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Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen: Verfahren, Methoden und exemplarische Berechnungen
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Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen: Verfahren, Methoden und exemplarische Berechnungen
eBook303 Seiten2 Stunden

Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen: Verfahren, Methoden und exemplarische Berechnungen

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Über dieses E-Book

Die Anlässe für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen sind vielfältig, am häufigsten jedoch sind Praxisübernahme und -verkauf der Anlass, zu dem dieser Unterfall einer Unternehmensbewertung ansteht. In diesem Buch werden die gebräuchlichsten Methoden - das modifizierte Ertragswertverfahren, die Ärztekammermethode und diverse Praktiker-Verfahren - mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen vorgestellt. Die Wahl des Bewertungsverfahren hängt von verschiedenen Faktoren ab, die hier detailliert erläutert werden. Zudem muss bei jeder Bewertung auch das aktuelle Marktumfeld der Ärzte, also der deutsche Gesundheitsmarkt, mit einbezogen werden. Für den zukünftigen finanziellen Erfolg von Arztpraxen ist maßgeblich, die Bewertung zukunftsorientiert durchzuführen. Anhand von exemplarischen Berechnungen werden die Unterschiede der Betrachtungsweisen und der Bewertungsmethoden aufgezeigt.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum29. Jan. 2014
ISBN9783658013202
Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen: Verfahren, Methoden und exemplarische Berechnungen

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    Buchvorschau

    Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen - Wilfried Bridts

    Wilfried BridtsBewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen2014Verfahren, Methoden und exemplarische Berechnungen10.1007/978-3-658-01320-2_1

    © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

    1. Der Gesundheitsmarkt in Deutschland und seine Entwicklung

    Wilfried Bridts¹  

    (1)

    München, Bayern, Deutschland

    Wilfried Bridts

    Email: wb@bridtsnebl.de

    Zusammenfassung

    Der Gesundheitsmarkt ist nach aktuellen Informationen das zweitgrößte Marktsegment in der BRD. Wegen der zunehmenden Veralterung unserer Bevölkerung wird für die nächsten Jahre mit einem deutlichen Anstieg der Gesundheitsausgaben gerechnet. Es ist davon auszugehen, dass auch die niedergelassenen Ärzte von dieser Entwicklung profitieren werden, auch wenn seit Jahren immer wieder von Kosteneinsparungen im ambulanten Sektor die Rede ist.

    Über viele Jahre hinweg sind Praxisabgeber auf eine hohe Nachfrage von niederlassungswilligen Ärztinnen und Ärzten getroffen. Seit etwa 2010 haben sich die Verhältnisse aber regelrecht umgekehrt. Dies führt derzeit tendenziell zu sinkenden Marktpreisen für Praxen und Praxisbeteiligungen.

    Viele Faktoren wirken sich auf die zukünftigen finanziellen Erfolge von Arztpraxen maßgeblich aus und sind bei einer Bewertung sorgfältig zu analysieren. Sie finden aber nur dann die ihnen zukommende Berücksichtigung, wenn die Bewertung nicht vergangenheitsorientiert, sondern zukunftsorientiert durchgeführt wird.

    Insgesamt ist zu erwarten, dass der Bedarf an Bewertungen von Praxen im Bereich der Praxisveräußerungen, wegen der vielen älteren, abgabewilligen Ärzte weiter steigen wird.

    Die Gutachter müssen die Marktveränderungen und die Bewegungen bei den Preisen im Auge behalten und angemessen berücksichtigen. Die Markt-veränderungen haben auch Bedeutung für Praxisbewertungen in anderen Bereichen, wie z. B. dem Familienrecht und dem Erbrecht und dem Steuerrecht.

    Der Gesundheitsmarkt ist nach aktuellen Informationen des statistischen Bundesamtes, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Deutschland (KBV) und der Bundesärztekammer das zweitgrößte Marktsegment in der BRD. Die Ausgaben für Gesundheit im weitesten Sinne betragen seit Jahren über 10 % des Bruttosozialproduktes. Wegen der zunehmenden Veralterung unserer Bevölkerung wird für die nächsten Jahre mit einem deutlichen Anstieg der Gesundheitsausgaben gerechnet. Trotz der Verteilung dieser Ausgaben auf unterschiedliche Markteilnehmer, wie die Pharmabranche, die Medizinproduktehersteller, die Apotheker, die Krankenhäuser, usw. ist der Schluss zulässig, dass auch die niedergelassenen Ärzte von dieser Entwicklung profitieren werden, auch wenn seit Jahren immer wieder von Kosteneinsparungen im ambulanten Sektor die Rede ist.

    Die Arztdichte (Einwohner je berufstätigen Arzt) beträgt in den einzelnen Bundesländern zwischen 154 in Hamburg und 271 in Sachsen-Anhalt. Der Anteil der unter 35-jährigen Ärztinnen und Ärzte an der Gesamtzahl aller berufstätigen Ärzte beträgt nur 17,2 %. Die Zahl der 35 bis 39-jährigen Ärztinnen und Ärzte beträgt über alle Gebietsbezeichnungen hinweg 39.490.¹

    In 2012 betrieben 123.213 Ärztinnen und Ärzte eigene Haus- und Facharztpraxen in der BRD. Das waren 799 Praxisinhaber weniger als in 2011. Dabei ist der Anteil der über 60-Jährigen von 25,1 % auf 27,3 % gestiegen. Der Anteil der unter 40-jährigen Niedergelassenen ist von 3,6 % in Jahr 2011 auf 3,2 % in 2012 gesunken.²

    Den Krankenhäusern, also stationären Einrichtungen, wird durch den Gesetzgeber in zunehmendem Umfang die Erbringung ambulanter Leistungen eröffnet. Im kassenärztlichen Sektor wurde der Gesundheitsfonds eingeführt und es fand eine Verlagerung des Morbiditätsrisikos von den Ärzten auf die Krankenkassen statt. Durch die Einführung der hausarztzentrierten Versorgung (HzV), die integrierten Versorgungsverträge (IV) und weiterer Einzelvereinbarungen nahm die Bedeutung der Kassenärztlichen Vereinigungen bei der kassenärztlichen Versorgung ab, ohne dass sich eine gefestigte Struktur für eine andere zukünftige Organisation der ambulanten Versorgung abzeichnen würde. Die Einführung der Regelleistungsvolumina (RLV) hat die Kalkulationsgrundlagen der verschiedenen ärztlichen Fachgruppen völlig verändert und teilweise zu tiefgreifenden Honorarverwerfungen in positivem und negativem Sinne geführt.

    Über viele Jahre hinweg sind Praxisabgeber auf eine hohe Nachfrage von niederlassungswilligen Ärztinnen und Ärzten getroffen. Seit etwa 2010 haben sich die Verhältnisse regelrecht umgekehrt. Die zunehmende Zahl der Ärzte, die aus Altersgründen ihre Praxis oder eine Beteiligung daran verkaufen wollen, trifft auf eine immer geringere Zahl an nachfragenden Ärzten im Alter bis zu 40 Jahren. Dazu kommt, dass die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die wegen ihrer persönlichen Lebensplanung, aus familiären Erwägungen oder aus Risikoscheu auch im ambulanten Sektor nur in einem Anstellungsverhältnis tätig sein wollen, kontinuierlich ansteigt. Davon profitiert auch die wachsende Zahl von MVZ. Dies gilt auch für Krankenhäuser, die für Ärztinnen und Ärzte als Arbeitgeber wieder attraktiver wurden, nachdem sie die Beschäftigungsbedingungen und insbesondere die Bezahlung deutlich verbessert hatten.

    In Folge davon, kann es für verkaufswillige Ärzte in vielen Fachgebieten immer schwieriger werden, überhaupt Kaufinteressenten zu finden. Dies führt derzeit tendenziell zu sinkenden Marktpreisen für Praxen und Praxisbeteiligungen, unabhängig vom echten, betriebswirtschaftlich angemessenen Wert, wie er z. B. in Gutachten ermittelt wurde.

    Andererseits sinkt die Zahl der Ärzte insgesamt kontinuierlich und es ist damit zu rechnen, dass Praxen geschlossen werden müssen, weil dafür kein Nachfolger gefunden werden kann. Daraus folgt, dass eine moderat wachsende Gesamtvergütung auf weniger Ärzte zu verteilen ist, so dass sich die Vergütungssituation insgesamt schon aus diesem Grund verbessern wird. Außerdem haben die Marktverhältnisse bei Praxisverkäufen auch in der Vergangenheit immer wieder geschwankt. Teilweise konnten Preise in einer Höhe erzielt werden, die betriebswirtschaftlich nicht mehr zu rechtfertigen war. Dies war u. a. auf die Einführung neuer Organisationsformen wie den MVZ, auf Standortpräferenzen und einen Verknappungsfaktor bei vielen Fachrichtungen zurückzuführen.

    Nachteilig ist, dass sowohl die Leistungen der Ärzte und Zahnärzte gegenüber Kassenpatienten, als auch die Leistungen gegenüber Privatpatienten von ständigen Veränderungen bei den Abrechnungsbedingungen betroffen sind. In fast jedem Jahr wird der EBM, der die Abrechnung der kassenärztlichen Leistungen regelt, umfassend verändert. Gleichzeitig finden Veränderungen bei den Honorarverteilungsmaßstäben der Länder statt, mit denen die Verteilung des Gesamthonorars gesteuert wird. Aber auch im privatärztlichen Bereich wird politisch um eine neue Gebührenordnung (GOÄ) gerungen, die viele neue Gebührenziffern, die Anpassung der Vergütung einzelner Ziffern und eine deutliche Herabsetzung der bisherigen Vervielfältiger bringen wird. Die Zahnärzte sind den Humanmedizinern mit ihrer neuen GOZ ein Stück voraus.

    Die Konsequenz aus dem unübersichtlichen Regelungsgeflecht und den ständigen Änderungen ist, dass es für die Ärzte, entgegen den Behauptungen mancher Gesundheitspolitiker, nicht einfacher wird, den Wert ihrer erbrachten Leistungen zu bestimmen, bzw. ihre Leistungserbringung wirtschaftlich zu planen und zu optimieren.

    Vor noch größeren Problemen stehen Gutachter, die Praxen bewerten und dafür Aussagen über zukünftige Einnahmen bzw. deren Entwicklung treffen müssen, die dann z. B. zur Grundlage von Kaufpreisen werden. Neben großer Sachkunde werden hier manchmal schon fast hellseherische Fähigkeiten erforderlich.

    Alle genannten Faktoren und noch viele andere wirken sich auf die zukünftigen finanziellen Erfolge von Arztpraxen ganz maßgeblich aus und sind zu Beginn einer jeden Bewertung sorgfältig zu analysieren. Sie finden aber nur dann die ihnen zukommende Berücksichtigung, wenn die Bewertung nicht vergangenheitsorientiert, sondern zukunftsorientiert durchgeführt wird.

    Darum gilt bei Kaufleuten auch der altbekannte Grundsatz:

    Für das Gewesene gibt der Kaufmann nichts!

    Insgesamt ist zu erwarten, dass der Bedarf an Bewertungen von Praxen im Bereich der Praxisveräußerungen, wegen der vielen älteren, abgabewilligen Ärzte weiter steigen wird. Gleichzeitig müssen Gutachter die Marktveränderungen und die Bewegungen bei den Preisen im Auge behalten und angemessen berücksichtigen. Diese Marktveränderungen haben natürlich auch Bedeutung für Praxisbewertungen in anderen Bereichen, wie z. B. dem Familienrecht und dem Erbrecht.

    Fußnoten

    1

    Siehe dazu www.kbv.de/6242.html (Zahlen. Daten. Fakten 2012).

    2

    Quelle für diese statistischen Angaben: Tätigkeitsbericht der BÄK für 2012 vom 08.07.2013– http://​www.​bundesaerztekamm​er.​de/​page.​asp?​his =​ 0.​3.

    Wilfried BridtsBewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen2014Verfahren, Methoden und exemplarische Berechnungen10.1007/978-3-658-01320-2_2

    © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

    2. Vorbemerkungen

    Wilfried Bridts¹  

    (1)

    München, Bayern, Deutschland

    Wilfried Bridts

    Email: wb@bridtsnebl.de

    Zusammenfassung

    Die Bewertung einer Arztpraxis ist ein Unterfall der Unternehmensbewertung, wie sie für größere und kleinere gewerbliche Unternehmen aller Rechtsformen durchgeführt wird, bei der allerdings Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Die einzig „richtige" Methode zur Bewertung von Arztpraxen gibt es nicht.

    Keine Bewertung kann zu einem bestimmten Betrag als dem „richtigen" Wert führen. Es gibt keine Unterschiede bei der Bewertung von Arztpraxen und Zahnarztpraxen.

    Im Zentrum der Darstellung steht das Ertragswertverfahren in seiner Ausprägung als modifiziertes Ertragswertverfahren.

    Die Bewertung von Einzelpraxen unterscheidet sich bei allen Bewertungs-methoden grundsätzlich nicht von der Bewertung von Praxen, die von Personengesellschaften geführt werden (Gemeinschaftspraxen) oder von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), soweit deren Eigentümer Einzel-unternehmer oder Personengesellschaften sind. Ferner unterscheidet sich die Bewertungsmethode nicht danach, welcher Fachrichtung die zu bewertende Arzt- oder Zahnarztpraxis angehört und ob es sich um eine patientenbezogene Praxis oder eine Zuweiserpraxis handelt

    Wenn man beginnt, sich mit Praxisbewertung zu beschäftigen, ist es wichtig, sich einige grundsätzliche Erkenntnisse zu vergegenwärtigen:

    die Bewertung einer Arztpraxis ist ein Unterfall der Unternehmensbewertung, wie sie für größere und kleinere gewerbliche Unternehmen aller Rechtsformen durchgeführt wird, bei der allerdings Besonderheiten zu berücksichtigen sind,

    die einzig „richtige" Methode zur Bewertung von Arztpraxen gibt es nicht,

    keine Bewertung kann zu einem bestimmten Betrag als dem „richtigen" Wert führen¹.

    Es gibt in der Praxis keine Unterschiede bei der Bewertung von Arztpraxen und Zahnarztpraxen. Es gelten die gleichen Überlegungen und methodischen Vorgehensweisen. Im Folgenden wird deshalb zusammenfassend nur noch der Begriff „Arztpraxis verwendet. Anstatt von Ärztinnen und Ärzten sowie Zahnärztinnen und Zahnärzten wird nur noch vom „Arzt die Rede sein. Bei Personengesellschaften von Ärzten und Zahnärzten, die Berufsausübungsgemeinschaften sind, wird unabhängig von der Rechtsform immer von „Gemeinschaftspraxis" gesprochen.

    Betriebswirtschaft und Bewertungspraxis haben unterschiedliche Verfahren zur Unternehmensbewertung entwickelt, von denen eine größere Zahl auch für die Bewertung von Arztpraxen Verwendung findet.

    Die Bewertungsverfahren lassen sich wie in Abb. 2.1 systematisieren.

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    Abb. 2.1

    Systematik der Bewertungsverfahren (angelehnt an Mandl/Rabel, Unternehmensbewertung, 1997, S. 28)

    Wegen der unterschiedlichen Bedeutung der einzelnen Bewertungsverfahren für die Bewertung von Arztpraxen, werden in diesem Buch nur diejenigen dargestellt, die in der Praxis auch häufig verwendet werden. Im Zentrum der Darstellung steht das Ertragswertverfahren in seiner Ausprägung als modifiziertes Ertragswertverfahren, da es betriebswirtschaftlich nach der hier vertretenen Ansicht das richtige Bewertungsverfahren zur Bewertung von Arztpraxen ist.

    Die Bewertung von Einzelpraxen unterscheidet sich bei allen Bewertungsmethoden grundsätzlich nicht von der Bewertung von Praxen, die von Personengesellschaften geführt werden (Gemeinschaftspraxen) oder von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), soweit diese nur ambulante, ärztliche Leistungen erbringen und deren Eigentümer Einzelunternehmer oder Personengesellschaften sind. Bei MVZ in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften sind bewertungstechnisch und steuerlich Besonderheiten zu berücksichtigen, auf die nicht explizit eingegangen wird.

    Ferner unterscheidet sich die Bewertungsmethode nicht danach, welcher Fachrichtung die zu bewertende Arzt- oder Zahnarztpraxis angehört und ob es sich um eine patientenbezogene Praxis oder eine reine Zuweiserpraxis handelt. Selbstverständlich haben Praxisbesonderheiten dieser Art aber Einfluss auf die Bewertung und ihr Ergebnis und sind im Rahmen der Bewertung angemessen zu würdigen.

    Die gebräuchlichsten Bewertungsmethoden sind nach wie vor die Ärztekammermethode, das modifizierte Ertragswertverfahren und diverse Praktikerverfahren. Besonders, wenn die Bewertungen von Ärzten selbst, Steuerberatern oder nicht betriebswirtschaftlich ausgebildeten „Praxisberatern" durchgeführt werden, wird wegen der vermeintlich einfacheren Bearbeitung auf diese Verfahren zurückgegriffen.

    Nach der hier vertretenen Auffassung gibt es zur modifizierten Ertragswertmethode aber keine echte Alternative. Die genannten Methoden unterscheiden sich ganz wesentlich dadurch, ob sie vergangenheitsbezogen oder zukunftsbezogen sind, d. h. ob sie auf Praxisergebnisse vergangener Jahre oder zukünftiger Jahre abstellen. Die verschiedenen, in der Praxis vorzufindenden Methoden werden aber noch weiteren Kategorien zugeordnet und danach unterschieden. Die modifizierte Ertragswertmethode wird ihrer hervorgehobenen Bedeutung entsprechend, bei der Darstellung vorangestellt.

    Fußnoten

    1

    Paulsen, Unternehmensbewertung und Rechtsprechung, WPg. Sonderheft 2008, S. 110.

    Wilfried BridtsBewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen2014Verfahren, Methoden und exemplarische Berechnungen10.1007/978-3-658-01320-2_3

    © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

    3. Begriffliche Grundlagen

    Wilfried Bridts¹  

    (1)

    München, Bayern, Deutschland

    Wilfried Bridts

    Email: wb@bridtsnebl.de

    3.1 Inhalt des Praxiswerts

    3.2 Funktionen des Bewerters/Gutachters

    3.2.1 Neutraler Gutachter

    3.2.2 Berater

    3.2.3 Argumentationsfunktion

    3.2.4 Schiedsgutachter/Vermittler

    3.3 Perspektiven bei der Bewertung

    3.4 Bewertungsanlässe

    3.4.1 Typisierung der Anlässe

    3.4.2 Anlässe und Verfahren

    3.4.3 Anlässe und Entwicklungen nach dem Stichtag

    3.5 Wert und Preis von Arztpraxen und Praxisanteilen

    3.6 Die Rolle der Banken bei der Preisbildung

    Zusammenfassung

    Prägende Faktoren der Bewertung einer Arztpraxis sind ihre Personen-bezogenheit, die Organisation, die Personalstruktur, die Kosten- und Leistungsstruktur, das Qualitätsmanagement, die Lage, die apparative und sonstige Ausstattung sowie deren spezielle Markt- und Wettbewerbs-verhältnisse.

    Bei jeder Praxisbewertung ist die spezielle Funktion des Bewerters/ Gutachters zu definieren. Ferner sind die Perspektiven der Bewertung, z.B. die des Käufers oder des Verkäufers sowie die verschiedenen Bewertungsanlässe von großer Bedeutung für die Durchführung der Bewertung und deren Ergebnis.

    Wichtig ist auch zwischen dem Wert und dem Preis von Arztpraxen und Praxisanteilen zu unterscheiden. Price is what you pay, value is what you get.

    3.1 Inhalt des Praxiswerts

    Die Bewertung einer Arztpraxis, aber auch anderer Freiberuflerpraxen, wird entscheidend von ihrer Personenbezogenheit geprägt. Diese drückt sich in den (zahn-)medizinischen Kenntnissen, der Aus- und Fortbildung, der persönlichen Belastbarkeit und der Fähigkeit der Ärzte, ihre Patienten- und/oder Zuweiser an die Praxis zu binden aus. Dabei handelt es sich zunächst um rein qualitative, nicht finanzielle Faktoren. Weiterhin ist bei vielen Praxen eine große Abhängigkeit von der gesetzlichen Krankenversicherung festzustellen. Diese ist sehr stark staatlich reglementiert. Die Bindung an das Kassenarztsystem beeinflusst nicht nur die Vergütung der einzelnen erbrachten Leistungen, bis hin zum Honorarausschluss bei Überschreitung der Fallzahlen nach Plausibilitätsprüfungen, etc., sondern auch den Zulassungsstatus des Arztes, seine speziellen Abrechnungsbefugnisse und die Möglichkeiten der Übertragung des Vertragsarztsitzes bzw. der Praxis. Das gleiche gilt für Zahnärzte.

    Auch die Organisation, die Personalstruktur, das Qualitätsmanagement, die Lage und die apparative und sonstige Ausstattung haben einen starken Einfluss auf die Bewertung einer Praxis. Von herausragender Bedeutung sind ferner die speziellen Markt- und Wettbewerbsverhältnisse, also die Zahl, die Art, die Qualität und der Zulassungsstatus der ambulant und stationär tätigen Konkurrenten. Deshalb müssen diese Faktoren bei jeder Bewertung sorgfältig analysiert und dokumentiert werden. Sie sind letztlich, in Geld ausgedrückt, Teile des Praxiswerts.

    Alle genannten Faktoren wirken sich letztlich auf die Einnahmen und Kosten einer zu bewertenden Praxis aus. Sie sollten deshalb auch direkt bei den Einnahmen und Ausgaben berücksichtigt werden und nicht, wie z. B. bei der Ärztekammermethode, nur über nicht verifizierbare, willkürliche Zu- oder Abschläge das Bewertungsergebnis beeinflussen.

    Auch die unterschiedlichen Kostenstrukturen bei den einzelnen Fachgruppen von Ärzten und Zahnärzten sowie das starke Auseinanderfallen der Kosten für Miete und Personal in unterschiedlichen Gemeinden (z. B. Flensburg und München) oder Bezirken (z. B. Oberbayern und Bayerischer Wald) dürfen nicht vernachlässigt werden.

    3.2 Funktionen des Bewerters/Gutachters

    Bei der Darstellung der verschiedenen Methoden zur Bewertung einer Arztpraxis wird deutlich werden, dass grundsätzlich dem Zweck der Bewertung und der Funktion in welcher der Bewerter tätig wird eine große Bedeutung zukommt. Es ergeben sich, dem jeweiligen Zweck der Bewertung entsprechend, sehr unterschiedliche Praxiswerte.

    Vorgaben für die Bewertungsmethode, die ein Gutachter anzuwenden hat, können sich aus Gesetzen (z. B. §§ 199 ff. BewG), aus der Rechtsprechung (BGH, BSG, OLG, LG), aus gesellschaftsrechtlichen und familienrechtlichen Vereinbarungen, aus berufsständischen Richtlinien, aus betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen und aus seinem konkreten Auftrag ergeben.

    Grundsätzlich werden folgende mögliche Funktionen eines Bewerters/Gutachters unterschieden¹:

    Hauptfunktionen:

    Beratungsfunktion

    Vermittlungsfunktion

    Argumentationsfunktion

    Nebenfunktionen (werden im Folgenden vernachlässigt):

    Informationsfunktion

    Steuerbemessungsfunktion

    Vertragsgestaltungsfunktion

    3.2.1 Neutraler Gutachter

    Diese Funktion hat in der Bewertungspraxis die größte Bedeutung, da sehr viele Gutachtensaufträge so erteilt werden.

    Der neutrale Gutachter soll z. B. für einen Verkauf den sog. objektivierten Wert der Praxis, als Basis für Kaufpreisverhandlungen oder andere Zwecke, ermitteln. Die Praxis wird bewertet „wie sie steht

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