Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Geister sind auch nur Menschen: Sprechtexte
Geister sind auch nur Menschen: Sprechtexte
Geister sind auch nur Menschen: Sprechtexte
eBook169 Seiten1 Stunde

Geister sind auch nur Menschen: Sprechtexte

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Dank ihrer sprachlichen Wucht und analytischen Schärfe ist Katja Brunner eine viel gespielte, unvergleichliche Stimme in der Theaterwelt. Kraftvoll lässt sie diejenigen ihre Stimme erheben, die vergessen gehen und an den Rand gedrängt werden - und wirft damit fundamentale Fragen nach den Machtverhältnissen in unserer Gesellschaft auf.
In ihrem Buchdebüt versammelt Katja Brunner nun zwei ihrer Stücke, die in Rhythmus und Sound Spoken Word im wahrsten Sinne sind: "Geister sind auch nur Menschen" und "Ändere den Aggregatzustand deiner Trauer". Die Sprechtexte sezieren die Zustände, welche Sterben und Verlust begleiten. Schrille Klagen und zuweilen leise Lieder gegen das Vergessen zeugen von der Suche nach einer neuen Sprache des Abschieds.

“Die schönste Nahkampfliteratur Europas.” (Juan S. Guse)
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Apr. 2022
ISBN9783038531791
Geister sind auch nur Menschen: Sprechtexte

Ähnlich wie Geister sind auch nur Menschen

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Geister sind auch nur Menschen

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Geister sind auch nur Menschen - Katja Brunner

    Katja Brunner

    Geister sind auch nur Menschen

    edition spoken script 41

    1. Auflage, 2021

    © Buch Der gesunde Menschenversand, Luzern

    © Texte henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN: 978-3-03853-179-1

    Lektorat: Liliane Studer

    HerausgeberInnen: Matthias Burki, Ursina Greuel, Tamaris Mayer, Daniel Rothenbühler

    Gestaltung: hofmann.to

    E-Book: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

    Herzlichen Dank für die Unterstützung an: Kultur Stadt Zürich, Fachstelle Kultur des Kantons Zürich

    Der gesunde Menschenversand wird vom Bundesamt für Kultur für die Jahre 2021 – 2024 unterstützt.

    www.menschenversand.ch

    Inhaltsverzeichnis

    ÄNDERE DEN AGGREGATZUSTAND DEINER TRAUER

    ÄNDERE DEN AGGREGATZUSTAND DEINER TRAUER

    ALT GEWORDENE

    BESTATTUNGSSZENAR II

    KINDWESEN (DER JUNGE?)

    MAMA 1

    DER TOD I

    KINDWESEN

    VON DEN NÖTEN DER MADEN I

    ALT GEWORDENE

    MAMA 2

    ERSTER SCHULTAG

    SCHWESTERN

    FUCHS

    DER TOD II

    WAS SOLL DIESES WINDRAD

    MAMA 2ABC

    VON DEN NÖTEN DER MADEN II

    EINWEISUNG

    SCHWESTERN

    DER FUCHS UND DAS KULINARISCHE AUGE

    KINDWESEN

    DER TOD III

    ALT GEWORDENE

    MAMA 2D

    KINDWESEN

    ALT GEWORDENE

    FUCHS

    ACH WAS, DA STEHEN SIE WIEDER

    KINDWESEN

    NACH DEM DANACH

    ALT GEWORDENE

    MAMA 3,5

    NATUR MIT KREATUR

    GEISTER SIND AUCH NUR MENSCHEN

    WESPENBEISPIEL – PASSEN SIE AUF, DER....GELDSCHEINCHEN

    ICH BIN DIE HEISINGER, GERTRUD

    GERIATRIE(SELBSTHILFE)GRUPPE 1

    FRAU SIMPLON

    GERIATRIE(SELBSTHILFE)GRUPPE 2

    FRAU SIMPLON

    AM WESPENBEISPIEL

    RAUCHERLEBER

    FRAU SIMPLON – NÖTE DES ALTERNS ODER

    GERIATRIE(SELBSTHILFE)GRUPPE 3

    GERATRIE(SELBSTHILFE)GRUPPE 4

    ICH BIN DIE HEISINGER, GERTRUD

    FRAU SIMPLON EXEMPLIFIZIERT

    ICH BIN DIE HEISINGER, GERTRUD

    GERIATRIE(SELBSTHILFE)GRUPPE

    FRAU SIMPLON

    HILFSKRÄFTE

    VON EIER- UND SCHLAGSTÖCKEN

    SIE KÖNNEN AUSWÄHLEN, HERR METZLER, ZWISCHEN EINEM PFEFFERMINZTEE UND EINEM, WARTEN SIE, EINEM PFEFFERMINZTEE

    GERIATRIE(SELBSTHILFE)GRUPPE 6

    ICH WAR NIE EIN BESONDERS BEGABTES HEIMKIND – SIE FINDEN MICH IM PARK

    FRAU HEISINGER: NIE RUFT MICH MEIN ROLF....HNEN

    FRAU SIMPLON – SO GEHT DIE HEISINGER HALT

    KIDDO, BILL, FRAU DRUSSE UND EIN VERLORENER FLUGSCHEIN

    Nachwort

    ÄNDERE

    DEN

    AGGREGATZUSTAND

    DEINER

    TRAUER

    Womögliche Zielsetzung

    den aggregatzustand der eigenen trauer zu ändern

    ist er fest, ist er ein stein im bauch, der vom herzen her in den bauch hängt, das herz schwer macht und lang zieht, länger als es gerne sein möchte

    ist er flüssig, wohnt er im blut und verteilt sich überallhin, haltlos durchdringt er kapillaren,

    venen, usw.

    bis in die hinterste und dürftigst durchblutete ecke des körpers

    ist er gasförmig,

    ist die trauer zwar aus dem körper draussen,

    dafür in der luft.

    Als könnte man hierhin und dorthin schwenken/lauschen – ein Dorfpanorama, das in Sprache gegossen daliegt.

    Werden gewahr dem Vorbeistromern einer alt Gewordenen, einem Kindwesen, dem Fuchs, der Mama, Maden und ihren Larven, dem Tod und den Schwestern.

    Und irgend

    Beschleicht einen die Vermutung

    Schneller

    Oder gemächlicher

    Sie ergreift einen klarer

    Oder vager:

    Es ist strittig, ob und dass die Toten tatsächlich tot sind.

    BESTATTUNGSSZENAR I

    -Triumphal hat er Dinge in Gang gesetzt

    -Mit seinem Ableben

    -Ja, schau genau, sein Ableben versöhnt Familiengehängsel, die normalerweise so tun, als könnten sie sich nicht mal beim Vornamen rufen

    -Siehst du das auch, da, wie Risse, die traditionell innerfamiliär derartige Schlünde aufgetan hatten, ja, wie diese Risse jetzt zusammengenäht werden, sich Naht an Naht fügt, ein Wort: ein Stich, eine Geste: ein Stich, eine Berührung: zwei Stiche, ein Kompliment: drei Stiche

    -Die Risse scheinen allmählich den Weg allen Fleisches zu gehen, den er schon gegangen ist

    -So gross sind die Wunden der familiären Distanznahme, ich nenns mal frei heraus FEHDE, dass wahrscheinlich die Tante, die Schwester der Mutter des Verstorbenen, nicht ein einziges Mal die Nichte berührt hatte, geschweige denn daran gedacht, geschweige denn sich auf die Idee gesetzt, denn vielmehr schweigen sie und setzen sich erst recht auf keine Ideen

    -Mitunter auch so, dass die Nichte nicht mal gesehen hatte, dass die Tante nämlich den exakt selben Schimmer im linken Auge hat, den sie selbst auch hat, dergestalt waren die familiären Risse gewesen, dass sie so weit voneinander entfernt standen, dass sie nicht einmal die Gunst von derlei Ähnlichkeiten nutzen konnten

    -Dass da ja sofort und natürlicherweise ein hoher Grad an Verbundenheit hätte empfunden werden können wegen so ein bisschen brechenden Lichts

    -Sie aber dennoch oder trotzdem gut und gerne Fröhlichkeitsvisagen montieren. Beim Eintreten in die Kirche sieht man das Präparat des Gesichtes

    -Du meinst wohl die Präparation

    -Ja, ach so, ja, die Präparation

    -Die man – einmal mühevoll modelliert – nicht mehr ablegt, einmal dafür entschieden, bleibt man dabei

    -Einmal gewählt, ist da eine das Gesicht betreffende Treue zu verfolgen

    -Nun werden eben jetzt nicht wir in unserer Vollständigkeit besprochen in unserer Vollständigkeit nach unser aller Ableben uns werden augenscheinlich keine Kränze gewunden

    -Ganz augenscheinlich windet sich meinetwegen niemand

    -Wegen uns windet sich niemand vor der Aufgabe gesprächstechnisch unmittelbar überwältigend sowie in hervorragendem, ach was, samtenem offiziellem Moll zu bekunden

    -MEIN HERZLICHES BEILEID, wie leid es mir tut um euch alle, ich kondoliere

    -Nur, kleine Zwischenfrage: Welchen Schmerz sollen wir teilen

    -Den über einen Verlust, der in uns allen eine kahle Stelle lässt. Kahl und unfruchtbar

    -Wo aber doch ein jedes Familienmitgehängsel einen Schmerz mit sich herumträgt, der sein ureigenster ist der weder bedingt noch angerührt ist von dem Schmerz, den sie jetzt im Kirchgemeindehaus nach aussen wenden

    -Nein, das ist ein ganz anderer

    -Na, was für einer jetzt

    -Das ist der, der bei ihnen in den Verdauungstrakten Enzymausgabeverweigerung betreibt, höchstens

    -Der mit meinem Schmerz nicht zu verwechseln ist

    -Wo die doch im Eigentlichen einen Schmerz haben,

    der ihnen in den Lefzen hängt,

    ihnen diesen pikanten Hautton verleiht,

    den die des einen Geschlechts gekonnt zu übermalen haben, wo ich doch begreifen kann jetzt, wo ich im modrig feuchten Kirchenduft stehe

    -Es gibt nämlich nicht den Ort, wo wir hinkommen und alle gemeinsam unsere Befindlichkeiten ablegen und auf ein Feuer drauf SCHAU DIE SCHEITE WIE SIE PRASSELN IM WIND und in diesen Scheiten da zergehen unsere heiligen Unzulänglichkeiten

    -So eine Art Feuerbestattung des Schmerzempfindens, um das mal so zu sagen, vereint uns nicht, das Kohlenmonoxid, das aufsteigt, nimmt uns keine Trauer weg, die mit seinem Ableben in uns einstieg

    -Wo ich doch annehmen kann, das gibt es nicht, JA,

    wo das eben ein Schmerz ist,

    der mit dem eigenen zu tun hat, nicht, also gar nichts mit einem Aufgebahrten

    -Es ist ja schlicht essenziell erquickend, einen Anlass gefunden zu haben endlich , das Schmerzliche zu verwerten endlich , das Schmerzliche der anderen zu bewerten, endlich

    -ÄHH du ach ja, meine Handschrift ist auch nicht mehr das, was sie mal war, wie sagt man das nochmal, hmm, wenigstens hab ich das hier nachgeschlagen: « Der Tod löscht das Licht aus, aber niemals das Licht der Liebe

    -Eben nein, endlich einen Anlass gefunden zu haben, der einen offiziell befähigt, nämlich

    -Das Innere nach aussen zu tragen

    -Der das sakrale Umfeld dafür gleich mitbringt, die fast inaktiv gewordene Darmflora mal nach aussen zu wenden, den Schimmel an den Magenschranken abzuschaben an den Kirchenbänken, unter Vorgabe absoluter Teilnahme

    -SEHT DOCH WIE MEINE TRÄNEN PLUMPSEN UND AN DEN STRÜMPFEN ENTLANG IN DIE SCHUHE HINEIN, LACHEN UM DIE FÜSSE

    SEHT DOCH WIE SEHR ICH MICH VERAUSGABE

    -Wobei man eigentlich während der Verabschiedung in die erste Reihe starrt

    -Gib es zu, so starrst du

    -Und sieht und versucht zu zählen die Schuppen auf der Schulter der Trauerschwester

    -Eins, zwei, drei, vier, fünf, ...

    -Um sich vorzunehmen,

    dass man beim Leichenschmaus ihre Nähe suchen würde,

    um abzuzählen,

    ob es sich da schuppenmässig ungefähr die Anzahl hält

    links und

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1