Lean Logistics: Methodisches Vorgehen und praktische Anwendung in der Automobilindustrie
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Über dieses E-Book
Als größter Wirtschaftszweig der deutschen Industrie versucht gerade die Automobilindustrie in den letzten Jahren verstärkt der Volatilität der Märkte mit der Einführung von schlanken Produktionssystemen zu begegnen. Die Konzentration auf Wertschöpfung verbunden mit der konsequenten Vermeidung von Verschwendung wird dabei vor allem in produzierenden Bereichen seit längerer Zeit mit höchster Konsequenz verfolgt. Dies führt zu erhöhten Anforderungen an die Logistik, die auch unter den neuen Rahmenbedingungen sowohl effektiv als auch effizient arbeiten muss. Das methodische Vorgehen, aber auch die praktische Anwendung schlanker Logistiksysteme sind heute jedoch noch weit weniger entwickelt als im Bereich Lean Production, auch wenn eine leistungsstarke und flexible Logistik sich in den letzten Jahren als entscheidender Wettbewerbsvorteil weltweit agierender Wertschöpfungsnetzwerke abzeichnet.
Im Forschungsprojekt LEAN:log wurde am Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik der TU München gemeinsam mit Projektpartnern ausgewählter Unternehmen eine strukturierte und praxistaugliche Herangehensweise zur Umsetzung schlanker Logistikprozesse entwickelt. Das so entstandene Phasenmodell unterstützt Unternehmen von der ersten Idee bis zum unternehmensweiten kontinuierlichen Verbesserungsprozess, indem es detailliert aufschlüsselt, wann im Rahmen einer Transformation zu Lean Logistics welche Veränderungsschritte durchgeführt werden sollten, wie konkret vorgegangen werden muss, welche Methoden und Werkzeuge zur Hilfe genommen werden können und welche Menschen im Unternehmen wann einzubinden sind.
Ziel dieses Buches ist es, den Unternehmen, die sich auf den Weg machen möchten, ihre Logistik „lean“ zu gestalten, ein erprobtes Vorgehen an die Hand zu geben, an dem sie sich orientieren können. So können die richtigen Veränderungen zum richtigen Zeitpunkt sowie in einer strukturierten und standardisierten Weise angestoßen werden, um Lean Logistics geradliniger, schneller und nachhaltiger im Unternehmen zu verankern.
In diesem Buch berichten 21 Autoren von den spezifischen Herausforderungen und Hürden in allen Phasen einer Lean-Einführung und beleuchten dabei die Schwerpunkte Prozesse, Technik und Mensch.
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Buchvorschau
Lean Logistics - Willibald A. Günthner
Herausgeber
Willibald A. Günthner und Julia Boppert
Lean LogisticsMethodisches Vorgehen und praktische Anwendung in der Automobilindustrie
A307887_1_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.gifHerausgeber
Willibald A. Günthner
Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik (fml), Technische Universität München (TUM), Garching, Deutschland
Julia Boppert
trilogIQa - Prozesse. Wissen. Schulung, München, Deutschland
ISBN 978-3-642-37325-1e-ISBN 978-3-642-37326-8
DOI 10.1007/978-3-642-37326-8
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
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Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
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Vorwort
Es ist nichts beständig als die Unbeständigkeit.
Immanuel Kant
Vor mehr als 200 Jahre von Immanuel Kant postuliert, ist dieses bekannte Zitat heute aktueller als je zuvor. Heterogene Marktanforderungen treffen auf eine wachsende Turbulenz der ökonomischen, technologischen, politischen und ökologischen Randbedingungen. Gerade die Automobilindustrie als größter Wirtschaftszweig der deutschen Industrie versucht in den letzten Jahren verstärkt der globalen Herausforderung Volatilität mit der Einführung von schlanken Produktionssystemen zu begegnen. Die Konzentration auf Wertschöpfung verbunden mit der konsequenten Vermeidung von Verschwendung wird dabei vor allem in produzierenden Bereichen seit längerer Zeit mit höchster Konsequenz verfolgt. Dies führt oftmals zu einer zusätzlichen Steigerung der Anforderungen an die Logistik, will sie nicht nur dem Anspruch nach Effektivität sondern auch dem der Effizienz genügen. Das methodische Vorgehen, aber auch die praktische Anwendung schlanker Logistiksysteme sind dabei heute noch weit weniger entwickelt als im Produktionsumfeld, auch wenn eine leistungsstarke und flexible Logistik sich in den letzten Jahren immer mehr als entscheidender Wettbewerbsvorteil weltweit agierender Wertschöpfungsnetzwerke herauskristallisiert.
Dementsprechend war es in den vergangenen drei Jahren die Zielsetzung des Forschungsprojekts LEAN:log, Konzepte, Methoden und Werkzeuge für Effizienzsteigerungen in der Logistik automobiler Netzwerke zu erarbeiten. Unser Dank gilt an dieser Stelle der Bayerischen Forschungsstiftung, die uns durch ihre Unterstützung und Förderung die gemeinsame Arbeit am Projekt und damit ausreichend Freiraum für unsere Ideen und Aktivitäten gewährt hat.
Gemeinsam mit einer Vielzahl von Unternehmen der Automobilwirtschaft dürfen wir heute auf drei Jahre intensiver Forschungstätigkeit, gemeinsamer Projektarbeit und konstruktivem Wissensaustausch zurückblicken, die es möglich machen, dass Sie heute dieses Werk voll mit methodischen Grundlagen zum Themenfeld Lean Logistics und praktischen Anwendungsbeispielen erfolgreicher Unternehmen in Händen halten.
Unser besonderer Dank gilt an dieser Stelle den beteiligten Mitarbeitern des Lehrstuhls fml der TU München ebenso wie den Industriepartnern des Projekts für die intensive Beteiligung und die gleichermaßen spannenden wie lehrreichen Diskussionen.
Hoffentlich finden auch Sie die eine oder andere Anregung zum Dialog oder zur Neugestaltung Ihrer Logistik nach den Prinzipien schlanker Prozessgestaltung, getreu der Zielsetzung:
Alles fließt.
Heraklit von Ephesus
Willibald A. Günthner
Julia Boppert
München
im Januar 2013
Inhaltsverzeichnis
Teil I Lean Logistics – Hintergründe, Entwicklungen und Trends
1 20 Jahre Lean: Persönliche Erfahrungen eines Managers
Stephan Gierszewski
2 Entwicklungsströme und Trends in der schlanken Prozessgestaltung
Julia Boppert, Marc Lügger und Janina Durchholz
3 Lean Logistics im Wandel – neue Aufgaben, Partner und Rahmenbedingungen
Julia Boppert, Janina Durchholz und Willibald A. A.Günthner
Teil II Der Weg zu schlanken Prozessen: Ein Vorgehensmodell
4 In vier Stufen zu einer schlanke Logistik – das LEAN:log-Phasenmodell
Eva Klenk
5 Zehn Leitinien für schlanke Logistik
Janina Durchholz
6 Bewertung von Logistiksystemen
Jürgen Grinninger
Teil III Emotionalisierung – die Grundlage für Veränderung schaffen
7 Vor der Lean-Einführung: Aufgaben, Zielsetzungen und Ergebnisse
Julia Boppert
8 Emotion ist Trumpf – Mitarbeiter für Veränderung begeistern
Julia Boppert
9 Einführung des Meiller-Produktionssystems: Schwierigkeiten, Hürden und Erfolge
Stephan Dichtl
10 Erfahrungsbericht zur weltweiten Einführung des KNPS
Bernd Strohmeier und Jörg Breidenbach
Teil IV Status Quo und Planung schlanker Prozesse
11 Ist-Analyse und Planung: Aufgaben, Zielsetzungen und Ergebnisse
Janina Durchholz
12 Durchgängige Methodenanwendung zur Analyse und Planung schlanker Logistikprozesse
Eva Klenk
13 Logistikorientierte Wertstromanalyse
Tobias Knössl
14 Wertstromdesign für die Logistik – ein Planungsleitfaden
Janina Durchholz
15 Vom Soll-Wertstrom zur Umsetzung – Auslegungsverfahren zur Ausgestaltung und Dimensionierung logistischer Prozessbausteine am Beispiel Produktionssupermarkt
Eva Klenk
16 Schlankes Schnittstellendesign in Theorie und Praxis
Tobias Knössl
17 Unterstützung schlanker Logistik-Prozessgestaltung mit Hilfe eines Simulationstools
Tobias Staab
18 Herausforderung eines Logistikdienstleisters: DB Schenker auf dem Weg zu Exzellenz
Alfred Endörfer
19 Umsetzung neuer Prozesse im Brose-Werk Tschechien – ein Erfahrungsbericht
Michael Werner Daniel
20 Ein Produktionssystem im administrativen Bereich
Kirstin Reblin
Teil V Realisierung und Umsetzung schlanker Prozesse
21 Bei der Umsetzung: Aufgaben, Zielsetzungen und Ergebnisse
Jürgen Grinninger und Johannes Schweizer
22 Der Mensch im Mittelpunkt – Nutzung des intellektuellen Kapitals im schlanken Unternehmen
Julia Boppert
23 Herausforderungen und Hürden bei der Lean-Implementierung
Florian Meindl
24 Synchrone Logistik im BMW-Werk 2.1
Thomas Wiech und Julia Boppert
25 Lean Logistics in der Traktorenproduktion
Tobias Rinza
26 Schlanke Materialversorgungsprozesse am Beispiel eines Nutzfahrzeugherstellers
Sebastian Meißner
Teil VI Verbesserung zum Standard machen – der kontinuierliche Verbesserungsprozess
27 Im laufenden Betrieb: Aufgaben, Zielsetzungen und Ergebnisse
Jürgen Grinninger und Kilian Krempl
28 Lean – eine Reise
Kirstin Reblin
29 Kontinuierliche Verbesserung als „heißer Kern" eines schlanken Produktionssystems
Thomas Wiech
30 Leben mit Unsicherheit – tägliche Herausforderungen im KVP
Julia Boppert
Sachverzeichnis
Autorenverzeichnis
Teil I
Lean Logistics – Hintergründe, Entwicklungen und Trends
Die Zeit wird kommen, wo unsere Nachkommen sich wundern, da wir so offenbare Dinge nicht gewusst haben.
Lucius Annaeus Seneca
A307887_1_De_1_Figa_HTML.jpg© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
Willibald A. Günthner und Julia Boppert (Hrsg.)Lean Logistics10.1007/978-3-642-37326-8_1
1. 20 Jahre Lean: Persönliche Erfahrungen eines Managers
Stephan Gierszewski¹
(1)
Regensburg, Deutschland
Meine Erfahrungen bei der Einführung von Lean-Prinzipien
Ich habe mich lange gefragt, ob ich mich an diesem Buchprojekt beteiligen soll. Ist das Thema nicht längst ausgereizt? Es gibt so viele Bücher über Lean und doch habe ich mich entschieden mitzumachen, da es hier um mehr geht als eine bloße Beschreibung von Lean-Methoden : Es geht um Erfahrungsberichte und praxisorientierte Theorie – von Anwendern geprüft – und auch um die Einführung einer nachhaltigen Kultur der stetigen Verbesserung.
Es geht mir nicht darum, wie es Trend ist, auch ein Buch oder einen Abschnitt dazu geschrieben zu haben, sondern einfach darum, einige Erfahrungen mit Ihnen zu teilen. Vielleicht finden Sie das eine oder andere auch in Ihrem Erleben mit der Einführung von Lean bestätigt oder es ist eine kontroverse These, die Sie zum Nachdenken anregt, oder doch noch ein unerwarteter Tipp, der Ihnen hilft, was mich sehr freuen würde.
Am Anfang war ich getrieben von Methodenwissen …
Aller Anfang ist schwer. Viele beginnen mit der Methodik 5 S, und auch ich habe mit der Vermittlung von Methodenwissen angefangen. Ja, man muss Methoden trainieren. Die Frage ist nur, in welchem Zusammenhang und für welche Zielgruppe. Sie brauchen erfahrene Lean-Experten, die Ihre Organisation mit Methodik unterstützen, und diese sollten so ausgebildet sein, dass sie ihr Wissen auch vermitteln können.
Meine Erfahrung zeigt, dass es wichtig ist, ein allgemeines Verständnis für Lean aufzubauen. Hier geht es darum, das Warum zu verstehen, also „Sehen zu lernen, u. a. was Verschwendung in der Arbeitsumgebung, im Prozess ist. Dann kann man anfangen, sich um Probleme zu kümmern, dort anfangen, wo der „Schuh drückt
, im Alltäglichen verbessern und dies regelmäßig (!), zeigen, dass es einem im täglichen Arbeiten hilft, die Arbeit erleichtert und die Qualität des Ergebnisses verbessert. Wer freut sich nicht, am Ende eines Arbeitstages seine Aufgaben zur vollen Zufriedenheit erledigt zu haben? Kunden und Kollegen haben das Erwartete bekommen.
Standards sind wichtig, ohne geht es nicht. Jedoch wird 5 S mit „Ordnung und Sauberkeit" falsch verstanden. Sicher hilft es, einmal die Ordnerschränke und Schreibtische zu durchstöbern, vor allem, wenn dies schon lange nicht mehr gemacht wurde. Sie werden staunen, was sich da alles angesammelt hat! Ich weiß ja nicht wie es Ihnen geht, aber ich denke nur an meinen Keller und Speicher und was für ein Gefühl es ist wieder Platz zu haben nach einer erfolgreichen Entrümpelungsaktion. Doch bei 5 S geht es um mehr. Es ist nicht das Befreien von Ballast alleine, sondern das Schaffen von gegenseitigen Verabredungen für die gemeinsame Arbeit, einige Regeln, z. B. wie ich die elektronische Datenablage strukturiere, damit die Kollegen Unterlagen genauso schnell finden können wie ich. Es geht um Standards in der Zusammenarbeit – die Regeln werden von jedem Team individuell festgelegt – und bitte nicht um Symbole/ Kennzeichen am Schreibtisch, damit die Kaffeetasse am richtigen Platz steht. Hier wurde 5 S nicht verstanden …
Wenn Sie das beherzigen, dann wird die Einführung von 5 S eine Erfolgsgeschichte. Treffen Sie sich regelmäßig mit Ihrem Team und arbeiten Sie an Verbesserungen. Das stärkt den Zusammenhalt innerhalb des Teams und bringt dauerhafte Verbesserung. Eine Stunde pro Woche genügt, jedenfalls für den Anfang. Arbeiten Sie mit Ihrem Team an Themen, die brennen, die Sie immer schon an effektiver und effizienter Arbeit gehindert haben. Sie werden mit kleinen Verbesserungen im Büroumfeld starten und diese Verbesserungskultur wird sich am Ende auf Ihre gesamten Arbeitsprozesse ausdehnen wie ein (guter) Virus.
Erfolgreich verändern – erfolgreich Lean einführen
Vor dem Start steht das Verstehen. Was steht hinter dem Begriff „Lean? Jedenfalls nicht die wörtliche Übersetzung „schlank
. Wenn Sie Lean in einem Unternehmen einführen wollen, beginnen Sie mit der Leitung. Erklären Sie dem Management, was sich hinter dem Begriff „Lean verbirgt. Schaffen Sie „Awareness
. Sie werden sicher nicht alle überzeugen, doch Sie legen die Basis. Sie müssen die Menschen für den neuen Weg begeistern. Es ist ein Aufbruch, eine Reise, jedoch keine Reise ins Ungewisse. Es gibt ein klares Ziel. Doch auch dieses müssen Sie mit Ihrem Management erarbeiten. Sie beschreiben, was Sie sich als „Reiseziel" vorstellen, eine Leitvision für die Zukunft Ihres Unternehmens. Beschreiben Sie auch das Warum und Wieso. Wecken Sie eine Art Sehnsucht. Das Ziel sollte alle inspirieren, sich auf dem Weg zu machen, die Koffer zu packen und los!
Überdenken Sie Ihre Vision. Denn Sie haben für Ihr Unternehmen sicher bereits eine Vision , doch vielleicht wird diese sich mit dem, was Sie über Lean erfahren haben, verändern. Die Vision sollte drei wesentliche Aspekte adressieren: den Kunden, die Mitarbeiter und die Prozesse. Auf jeden Fall sollte sie von jedem Mitarbeiter Ihres Unternehmens verstanden werden.
Die neue Vision bedeutet Veränderung und jede Veränderung beginnt im Kopf. (So auch bei Unternehmen: Veränderungen müssen im Management beginnnen, um erfolgreich zu sein.) Sie müssen für diese Vision begeistern und alle im Unternehmen mitnehmen. Dazu brauchen Sie überzeugte Helfer – und die kommen zuerst einmal aus dem Management Ihres Unternehmens. Die Führungskräfte leiten den Gedanken dann an die Mitarbeiter weiter.
Die Mitarbeiter werden dann während des Projektes in der Anwendung trainiert. Es darf sich dabei nicht um eine „Klassenzimmerschulung" mit viel Theorie ohne Anwendung handeln, sondern um aktive Umsetzung von Lean auf dem Shopfloor! Sie werden fragen: Und wer führt das durch? Wenn Ihre Projekte bereits von extern unterstützt werden, dann sollte auch die Schulung durch erfahrene, externe Lean-Experten erfolgen. Wenn nicht, dann müssen Sie investieren und sich einen Lean-Experten in Ihr Unternehmen holen, der die Schulungen einige Zeit begleitet. Ziel ist es, Lean-Wissen in Ihr Unternehmen zu transferieren – vom Berater in die Köpfe Ihrer eigenen Mannschaft.
Rolle der Führung und Kompetenz im Unternehmen
Ein exzellentes Wertschöpfungssystem beginnt bei der Unternehmensführung . Die Führungsmannschaft eines Unternehmens muss von der Notwendigkeit der konsequenten Ausrichtung hin zum Kunden überzeugt sein. Innovation und Kundenorientierung machen ein Unternehmen erfolgreich.
Es gilt, die fähigsten Mitarbeiter für das Unternehmen zu gewinnen und zu halten und deren Kompetenz für das Unternehmen zu entwickeln. Nur mit qualifizierten, motivierten Mitarbeitern gibt es Best-in-Class-Produkt e und -Dienstleistung en – und wirtschaftlichen Erfolg. Die Mitarbeiter sind die Wissensträger – sie sichern mit ihrer Innovationskraft und Kreativität das Bestehen eines Unternehmens. Dies gilt für alle Mitarbeiter im Unternehmen, aufgrund ihrer Vorbildfunktion jedoch besonders für die Führungskräfte.
Anforderungsprofil an das Management
Es ist schnell und entscheidungsfreudig, aber nicht waghalsig und weiß die verschiedenen Chancen und Möglichkeiten zu nutzen.
Es vertraut seinen Mitarbeitern und deren Arbeit und belohnt (oder bestraft) ihre Leistung entsprechend.
Es ist beziehungsorientiert, versteht die Probleme seiner Mitarbeiter und schätzt ihre Arbeit. Es ist jedoch nicht so leidenschaftlich, dass es sich durch jedes kleine menschliche Problem belästigt fühlt.
Es zeigt Courage, mutige Entscheidungen zu treffen, und ist folglich bereit, falls erforderlich, Risiken zu tragen. In anderen Worten, es ist bereit für eine richtige Entscheidung seinen Hals zu riskieren.
Es ist Vorbild. Dies führt zu hoher Disziplin in der Firma, ein essenzieller Bestandteil für hohe Produktivität. Gleichzeitig ist das Management bereit dazu zu lernen und befürchtet keinen Gesichtsverlust, wenn über Schwachstellen diskutiert wird.
Die neue Rolle der Führungskraft . Der Teamleader wird zum Trainer und Coach.
Das Management muss die Veränderung wirklich wollen. Dies heißt, nicht nur die Lean-Führungsprinzipien zu kennen, sondern sie vorzuleben. Führungskräfte müssen sich als Coach verstehen. Hierzu gefällt mir immer wieder der Vergleich mit den Aufgaben eines Fußballtrainers. Der Trainer ist nicht derjenige, der die Tore schießt, jedoch muss er sich um die Auswahl der geeigneten Spieler und um deren richtige Aufstellung auf dem Feld gemäß ihrer Fähigkeiten kümmern, heißt, einen Stürmer nicht als Verteidiger einsetzen und umgekehrt. Die zweite wesentliche Aufgabe ist, die Spieler in Spiel und Taktik zu trainieren.
Es ist nicht einfach, diese neue Rolle des Coaches zu verinnerlichen. (Hilfreich ist, sich einen persönlichen „Trainer" zu wählen, der einen eine Zeit lang begleitet.) Es startet mit Glauben und Vertrauen, auch wenn Sie nicht gleich die Ergebnisse in harter Währung sehen werden. Sie müssen Ihren Mitarbeitern vertrauen und Ihnen einen Handlungsrahmen geben, in dem sie eigenverantwortlich handeln können.
Die Mitarbeiter sind das wertvollste Gut des Unternehmens. Sie sind die Erfolgsfaktoren des Unternehmens. Mit ihrem Wissen und Können, ihren Ideen können sie die Zukunft des Unternehmens gestalten. Nun stellt sich die Frage: Wie gewinnt man die Mitarbeiter für das Unternehmen? Eigentlich doch einfach, oder? Sie bezahlen sie gut für ihren Job und schon ist der Erfolg vorprogrammiert. Mitnichten, denn fehlt Vertrauen und erfahren die Mitarbeiter keine Wertschätzung für ihre Arbeit, dann werden sie sich auch nicht mit dem Unternehmen identifizieren, nicht unternehmerisch denken und handeln, dann fühlen sie sich nicht als integraler Teil, sondern als Ressource Arbeitskraft, die eine feste Anzahl von Stunden anwesend sein muss. Doch Sie als Führungskraft werden sich dessen bewusst sein und haben deshalb ein Arbeitsklima geschaffen, in dem sich alle auf die Arbeit freuen und gemeinsam am Erfolg des Unternehmens arbeiten! Es geht jeden von uns an!
Ein Pflänzchen zum Wachsen zu bringen beginnt mit dem Einsetzen in einen guten Boden – das Biotop des Unternehmens – dann braucht es den Dünger, das Wasser fürs Leben – hier sind Sie als Chef gefordert zu fördern, zu entwickeln und das richtige Klima zu entfalten. Am Ende ernten Sie den Ertrag: die Früchte, die Leistung, das Engagement.
Bedenken Sie stets: Sie können Mitarbeiter nur langsam motivieren, jedoch schnell demotivieren. Die Förderung einer positiven Einstellung zum Unternehmen und zur eigenen Aufgabe ist eine essenzielle Führungsaufgabe und auch nicht delegierbar! Es ist Ihre Aufgabe Ihre Mitarbeiter mitzunehmen, ihnen einen Weg zu zeigen, klar zu beschreiben, was verändert wird und warum. Nur wenn verstanden wird worum es geht, werden alle mitmachen. Veränderung ist Anstrengung für jedenIhrer Mitarbeiter. Sie können nicht alles gleichzeitig ändern. Beschreiben Sie ein Ziel, fokussieren Sie sich auf dieses. Fangen Sie mit einem Thema an!
Verstehen ist wichtig, nicht nur für das, was Sie verändern möchten, sondern auch wie Sie es tun. Also bringen Sie die Verantwortlichen an den Ort des Geschehens. Nicht Sie ändern den Prozess, sondern Ihre Mitarbeiter und die brauchen Handlungsspielraum und Wertschätzung. Sie müssen es ehrlich meinen. Ihre Mitarbeiter durchschauen Sie sofort. Stehen Sie zu Entscheidungen, verwenden Sie klare Worte und verständliche Sprache. Wie gesagt: Eine Vision muss klar kommunizierbar und für jedermann verständlich sein.
Sie werden sicher sagen: Ja wissen wir doch. Ist doch klar. Was ist jetzt anders? Ich glaube, vielen Entscheidungen für einen neuen Weg fehlen die Konsequenz und das Durchhaltevermögen. Es wird Widerstände geben, davon können Sie ausgehen. Deshalb brauchen Sie Begeisterte, die unterstützen. Sie können es nicht alleine tun. Sie brauchen Menschen, die mitmachen. Diese müssen Sie aus Ihrer Führungsmannschaft auswählen und entsprechend ausbilden.
Investition in die Schulung und Ausbildung der Mitarbeiter
In die Ausbildung Ihrer Mitarbeiter müssen Sie investieren. Sie brauchen Lean-Wissende, die dieses Wissen weitergeben, die andere begeistern und mitnehmen können. Das heißt nicht, dass jeder am Ende ein Lean-Experte sein muss. Es genügen einige wenige. Die jedoch müssen mit Ihnen das Lean-Feuer entzünden! Hier brauchen Sie Mitarbeiter, die ein „Standing" im Unternehmen haben, denen die Menschen zuhören und denen Sie vertrauen und die Ihren Glauben teilen, den Glauben, dass Lean Ihnen Verbesserungen bringen wird, auch wenn viele Maßnahmen nicht gleich den Erfolg in den Büchern zeigen. Sicher werden Sie erste Erfolge sofort sehen. Einiges wird sich eben erst später zeigen, dafür brauchen Sie dann einen langen Atem und Durchhaltevermögen. Lean ist kein kurzer Sprint, es ist ein Marathon.
Alle Mitarbeiter des Unternehmens sollten über das Lean-Vorgehen informiert sein. Sie sollten wissen, um was es bei Lean geht und was erreicht werden soll. Wichtig ist, dass die Mitarbeiter wissen, was diese Änderung der Unternehmensphilosophie für sie konkret bedeutet, wie sie eingebunden sind, welche Auswirkungen und auch Konsequenzen es haben kann. Hier ist es wichtig Klarheit zu schaffen, mitzunehmen und zu begeistern. Es ist eine Reise und Reisen sollte Spaß machen!
Das noch fehlende, notwendige und vertiefende Methodenwissen wird durch Ihre Experten mit und ohne externe Unterstützung ins Unternehmen gebracht. Hier war für mich immer ein Erfolgsmodell, zielgerichtet zu schulen, nämlich dann, wenn die Methode auch direkt Anwendung findet, das heißt auch, in kleinen Dosen. Überschaubare kurze Trainings mit direkter praktischer Umsetzung. Es nützt nichts, umfassend Inhalte zu schulen, die erst Jahre später Anwendung finden. Das ist verlorenes Wissen. Schon nach ein paar Monaten können Sie die Mitarbeiter wieder von neuem qualifizieren, da ohne praktische Einübung und Ausübung das Erlernte schnell vergessen ist.
Neben dem Training der Mitarbeiter zur Anwendung der Methoden sollte eine Trainerausbildung erfolgen. Dies können Ihre Experten oder spezielle Trainer sein. Es geht um den nachhaltigen Aufbau von Lean-Kompetenz im Unternehmen, damit Sie die Schulung Ihrer Mitarbeiter auf Dauer aus eigener Kraft stemmen können.
Sie werden sicher fragen: Wie kann das mit den bereits jetzt schon knappen Ressourcen geleistet werden? Wir sind jetzt schon an der Grenze des Machbaren, am Limit unserer Kapazität. Wenn Sie sich an die vielen noch verdeckten Verschwendungen machen, werden Sie sehen, wie viel freie Kapazität Sie für neue und weitere Aufgaben gewinnen – auch für die Ausbildung. In einem Produktionsunternehmen, bei dem Lean eingeführt wurde, wurden in einem Jahr über 200 Mitarbeiter intensiv geschult. Die notwendige Zeit für die Schulung war kein Extra, sondern wurde in der normalen Arbeitszeit abgewickelt und dies, obwohl sich die Auftragslage des Unternehmens in dieser Phase zusätzlich deutlich gesteigert hat. Zeitgewinn durch Vermeidung und Eliminierung von Verschwendung heißt, Prozesse effektiv und effizient abzuwickeln.
Wie macht man eine Lean-Einführung erfolgreich?
Die Einführung einer neuen Idee, eines neuen Weges, bedeutet für die Menschen eine Veränderung und für das Management die Aufgabe, die Menschen mitzunehmen und die Notwendigkeit Menschen zu haben, die für das Unternehmen verantwortlich entscheiden. Die Einführung von Lean ist so eine Veränderung und es heißt, diese Reise gemeinsam mit allen Mitarbeitern im Unternehmen anzutreten.
Eine neue Idee, ein neues Vorgehen ist Veränderung und der Umgang mit Veränderung ist nicht leicht, da die Mitarbeiter Sicherheit verlieren, ihre Komfortzone verlassen müssen. Es ist, wie schon Niccolo Machiavelli (1469–1527) in seinem Buch Il Príncipe (1513) über die Schwierigkeit geschrieben hat, Innovationen einzuführen und Veränderungen durchzuführen:
Auch muss man bedenken, dass kein Vorhaben schwieriger in der Ausführung, unsicherer hinsichtlich seines Erfolges und gefährlicher bei seiner Verwirklichung ist, als eine neue Ordnung einzuführen; denn wer Neuerungen einführen will, hat alle zu Feinden, die aus der alten Ordnung Nutzen ziehen, und hat nur lasche Verteidiger an all denen, die von der neuen Ordnung Vorteile hätten.
Machiavelli schreibt das wohlgemerkt im frühen 16. Jahrhundert. Das ist nicht erst ein Problem der heutigen Zeit. Vielleicht hat sich die Geschwindigkeit drastisch erhöht, doch das Grundproblem bleibt dasselbe. Es geht darum, Menschen für die Veränderung zu begeistern. Dies ist bei der Einführung von Lean nicht anders. Es ist etwas Neues, zunächst Unbekanntes.
Das Unternehmen sollte wie ein Orchester sein, d. h. sich im melodischen Gleichklang befinden. Der Dirigent (Unternehmensleitung) gibt dabei das Musikstück und den Takt, d. h. Zielsetzung, vor. Jeder im Unternehmen spielt ein bestimmtes Instrument (Funktion), das er beherrschen muss. Es ist seine Aufgabe, das Instrument zu spielen und dies setzt Können und Training voraus. Jedoch nur das Zusammenspiel aller Instrumente (Funktionen) im Takt lässt eine Melodie entstehen. Diese Melodie, das Orchesterbild, entsteht durch das richtige, synchrone Zusammenwirken aller.
Es geht nicht darum, stur irgendwelche Lean-Methoden anzuwenden und viele Lean-Projekte auszuweisen. Am besten noch eine Hitliste zu erstellen, wer die meisten Projekte gestartet hat. Lean-Ansätze und -Methodik sollen helfen, die Geschäftsprozesse effektiv und effizient zu machen. Die Lean-Philosophie ist also nicht ein Add-on, sondern versteht sich als integraler Bestandteil. Lean – das stetige Streben nach Verbesserung und nach Wert-Schaffung für den Kunden – ist Teil der Unternehmensphilosophie .
Lean heißt viel mehr, seine Arbeit, die täglichen Prozesse, mit der Brille der Verschwendung zu betrachten und so zu verbessern, dass diese mit weniger Aufwand betrieben werden können. Das bedeutet zu hinterfragen, was man tut und wie man es tut, eine Leistung, die vom Kunden honoriert wird. Die konsequente Ausrichtung auf den Kundennutzen ist das Leitmotiv, was wiederum nicht heißt, dass jeder Prozess, der nicht direkt im Zusammenhang mit der Herstellung eines Produktes oder dem Angebot einer Dienstleistung steht, gleichbedeutend mit Verschwendung sein muss. Um ein Unternehmen zu führen, bedarf es vieler Prozesse und Funktionen, die nicht direkt mit einer Kundenleistung in Verbindung stehen, die jedoch wichtig und notwendig sind. Hier gilt der Grundsatz, diese so effizient wie möglich zu gestalten, da diese „nicht vom Kunden bezahlt" werden. Wenn Sie diese Prozesse günstiger gestalten, ist dies ein Vorteil gegenüber Ihrem Wettbewerber oder bedeutet für Sie mehr Gewinn. Sie werden sagen: Das tun wir doch! Aber tun wir es konsequent und strategisch? Ist es ein fester Bestandteil unseres Handels? Das ständige Verbessern sollte unser Handeln bestimmen und dafür brauchen Sie Kenntnisse über Lean und Kompetenz im Unternehmen.
Es geht darum, das Unternehmen erfolgreich machen. Es geht um Effektivität und Effizienz im Unternehmen, an den Arbeitsplätzen: Das Richtige richtig zu machen.
Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem!
Rede des Altbundespräsidenten Roman Herzog in seiner Ansprache im Hotel Adlon, Berlin, Aufbruch ins 21. Jahrhundert, am 26. April 1997.
Oft wird die Einführung von Lean-Prinzipien falsch verstanden, als zusätzlicher Aufwand, als Forderung jetzt zusätzliche Projekte zu starten, die weitere Kapazitäten binden. Doch fangen Sie mit den Projekten an, die Sie bereits aufgesetzt haben. Mit Hilfe einer kurzen Analyse sehen Sie, wie und welche Lean-Methodik Ihnen in der Projektarbeit helfen kann. Dies bringt Ihnen zwei Vorteile:
1.
Sie vermeiden zusätzlichen Aufwand und
2.
Sie machen sich mit Lean-Werkzeugen vertraut.
Lean soll Ihnen ja helfen, das, was Sie tun, noch effektiver und effizienter zu tun. Am Ende mit weniger Aufwand, jedoch mit größerem Nutzen! Lean kann Teil des täglichen Arbeitens werden. Man weiß irgendwann gar nicht mehr, dass es noch anders geht oder einmal anders war.
Mein Schlussplädoyer
Haben Sie sich nicht auch schon gefragt, in welchem Unternehmen Sie gerne arbeiten möchten? In einem Unternehmen, wo Sie einen Geist, eine Verbundenheit, einen Willen zur Veränderung spüren. In dem sich die Mitarbeiter wohlfühlen. Es sind meist die erfolgreichen Unternehmen, die solch einen Geist in sich tragen. Dabei spielt die Größe des Unternehmens keine Rolle.
Henry Ford hat hierzu einmal geschrieben:
Zusammenkunft ist ein Anfang. Zusammenhalt ist ein Fortschritt. Zusammenarbeit ist der Erfolg.
Versuchen Sie also, beginnend mit diesem Geheimnis des Erfolges, den Standpunkt der Anderen zu verstehen. Begeistern Sie und setzen Sie klare Ziele. Zeigen Sie auf, wohin die Reise gehen soll. Wenn Sie selbst noch keine Lean-Experten haben, sollten Sie in Vorleistung gehen und entsprechende Mitarbeiter ausbilden. Investieren Sie in einen Lean-Coach , der Sie die erste Zeit begleitet – ein guter externer Berater, von dem Sie und Ihre Organisation lernen können!
Es ist nicht genug, zu wissen,
Man muss auch anwenden;
Es ist nicht genug, zu wollen,
Man muss auch tun.
Johann Wolfgang von Goethe, dt. Dichter, 1749–1832 (aus: Wilhelm Meisters Wanderjahre)
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
Willibald A. Günthner und Julia Boppert (Hrsg.)Lean Logistics10.1007/978-3-642-37326-8_2
2. Entwicklungsströme und Trends in der schlanken Prozessgestaltung
Julia Boppert¹ , Marc Lügger² und Janina Durchholz³
(1)
München, Deutschland
(2)
Nürnberg, Deutschland
(3)
Garching, Deutschland
Besonders der anhaltende Individualisierungstrend bei vielen Produkten macht schlanke Materialflüsse heute in vielen Branchen unumgänglich, da nur so eine Just-in-time- oder Just-in-sequence-Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen ermöglicht wird. Zugrunde liegende Prinzipien in einem schlanken Produktionssystem sind die Optimierung des Wertstroms, das Fluss- und Pull-Prinzip sowie die Perfektionierung der Arbeitsabläufe. Es sollte aber immer beachtet werden, dass Lean keine Einzelmaßnahme mit kurzfristigen Effekten ist, sondern eine nachhaltige und langfristige Produktionsphilosophie , bei der jeder einzelne Mitarbeiter eine entscheidende Rolle spielt. Eine unzureichende Einbindung der Belegschaft führt immer zu einer mangelnden Akzeptanz und somit zu relativ geringen Effekten, verglichen mit dem betriebenen Aufwand. Heute kommt diese Mitarbeiterintegration häufig zu kurz. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass in den Unternehmen nach wie vor sehr große Potenziale in Flexibilität und Wandlungsfähigkeit vorhanden sind. Besonders durch Flexibilität hinsichtlich Quantität und Zeit kann gezielt Schwankungen im Auftragsvolumen, Preisverfall gepaart mit schneller Variantenbildung oder einer Verkürzung der Produktlebenszyklen entgegengewirkt werden – Lean ist also heute aktueller denn je.
Hintergrund: Vom Toyota-Produktionssystem zur Lean-Philosophie
Um die Richtungen und Trends in der modernen, schlanken Prozessgestaltung besser verstehen zu können, sei an dieser Stelle ein kurzer Rückblick auf die historische Entwicklung gestattet.
Auch wenn sich die Geschichte schlanker Prozesse in Einzelbeispielen bis ins Mittelalter zurückverfolgen lässt, gilt das besonders in der Automobilindustrie vielfach adaptierte Toyota-Produktionssystems (TPS) nach wie vor als Ursprung der ganzheitlichen Lean-Philosophie. Der Grundstein dafür wurde bereits im Jahr 1918 gelegt. Damals gründete Sakichi Toyoda die Toyoda Spinning and Weaving Company und entwickelte den ersten dampfgetriebenen Webstuhl, der einen Fadenabriss selbst erkennen und automatisch anhalten konnte. Diese Erfindung führte zum Prinzip des Jidoka¹, das später zu einer der beiden tragenden Säulen des TPS wurde. Der Sohn von Sakichi, Kiichiro Toyoda, gründete 1937 die Toyota Motor Corporation und übernahm das Konzept des Jidoka für den Motorenbau. Zusätzlich entwickelte er die zweite Säule des TPS, die „Just-in-time"-Philosophie, die später vom Toyota Ingenieur Taiichi Ohno mit dem Jidoka-Konzept verbunden wurde. Ohno war es auch, der nach Besuchen in den USA die Idee des Supermarktes in die Produktion übernahm und damit die bedarfsorientierte Steuerung über Kanban ins Leben rief. Die Grundidee dahinter besagt, dass ein gut geführtes Warenlager im Prinzip nichts anderes ist als ein Supermarkt, in dem Wareneingänge möglichst exakt den Warenausgängen entsprechen sollten, da eine Nachbestellung sich direkt aus den Verbräuchen ableitet (Abb. 2.1).
A307887_1_De_2_Fig1_HTML.gifAbb. 2.1
House of Production von Toyota
In diese Grundlagen des TPS floss noch die Methode von Dr. W. Edwards Deming, einem amerikanischen Pionier der Qualitätskontrolle,