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Stahlerzeugung: Integrierte Hüttenwerks- und Gasreinigungsanlagen
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eBook597 Seiten2 Stunden

Stahlerzeugung: Integrierte Hüttenwerks- und Gasreinigungsanlagen

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Über dieses E-Book

Dieses Buch gibt einen Überblick über die Stahlerzeugung von den Anfängen bis zu den heutigen Verfahren. Es erklärt die Verfahrenstechnik, Berechnungsgrundlagen und den aktuellen Stand der Technik sowohl für Rohstahl als auch für Stahlrecycling.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Vieweg
Erscheinungsdatum31. Juli 2020
ISBN9783658290917
Stahlerzeugung: Integrierte Hüttenwerks- und Gasreinigungsanlagen

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    Buchvorschau

    Stahlerzeugung - Karl-Rudolf Hegemann

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

    K.-R. Hegemann, R. GuderStahlerzeugunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-29091-7_1

    1. Stahl

    Karl-Rudolf Hegemann¹  und Ralf Guder²

    (1)

    Essen, Deutschland

    (2)

    ArcelorMittal Bremen GmbH, Bremen, Deutschland

    Stahl ist der Oberbegriff für eine der wichtigsten Eisenlegierungen. Gut 90 % des weltweit erzeugten Roheisens wird zu Stahl weiterverarbeitet. In den Industrieländern wird ein großer Stahlanteil auch aus Schrott erzeugt (Abb. 1.1).

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    Abb. 1.1

    Schwert-Schmied bei seiner Arbeit. (Quelle: Fotalia)

    Wieland (Weland, Wailand, Volund) der Schmied, so erzählt die Sage, feilte eine Klinge zu feinen Eisenspänen und verfütterte sie an Hühner. Aus dem Kot der Hühner schmiedete er sein Schwert Mimung, das alle anderen Schwerter übertraf. Eine Sage mit wahrem Kern. Heute weiß man, dass der Stickstoff des Hühnerdungs die Qualität der Waffe erheblich verbesserte. [1]

    Die Herstellung von Stahl war und ist eine Wissenschaft für sich. Heute gibt es weltweit über 2500 genormte Sorten an Stahl, sie alle bestehen überwiegend aus Roheisen.

    Roheisen besteht aus dem Element Eisen und mehr als 3 % Kohlenstoff (C). Der hohe Anteil an Kohlenstoff macht Eisen immer härter. Ab 2 % C ist er zu hart und spröde zum Schmieden. Man nennt ihn dann Gusseisen, da er nur durch Gießen in Form gebracht werden kann.

    Gewonnen wird das Roheisen aus Eisenerz. Heutzutage geschieht dies in Hochöfen. Das dort gewonnene Roheisen wird im Stahlwerk in Konverter gefüllt und Luft bzw. Sauerstoff eingeblasen, sodass der Kohlenstoff C verbrennt. Dieser Vorgang wird Frischen genannt. Auch der in Erz und Schrott (Eisenoxid, Rost) enthaltene Sauerstoff bewirkt ein Frischen des Eisens. Stahl hat nur noch einen Kohlenstoffgehalt von weniger als 2 %. Das macht das Material weicher. Es lässt sich nun immer besser schmieden und walzen, je geringer der Kohlenstoffgehalt ist. Stahl ist elastisch, aber stabil und widerstandsfähig und deshalb ein beliebter Werkstoff. Doch bis zur Stahlherstellung in der heutigen Zeit war es ein langer Weg, wie nachfolgend gezeigt wird.

    1.1 Geschichte des Stahls

    Die Geschichte des Stahls beginnt vor über 5000 Jahren in Mesopotamien, Ägypten und in Indien (Indus-Kultur). Die Funde haben gezeigt, dass dort schon vor über 5000 Jahren in warmem Zustand geschmiedet wurde. Die Ägypter verarbeiteten damals eisenhaltiges Meteoriten-Gestein, das irgendwann einmal aus dem Weltall auf der Erde landete. Die ersten Menschen, die es verstanden, Eisen zu Stahl zu machen, lebten etwa 1400 vor Christi Geburt im Nahen Osten.

    In Europa begann die Stahlverarbeitung erst mit dem Beginn der Eisenzeit. Sie ist in der Ur- und Frühgeschichte nach der Steinzeit und der Bronzezeit die drittgrößte Periode. Sie reicht im südlichen Mitteleuropa von etwa 800 v. Chr. bis zur Zeitenwende und im nördlichen Mitteleuropa von etwa 750 v. Chr. bis ins 5. Jahrhundert nach Chr.

    Zu Beginn der Eisenzeit entdeckten die Kelten die ersten großen Eisenerz-Vorkommen in Ober-Österreich. Sie lernten, das Eisen durch Erhitzen zu härten. Bis man Eisen auch gießen konnte, dauerte es aber noch lange Zeit. Die Temperaturen, die die Kelten in den sogenannten Rennöfen hervorbrachten, reichten nur, um eine teigige Masse zu erhalten, die Luppe. Durch Hämmern konnten die Schmiede die Schlacke aus der Luppe treiben und das Material weiterverarbeiten zu Waffen, Werkzeugen, Schmuck und Schüsseln aus Eisen.

    In Mitteleuropa ist die berühmte Himmelsscheibe von Nebra (vgl. Abb. 1.2), vor ca. 4000 Jahren ein bedeutendes Zeugnis der Schmiedekunst, zu deren Herstellung die damaligen Schmiede über große Materialerfahrungen verfügt haben mussten.

    ../images/488970_1_De_1_Chapter/488970_1_De_1_Fig2_HTML.jpg

    Abb. 1.2

    Himmelsscheibe von Nebra mit Bronze-Schwertern aus dem Beifund. (Quelle: Landesmuseum für Vorgeschichte in Sachsen Anhalt)

    Bronze ist eine Legierung des Kupfers (Cu) mit Zinn (Sn). Das Element Zinn erhöht die Festigkeit der Bronze und macht die Legierung wesentlich härter als Kupfer.

    1.2 Verhüttungsöfen für Eisenerze

    Die Entwicklung der Eisenerzeugung lief in vielen Regionen gleichzeitig und nebeneinander in verschiedenen Entwicklungsstufen ab. Wegen der technischen und wirtschaftlichen Bedeutung wurden Erkenntnisse und Erfahrungen vielfach geheim gehalten, sodass bestimmte Verfahrenstechniken räumlich begrenzt blieben oder sich in anderen Ländern erst mit Verspätung ausbreiten konnten.

    Die Entwicklungslinien der Eisenerzeugung können anhand der Verhüttungsöfen für die Eisenerze verfolgt werden. Die nachstehende Reihenfolge beschreibt annähernd die geschichtliche Entwicklung bis zur Gegenwart:

    Rennöfen

    Stücköfen

    Floßöfen und Holzkohle-Hochöfen

    Koks-Hochöfen

    Reduktions- und Direktreduktionsanlagen

    1.2.1 Rennofen

    Die Erfindung des härtbaren Eisens (Stahl) gelang nach geschichtswissenschaftlichen Erkenntnissen erstmals in der Eisenzeit um 1400 v. Chr. den Hethitern [2]. Vom Beginn der Eisenzeit (1500 bis 800 v. Chr.) bis ins späte Mittelalter (1250 bis 1500 n. Chr.) wurde Eisenerz im sogenannten Rennfeuer oder Rennofen verhüttet.

    Dabei wurde das Raseneisenerz bevorzugt, weil es nur wenige Zentimeter unter der Erdoberfläche liegt. Es wurde als Rot- oder Brauneisenstein unter der Grassole gebrochen und zunächst auf einem Scheiterhaufen geröstet, um das Eisen von störenden Schwefelverbindungen durch Verbrennung zu befreien.

    Über eine knapp 50 cm tiefe Ofengrube wird ein freistehender Schacht (Ofenesse) aus Rutenringen aufgebaut und mit Ton überzogen, der in einem ersten Brennvorgang ausgehärtet wird. Danach wird die Ofengrube mit aufrecht stehenden Spalthölzern und im Anschluss mit den gerösteten und zerkleinerten Raseneisenerzen und Holzstücken im Verhältnis 1:1 gefüllt.

    Die Verfüllung kann vermischt oder auch schichtweise erfolgen. Die Glut erreicht in der Grube eine Temperatur von 1200 bis 1300 °C. In der Ofenöffnung, der Gicht, liegen die Temperaturen bei 800 °C. Die Schlacke rinnt schon mit 900 bis 1200 °C, obwohl der Schmelzpunkt des Eisens bei 1540 °C liegt. Das Eisen kann daher im Brennvorgang nicht vollständig von der Schlacke befreit werden.

    Die Schlacke verflüssigt sich als Fließschlacke und rinnt durch Lücken zwischen den aufrecht stehenden Spalthölzern nach unten in die Ofengrube. Im Bereich über der Grube bleiben Ofenschlacke und Luppe zurück. Luppe ist ein Gemisch aus schmiedbarem Eisen und Schlacke als schwammartiger Klumpen, von dem Teile durchaus so mit Kohlenstoff angereichert werden können, dass sie Stahlqualität besitzen.

    Die Rennfeueröfen besaßen keine Abstichöffnung. Sie konnten nur einmal verwendet werden und wurden nach dem Brennvorgang zerstört. Bei einem Brennvorgang entstanden bis zu 100 kg nutzlose Schlacke und 18 bis 30 kg verwendbares Eisen. Bei dieser Ausbeute ist verständlich, dass mit der Eisenverhüttung ein enormer Verbrauch von Holzkohle einherging. Es ist davon auszugehen, dass seit der beginnenden Eisenzeit viele Wälder der Verhüttung zum Opfer gefallen sind.

    Anfangs arbeiteten die Öfen mit natürlichem Luftzug – später sorgten hand- oder fußbetriebene Blasebälge für den notwendigen Luft-Überschuss, Abb. 1.3.

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    Abb. 1.3

    Links: Rennofen alter Typ – A: während der Verhüttung, B: nach der Verhüttung, C: Entnahme der Luppe (7); rechts: Rennofen-Weiterentwicklung – 1: Blasebalg, einfacher Schlauch aus Leder, bei Unterdruck zusammengedrückt. (Quellen: [4])

    1.2.2 Stückofen

    Im 10. Jahrhundert revolutionierte das Wasserrad (vgl. Abb. 1.4), auch die Technik der Eisenerzeugung. Wasserkraft wurde wichtiger als die Nähe zu den Erzlagern.

    ../images/488970_1_De_1_Chapter/488970_1_De_1_Fig4_HTML.jpg

    Abb. 1.4

    Stückofen, Blasebalg-Antrieb mit Wasserrad. (Quelle: hollenfels.snj.lu)

    Die Eisenverhüttung wanderte in die Täler. Aufgrund des höheren Luftdrucks der wasserradgetriebenen Blasebälge konnten wesentlich größere Öfen gebaut werden. Sie lieferten bis zu 100 kg schwere, ebenfalls aus schmiedbaren Eisen und Restschlacken bestehende Luppen, sogenannte Wölfe oder Stücke, worauf die Bezeichnung „Stückofen" zurückzuführen ist. Diese Luppen konnten nur noch durch Schmiedearbeit weiterverarbeitet werden.

    1.2.3 Floßofen/Holzkohle-Hochofen

    Die immer bessere Ausnutzung der Wärme führte etwa im 12. Jahrhundert dazu, dass in den Öfen die Schmelztemperaturen der Eisenerze erreicht wurden. Mit diesem flüssigen Produkt begann die Entwicklung des Hochofens.

    Zunächst jedoch war dieses flüssige Produkt sehr unerwünscht, dies wird durch die Namensgebung belegt. Man spricht von „rohem" Eisen, Dreckseisen und im Englischen pig iron, d. h. Schweineeisen. Trotz alledem wurde dieses damals so unerwünschte Produkt „Roheisen" das wichtigste Ausgangsmaterial der heutigen Stahlerzeugung.

    Die Öfen, in denen das Roheisen erschmolzen wurde, bezeichnete man zunächst als Floßöfen. Mit zunehmender Größe und Höhe entwickelte sich der Begriff Hochofen, Abb. 1.5.

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    Abb. 1.5

    Holzkohle-Hochofen; Gemälde „Hütte im Wald", Jan Brueghel d. Ä. (1568 bis 1625). (Quelle: Wikimedia Commons)

    Die Hochöfen wurden bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts mit Holzkohle betrieben. Gegenüber dem früher im festen Zustand erzeugten Eisen war das erstarrte Eisen wegen seines hohen Kohlenstoffgehaltes nicht schmiedbar. Man konnte dieses rohe Eisen erst einsetzen, wenn es, wie es damals hieß, „gereinigt oder „aufgefrischt worden war. Diesen Vorgang bezeichnete man damals wie heute als „Frischen". Hierdurch wurden und werden unter der Einwirkung von Luftüberschuss in der Hauptsache Kohlenstoff und weitere Begleitelemente herausgebrannt.

    1.2.4 Koks-Hochofen

    Durch das allmähliche Schwinden der Bestände an Holz entstand die Umstellung der Hochöfen auf Koks. Erstmals gelang dies Abraham Darby I (1676 bis 1717) in England, der damals führenden Industrienation. 1796 wurde in Gleiwitz, Oberschlesien, der erste Koks-Hochofen in Deutschland in Betrieb genommen (s. Abb. 1.6).

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    Abb. 1.6

    Erster deutscher Koks-Hochofen in Gleiwitz (Vorläufer heutiger Hochöfen) – G = obere Öffnung (Gicht), H = Herd, dient als Feuerung und Luftzufuhr, K = Kanal, leitet die Schmelze ab, S = Schacht, Lagen aus Erz, Koks, Kalk, B = Arbeitsbrücke zum Befüllen des Ofens

    Literatur

    1.

    Maier-Bode, S.: Werkstoffe – Stahl, in: planet-wissen.de, https://​www.​planet-wissen.​de/​technik/​werkstoffe/​stahl/​index.​html, 26.06.2018 (Zugriff: 27.09.2019)

    2.

    Forum previval: Eisenverhüttung mit dem Rennofen, https://​www.​previval.​org/​w/​index.​php?​title=​Eisenverh%C3%BCttung_​mit_​dem_​Rennofen, 13.08.2010 (Zugriff: 27.09.2019)

    4.

    Wikipedia: Schmiedemaschinen, https://​de.​wikipedia.​org/​wiki/​Schmieden (Zugriff: 27.09.2019)

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

    K.-R. Hegemann, R. GuderStahlerzeugunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-29091-7_2

    2. Schmiede und Puddel-Öfen

    Karl-Rudolf Hegemann¹  und Ralf Guder²

    (1)

    Essen, Deutschland

    (2)

    ArcelorMittal Bremen GmbH, Bremen, Deutschland

    2.1 Schmied – ein magischer Beruf

    Die sogenannte Luppe, wie schon erwähnt ein Klumpen aus schmiedbarem Eisen in glühend fester Form mit anhaftenden Restschlacken als Produkt aus den Rennöfen, kann nur durch Schmiedearbeit weiter verarbeitet werden.

    In einem arbeitsintensiven Schmiedeprozess wurden die Schlackenteile ausgeschmiedet und durch mehrmaliges Falten mit anschließendem Verschweißen des Stahls im Feuer die Verteilung des Kohlenstoffs homogenisiert. Der so gewonnene Werkstoff bekam den Namen Raffinierstahl, aus dem durch das Schmieden Schwerter, Rüstungen, Werkzeuge und auch Gebrauchsgegenstände aller Art geschmiedet wurden. Dieses Prinzip blieb viele Jahrhunderte lang erhalten.

    Das manuelle Freiformschmieden gehört daher zu den ältesten Handwerken der Menschheit. Durch die Fähigkeit zum Erschaffen von Gegenständen mit Hilfe des Feuers hatten Schmiede in der Gesellschaft seit jeher eine Sonderstellung.

    Den Schmiede-Handwerkern wurden in der griechisch-römischen Antike eigene Gottheiten zugeordnet. In der germanischen Mythologie fand dies durch Wieland und Siegfried, den Drachentöter, seine Bedeutung. Daher wundert es nicht, dass Schmiede als Götter, Halbgötter oder gottnahe Heroen in den Mythen beinahe aller Kulturen anzutreffen sind [3]. Die Griechen kannten den göttlichen Schmied Hephaistos, den die Römer später Vulcanus nannten, aber auch Helios war bei den Griechen als Gott des Feuers und der Schmiedekunst bekannt. Die Germanen verewigten Wieland, den Schmied als halbgöttliches Wesen, aber auch Thor trägt Züge des Schmieds, wenn er seinen mächtigen Hammer schwingt oder mit dem Wurf eines Eisenstücks den Riesen Geirrod erschlägt. Die Kelten kannten gleich mehrere göttliche Schmiede: die Brüder Goibniu, Credne und Luchta, Cobannus, Sucellus oder den in der Artus-Legende vertretenen Govannon. In China war der legendäre Kaiser Yu Beherrscher des Wettera und Bezwinger der Fluten, wenn er mit seiner Trommel den Bärentanz auf Steinen tanzte. Yu schmiedete den Bronzekessel, der die PrinzipienYin und Yang verkörperte. Deutlich treten schamanische Elemente in der Tätigkeit der Schmiedekunst zutage. In der japanischen Mythologie brachte Aman o Mahitotsu, der einäugige Gott des Himmels, den Japanern die Schmiedekunst und erinnert dabei ein wenig an Odin oder die Zyklopen, die mit Hephaistos schmiedeten. Und die Heiligen-Legenden des Christentums kennen den heiligen Eligius, der sowohl als Gold- und auch als Hufschmied verehrt wird. Einst riss er einem störrischen Gaul ein Bein aus, beschlug es und setzte es dann wieder an, sodass das Pferd unversehrt war. Heilkunst und Musik waren in den Mythen aufs Innigste mit der Schmiedekunst verbunden.

    Im Alten Testament sind der Schmied Tabal-Kain und der Erfinder der Musikinstrumente, Jubal, Brüder. Auch der mit der Leier musizierende König David ist zugleich Schmied. Viele der keltischen Schmiedegötter waren zugleich Heil-Götter. In der Mythologie der Jakuten waren Schmied, Schamane und Töpfer Brüder. Urschmied Kudai Bakshi lebte in einem Haus aus Eisen, das von Flammen umgeben war. Er besaß sogar die Macht, die Seele seines Schamanen-Bruders zu verbrennen, konnte aber auch heilen. Kudai schmiedete Seelen, so wie er Eisen härtete. Ein Sprichwort der Jakuten besagt: „Schmiede und Schamanen sind aus demselben Nest." So dürfen nur Schmiede die bei den jakutischen Schamanen gebräuchliche eiserne Maultrommel qopuz herstellen.

    Die Bantu im südlichen und westlichen Afrika kennen eine Besessenheit, die nur Schmiede befällt. Da der transformatorische Akt des Schmiedens im Mythos der Nhaneca-Humbe nur durch Hilfsgeister möglich ist, müssen sich Schmiede einem Initiationsritus mit Weiheritual unterziehen. Während die Dorfgemeinschaft trommelt, singt und tanzt, hämmert der Schmiede-Novize den Takt auf seinem Amboss wie auf einer Schamanen-Trommel, bis ein Helfer-Geist Besitz von ihm ergreift. Als kimbanda, als initiierter Schmied, ist er zugleich Wahrsager und Heiler.

    Die Schmiedekunst ist eine heikle magische Kunstfertigkeit. Unfälle in der Schmiede werden daher keinem Versehen oder der Achtlosigkeit des Schmiedes zugeschrieben, sondern bösen Kräften oder neidenden Magiern und Berufskollegen. Im Islam besaß das Kühlwasser, in das die glühenden Eisenstücke getaucht wurden, heilende Wirkung. Auch in der deutschen Volksmagie wurde dem Wasser Heilkraft nachgesagt, es gab sogar exakte christliche volksmagische Vorschriften für dessen Verwendung. Bis heute spenden im Elsass gläubige Katholiken kunstvoll geschmiedete eiserne Votivgaben.

    Was in Afrika die Hilfsgeister, sind in Europa die Zwerge. In den Volksmythen stehen dem Schmied Zwerge zur Seite, die die magische Wirkung der Transformation aus Stein (Eisenerz) in Metall bewirken. Der Hammerschlag des Schmieds vertreibt Dämonen. So war es Brauch, dass der Dorfschmied am Samstagabend und vor Feiertagen „drei kalte Schläge" auf den Amboss tätigte, um den kommenden christlichen Feiertag vor bösen Geistern und Zaubern zu bewahren. Besonders magische Kräfte besaßen Schmiede, die ihr Handwerk bereits in der siebten Generation ausübten. Diese konnten die Wutkrankheit bei Kindern heilen. Das Kind wurde nackt auf den Amboss gelegt und der Schmied strich mit seinem Hammer dreimal über dessen Körper. Ein solcher gesegneter Schmied hatte sogar die Macht, seine Heilkraft auf seine Frau zu übertragen.

    Auf der magischen Kraft der Schmiedekunst beruht letztlich auch die glücksbringende Kraft des Hufeisens. Sogenannte „Eligius-Sträuße bestehen aus mehreren zusammengeschmiedeten Hufeisen. Auf den Dachfirst gesetzt bewahren sie das Haus vor allen erdenklichen bösen Kräften und natürlich auch vor dem Blitz, über den manch Schmiedegott herrscht. Schmiede schmieden also auch das Glück, daher das Sprichwort: „Jeder ist seines Glückes Schmied. Bis heute gibt es traditionelle volkstümliche Aussagen über den Zustand von Lebenserfahrungen:

    Sprichwörter, Redensarten

    Man muss das Eisen schmieden, solange es warm ist.

    Pläne schmieden.

    Jemanden zur Weißglut treiben.

    Zwei Eisen im Feuer haben.

    In der Malerei und Literatur findet man ebenfalls viele Beziehungen zum Schmiede-Handwerk:

    Malerei

    Francesco Bassano der Jüngere: Die Schmiede des Vulkan

    Francisco de Goya: Die Schmiede

    Hans Leu d.Ä.: Wunder des hl. Eligius

    Literatur

    Karl Simrocks: Das Amelungenlied

    Ludwig Uhland: Der Schmied

    Ich hör meinen Schatz,

    den Hammer er schwingt.

    Das rauschet, das klingt.

    Das dringt in die Weite,

    wie Glockengeläute,

    durch Gassen und Platz.

    Am schwarzen Kamin,

    da sitzt mein Lieber,

    doch geh ich vorüber,

    die Bälge dann sausen,

    die Flammen aufbrausen

    und lodern um ihn.

    Im Mittelalter spezialisierten sich die Schmiede durch den zunehmenden Handel zwischen den Städten und Regionen und durch die Vielfältigkeit der Aufgaben. So entstanden Spezialhandwerker wie zum Beispiel Zeugschmiede, Nagelschmiede und Kleinschmiede. Ab dem 14. Jahrhundert bildeten die Kleinschmiede ihre eigene Zunft. Ihre Erzeugnisse waren: Türvorhänge- und Kassetten-Schlösser, Schlüssel sowie Beschläge, Türbänder, Türgriffe, Türklopfer, sodass sich die Berufsbezeichnung des Kleinschmieds in Schlosser wandelte.

    2.2 Hammerschmiede mit Wasserkraft

    Die größte Veränderung brachte die Mechanisierung im späten Mittelalter: Mit Wasserkraft wurden Blasebälge und mechanische Schmiedehämmer betrieben (vgl. Abb. 2.1). Der Schmied war in seiner Arbeit nicht mehr auf seine Muskelkraft beschränkt. Die Produktivität wurde enorm gesteigert [4].

    ../images/488970_1_De_2_Chapter/488970_1_De_2_Fig1_HTML.png

    Abb. 2.1

    Hammerschmiede mit Wasserkraft. (Quelle: Heimatverein Arfeld e. V.)

    Das Merkmal einer Hammerschmiede war der mit Wasserkraft angetriebene Schwanzhammer. Das Anheben des Hammers übernahm eine Welle (Nockenwelle), auf der radiale „Daumen" befestigt waren, die das Ende des Hammerstiels periodisch hinunter drückten und somit den Hammerkopf anhoben.

    2.3 Hammerschmiede mit Dampfkraft

    Kennzeichnend für den mechanisierten Schmiedehammer ist, dass das Verformungswerkzeug im Gegensatz zur eher langsamen Bewegung in einer Presse mit hoher Geschwindigkeit die Verformungsenergie auf das Werkstück abgibt.

    Das Werkzeug zur Energieabgabe auf das Werkstück wird als Hammerbär bezeichnet. Während Fallhämmer mit Antrieb über Wasserkraft (Wasserrad) schon im Spätmittelalter in Gebrauch waren, wurden die ersten Dampfhämmer während der industriellen Revolution in den Jahren 1842/43 in England durch James Nasmyth, Abb. 2.2, sowie in Frankreich von François Bourdon verwirklicht.

    ../images/488970_1_De_2_Chapter/488970_1_De_2_Fig2_HTML.jpg

    Abb. 2.2

    Dampfhammer um 1839, Gemälde von James Nasmyth (1809 bis 1890), Erfinder des Dampfhammers und Maler (Science Museum London)

    Es gibt verschiedene Bauformen von maschinellen Schmiedehämmern:

    Fallhammer,

    Feder(fall)hammer,

    Dampfhammer oder

    Lufthammer.

    Zum ausgehenden 19. Jahrhundert wurde der Federhammer und wenig später wurden die Lufthämmer entwickelt, welche heute in ihrer weiterentwickelten Form und robusten Bauweise neben Pressen handwerklich zum Schmieden eingesetzt werden.

    2.4 Hammerschmiede mit Pressluft

    Lufthämmer

    Lufthämmer, Abb. 2.3, wurden zum Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt und zählen neben den Pressen zu den modernen Schmiedemaschinen. Die Funktionsweise besteht aus dem Ausrecken (Ausschmieden oder Abschmieden) des in der Regel hellrotfarbenen Eisens (Stahl) mittels Schmiedesätteln bzw. Gesenken, ähnlich Amboss und Hammer. Die leichte

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