen und Herrn Dr. Fritz Thiessen gebührt an dieser Stelle mein besonderer Dank.

    Ohne die aktive Hilfe von Herrn Dr.-Ing. Gerd Kaibel (BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen) wäre dieses Buch nicht realisierbar gewesen. Er steuerte seine große industrielle Erfahrung bei, und hatte die Bearbeitung des Kapitels 2.3 über thermische und mechanische Trennverfahren uäbernommen.

    Herrn Prof. Dr. Wilfried J. Petzny (ehemals EC Erdölchemie GmbH, Köln) danke ich für die Durcharbeitung des Manuskriptes und seine konstruktive Kritik sowie Kommentare, die ich gerne übernommen habe.

    Schließlich bin ich Herrn Dieter Böttiger (TU Darmstadt) für die Erstellung vieler Abbildungen sowie meiner ältesten Tochter Birke Vogel (BASF AG, Ludwigshafen) für die Einführung in die neue Rechtschreibung und das Korrekturlesen zu Dank verpflichtet.

    Für die in diesem Buch enthaltenen Fehler und Mängel bin ich alleine verantwortlich.

    Darmstadt und Ludwigshafen, im Februar 2002

    G. Herbert Vogel

    1

    Einführung

    1.1 Das Ziel industrieller Forschung und Entwicklung

    In der chemischen Industrie (Abb. 1-1) werden ca. 7% des Umsatzes für Forschung und Entwicklung ausgegeben [Jahrbuch 1991, VCI 2000, VCI 2001] (Tab. 1-1 und Anhang 8.16). Dieser Betrag liegt in der Größenordnung des Unternehmensgewinnes oder der Kapitalinvestitionen. Die Aufgabe des Forschungsmanagements ist es, diese Mittel zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen einzusetzen [Meyer-Galow 2000]. Denn der Markt hat sich verändert, von einem nationalen Verkaufermarkt nach dem zweiten Weltkrieg (Nachfrage > Angebot) zu einem Weltmarkt mit immer großer werdenden Konkurrenzdruck. Dies ist nicht ohne Auswirkung auf die Struktur der großen Chemiefirmen geblieben: aus integrierten, breit diversifizierten Konzernen (z. B. Hoechst, ICI, Rhone-Poulenc) sind in den 90er Jahren Spezialisten für Bulk- Chemikalien (Dow/UCC, Celanese, Elenac/Montell), Fein- und Spezial-Chemikalien (Clariant, Ciba SC) sowie Wirkstoffformulierungen (Pharma, Agro wie Aventis, Norvatis) geworden [Felcht 2000, Perlitz 2000].

    Da chemische Verkaufsprodukte im Gegensatz zu Konsumgütern (z. B. Automobile oder Artikel der Modebranche) überwiegend „emotionslose Produkte" sind (Beispiele: Polyethylen, Salzsäure), gelten fur den professionellen Chemiekunden in erster Linie nur die Kaufanreize: Nutzen und Preis. Alle Forschungsaktivitaten eines Industrieunternehmens müissen sich daher in letzter Konsequenz auf drei Basisfaktoren von Wettbewerbsvorteilen reduzieren, nämlich das Billiger und/oder das Besser und/oder das Schneller als der Wettbewerber. Die UND-Kombination bietet die größ- ten Wettbewerbsvorteile und wird daher auch als Weltmeisterstrategie bezeichnet.

    Abb. 1-1 Marktkapitalisierung großer Chemiekonzerne [Meyer-Galow 2000].

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    Tab. 1-1 Wachstumskennzahlen der deutschen Chemischen Industrie [VCI 2001].

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    Tab. 1-2 Grobstruktur der Herstellkosten.

    Häufiger wird man sich mit der ODER-Kombination schon zufrieden geben müssen. Das qualitative Billiger kann durch eine Herstellkostenanalyse quantifiziert werden. Dazu genügt es zunächst, sich die Grobstruktur der Herstellkosten anzuschauen. Jede Position in Tab. 1-2 kann so fiär sich analysiert und das Gesamtsystem optimiert werden. Der Wettbewerbsvorteil Besser bezieht sich heute nicht nur auf die Faktoren Verfügbarkeit und Produktqualität, sondern auch auf die Umweltverträglichkeit des Verfahrens [Gärtner 2000], das Qualitätssicherungskonzept, Lieferzeit, Exklusivität [Krekel 1992] usw.

    1.2 Die Produktionsstruktur der chemischen Industrie

    Wenn man die Produktionsstruktur der chemischen Industrie betrachtet [Petrochemie 1990, BASF 1999, Petzny 1999], so stellt man fest, dass es nur einige hundert große Grund- und Zwischenprodukte gibt, die im Maßstab von mindestens einigen tausend bis zu mehreren Millionen Jahrestonnen weltweit hergestellt werden. Diese relativ kleine Gruppe von Schlüsselprodukten, die wiederum nur aus ca. 10 Rohstoffen hergestellt werden, bilden den stabilen Sockel, auf dem sich die weitverzweigte Veredlungschemie (Farbstoffe, Pharmaka usw.) mit ihren vielen tausend, oft nur kurzlebigen Endprodukten aufbaut [Amecke 1987]. Es entstanden die bekannten Stammbäume (Abb. 1-2), die wir auch als Synonym für einen intelligenten Produktionsverbund mit oft erfolgsentscheidenden Synergien verstehen müssen.

    Abb. 1-2 Produktionsstammbaum der chemischen Industrie. Ausgehend von wenigen Rohstoffen gelangt man über die Grund- und Zwischenprodukte zu den Feinchemikalien, Veredlungs- und Verbraucherprodukten sowie Spezialchemikalien und Wirkstoffen [Quadbeck 1990, Jentzsch 1990, Chemie Manager 1998, Raichle 2001].

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    Ein besonderes Kennzeichen der Grund- und Zwischenprodukte ist ihre Langlebigkeit [Raichle 2001]. Sie sind durch die große Zahl ihrer Folgeprodukte und die Vielfalt ihrer Verwendungsmöglichkeiten statistisch so gut abgesichert, dass sie vom ständigen Wandel in den Verkaufspaletten kaum berührt werden. Anders als viele Endprodukte, die im Laufe der Zeit durch bessere abgelöst werden, haben jene selbst keinen Lebenszyklus. Der Wandel erfasst bei ihnen jedoch die Verfahren zu ihrer Herstellung. Er wird einerseits durch neue technische Möglichkeiten und Fortschritte seitens der Forschung initiiert, andererseits aber auch von der jeweils herrschenden Rohstoffsituation diktiert (Abb. 1-3, Tab. 1-3).

    Abb. 1-3 Die Rohstoffbasis der chemischen Industrie im Wandel der Zeit [Graeser 1995, Petzny 1997, Plotkin 1999, Van Heek 1999].

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    Langfristig wird es in 40 bis 50 Jahren zu einer Erdölverknappung kommen, was einen verstärkten Einsatz von Erdgas zur Folge haben wird. Als langfristigster fossiler Energieträger mit mehr als 500 Jahren Reichweite ist sicher die Kohle anzusehen. Ob die Erdgasvorräte in Form von Methanhydrat – hier ist mehr Kohlenstoff gespeichert als in den übrigen fossilen Rohstoffen – erschließbar sind, kann heute noch nicht beantwortet werden, da diese in geographisch ungünstigen Lagen (Permafrostgebiete, Kontinentalhänge der Ozeane, Tiefsee) liegen.

    Tab. 1-3 Weltproduktionszahlen in Mio. jato der wichtigsten Energie- und Rohstoffquellen [Hopp 2000].

    *) 1 t SKE (Steinkohleeinheiten) = 882 Nm³ Erdgas = 0,7 t Öläquivalente = 29,3 10⁶ kJ

    Bei den Grund- und Zwischenprodukten hat nicht das chemische Individuum, sondern das Herstellverfahren bzw. die Technologie ihre Lebenskurve. Abb. 1-4 stellt bei spielhaft die Lebenszyklen der Acrylsäure- und Ethylenoxidverfahren dar [Jentzsch 1990, Ozero 1984]. Um hier im Wettbewerb bestehen zu können, muss der Produzent die Kostenführerschaft bei seinen Verfahren besitzen. Strategische Erfolgsfaktoren sind daher [Felcht 2000]:

    eine ausgefeilte Prozesstechnologie

    die Nutzung der economy of scale durch word-scale-Anlagen

    die Nutzung einer flexiblen Verbundstruktur am Produktionsstandort

    die professionelle Abwicklung der Logistik großer Produktströme.

    Abb. 1-4 Lebenszyklus der

    a) Acrylsäureproduktionsverfahren:

    . . . . . . . . . Cyanhydrin- und Propiolacton-Prozess

    – – – – – – Reppe-Prozess

    ————– Heterogenkatalysierte Propylenoxidation (2000:3,456 Mio.t; 2003:4,8 Mio.t (geschätzt) [Vogel 2001])

    – . – . – . – neue Prozesse?

    b)Ethylenoxidproduktionsverfahren.

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    Die Anforderungen an die Verfahrensentwicklung für die Feinchemikalien unterscheidet sich deutlich von denen an die Grund- und Zwischenprodukte (Abb. 1-5 und Abb. 1-6). Neben den schon diskutierten Randbedingungen Besser und/oder Billiger kommen hier hinzu Time to Market (= Produktion des Produktes zur richtigen Zeit für eine begrenzte Periode) und fokussierter F&E-Aufwand. Nur eine kleine Anzahl von Feinchemikalien wie Vanillin, Menthol, Ibuprofen u. a., erreichen bzgl. Produktionshöhe und Lebensdauer die Bulkchemikalien. Weitere strategische Erfolgsfaktoren bei diesem Geschäft sind [Felcht 2000]:

    strategische Entwicklungspartnerschaften mit wichtigen Kunden.

    das Potenzial, komplizierte mehrstufige organische Synthesen entwickeln zu konnen.

    ein breites Technologieportfolio bei den entscheidenden Synthesemethoden.

    zertifizierte Technikums- und Produktionsanlagen.

    Renommee und Image als kompetenter und zuverlässiger Lieferant.

    Spezialchemikalien sind komplexe Mischungen, deren Wertschöpfung in der synergistischen Wirkung der Inhaltsstoffe beruht. Die Anwendungstechnik ist hier entscheidend für den Verkaufserfolg. Der Hersteller kann nicht mehr alle Inhaltsstoffe selbst produzieren, was zu gewissen Abhängigkeiten führt. Strategische Erfolgsfaktoren für den Hersteller sind [Felcht 2000, Willers 2000]:

    gute Marktkenntnisse über die Bedürfnisse der Kunden

    eine Vielzahl von magic ingredients im Portfolio

    gutes technologisches Verständnis der Kundensysteme

    Technologiebreite und Flexibilität.

    Abb. 1-5 Größenordnung der Produktpreise als Funktion der Produktionshöhe für die Grund- und Zwischenprodukte sowie für die Feinchemikalien [Metivier 2000].

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    Abb. 1-6 Vergleich zwischen Bulk- und Feinchemikalien bzgl. Verkaufserlös und Entwicklungszeit des zugrundliegenden Produktionsverfahrens [Metivier 2000].

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    Wirkstoffe wie Pharma- und Agroprodukte lassen sich nur während der Patentlaufzeit wirtschaftlich vermarkten, bevor Generikaanbieter auf den Markt drängen. Die Wirkstoffhersteller müssen sich daher sowohl auf die teure Forschung konzentrieren als auch sofort nach dem Ende der Wirksamkeitsstudien und der Zulassung mit dem weltweiten Vertrieb beginnen, um in der Patentrestlaufzeit keine Zeit für die Markterschließung zu verlieren. Dagegen tritt die eigentliche chemische Produktion der Wirkstoffe in den Hintergrund. Benötigte Vorprodukte können von Zulieferern gekauft und die Produktion des Wirkstoffes nach außen vergeben werden. Erfolgsfaktoren für die Wirkstoffhersteller sind [Felcht 2000]:

    Erforschung der biomolekülaren Krankheitsursachen und Targetsuche für pharmakologische Effekte.

    effiziente Wirkstoffentwicklung (High Throughput Screening, Leitstrukturfindung und -optimierung, klinische Entwicklung)

    Patentschutz

    leistungsfähige Vertriebsorganisation.

    Unternehmen, die bereits über Wettbewerbsvorteile verfügen, müssen in ihrer Forschungs- und Entwicklungsstrategie die Technologie-S-Kurve [Marchetti 1982, Marquardt 1999] berücksichtigen (Abb. 1-7). Aus ihr wird ersichtlich, dass mit zunehmendem Forschungs- und Entwicklungsaufwand für eine bestimmte Technologie die Produktivität dieser Aufwendungen im Zeitablauf abnimmt [Krubasik 1984]. Nähern sich Unternehmen der Grenze der Möglichkeiten einer bestimmten Technologie, so beanspruchen sie überproportional hohe Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, mit dem Ergebnis, dass der Beitrag dieser Anstrengungen für die Forschungsziele Billiger und/oder Besser immer marginaler und dem Imitator immer die Möglichkeit geben wird, den technischen Vorsprung einzuholen. Hingegen hat es ein Neuling schwer, in einen etablierten Markt einzudringen. Aber wie japanische und koreanische Firmen in der Vergangenheit zeigten, ist dies nicht unmöglich. Die Abb. 1–8 zeigt die sog. Lernkurve für einen bestimmten Produktionsprozess. Aufgetragen sind – in doppellogarithmischer Darstellung (Potenzgesetz y = xn) – die Herstellkosten als Funktion der akkumulierten Produktionsmenge, die als Maß für die Prozesserfahrung aufgefasst werden kann.

    Abb. 1–7 Die Technologie-S-Kurve [Specht 1988, Blumenberg 1994]. Beim Übergangvon der Basistechnologie (____) zu einer neuen Schrittmachertechnologie (– – –) steigt die Produktivität der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen erheblich an.

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    Abb. 1–8 Lernkurve: Herstellkosten (HK) als Funktion der akkumulierten Produktion, die als Maß für die Prozesserfahrung aufgefasst werden kann, in doppellogarithmischer Darstellung [Semel 1997]: ♦ inländindischer Produzent, ausländischer Konkurrent (Erläuterungen s. Text).

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    Mit steigender Erfahrung sinken die Herstellkosten für ein bestimmtes Produkt. Wenn aber z. B. ein ausländischer Konkurrent aufgrund von besseren Standortbedingungen sein Produkt in einer Neuanlage mit deutlich niedrigeren Anfangskosten herstellen kann, hat er nach ca. 100 000 Tonnen Produktionserfahrung (Abb. 1–8) den inlandischen Wettbewerber, der schon 10 Mio. Tonnen produziert hat, eingeholt und kann danach billiger produzieren.

    Spätestens wenn ein Unternehmen im oberen Bereich der Produkt- oder Technologie-S-Kurve angelangt ist, stellt sich die Frage, ob durch Innovation nicht ein Übergang von der Standardtechnologie zu einer neuen Schrittmachertechnologie notwendig ist, um sich einen ausreichend großen Wettbewerbsvorteil zu erarbeiten [Perlitz 1985, Börnecke 2000]. Abb. 1–7 gibt schematisch diesen Umstieg auf eine neue Schlüsseltechnologie wieder. Aus ihr wird deutlich, wie im Übergang von einer Basistechnologie zu einer neuen Schrittmachertechnologie die Produktivität im Forschungs- und Entwicklungsbereich steigt und sich auf diese Weise beachtliche Wettbewerbsvorteile erzielen lassen [Miller 1997, Wagemann 1997].

    Die Technologiepotenziale der alten Technologie sind nur noch gering für eine Weiterentwicklung eines Besser und/oder Billiger, während bei der neuen Technologie beträchtliche Potenziale für Wettbewerbsvorteile geschaffen werden. Gerade für hochentwickelte Länder wie Deutschland, Japan u. a., die arm sind an natürlichen Rohstoffen, basiert der Wohlstand im wesentlichen auf dieser Innovationstätigkeit, denn Forschung bedeutet eine Investition in die Zukunft mit kalkulierbaren Risiken [Mittelstraß 1994], während Kapitalinvestitionen Investitionen in die Gegenwart auf Basis existierender Technologien sind.

    Um abschätzen zu können, ob eine Forschungs- und Entwicklungsstrategie des Besser und/oder Billiger bei einem gegebenen Produkt oder einem Herstellverfahren noch längerfristig tragbar ist, muss das F&E-Management ein Frühwarnsystem entwickeln [Collin 1986, Jahrbuch 1991, Steinbach 1999, Fild 2001]. Dieses soll den optimalen Zeitpunkt bestimmen, wann ein Unternehmen in ein neues Produkt oder eine neue Technologie umsteigen soll [Porter 1980, Porter 1985]. Entscheidend ist dabei, möglichst viele aktuelle Informationen über die Aktivitäten der Konkurrenz zur Verfügung zu stellen. Zur Informationsbeschaffung eignen sich nicht nur die Patentliteratur [Narin 1993], sondern auch externe Vorträge, Tagungen, Firmenschriften und vor allem der Einblick in Offenlegungsunterlagen von Konkurrenzfirmen bei Behörden (Kap. 3.5). Da industrielle Forschung sehr teuer ist, braucht man Instrumente mit denen man das Forschungsbudget gezielt steuern kann [Christ 2000, Börnecke 2000, Kraus 2001], z. B. durch eine:

    Kosten/Nutzen-Analyse für bestimmte Produktbereiche, wobei der Nützen vom entsprechenden nutzenden Geschaüftsbereich festgelegt bzw. ermittelt wird. Nachteilig ist hier, dass über die zukünftige Entwicklung nur Vermutungen angestellt werden koünnen.

    Portfolioanalyse (Kap. 3.8), um die Fragen zu beantworten:

    → Wo stehen wir jetzt?

    → Wo wollen wir in 5 oder 10 Jahren stehen?

    → Was müssen wir jetzt dafür tun?

    ABC-Analyse, dient zur Steuerung des F&E-Ressourceneinsatzes. Sie beruht auf der Faustregel, dass:

    → 20% aller Produkte 80% des Umsatzes erwirtschaften oder

    → 20% aller Neuentwicklungen 80% der Entwicklungskosten verursachen.

    Es ist daher wichtig zu erkennen, welches diese 20% sind, um die Prioritäten richtig zu setzen (A = wichtig, ertragreich, größte Erfolgsaussicht / B = geringe Wert- schöpfung / C = weniger wichtige Aufgaben mit geringer Wertschopfung).

    Wie eine Chemiefirma ihre Forschung organisiert ist unterschiedlich und hängt vor allem von dem Produktportfolio ab [Haarer 1999, Eidt 1997]. Meist wird es eine Mischung zwischen den beiden Extremen, der reinen Zentralforschung auf der einen Seite und der dezentralen Forschung (Forschung allein in den Geschäftsbereichen) auf der anderen Seite sein [Hänny 1984].

    1.3 Die Aufgabe der Verfahrensentwicklung

    Die Aufgabe der Verfahrensentwicklung ist die Übertragung von einer im Labor reproduzierbar durchführbaren chemischen Reaktion in technische Dimensionen unter Beachtung der wirtschaftlichen, sicherheitstechnischen, ökologischen und juristischen Rahmenbedingungen [Harnisch 1984, Semel 1997, Kussi 2000].

    Die Laborapparatur steht am Anfang, die Produktionsanlage am Abschluss der Entwicklungsarbeit; dazwischen liegt die Aufgabe der Verfahrensentwicklung. Die Ausführungen in diesem Buch sollen zeigen, wie diese Aufgabe im allgemeinen gelöst wird. Die Reihenfolge der geschilderten Bearbeitungsschritte ist zwar typisch, sie ist aber keinesfalls zwingend. Hier kann nur das Grundgerüst angedeutet werden.

    1.4 Ideenfindung

    In der Literatur sind eine Unzahl von Methoden zur kreativen Ideenfindung [Schlicksupp 1977, Börnecke 2000] zu finden (Tab. 1-4). Bei der täglichen Routinearbeit fehlt es an der notwendigen Zeit, sich um wichtige Dinge wie die Ideenfindung für neue Verfahren und Produkte zu kümmern, man ist mit den dringenden Arbeiten vollauf beschäftigt. Daher sollte man sich bei der Jahresplanung im voraus Termine z. B. für:

    den Besuch von Tagungen, die thematisch nicht nur in das eigene Spezialgebiet fallen

    den Besuch von Forschungseinrichtungen (Institute, Universitäten u. a.)

    die Exkursion zu Firmen

    regelmäßige Diskussionen mit Planern und Vertriebsleuten

    festlegen und bei diesen Veranstaltungen durch intensive Gespräche Ideen für die eigene Arbeit sammeln und später bewerten. Auch kann man durch regelmäßiges Schmökern (browsen) in fachfremder Literatur Anregungen finden.

    Tab. 1-4 Methoden zur kreativen Ideenfindung [Schlicksupp 1977, Börnecke 2000, Kraus 2001].

    2

    Die chemische Produktionsanlage und ihre Bestandteile

    Die Gesamtanlage ist, ähnlich wie ein Lebewesen, mehr als die Summe der einzelnen Bestandteile (hier Units genannt, dort Organe geheißen) [GVC VDI 1997]. Eine gut funktionierende Chemieanlage erfordert das harmonische Zusammenspiel aller Anlagenteile [Sapre 1995]. In Abb. 2-1 sind die wichtigsten Bestandteile einer Chemieanlage wiedergegeben. Da heute mehr als 85% aller technisch durchgeführten Synthesen einen Katalysator benötigen [Romanow 1999], kann man sagen, dass der Katalysator der eigentliche Kern der Anlage ist [Misono 1999]. Die Entwicklung der chemischen Industrie wird im überwiegenden Maße durch die Entwicklung und Einführung neuer katalytischer Verfahren bestimmt. Im Jahre 1995 lag der Handelswert aller Katalysatoren weltweit bei ca. 8,6 Milliarden US-$ (Polymerisation 36%, Chemikalienherstellung 26%, Mineralölverarbeitung 22%, Emissionsbegrenzung 16%) [Quadbeck 1997, Felcht 2001, Senkan 2001].

    Abb. 2-1 Prinzipieller Aufbau einer Chemieanlage. Um die eigentliche Produktionsanlage mit der Eduktvorbereitung, dem Reaktor und der Aufarbeitung des Reaktionsaustrages ranken sich eine Reihe weiterer Hilfseinrichtungen, ohne die ein Betrieb nicht möglich ist.

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    Die chemische Reaktion, die sich am aktiven Zentrum des Katalysators abspielt, bestimmt das Design des Reaktors, der sich darum aufbaut [Bartholomew 1994]. Der Reaktor wiederum bestimmt die Eduktvorbereitung (Zerkleinern, Lösen, Mischen, Filtrieren, Sieben u. a.) und die Produktaufarbeitung (Rektifikation, Extraktion, Kristallisation, Filtration, Trocknung u. a.). Aus deren Struktur folgt wiederum die benötigte Infrastruktur, wie Entsorgung, Tanklager, Energieanschlüsse, Sicherheitseinrichtungen usw. Planungsfehler aufgrund falscher Vorgaben wirken sich aufgrund der in Abb. 2-2 angedeuteten Pyramidenstruktur unterschiedlich stark aus.

    Verhält sich der Katalysator im Betrieb nur geringfügig anders als in der F&E-Vorgabe (z. B. Aktivität, Selektivität, Lebensdauer, mechanische Festigkeit), so hat das dramatische Auswirkungen auf die Gesamtanlage, bis hin zum Verschrotten. Werden Auslegefehler in der „Pyramide" (Abb. 2-2) weiter oben gemacht, so können diese meist durch eine Nachrüstung von Apparaten behoben werden. Eine integrierte Verfahrensentwicklung, wie in Kap. 4 beschrieben, ist erst sinnvoll, wenn die Performance des Katalysator im wesentlichen festliegt. Aufgrund der geschilderten Bedeutung der Katalyse für die Verfahrensentwicklung muss der Verfahrensingenieur über genügende Sachkenntnisse auf diesem Gebiet verfügen, um den Stand der Katalysatorentwicklung sicher beurteilen zu können [Bisio 1997, Armor 1996]. Daher sollen im folgenden Kapitel die wichtigsten Grundlagen der Katalyse [Ertl 1997] näher beleuchtet werden.

    Abb. 2-2 Pyramidenstruktur der Verfahrensentwicklung. Ohne die Basis eines funktionierenden Katalysators ergibt die weitere Verfahrensentwicklung keinen Sinn [Sapre 1995].

    ch2a_image002.jpg

    2.1 Katalysator

    Ein Katalysator muss eine chemische Reaktion nicht nur beschleunigen (Aktivität), sondern auch die Richtung zum gewünschten Produkt weisen (Selektivität).

    Johann W. Döbereiner (1780–1849) war es, der als erster die katalytische Wirkung des Edelmetalls Platin auf ein Wasserstoff/Sauerstoff-Gemisch entdeckte und wirtschaftlich nutzte (Döbereiner-Feuerzeug), ohne den Begriff der Katalyse zu kennen. Er sprach von „Berührungswirkung oder auch „Kontaktprozessen. Erst 10 Jahre später war es Jakob J. Berzelius (1779–1848), der als erster den Begriff „Katalyse" prägte und erklärte [Schwenk 2000]:

    Die katalytische Kraft scheint eigentlich darin zu bestehen, daß bestimmte Körper durch ihre bloße Gegenwart die bei dieser Temperatur sonst nur schlummernden Verwandtschaften zu wecken vermögen…. „Wir bekommen… begründeten Anlaß, zu vermuten, daß in den lebenden Pflanzen und Tieren Tausende von katalytischen Prozessen zwischen den Geweben und den Flüssigkeiten vor sich gehen.

    Nach der noch heute gültigen Definition von Wilhelm Ostwald (1853–1932) ist ein Katalysator jeder Stoff, der, ohne im Endprodukt einer chemischen Reaktion zu erscheinen, ihre Geschwindigkeit verändert [Ertl 1994, Fehlings 1999]. Dabei ist nicht gesagt, dass sich der Katalysator nicht irgendwie verändert. Mit der normalerweise erwünschten Erhöhung der Geschwindigkeit ist eine Erniedrigung der Aktivierungsenergie des geschwindigkeitsbestimmenden Schrittes verbunden (Abb. 2.1-1).

    Abb. 2.1-1 Prinzip der Katalyse am Beispiel einer Umlagerung des Eduktes A in ein Produkt P mit Hilfe einer katalytisch aktiven Spezies K:

    A + K → A – K

    A – K → P – K

    P – K → P + K.

    ΔRH ist die Reaktionsenthalpie der Umsetzung und Ea die Aktivierungsenergie des unkatalysierten Prozesses.

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    Die Katalyse (ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Katalyse" kaτaλvσιΣ (griechisch „katalyein") = losbinden, auflösen) lässt sich in Teilgebiete wie die Homogen-, Heterogen-, Bio-, Foto- und Elektrokatalyse einteilen (Abb. 2.1-2 und Tab. 2.1-1).

    Bei der Homogenkatalyse liegt der Katalysator in einer fluiden Phase gelöst vor (z. B. Säuren, Basen oder Übergangsmetallkomplexe). Ein Beispiel aus der chemischen Industrie ist die Hydroformylierungsreaktion, bei der Olefine an Cobalt- oder Rhodium- Carbonylkomplexen mit Synthesegas (CO/H2-Mischung) zu Aldehyden umgesetzt werden [Weissermel 1994]. Die ersten praktischen Anwendungen der Homogenkatalyse reichen bis in das 8. Jhd. zurück. Zu dieser Zeit wurden Mineralsauren als Katalysatoren verwendet, um Ether durch Dehydratisierung von Ethanol herzustellen [Thomas 1994].

    Bei der Heterogenkatalyse liegt der Katalysator in fester Form vor, die Reaktion läuft an der Phasengrenzfläche Fluid/Festkörper ab. Das berühmte Döbereiner-Feuerzeug [Thomas 1994] war das erste Beispiel für die kommerzielle Nutzung der heterogenen Katalyse. Heute versucht man in der Forschung die Vorteile der beiden Typen zum Beispiel dadurch zu vereinigen, dass man die homogenen Katalysatorkomplexe auf einem festen Tragermaterial zu fixieren versucht (Katalysator-Immobilisierung).

    Abb. 2.1-2 Klassifizierung der Katalyse in die drei wichtigsten Teilgebiete Heterogen-, Homogen- und Biokatalyse.

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    Von den in der Natur vorkommenden ca. 7000 Enzymen sind derzeit mehr als 3000 bekannt, die eine enorme Vielzahl an verschiedenen chemischen Reaktionen katalysieren. Von diesem durch die Natur zur Verfügung gestellten nahezu unerschöpflichen Potenzial werden derzeit nur rund 75 Enzyme industriell genutzt. Der Weltmarkt für industrielle Enzyme wird auf rund eine Milliarde US-$ geschätzt. Einem breiten Einsatz dieser Biokatalysatoren in chemischen Synthesen stehen jedoch häufig inhärente Nachteile entgegen: so ist eine hohe katalytische Aktivität konventioneller Enzym ein der Regel nur innerhalb enger Temperatur- und pH-Wert-Grenzen und in wässrigen Medien gegeben, weshalb eine wirtschaftliche Nutzung, erschwert durch große Reaktorvolumina, oft nicht aussichtsreich ist.

    Tab. 2.1-1 Vor- und Nachteile der homogenen und der heterogenen Katalyse [Cavani 1997] (Ausnahmen bestätigen die Regel).

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