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Teirish Dominion
Teirish Dominion
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eBook371 Seiten5 Stunden

Teirish Dominion

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Über dieses E-Book

Im Traum begegnet Melisse der Göttin Kiandra aus einer anderen Welt. Kiandra bittet die Jugendliche darum, den Frieden in ihrer Welt zu bewahren. Dafür muss Melisse auf die Teirish Dominion, ein Luxusschiff der Anderwelt, das droht, durch eine Bombe eines Unbekannten in die Luft zu fliegen. Voller Tatendrang und mit dem Willen, unzählige Leben zu retten, sagt Melisse zu. Wird sich die Jugendliche in der anderen Welt zurechtfinden und vor allen Dingen: Kann sie das Unglück verhindern?
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum24. Aug. 2017
ISBN9783745014044
Teirish Dominion
Autor

A. Kaiden

A. Kaiden wurde 1985 in Landau geboren. Sie absolvierte nach Beenden der Hauptschule, die Berufsfachschule der Fachrichtung Wirtschaft und erlangte 2007 die Fachhochschulreife. Hauptberuflich ist Sie als Sachbearbeiterin im Bereich Treasury tätig. Ihre Leidenschaft gilt dem Schreiben von Jugendliteratur und Belletristik für Erwachsene. Bisher hat Sie fünf Romane in den Bereichen Fantasy. Grusel. Horror und Mystery veröffentlicht. Unter Ihren Freunden ist Sie liebevoll als Kaffee- und Keksjunkie bekannt. Sie liebt es, durch das Schreiben in andere Welten einzutauchen und hofft, auch den Lesern dieses Gefühl und die Freude vermitteln zu können.

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    Buchvorschau

    Teirish Dominion - A. Kaiden

    Teirish Dominion

    Von A. Kaiden

    1. Auflage: August 2017

    Copyright by A. Kaiden, Alexandra Kraus

    Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Autorin A. Kaiden

    Cover-/Umschlaggestaltung: Buchgewand | www.buch-gewand.de

    Fotos:

    © Olga Visavi / shutterstock

    © Andrey_Kuzmin / shutterstock (3 Fotos)

    © Dmitrijs Mihejevs / shutterstock

    © Ase / shutterstock

    © DmitriyRazinkov / shutterstock

    Besuchen Sie mich in

    Facebook (https://www.facebook.com/a.kaiden159357), auf Youtube: https://m.youtube.com/?#/channel/UCvMoHwEjuXyLPsaplvoH1Iw

    oder auf meiner Homepage www.a-kaiden.de

    Die Handlung und die handelnden Personen dieser Geschichte sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig.

    Danksagung

    Besonderen Dank gilt Torsten von Buchgewand, der mir mit Rat und Tat zur Seite stand und das wunderschöne Cover von Teirish Dominion gezaubert hat.

    Auch Marcel Weyers möchte ich für das Lektorat und die Beratung an dieser Stelle danken.

    Es macht immer wieder Spaß, mit euch zusammenzuarbeiten.

    Kapitel 1

    Melisse – Samstag, 10:20 Uhr

    Eiseskälte umhüllt meinen schweren Körper, lähmt ihn und versucht, mich in den Erdboden zu ziehen. Ich liege auf dem Bauch und bringe es nicht fertig, mich zu bewegen. Wo bin ich? Was ist passiert? Das Nachdenken fällt mir so schwer. Was ist das nur? Langsam fahren meine Fingerspitzen über den Boden. Zarte Grashalme umschmeicheln meine Haut. Kitzeln. Necken. Ich bin bemüht, meine Augen zu öffnen, doch vergebens. Noch einmal versuche ich mich zu erinnern, durch das tiefe Dunkel zu dringen, das meinen Verstand verschlungen hat. Streit. Natürlich. Es gab eine Auseinandersetzung zwischen meiner Mutter und mir. Schon wieder. Und abermals wegen ihm. Es ist immer wegen ihm. Egal wie ich es anstelle, ich kann nicht gegen ihn gewinnen. Er ist immer im Vorteil. Sie glaubt mir nicht. Hat sie noch nie. Tut sie nicht. Wird sie auch nie. Da brauche ich mir nichts vorzumachen. Doch das ist nicht schlimm. Ich schaffe das. Kämpfen – ich muss kämpfen. Mir geht es gut.

    Es gelingt mir, die Lider ein Stück zu öffnen. Dunkelgrüne Halme bedecken den kalten Erdboden und tanzen leicht im Wind. Das ergibt keinen Sinn. Wo bin ich? Ich blinzle ein paarmal, doch das Bild bleibt dasselbe, verschwindet einfach nicht. Ein Traum. Genau. Das ist es! Ich träume! Bestimmt ist es ein Traum. Das muss es sein. Dennoch fühlt er sich sehr realistisch an. Etwas zu realistisch. Diese Schwere, die meine Glieder zu lähmen scheint und all meine Kraft aus meinem Körper saugt … Unaufhaltsam wie ein Tsunami. Mühselig öffne ich meine Augen nun ganz und richte mich schwerfällig auf wie eine alte Frau. Vereinzelte Steinplatten, teilweise liegend und andere stehend, ragen aus dem grünen Meer wie kleine Inseln. Kühler Wind streicht mir sanft durch die Haare und lässt einen Schauer über meinen Rücken laufen. Fröstelnd schlinge ich meine Arme um mich, doch vergeblich. Es bringt nichts. Die Kälte kommt von innen. Von tief in mir drin. Dort, wo es schmerzt. Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen. Der Boden schmatzt leise unter meinen Füßen, fast als würde er gleichsam mit meinem Herz weinen.

    „Beruhige dich, Melisse. Dir geht es gut. Du gehst auf das Gymnasium und hast ordentliche Noten. Hungern musst du auch nicht und an Kleidern und Geld mangelt es nicht. Du hast ein Dach über dem Kopf und gute Freunde. Was wünschst du dir mehr?", flüstere ich zu mir selbst und meine Stimme hört sich eigenartig fremd an. So, als würde sie nicht zu mir gehören. Rau wie Schleifpapier. Langsam sehe ich mich um, immer einen Schritt nach dem anderen setzend und die Schwere weicht allmählich von meinem Körper, als würde ich eine Decke abstreifen. Vor einer größeren Platte bleibe ich stehen und lasse meine Finger fast andächtig über den rissigen Stein gleiten. Verwaschene Schriftzüge sind darauf zu erkennen, doch ich kenne die eingravierte Sprache nicht. Dennoch bin ich mir sicher, dass es sich hierbei um ein Grab handelt. Ein sehr altes. Und nicht nur direkt vor mir – Ich stehe inmitten eines grünen Meers mit vereinzelten Gräbern. Nachdenklich laufe ich weiter, lasse meine Augen unermüdlich kreisen, doch ich finde nichts, was mir bekannt vorkommt. Ausgeschlossen. Hier bin ich noch nie gewesen. Doch der Friedhof ist nicht endlos. Poröse, grauschwarze Mauern rahmen ihn ein. Verwundert bleibe ich stehen, als ich ein kreuzähnliches Gebilde an der rechten Steinwand erkenne. Ganz plötzlich muss ich an ein zerfallenes Kloster denken. Als mir schwindelig wird, schließe ich kurz meine Lider und lasse meinen Kopf in den Nacken gleiten. In der Ferne höre ich ein gleichmäßiges Rauschen. Ich atme tief ein und kann die frische Luft des Meeres riechen. Etwas Feuchtes rinnt über meine Wange und ich öffne behutsam meine Augen und sehe direkt in den wolkenbehangenen Himmel, der mit unterschiedlichen Grautönen direkt auf die Erde hinunter zu fallen droht. Traurig. Das Ganze hat etwas unheimlich Melancholisches. Doch warum?

    „Melisse …"

    Eine fremde Stimme wispert bittend meinen Namen. Ruckartig drehe ich mich um, doch ich bin allein. Habe ich es mir eingebildet? Nein, da ist es wieder. Jemand ruft nach mir. Unaufhörlich. Immer wieder. Doch die Stimme scheint entfernt. Auch als ich flüchtig die Lider schließe, kann ich nicht ausmachen, woher sie kommt. Ich schlucke kurz, denn ein Anflug von Angst steigt in mir auf. Diese fremde Umgebung. Diese Stimme … Ich darf nicht zögern! Es ist bestimmt nur ein Traum. In Träumen muss man sich seinen Ängsten stellen, dann zerplatzen sie wie Seifenblasen. Das sagt mein Bruder immer zu mir - Tailor. Ich wünschte, er wäre jetzt hier. Wenn es mein Traum ist, warum kann ich ihn mir dann nicht herbeiwünschen? Ich versuche es einige Male, doch das Ergebnis ist gleich null.

    „Melisse, hilf uns!"

    Ich schrecke auf und balle meine Hände zu Fäusten. Entschlossen setze ich meinen Weg durch die Ruine fort, beobachtet vom dunklen Himmelszelt und begleitet vom Rauschen des entfernten Meeres. Meine Beine zittern und ich stolpere, aber ich kann mich auf den Beinen halten. Auf einmal ist sie wieder da, diese Schwere, die ich glaubte, abgestreift zu haben. Abermals schließe ich meine Augen und konzentriere mich auf die fremde und leise Stimme.

    „Melisse …"

    Dieser flehende Ton jagt mir durch Mark und Bein und lässt mich erschauern. Schweigend gehe ich nach links und steige fünf Stufen nach oben, sodass ich mich auf einer erhöhten Ebene befinde. Suchend lasse ich meine Blicke schweifen. Nichts.

    Mein Weg führt mich abermals nach links, zehn weitere, halb zerfallene Treppenstufen nach oben. Wieder höre ich die helle Stimme meinen Namen rufen. Dieses Mal erscheint sie mir näher. Nicht weit entfernt. Ich drehe mich einmal langsam im Kreis, doch immer noch kann ich die Person zu der bittenden Stimme nicht ausmachen.

    Ein schmaler Weg führt nach rechts. Vorsichtig balanciere ich darüber, überwinde meine Höhenangst, indem ich versuche, nicht daran zu denken und meine Augen geradeaus richte, versuchend, einen Punkt zu fixieren. Ich strauchle kurz, als mein rechter Fuß auf dem unebenen, moosbewachsenen Stein ausrutscht. Zitternd finde ich mein Gleichgewicht und warte, bis meine Beine wieder fähig sind, sich in Bewegung zu setzen. Donnergrollen ertönt und lässt mich zusammenzucken. Ein weiteres Mal rutsche ich ab. Ich möchte umdrehen. Zurückgehen. Endlich aus diesem Traum erwachen, doch da höre ich sie wieder. Eindringlich bettelnd, wie ein Gefangener um Erlösung.

    „Hilf uns, Melisse! Wir brauchen dich!"

    Ich muss es wissen! Wem gehört die zierliche Stimme? All meinen Mut zusammennehmend setze ich meinen Weg fort und schaffe es über den schmalen Pfad. Erleichtert lasse ich mich auf den feuchten Erdboden nieder und hole tief Luft, warte, bis sich meine Atmung wieder stabilisiert. Dann stehe ich auf. Ich blicke direkt auf erhöhte Rundbögen aus Stein, die groß genug sind, um hindurch zu klettern. Doch nach einer kurzen Überlegung entscheide ich mich anders und nehme den Umweg nach rechts, der mir sicherer erscheint. Meine Kletterkünste sind nicht die besten und mein Herz schlägt ohnehin protestierend laut in meinem Brustkorb umher. Der Himmel schreit auf und einige Regentropfen erkämpfen sich ihren Weg aus dem dichten Wolkenzelt. Meine Schritte werden schneller, der Wind heftiger, als wolle er mich zusätzlich antreiben. Unheil verkündendes Pfeifen durchzieht die Luft und lässt sie vibrieren. Gänsehaut überzieht meinen Körper, jedoch friere ich nicht. Vielmehr fühle ich mich auf einmal unglaublich leer. Ein seltsam unangenehmes Gefühl, das mich im Alltag nur allzu oft befällt. Meistens im Kreis meiner Familie.

    „Melisse …"

    Ich komme näher, kann die Stimme ganz deutlich vernehmen. Vorsichtig nehme ich die Biegung am Ende des ehemaligen Ganges und steige weitere Treppenstufen hervor, die mich um eine halbe Kurve führen. Nun bin ich auf der anderen Seite der Rundbögen, die früher einmal als Fenster gedient haben mussten. Für einen kurzen Moment schweifen meine Gedanken ab, als ich versuche, das Kloster vor meinem geistigen Auge zu rekonstruieren. Welche Gemälde zierten die Räumlichkeiten? Welche Leute mochten durch die Gänge gewandelt sein? Meine Gedankengänge nehmen ein jähes Ende, als ich plötzlich vor einer grauen Steinwand stehe. Sackgasse. Ich drehe mich langsam um. Von einer Person keine Spur. Entmutigt seufze ich aus und wende mich dem letzten Rundbogen zu. Von hier oben lässt sich die gesamte Ruine überblicken. Ein weiteres Donnergrollen ertönt, nun lauter und bedrohlicher als die anderen zuvor. Mit einem Mal reißt die Himmelsdecke auf und lässt einer ganzen Armee von Regentropfen Platz, die prasselnd hinunter sausen und auf den kalten Boden unbarmherzig aufschlagen. Müde lehne ich mich an die tote Steinwand und beobachte gedankenverloren das Schauspiel des Regens, das mich schwermütiger werden lässt. Was mache ich hier eigentlich? Wann erwache ich endlich aus diesem Traum?

    „Das liegt ganz bei dir!"

    Ruckartig fahre ich herum, als die zierliche Stimme genau hinter mir ertönt. Wie versteinert verharre ich in meiner Bewegung. Tatsächlich ... Da ist sie, die Person, der die fremde Stimme gehört. Eine Gestalt in der Größe eines Kindes steht vor mir, eingehüllt in einer rotbraunen Kutte mit Kapuze, sodass ihr Gesicht völlig verdeckt ist. Aus Reflex weiche ich einen Schritt zurück, doch die Fremde schüttelt leicht den Kopf.

    „Hab keine Angst, Melisse. Ich tue dir nichts. Bitte."

    Jetzt habe ich keine Zweifel mehr, dass vor mir ein Kind steht. Die Stimme ist deutlich und klar. Doch warum diese seltsame Aufmachung? Ich nicke zögernd und gehe in die Hocke, um mit dem Kind gleichauf zu sein und in sein Gesicht sehen zu können. Doch die Kapuze sitzt so tief, dass ich nur einen schmalen Mund erkennen kann.

    „Wo bin ich hier?", flüstere ich fragend und kann mich selbst kaum verstehen, so leise bin ich. Jedoch hat die Gestalt mich verstanden.

    „Du bist in einem Traum, den ich dir geschickt habe."

    Verdutzt blicke ich in das verdeckte Gesicht. Was hat das zu bedeuten?

    „Den du mir geschickt hast?"

    „Ja, so ist es."

    Trotz dass es sich um die Stimme eines Kindes handelt, klingt sie erwachsen, ernst und irgendwie monoton. Ausdruckslos. Das verwirrt mich. Meine Gedanken wirbeln durcheinander, ohne dass ich einen zu fassen bekomme.

    „Du hast geschlafen und ich habe die Chance genutzt, dich in einen bestimmten Traum zu lotsen. Darum bist du hier an diesem Ort."

    „Aber wieso? Wer bist du?"

    „Damit wir uns treffen können. Deine Hilfe wird benötigt."

    „Hilfe? Wobei kann ich helfen?"

    Ich streiche mir eine widerspenstige Strähne aus meinem Gesicht, doch wende ich meinen Blick nicht von der reglos dastehenden Person ab.

    „Ich komme aus einer anderen Welt. Eine Welt, in der Frieden, Recht und Ordnung herrscht. Aber diese Ordnung droht, zerstört zu werden. Verschwindet die Ordnung, somit auch der Frieden. Denn das eine geht mit dem anderen einher. Du musst uns helfen."

    „Ich verstehe nicht …"

    Etwas verwirrt reibe ich mir mit meiner Hand über meine Stirn. Die Worte ergeben für mich keinen Sinn. Eine andere Welt? Ordnung und Friede sind in Gefahr? Wodurch und wie kann ich helfen? Zu viele Fragen und keine einzige traut sich über meine Lippen.

    „Wichtige Persönlichkeiten, die diese Ordnung aufrechterhalten werden noch heute Nacht die Teirish Dominion betreten und mit ihr davon schwimmen. Die Teirish Dominion ist ein großes Ngwenya, oder wie ihr es in eurer Welt bezeichnet: U-Boot. Auf diesem befindet sich allerdings auch ein Attentäter. Wenn er Erfolg hat, dann sprengt er das gesamte Ngwenya in die Luft, mit all seinen Passagieren. Unzählige unschuldige Leute werden sterben. Unter anderem auch die wichtigen Persönlichkeiten und Oberhäupter. Das wird das Ende des langjährigen Friedens sein und Krieg wird mein Land in den Untergang reißen."

    Ein Schauer überfällt meinen Körper und lässt mich zusammenzucken. Auch wenn mein Verstand noch mit den Worten des Kindes hadert, in meinem Herzen sind sie längst angekommen. Der Gedanke an massenhaft sterbende Passagiere, die nichts von der Gefahr ahnen, brennt sich in Sekundenschnelle in mein Herz ein und lässt es vor Schmerz aufschreien. Ich möchte helfen, es verhindern, doch wie? Mitfühlend blicke ich die kleine Gestalt an, dennoch weiß ich nicht, wie ich in der Lage sein soll, etwas zu verändern.

    „Bitte, du musst den Attentäter finden und die Sprengung verhindern! Diese Zukunft darf nicht stattfinden!"

    „Ich … woher weißt du davon? Wie kann ich dabei helfen?"

    „Ich bin Kiandra, eine der zehn Töchter der Gottheit Nimnus. Meine Fähigkeit liegt darin, einen Teil der Zukunft vorauszusehen, jedoch darf ich nicht direkt eingreifen. Doch du könntest den vermeidlichen Saboteur finden und das Unglück verhindern. Meine Hoffnung ruht auf dir. Bitte, hilf uns!"

    Mein Herz krampft sich in meinem Inneren auf die Größe einer Rosine zusammen und ich schlucke schwer. Ich zweifle nicht an den Worten des Kindes. Mein Gefühl sagt mir, dass sie die Wahrheit spricht. Unschuldige Menschen sind in Gefahr. Nichtsahnend auf den Weg in ihr Unglück – in ihren Tod. Tränen schießen mir in die Augen, doch ich kann sie mit aller Kraft zurückhalten. Ich bin zu nah am Wasser gebaut. War ich schon immer.

    „Ich würde gerne, doch ich weiß nicht wie …"

    „Durch meine Kräfte bin ich in der Lage, dich in meine Welt zu bringen, sodass auch du unter den anderen Passagieren auf der Teirish Dominion eincheckst. Doch ich werde das nicht gegen deinen Willen tun. Dir steht es frei zu wählen, ob du uns hilfst oder nicht. Falls du dich dagegen entscheidest, wirst du ganz normal in deiner Welt erwachen. Es liegt ganz bei dir."

    Nachdenklich streiche ich mir über die Stirn. Auch wenn es verrückt ist, doch wie sollte ich mich jetzt noch anders entscheiden? Ich kann niemanden im Stich lassen. Nicht, wenn ich die Möglichkeit habe zu helfen und unschuldige Leben zu retten. Doch eine Frage bleibt offen.

    „Verschwinde ich aus meiner Welt, wenn du mich auf das U-Boot bringst?"

    Die Gottheit schüttelt den Kopf, bevor sie mir im gleichen Tonfall wie zuvor antwortet.

    „Nein, dein Körper verbleibt ebenfalls in deiner Welt. Allerdings muss ich dich in einen tiefen Schlaf versetzen. In deiner Welt wird es so aussehen, als hättest du für lange Zeit dein Bewusstsein verloren. Dies birgt Risiken, ich weiß. Deshalb überlege dir gut, ob du sie eingehen möchtest. Denn ich kann dir noch nicht einmal eine Belohnung für deine Hilfe anbieten. Auch kann ich dir nicht mehr sagen oder dir helfen, sobald du meine Welt betreten hast."

    Ich schließe kurz meine Lider und versuche, über das Gesagte nachzudenken. Das Konzentrieren fällt mir schwer, wo doch mein Herz die Antwort förmlich hinausschreit und sich schon längst entschieden hat. Ich werde also ins Koma fallen, solange die Fahrt auf der Teirish Dominion andauert. Mein Bruder wird sich große Sorgen machen. Wiederum schreit mein Herz bei dem Gedanken auf und ein Bild von Tailor schiebt sich vor mein geistiges Auge, wie er vor meinem Bett steht. Verzweifelt. Traurig. Das kann ich nicht verantworten. Das möchte ich nicht. Doch dann sehe ich all die unschuldigen Passagiere vor mir. Dieses Bild droht, mein Herz in Stücke zu reißen.

    „Sind auf dem Schiff auch kleine Kinder?"

    „Ja. Passagiere jeden Alters und beider Geschlechter befinden sich darauf. Die meisten machen Urlaub und ahnen nichts von der bevorstehenden Gefahr."

    Das reicht. Noch einmal schließe ich für einen kurzen Moment meine Augen. Es tut mir leid, Tailor. Ich kann nicht anders. Ich hoffe, du wirst mir verzeihen, aber das kann ich nicht verantworten. Zumindest versuchen muss ich es. Hast du mich doch gelehrt, immer das Beste und alles zu geben. Verzeih mir, doch ich muss gehen. Entschlossen sehe ich Kiandra an.

    „Ich möchte helfen."

    Kapitel 2

    Tailor – Samstag, 16:45 Uhr

    Dampf umschlingt die Leute in einem dichten Nebel. Hektisches Geklapper von Töpfen, Pfannen und Geschirr überall. Schweiß dringt aus unseren Poren und in der Luft liegt der betörende Geruch von angebratenem Fleisch und gekochtem Gemüse. Die Stimmung ist angespannt und zeichnet sich in den Gesichtern meiner Kollegen wider. Nur in meinem nicht. Ich liebe meine Arbeit durch und durch, auch wenn meine Mutter zuerst gegen meine Berufswahl war, so hat sie mich nicht davon abhalten können, die Ausbildung als Koch zu beginnen. Wahrscheinlich hat sie gehofft, ich würde nach kurzer Zeit meine Meinung und meinen Berufsweg ändern, jedoch musste ich sie enttäuschen. Sie wird drüber wegkommen, da bin ich mir sicher. Monotone Büroarbeit oder technische Dinge waren noch nie mein Ding gewesen. Ich liebe es einfach, Menüs für andere zuzubereiten. Den Duft des Essens, während es vorbereitet wird und wenn es fertig ist. Die Gerichte auf den Teller ansprechend zu verteilen. Und vor allen Dingen die erfreuten Gesichter oder zumindest die Vorstellung daran, wenn die Gäste das bestellte Essen serviert bekommen und es sich auf der Zunge zergehen lassen. Ich könnte mir keinen anderen Beruf für mich vorstellen. Deswegen macht mir wohl der Stress nicht ganz so viel aus wie meinen Arbeitskollegen, doch ich bin mir sicher, sie haben ihren Beruf gern, auch wenn sie sich meistens beschweren. Warum wären sie sonst noch hier?

    „Tailor, bist du mit der Soße fertig?"

    „Fast. Gib mir eine Minute", rufe ich mit einem Lächeln im Gesicht zurück, das schon manch einen hier auf die Palme gebracht hat. Schnell schmecke ich die Brühe ab, während Niklas drängelt.

    „Wir haben keine Minute mehr Zeit! Die Pommes und die Schnitzel sind fertig und müssen raus!"

    „Alles klar. Schmeckt perfekt und ist heiß. Just in time."

    Ich verteile die Soße geübt auf die fertigen Teller und Niklas verdreht genervt die Augen, bevor er sie zur Theke bringt und läutet.

    „Du solltest ihn nicht immer so reizen, auch wenn ich es immer wieder zum Schießen finde."

    Thomas lacht beherzt auf und seine Grübchen treten dabei zum Vorschein, die ihn noch sympathischer machen, als er ohnehin schon ist. Ich grinse verschmitzt, während ich nach der nächsten Ladung Pommes sehe.

    „Ich weiß nicht, was du meinst. Hab ja schließlich nichts gemacht."

    Er zwinkert mir noch einmal zu und widmet sich dann wieder den Salaten zu, während Niklas zurückkommt. Ich hätte es mit meiner Ausbildungsstelle nicht besser treffen können. Die Bezahlung ist in Ordnung und die Mitarbeiter sind top, die Vorgesetzten fair. Was kann ich mehr verlangen? Mein Leben könnte nicht besser laufen. Mit innerer Ruhe gebe ich mich voll und ganz meiner Arbeit hin.

    *

    Es ist fast 17 Uhr, als ich meine Pause antrete und kurz frische Luft schnappe, die mir kalt entgegenschlägt und meine erhitzte und verschwitzte Haut mit einem Schauer abkühlt. Ich schließe kurz meine müden Augen und beginne sanft, mit den Fingern mein Gesicht zu massieren. Da heute drei Leichenschmäuse anstanden, bin ich schon seit elf Uhr morgens dort. Heute sind wohl Überstunden angesagt, aber das macht mir nichts aus. Damit habe ich schon gerechnet. Langsam bewege ich meinen Kopf abwechselnd nach links und nach rechts, sodass mein Genick laut knackt. Das hat gutgetan. Ich atme tief durch, um die letzten Spuren der Müdigkeit, wenn auch nur kurzfristig, zu vertreiben. Für einige Augenblicke stehe ich einfach nur da und lausche den Geräuschen um mich herum. Kinder streiten sich um einen MP3-Player und belustigtes Lachen von einer Männergruppe mittleren Alters hallt zu mir herüber. Ein paar junge Frauen kichern und lästern über andere, die zurzeit nicht bei ihnen sind. Eine ältere Dame tadelt ihren Ehegatten, weil er einer jungen Bedienung hinterhergesehen hat. Ein amüsiertes Schmunzeln rinnt über mein Gesicht. Entspannt öffne ich meine Lider und strecke mich kurz. Die Sonne steht hoch am Himmel und schenkt uns einen milden Septembertag. Ein wundervoller Tag. Meine Gedanken schweifen kurz zu meiner Familie. Ich hoffe nur, dass meine kleine Schwester das Wetter nutzt und irgendetwas mit ihren Freundinnen unternimmt. Sie schließt sich viel zu oft in ihrem Zimmer ein, um zu lesen. Dabei täte es ihr gut, öfter rauszukommen. Auch wenn sie es nicht offen sagt, so sehe ich doch, dass unser Zuhause sie erdrückt.

    Ich seufze leicht auf, als mein Handy plötzlich anfängt in der Hosentasche zu vibrieren. Etwas ungeschickt krame ich es hervor und starre kurz auf das Display, bevor ich den Anruf annehme.

    „Mama?"

    Ein mulmiges Gefühl durchzieht meine Eingeweide. Meine Mutter ruft mich sonst nie auf meinem Handy an, außer wenn etwas passiert ist.

    „Tailor? Ich habe dich schon fünfmal versucht zu erreichen, doch du bist nicht drangegangen!"

    Die Stimme meiner Mutter überschlägt sich und etwas Vorwurfsvolles klingt in ihr mit.

    „Tut mir leid, aber während der Arbeit kann ich nicht an das Telefon gehen. Das weißt du doch. Außerdem hab ich es nicht bemerkt. Was ist …"

    „Ja, aber wieso kannst du denn jetzt telefonieren?!"

    Ich verdrehe kurz meine Augen und massiere mit meiner freien Hand die Schläfe. Manchmal kann sie dermaßen anstrengend sein. Besonders wenn es um meine Ausbildung zum Koch geht, da hat sie einfach kein Verständnis dafür. Für einen Moment vergesse ich das flaue Gefühl, das sich in meinem Magen eingenistet hat.

    „Ich habe gerade Pause, Mama. Was gibt es? Wieso rufst du mich an?"

    Ein kurzes Schweigen tritt ein und ich bin mir nicht sicher, ob sie meine Frage verstanden hat. Als ich diese gerade wiederholen möchte, antwortet sie.

    „Deine Schwester, sie … sie liegt im Krankenhaus. Sie wacht nicht mehr auf. Gerhard und ich sind gerade dort und warten, bis wir in die Intensivstation dürfen."

    Für einen Moment steht die Zeit still. Die Worte habe ich wohl verstanden, doch ich weigere mich, sie in mein Gehirn dringen zu lassen. Meine Hände zittern und fühlen sich mit einem Mal taub an, sodass mir mein Handy fast aus den Händen gleitet. Ein unsichtbares Band schnürt meine Kehle zu und das Atmen fällt mir schwer.

    „Tailor? Tailor, bist du noch dran?", hallt die ängstliche, schon fast hysterische Stimme meiner Mutter an mein Ohr.

    „Ich … ja. Wie konnte das passieren?", antworte ich krächzend, da ich kaum einen Ton herausbekomme. Es scheint, als hätten mich alle Kräfte verlassen und ich sacke langsam auf den Boden. Vor meinen Augen wird es kurz schwarz. Ich kann nicht verstehen, was gerade geschieht. Das darf doch nicht wahr sein! Das kann unmöglich jetzt passieren! Doch leider passiert es und es gibt kein Entrinnen.

    „Das wissen wir nicht. Deine Schwester hat sich mal wieder in ihr Zimmer verkrochen und ich habe sie gerufen, damit sie mir hilft, das Mittagessen zu machen. Als keine Reaktion erfolgt ist, wollt ich sie holen gehen. Sie … sie lag regungslos in ihrem Bett."

    Meine Mutter stockt und mir wird schwindelig. Warum kann es nicht ein Traum sein? Ein einfacher, schlimmer Albtraum aus dem ich in wenigen Sekunden erwache?

    „Was, was war dann?", frage ich kraftlos nach und meine eigene Stimme klingt fremd und verzerrt.

    „Ich hab sie versucht zu wecken, doch sie hat auf nichts reagiert. Tailor, ich hab ihr sogar eine Ohrfeige gegeben! Sie ist einfach nicht aufgewacht! Was hätte ich anderes tun sollen? Gerhard hat schließlich den Krankenwagen gerufen."

    Ich schließe kurz meine Augen und warte, bis meine Umgebung aufhört, sich zu drehen. Dann schlage ich sie wieder auf und richte mich vorsichtig auf meine wackeligen Beine auf.

    „In Ordnung. Ich mache mich sofort auf den Weg."

    Ohne eine Antwort abzuwarten, lege ich auf und schwanke wie ein Betrunkener zurück zu meinen Kollegen und Vorgesetzten.

    *

    Ich drücke hastig auf den Knopf für den Fahrstuhl. Es dauert viel zu lange, bis er ankommt. Nervös wende ich mich ab und schlage den Weg ins Treppenhaus ein. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend renne ich nach oben. Jede Sekunde ist kostbar. Ich darf keine Zeit verlieren. Die seltsamen Blicke der Leute, die ich streife, nehme ich aus meinen Augenwinkeln wahr, jedoch nur flüchtig. Schnell reiße ich die Tür auf und folge der Beschilderung in Richtung Intensivstation. Nur mit Mühe kann ich mich beherrschen, nicht zu rennen. Die Flure erscheinen mir endlos, erinnern mich an ein unüberschaubares Labyrinth. Als ich um die nächste Ecke eile, sehe ich meine Mutter mit ihrem Freund. Erwartungsvoll blicke ich beide an, doch meine Mutter schüttelt ihr aschfahles Gesicht. So blass habe ich sie noch nie gesehen. Meine nicht ausgesprochene Frage ist mit ihrer Geste beantwortet und raubt mir beinahe jegliche Hoffnung. Ich nehme meine Mutter in den Arm und streiche ihr tröstend über den Rücken, bevor ich Gerhard zur Begrüßung die Hand reiche.

    „Wart ihr schon bei ihr drin?", frage ich und versuche, meiner Stimme einen festen Klang zu verleihen, was mir nicht ganz glückt.

    „Ja, allerdings durften wir nicht lange bleiben", antwortet mir Gerhard und nimmt meine Mutter in den Arm.

    „Wir haben aber Bescheid gesagt, dass du noch kommst und auch rein musst. Das geht in Ordnung. Wir müssen nur klingeln", fügt meine Mutter schnell hinzu und ich nicke ihr zu.

    „Danke."

    Gerhard zeigt mir, wo ich meine Hände desinfizieren kann und einen Kittel sowie Handschuhe herbekomme. Meine Mutter betätigt die Klingel und es dauert ganze weitere fünf Minuten, bis eine Schwester schließlich öffnet.

    *

    Außer Melisse sind fünf andere Personen im Zimmer der Intensivstation. Blaue Plastikvorhänge trennen die verschiedenen Betten. Es ist zu eng und viel lauter, als ich gedacht habe. Von jeder Seite hört man das mechanische Piepen der Geräte. Menschen stöhnen und ächzen und für einen kurzen Moment ertappe ich mich dabei, wie meine Gedanken einen Vergleich mit einem Versuchslabor für Menschen machen. Ich schüttle schnell meinen Kopf. Dafür ist jetzt keine Zeit. Ich ziehe den Vorhang beiseite und trete an das Bett. Am liebsten würde ich meine Schwester sofort hier rausbringen. Wie soll sie sich hier erholen? Wie zu sich

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