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HORIZONTE ÖFFNEN: Ein Weg, der in eine andere Zukunft führt
HORIZONTE ÖFFNEN: Ein Weg, der in eine andere Zukunft führt
HORIZONTE ÖFFNEN: Ein Weg, der in eine andere Zukunft führt
eBook374 Seiten5 Stunden

HORIZONTE ÖFFNEN: Ein Weg, der in eine andere Zukunft führt

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Über dieses E-Book

Ich beschreibe nicht nur die reale Bedrohung unserer Zukunft, sondern versuche Zusammenhänge aufzuzeigen, wie wir über die evolutionäre Entwicklung so egolastig und gierig werden konnten. Wir verfügen aber auch über die geistige Freiheit, unsere Werte und Haltung gegenüber dem gesamten Sein zu wandeln. Daher ist es möglich, dass wir über eine Wertewandlung, eine friedlichere und gerechtere Welt erschaffen. Hierzu müssen wir uns bewusst für andere Werte entscheiden. Es gibt philosophische Konzepte, wie: Humanismus, Buddhismus und eine Existenzweise des Seins, im Gegensatz zu unserer jetzigen Existenzweise des Habens, die diese Werte beinhalten. Um diese Werte aber kollektiv zu verinnerlichen, müssen unsere Sozialisation und unsere BIldung erweitert und andere Ziele angestrebt werden.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum8. Dez. 2012
ISBN9783847624769
HORIZONTE ÖFFNEN: Ein Weg, der in eine andere Zukunft führt

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    Buchvorschau

    HORIZONTE ÖFFNEN - Markus Orians

    Einleitung:

    Wohin geht unsere Reise?

    Wohin geht die Reise unserer Kinder?

    Welche Sehnsucht verbinden wir mit Zukunft?

    Wie sollte sie aussehen?

    Welche Horizonte müssen wir dabei öffnen?

    Professor Holger Rogall, der an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin Nachhaltige Ökonomie lehrt sagt in Einigkeit mit anderen Wissenschaftlern der Nachhaltigen Ökonomie unmissverständlich:

    „Unser Lebensstil ist nicht zukunftsfähig"

    Wenn unser Lebensstil nicht zukunftsfähig ist, dann ist auch unsere Wer-tehierarchie mit der wir durchs Leben gehen nicht zukunftsfähig. Wir müssen unsere materiellen und immateriellen Werte ändern, wenn wir in eine lebens-werte Zukunft gehen wollen. Ein System, das weltweit auf Wachstum und Profit als einziges Ziel sich setzt, muss früher oder später scheitern. Wir müssen uns vom Mehr und immer mehr Habenwollen verabschieden. Unsere Gier, unser Ego und unsere darunter liegenden, meist unbewussten Ängste treiben uns zu diesem Lebensstil. Je größer diese Ängste vor der Zukunft werden, umso mehr möchten und müssen wir sie verdrängen.

    Wir müssen uns fragen lassen, ob wir einen göttlichen Funken oder einen Dachschaden, oder beides haben? Wenn wir die Entwicklung der Menschheit betrachten, so glaube ich, kann man sagen: Wir sind Wesen, die beiden Extre-men gerecht werden können. Betrachten wir die die letzten Jahrzehnte aus ökologischer Sicht: Die Energiewirtschaft, die Entwicklung der Finanzmärkte, die Ausbeutung der Rohstoffe, die immer größer werdende Spaltung in arm und reich, dann überwiegt eindeutig der Dachschaden. Die Ordnungsmacht, die Po-litik zeigt sich hilflos, immer ohnmächtiger, die unbedingt notwendigen Repa-raturen auszuführen, um diesen Dachschaden noch zu begrenzen oder gar zu beheben.

    Welche Horizonte müssen wir öffnen, wenn wir unsere Sehnsüchte, die wir mit der Zukunft verbinden, erfüllen wollen? Wenn wir in einer friedvolleren, gerech-teren, sozialeren und naturverbundenen Welt leben wollen?

    Wie gefährdet ist unsere Zukunft denn wirklich?

    Warum können wir so egoistisch und gierig sein?

    Wieso können wir uns so gleichgültig und ungerecht verhalten?

    Warum können wir die Natur so zerstören und ausbeuten?

    Wenn wir unsere marktkonforme Gesellschaftsform in eine gerechtere De-mokratie verändern wollen, was müsste sich dann ändern?

    Was würde das für die Struktur unserer marktkonformen Gesellschafts-form bedeuten?

    Was würde das für unseren Lebensstil bedeuten?

    Welche Werte, Tugenden, welche spirituelle Haltung, welche philosophi-schen Konzepte müssen wir dann in unserer Wertehierarchie ganz oben ansiedeln?

    Wie können diese Konzepte und Werte in eine Bildungsreform eingebracht werden, so dass sie kollektiv aufgenommen werden können?

    Dies sind die Fragen auf die ich hier eingehen werde und versuchen möchte dabei mögliche Antworten darauf zu geben.

    Dort, wo sich Himmel und Erde scheinbar begegnen, endet der Horizont. Mein Horizont ist mein Wahrnehmungs- und Erfahrungskreis. Was sich unter meinem Horizont befindet, kann ich sehen, erkennen, empfinden. Alles, was sich außer-halb meines Horizontes befindet, bleibt mir fremd, ist Ausland. Ich kann nicht einmal mit absoluter Sicherheit behaupten, dass sich außerhalb meines Hori-zontes noch etwas befindet. Was mir fremd ist, gehört nicht zu mir, kann ich nicht akzeptieren, kann ich nicht verantworten. Auch durch Gleichgültigkeit oder Verblendung kann ich meinen geistigen Horizont begrenzen und ökonomische, soziale und psychische Zusammenhänge ignorieren oder verdrängen.

    Das selbstständige, unabhängige, undogmatische Denken ist eine Fähigkeit, ein Potential, das fast alle Menschen mitbringen, aber viele in sich noch schlummern lassen. Menschen, die das Nachdenken anderen oder Ideologien überlassen, machen sich leichter abhängig von den Wenigen, die immer mehr durch dieses System zumindest materiell profitieren und die ihre Interessen mit Hilfe der vierten Macht der Medien, vor allem der Boulevardpresse, so darstellen können, als wären dies auch die Interessen der Mehrheit des Volkes. Wenn Politiker erzählen, dass unser Wohlstand von einem ständigen Wachstum abhängig ist und deshalb jeder unentwegt konsumieren muss, auch wenn man gar kein Bedürfnis hat, dann wird man gefordert darüber nachzudenken, was das für ein System ist, indem ich ein guter Bürger bin, wenn ich mir Güter anschaffe, um der Güter und des Profits einiger weniger Willen. Was ist das für ein System, das mich auffordert Energien zu verschleudern, Rohstoffe auszubeuten und die Kli-maerwärmung zu unterstützen? Sind das wirklich meine Interessen? Haben diese gesellschaftlichen Vorstellungen etwas mit meinen Sehnsüchten zu tun?

    Führen sie mich in eine Zukunft, wie ich sie gerne hätte?

    Wohin führt uns eine gesellschaftliche Ideologie, in der nicht ernsthaft über die Zukunft der kommenden Generationen nachgedacht wird?

    Wohin führt mich eine Ökonomie, in der es nicht mehr um eine Bedarfs-deckung, sondern nur noch um eine künstliche Bedarfsweckung geht?

    In welche Zukunft führt uns ein System, indem kollektiv die Folgen unse-res Lebensstils verdrängt werden?

    Was für eine Art von Sozialisation haben Menschen erfahren, dass sie die-se Ungerechtigkeiten kollektiv mittragen?

    Welche Werte bestimmen uns, wenn wir dieses perverse Finanzsystem zu-mindest billigen?

    Was für ein System bezeichnen wir als „Demokratie", indem so wenig demokratisch gehandelt wird?

    Was hat diese Demokratie noch mit Gleichheit zu tun?

    Welche Werte haben wir bisher zu wenig entwickelt, dass wir dieses Sy-stem insgesamt immer noch unterstützen?

    Welche Werte brauchen wir, um ein gerechteres und sozialeres System zu schaffen?

    Wie müsste dann unsere Sozialisation und Bildung ausgerichtet sein?

    Weshalb folgen wir immer noch Ideologien, die ungefähr 250 Jahre alt sind und damals im 18. Jahrhundert, als die Herren Smith und Locke sie in die Welt setzten, nahezu 80 % der Bevölkerung kaum genügend zu essen hatten und damit die Wirtschaftsliberalität auch einen gewissen Sinn ergab. Was die heuti-gen sogenannten Neoliberalen dabei aber vergessen haben, Smith und Locke hatten bei ihren kapitalistischen Vorstellungen auch Moralisches im Gepäck. Das Gemeinwohl war ihnen wichtiger als der subjektive Verdienst. Kann man dies heute noch zum globalisierten Marktgeschehen sagen? Zu einer Welt, in der eine kleine Anzahl Menschen immer reicher und immer mehr Menschen immer ärmer werden?

    Welches Denken bestimmt uns unbewusst noch heute? Ist dies wirklich mein Denken? Wie kommt es, dass ein geringer Teil der Menschheit, die Mehrheit der Menschen manipulieren und abhängig machen kann? Wie kommt es, dass die Gier nach Geld, so von uns Besitz nehmen kann? Wie kommt es, dass wir dabei immer mehr verdrängen, dass die Natur uns überhaupt nicht braucht, wir aber umgekehrt von ihr vollkommen abhängig sind?

    Der Verleger Christian Strasser, hat dem ehemaligen Außenminister Hans Dietrich Genscher, der jahrelang die Weltpolitik mitbestimmt hat und der eher ökonomisch liberal und konservativ denkt, gefragt: „Glauben Sie, dass unsere westliche Zivilisation noch steuerbar ist und glauben Sie, dass wir die Probleme in den Griff bekommen werden? Nach ungewöhnlich langem Nachdenken, antwortete Hans Dietrich Genscher: „ Wir haben die Möglichkeit es zu schaffen. Aber die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig, mehr nicht. Was tut die Weltpolitik in solch einer bedrohlichen Situation? Die Berliner Zeitung hat eine ins „Schwar-ze treffende Karikatur zum Ergebnis des letzten Klimatreffen in Durban (Südaf-rika) herausgebracht, die mehr sagt als tausend Worte: Im Meer mit hohem Wellengang, schwimmt die Erde und kann sich mit ihren kleinen Armen kaum noch über Wasser halten. In diesem Moment kommt der Weihnachtsmann mit seinem Rentierschlitten vorbeigefahren und sagt zur Erde: „ Supernachricht. Ich habe hier einen Gutschein für einen Rettungsring ab 2020 für Sie.!! Weltkrisen-management im Jahre 2011. Das egolastige Bewusstsein zeigt sich nicht nur in-dividuell, sondern auch auf staatlicher, auf globaler Ebene.

    Was müssen wir verändern? Müssen deshalb, weil wir vielleicht, wie auch Hans Dietrich Genscher andeutet, jetzt noch das Heft des Handelns in der Hand haben, aber irgendwann wird, wenn wir nicht oder nur ungenügend handeln, uns dieses Heft aus der Hand genommen. Dann werden wir von den jetzt nur schwer vor-zustellenden Ereignissen geführt werden. Dann sind wir gezwungen uns von einem auf den anderen Augenblick zu verändern. Krisen lassen uns keine Zeit etwas Prozesshaft zu lernen. Niemand kann sagen, wann dies der Fall sein wird. Innerhalb dieses Zeitabschnittes müssen wir aber nicht nur einen ökonomischen sondern auch einen geistigen Paradigmenwechsel vornehmen.

    Ich versuche auch darzustellen, wie in sogenannten demokratischen Staaten eine immer größer werdende Ungerechtigkeit entsteht und wie diese sich ausdrückt. Weltweit führt uns dieses System mit seinen „Werten" in ein immer tieferes kul-turelles, soziales, psychisches, geistiges und spirituelles Elend.

    Wie kommen wir von unserem egolastigen Ich in ein ausgeprägteres Du, in ein Wir, in ein neues Gemeinschaftsbewusstsein. Vom Ich, zur Familie, zur Nation, zur gesamten Menschheit. Wir müssen weg vom Entweder Oder, vom entweder Verstand oder Gefühl, zum verbindenden „Und, oder „Sowohl als auch. Zu Verstand und Gefühl, zu Geist und Körper, zu Ökonomie und Ökologie, zu Öko-nomie und sozialer Gerechtigkeit, zu Wir und folgende Generationen... Zu christ-lich und muslimisch und buddhistisch und jüdisch und agnostisch. Individuell ori-entiert, aber auf etwas Größeres, Umfassenderes bezogen. Vom linearen Denken zum vernetzten Denken. Jedes angenommene „Und" erweitert unseren Horizont.

    Naturwissenschaft und geistige Wissenschaft müssen sich vernetzen. Materielle Werte und immaterielle Werte müssen zumindest gleichwertig angenommen werden. Hier folge ich Hegel, der über die Bildung zu einer „besseren Zukunft kommen wollte. Aus Bildung entsteht für ihn Freiheit. Bildung ist Aufklärung. Wir brauchen eine ganzheitliche Bildung, in der Demokratie, demokratisches Ver-halten schon im Kindergarten gelernt wird. Nach meiner Überzeugung ist demokratisches Denken und Verhalten kein Vermögen, das uns die meisten Poli-tiker und ökonomisch Mächtigen, die unsere „demokratische Gesellschaft zurzeit anführen, vorleben. Die Demokratie ist nicht in ihrem Herzen angekommen. Auch wir müssen sie erst prozesshaft durch Üben im Alltag, in der Familie, in der Verwandtschaft, in der freundschaftlichen Verbindung, am Arbeitsplatz lernen. Demgemäß muss in allen Schulformen geisteswissenschaftlicher Unterricht gleichberechtigt neben und mit den naturwissenschaftlichen Fächern stehen. Phi-losophie und Ethik, kommunikative und soziale Kompetenz in Verbindung mit Geschichte, Kunst, Musik, Musik und Kunstgeschichte und daneben die bekannten naturwissenschaftlichen Fächer, wie: Mathematik, Physik, Biologie, Geologie...

    Wenn wir an eine gute Zukunft glauben, dann müssen wir unser Bewusstsein weiterentwickeln. Wenn wir in einer anderen Welt leben möchten, müssen wir uns für einen erweiterten Bildungshorizont entscheiden. Unser „Spürbewusst-sein", Denken, Spüren und Empfinden mit Kopf, Bauch und Herz kommt in der gesamten Bildung zu kurz. Dem Faktenwissen in den Schulen müsste dann gleichberechtigt die Arbeit am Bewusstsein, an emotionaler Kompetenz, die zu sozialen Werten führt, hinzugefügt werden.

    Wenn kommende Generationen in einer friedlicheren und gerechteren Welt leben wollen, müssen wir über einen erweiterten Bildungshorizont ihre geistige Wellt öffnen, so dass sie das Anderssein gegenseitig annehmen und mit Respekt und Achtung mit der anderen Natur umgehen werden.

    Leben ist eine geistige Auseinandersetzung. Wissen ist etwas Neutrales. Nicht das Wissen über die Kernkraft führt zu den Kernkraftwerken, nicht das Wissen und die Intelligenz führen zum Betrug oder zum Herstellen von Bomben und Kriegen sondern unser Geist, unser Bewusstsein. Unser Handeln ist weniger durch unsere Gene, als vielmehr durch unser Bewusstsein geprägt. Unser be-grenzter, geistiger Horizont hat uns in diese Krisen geführt und nur ein anderes, ein entwickelteres Bewusstsein, ein erweiterter Horizont, gebildet über ethische Werte und die damit verbundenen Gefühle und Emotionen können uns wieder herausführen. Deshalb genügt Wissen nicht allein. Wir brauchen eine Weiter-entwicklung unseres Bewusstsein. Wenn wir in einer anderen Welt leben möch-ten, müssen wir uns für einen erweiterten Bildungshorizont entscheiden. Denken lernen mit dem Kopf, dem Bauch und dem Herzen. Über geistige Arbeit können wir die Existenzweise des Habens mit der Existenzweise des Seins erweitern. Dem Faktenwissen in den Schulen müsste dann gleichberechtigt die Arbeit am Bewusstsein, an emotionaler Kompetenz, die zu sozialen Werten führt, hinzuge-fügt werden.

    Menschen, die eine solche Bildung erfahren, werden sich nicht nur um ihr eigenes Wohl kümmern, sondern auch das Allgemeinwohl, vor allem das der „Schwächeren im Auge haben. Wenn wir unseren Geist öffnen, ist eine friedvollere und gerechtere Welt möglich. Die Menschen werden auch erkennen, dass sie, wenn sie überleben wollen, primär um das Wohl der nicht erneuer-baren, der erneuerbaren und der „ewigen Ressourcen Sorge tragen müssen. Dabei werden wir nebenbei existenziell lernen, die Natur wieder ähnlich zu schät-zen, zu bestaunen, zu genießen wie unsere Vorfahren, die die Natur beseelt oder mit Göttern erfüllt sahen.

    So gebildet werden kommende Generationen sich in eine andere Welt führen können. In eine Welt, die (wohl noch) möglich ist. Vielleicht haben wir so eine Chance uns in eine prozesshafte demokratisch humanistisch, soziale, kapitalisti-sche, anarchistische, spirituelle Gesellschaft zu entwickeln. Wenn wir uns diesen Horizonten öffnen, wenn wir bei diesen Fragen kollektiv in einer offenen Haltung zu möglichen Antworten bleiben, können dann Menschen noch fundamentalis-tisch, dogmatisch oder gewalttätig werden?

    **Ein besonderes Anliegen ist es mir, dass alle Lesenden ohne ein Wörterbuch durch den komplexen Inhalt finden. Daher werde ich versuchen, alle nicht alltäglichen Begriffe laufend zu erklären.

    1.Die Dynamik einer marktkonformen Gesellschaft

    1.1 Was verbindet unsere Gesellschaft?

    Weshalb ist eigentlich der Sozialismus Ende des 20. Jahrhundert regelrecht un-tergegangen. Die Menschen hatten ja etwas Verbindendes, den Sozialismus, aber warum konnte diese doch theoretisch gerechte Philosophie nicht überleben. Was fehlte ihr?

    Während Karl Marx den Menschen auch verändern wollte, glaubte Lenin, dass eine geistige Wende nicht notwendig ist. Zumindest glaubte er dies solange, bis er am Ende seines Lebens den Charakter von Stalin erkannte. Er wollte mit aller Macht Stalin als seinen Nachfolger verhindern. Es kam, wie wir erfahren mussten aber anders. Für Marx ging es bei der Entwicklung zum Sozialismus nicht in er-ster Linie um mehr Konsum. Der Stalinismus wollte aber dem Kapitalismus Kon-kurrenz machen. Bloch meinte, dass der Sozialismus des gesamten Ostens die Gefühle der Menschen vernachlässigte. Dies sehe ich ähnlich, glaube aber auch, dass man auch etwas anbieten muss, was über die Materie hinausgeht. Ethik und Spiritualität. Mo Ti´s Sozialismus im alten China konnte mehrere Jahrhunderte existieren, bis er verboten wurde, weil er einen spirituellen Ansatz hatte. Ihn verband die Ethik, eine Gemeinschaft, die auf dem Prinzip des Friedens, der Ge-rechtigkeit und der Liebe aufgebaut war. Dies fehlte dem marxistisch-leninistischen Sozialismus. Ohne eine verbindende Moral, die die führenden Po-litiker auch vorleben, kann keine gerechte Gesellschaft sich langfristig positiv entwickeln.

    Eine funktionierende Gesellschaft braucht etwas, das alle Menschen miteinander verbindet. Jahrhundertelang war dies die Religion. Diese Zeit ist zumindest in unserer Gesellschaft vorbei. Was verbindet uns heute? Die Industrieländer und bis auf China alle Schwellenländer leben in einer marktkonformen Demokratie. Das heißt der Markt, die Ökonomie, das Wachstum und der Profit dominieren die Demokratie. Das, was uns alle verbindet ist ein kapitalistisches System. In Deutschland durch die soziale Markwirtschaft etwas abgemildert, aber seit der Globalisierung in den 90er Jahren, nehmen die sozialen Verpflichtungen zuneh-mend ab.

    Kapitalisten gibt es schon lange. Das Wort Kapitalismus selbst hat aber eher eine kurze Geschichte. Es stammt von dem Dichter Samual Taylor Coleridge, der es 1823 zum ersten Mal verwendete. Niemand kann sich heute dem Kapitalismus entziehen, auch Menschen nicht, die ihn ablehnen. Religio ist lateinisch und heißt auch „ich verbinde". Daher wird der Kapitalismus auch als Religion bezeichnet. Jeder nimmt in irgendeiner Form an der Marktgesellschaft teil. Entweder als Konsument, als Lohnempfänger oder (und) als Produktionsmittelbesitzer. Auch wenn jemand Hartz IV bezieht, es ist Geld, das auf dem Markt durch die Arbeit anderer Menschen erwirtschaftet wurde.

    Nachdem der Kommunismus wegen der mangelnden Moral fast in der ganzen Welt bis auf China, Nordkorea und Kuba zusammenbrach, wurde die Moral des Kapitalismus nicht mehr hinterfragt. Es gibt zurzeit auch kaum eine wirkliche ökonomische Alternative. Diese muss erst entwickelt werden.

    Niemand hat den Kapitalismus besser analysiert als Karl Marx. Der Kapitalismus ist ein Wirtschaftssystem, das drei Säulen hat:

    Privateigentum: Den Besitz der Produktionsmittel und der Tauschmittel. Dies ist einmal der Besitz des Bodens, der Häuser und der Maschinen, um mit ihnen und den Lohnarbeitern als Tauschmittel die Waren herzustellen.

    Die Freiheit des Marktes

    Die Lohnarbeit

    Privateigentum, von lateinisch privare, was bezeichnenderweise berauben heißt, weil sie andere von dessen Gebrauch und Genuss ausschließt. Diese Form ist für den Kapitalismus etwas „Natürliches" und Universales. Wenn wir die Entwicklung der Menschheit betrachten, ist sie eher eine Ausnahme. Im Kapitalismus spielt es keine Rolle woher das Privateigentum kommt. Es geht niemanden etwas an, woher und wie das Eigentum erworben wurde und was ich als Besitzer damit mache. Das Eigentum soll zwar verpflichten, aber für was wird nicht gesagt und darf niemanden interessieren.

    Die Besitzer, bei den großen Firmen, die Aktionäre, lassen die Lohnarbeiter für sich arbeiten. Die Lohnarbeiter erzielen über die Arbeit einen „Mehrwert. Das heißt der Wert, den sie herstellen, übertrifft den Lohn, den sie erhalten. Diesen „Mehrwert bekommt der Unternehmer. Je größer der Mehrwert, umso größer der Gewinn für ihn oder die Aktionäre.

    Der Kapitalismus ist ein Wirtschaftssystem, das Gewinn erzielen will. Er ist dafür da, diejenigen die die Produktionsmittel besitzen noch reicher zu machen. Das ist der „Sinn" des Kapitalismus. Das Geld fließt nicht zu denen, die wenig haben und wo es eher gebraucht wird, sondern es fließt dorthin, wo schon Geld ist.

    Comte- Sponville erkennt in unserer Gesellschaft 4 hierarchisch aufgebaute Ord-nungssysteme:

    Die Technowissenschaften: Bei den Technowissenschaften geht es um die Frage. Was ist möglich und was ist unmöglich? Im Kapitalismus, bei den Technowissenschaften wird alles, was möglich ist gemacht. Es gibt hier keine Moral. Wenn es für irgendetwas einen Markt gibt, wird es herge-stellt. Selbst wenn der technologische Fortschritt den Bestand der Menschheit gefährdet, wie z.B. durch die Atombombe oder bei Genma-nipulationen. Die Technowissenschaften werden alles was möglich ist, aus-probieren.

    Die rechtlich politische Ordnung. Das Recht liegt beim Staat. Rechtlich ist erlaubt, was die Gesetze nicht verbieten.

    Die Ordnung der Moral. Moral ist die Plicht, nach Kant die Gesamtheit aller Pflichten und zwar unabhängig von Lob oder Strafe. Es ist die Pflicht, die wir uns selbst auferlegen. Es ist die Art zu handeln, als ob wir lieben würden.

    Die letzte und höchste Ordnungsmacht ist die Ethik. Ethik ist aus Liebe heraus zu handeln. Weil dies uns so schwer fällt, brauchen wir die Moral, also die Tugenden.

    1.2 Auswirkungen unseres marktkonformen Gesellschaftssystems

    Das Prinzip der marktkonformen Gesellschaft, die kapitalistische Ökonomie hat sich nahezu weltweit durchgesetzt. Die Dynamik zeigt sich nicht nur auf dem Markt, sondern auch in der psychischen Struktur der Menschen. Das dynamische ökonomische System fördert die Gier und die darunterliegenden Ängste, die bei den meisten Menschen eher unbewusst sind. Die Gier ist eine Grundhaltung, die dem System immanent (innewohnend) ist. Nur die wenigsten Menschen können sich dieser Dynamik entziehen, wenn sie die „Früchte des Systems kennen und schätzen gelernt haben. Geld, Besitz, Güter, Status. Ein es „Genügt nie, ein Mehr ein Immermehr- Habenwollen ist die Folge. Es spricht unser Ego und un-sere Selbstsucht an. Ich, ich und nochmals ich. Das Du, die Hinwendung zum anderen ist durch die Konkurrenzhaltung gestört. Eine psychische Dynamik ent-steht, über die man süchtig werden kann. Der andere ist Konkurrent, Gegner, der notfalls bekämpft werden muss. Das gesamte Sein wird nach materiellen Ge-sichtspunkten begutachtet. Was bringt es mir, was kann ich dafür kaufen. Schneller, höher, größer, perfekter. Diese Dynamik prägt unsere gesamte ge- sellschaftliche und kulturelle Struktur, den Umgang mit den anderen Menschen, die Beziehung zur anderen Natur. Unsere Kultur, den Sport, die Erziehung und die Bildung. Mit der Muttermilch nehmen wir diese geistige Haltung in der Regel auf. Unsere Sehnsucht nach Frieden, Zufriedenheit und Glück hat in diesem System wenig Raum. Der Begriff „System" stammt aus dem Griechischen und bedeutet ein in sich geschlossenes, geordnetes und gegliedertes Ganzes. Die Teile sind voneinander abhängig, wirken zusammen und greifen ineinander über. Das heißt auch, dass sich ihm niemand entziehen kann.

    Auf dem Markt setzen sich nicht die Tugendhaften und Großzügigen, sondern die Effizientesten durch. Man kann sich dort in aller Regel nur als Egoist zurechtfinden. Eine Gesellschaft braucht aber Werte, eine Moral, um Bestand ha-ben zu können. Um sich auf dem Markt durchzusetzen, muss man den an-deren als Konkurrent sehen, um mit ihm aber in einem Gesellschaftssystem zusam-menzuleben, brauche ich Tugenden und moralisch bindende Werte. Durch diese Polaritäten und Widersprüche entsteht eine unauflösbare Spannung. Diese Polarität, diese unauflösbaren Widersprüche haben im 21. Jahrhundert spürbar zugenommen. Die Menschen in unserer Gesellschaft müssen deshalb einerseits eine egoistische Haltung und andererseits eine soziale Haltung entwickeln, wenn sie in diesem System zurechtkommen wollen. Dies führt zwangsweise zu einer schizophrenen Haltung, die unser ganzes soziales Leben durchzieht und entweder zur psychischen oder physischen Gewalt, oder in die Depression führen kann. Da dieser Widerspruch durch die Globalisierung beständig zunimmt, nehmen auch die Gewalt und die Depression in den kapitalistischen Gesellschaftsformen zu. Dieser Gegensatz ist so extrem polarisierend, dass er das gesamte gesellschaft-liche System Demokratie zunehmend zerreißt. In dieser Zerrissenheit steckt ein kaum zu überschätzendes Gefahrenpotential. Diese Zerrissenheit ist in jedem von uns zu finden, weil das System alle Menschen, alle Strukturen, Institutionen, Organisationen erfasst. Überall ist diese Spaltung zu erkennen. In arm und reich, in oben und unten, in mächtig und ohnmächtig, in abhängig und unabhängig, in befehlen und gehorchen, in Natur und Mensch, in Ökonomie und Ökologie, in Mann und Frau... Durch den demographischen Wandel, in viele alte und weniger junge Menschen zeigt sich auch hier die Gefahr einer Spaltung, vor allem dann wenn die jungen Menschen feststellen müssen, dass ihre Zukunftschancen ungleich weniger rosig und fair sind.

    Wenn wir auf Dauer unsere Demokratie erhalten wollen, vielmehr eine wirkliche Demokratie errichten wollen, dann muss sich die Ökonomie, wie Sponville auf-zeigt, in (unter) die demokratischen und sozialen Werte des Grundgesetzes einordnen. Der Kapitalismus muss ein moralisches Antlitz erhalten. Lässt er dies zu und wie soll das gehen? Kann es hier einen Ausweg geben?

    Der Demokratie und ihren Institutionen in ihrer heutigen Form gelingt es immer weniger Chancengleichheit und Gerechtigkeit unter den Menschen herzustellen. Der Soziologe und Leiter des Institutes für interdisziplinäre Konfliktforschung an der Universität Bielefeld, Wilhelm Heitmeyer spricht von „schleichenden Prozes-sen, die sich zu einer „Demokratie- Entleerung, zu einer „Ökonomisierung des Sozialen und zu einer „spezifischen Orientierungslosigkeit entwickeln.

    Das Fundament der Demokratie und unsere Existenz sehe ich aus folgenden Gründen gefährdet.

    Die Macht der großen Konzerne, die zudem untereinander globalisierend vielfach vernetzt sind, sodass eine Kontrolle kaum noch möglich ist.

    Die Verfilzung des Marktes durch Ökonomie und Politik, die sich vor allem in der Lobbyarbeit zeigt

    Die unkontrollierte, pervertierte Finanzwelt, die sich vom realen Marktgeschehen nahezu abgekoppelt hat.

    Das immer weiter auseinandertriften zwischen wenigen Reichen und immer mehr Armen. In Deutschland sind 9 Billionen an Vermögen vorhanden. Die reichsten 2 Prozent der Bevölkerung besitzen 50 Prozent dieses Vermögens.

    Der Klimaerwärmung durch Treibhausgase (THG), der nicht erneuerbaren Energien: Öl, Gas, Kohle, Methan

    Das Wachstum Prinzip, das die Ökosysteme, die Arten und die Land-schaftsvielfalt vor allem durch die Ausbeutung der Rohstoffe zunehmend zerstört.

    Die Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch zunehmende Schadstoffe, Strahlen, Lärm.

    Überbevölkerung

    Staatsschulden: Allein Deutschland hat mehr als 2 Billionen Schulden. Auf jeden Bundesbürger kommen etwa 26 000 Euro Schulden. Wenn wir die versteckten Schulden durch zukünftige Renten und Pensionslasten hinzu-nehmen, kommen wir etwa auf 5 Billionen Euro Schulden.

    1.3 Nach uns die Sintflut

    Der Begriff stammt aus dem Alten Testament. Als Strafe für die Sünden der Menschen hat Gott das Leben auf der Erde durch die Sintflut vernichtet, indem er es wochenlang regnen ließ. Nur der gute Noah mit seiner Familie und je zwei Tiere von jeder Gattung, ein Männchen und ein Weibchen, sollten durch die Arche gerettet werden. Die Sintflut kann man also als ein Symbol für eine furchtbare Strafe durch: Gier, Neid, Zerstörung der Natur und alles das, was wir als Böses ansehen, bezeichnen. Allerdings mit dem Unterschied, dass wir uns durch Zerstörung und Gleichgültigkeit zur restlichen Natur die „Sintflut" oder Strafe selbst bescheren.

    Es ist schmerzhaft für mich mit nüchternen Zahlen Bilder entstehen zu lassen, die ich und offensichtlich nicht nur ich, lieber verdrängen würden. Möglichst in die Allerunterste Schublade des Gedächtnisses. Vor allem die jüngeren Men-schen, diejenigen, die mit diesem Schlamassel noch umgehen werden müssen. Sie haben dieses Schlamassel eigentlich auch nicht zu verantworten. Aber wer fühlt sich denn dafür verantwortlich? Die 60 %, die sich als Bürger ansehen und die alle auf Kosten ihrer Kinder gelebt haben? Die Banker, die Reichen, die Politiker? Wie gehen wir noch heute mit den Opfern in den „sogenannten Ent-wicklungsstaaten" um? Den Staaten, die lange Kolonien von England, Frankreich, Spanien, Deutschland... waren? Die Afrikaner leiden heute an Hunger und auch an Krieg, weil wir durch unsere Wirtschaftskreisläufe ihre Ressourcen immer noch zerstören.

    1.3.1 Macht der Konzerne

    Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme weltweit, stand der Markt, vor allem der spekulative Finanzmarkt über den legitimierten demokra-tischen Systemen. Die Märkte versprachen durch ihre Globalisierung: Wohlstand, Wohlfahrt, bessere Lebensqualität, neue Arbeitsplätze und die demo-kratisch legitimierten Politiker unterstützten sie, wo immer sie konnten. Was ist aus diesen Sprüchen geworden? Stattdessen leben wir in einer immer mehr ver-unsicherten und gespaltenen Gesellschaft. Millionen können sich ihres Arbeits-platzes nicht mehr sicher sein. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Seit 2008 stecken wir in einer Krise, deren Ende nicht zu erkennen ist. Sie begann als Immobilien und Finanzmarktkrise. Es folgten die Bankenkrise, die Konjunkturkrise, die Schuldenkrise und jetzt wieder die Ban-kenkrise. Ganz nebenbei hat sie ganze Länder ergriffen, die vor dem Bankrott stehen: Griechenland, Portugal, Spanien, Italien, Belgien, selbst Frankreich wackelt.

    Die traditionellen Wirtschaftswissenschaften haben nicht zu dem allgemeinen Wohlstand geführt, den uns die Herren Locke und Smith versprochen haben. Weder haben sich die Armut und der Hunger in der Welt entscheidend verringert, noch ist die Verteilungsungerechtigkeit beseitigt worden. Aber es gelingt den wirtschaftlich Mächtigen uns immer wieder einzureden, dass das Paradies für alle auf Erden durch diese Art der Ökonomie noch kommen wird. Wir bräuchten nur Geduld...

    Aristoteles von dem der Begriff „oikonomia stammt, verurteilte noch das Streben nach Reichtum und Profit, da es dem Glück des Menschen im Wege steht. Die oikonomia sollte eine dienende Rolle haben und dem Staat und dem Gemeinwesen dienen. Auch Thomas von Aquin hat im 13. Jahrhundert die Ökonomie eng mit Moral, Tugend und Gerechtigkeit verbunden, weil sie sonst den Frieden in der Gemeinschaft stört. Adam Smith forderte dagegen im 18. Jahrhundert ein Wirtschaftssystem, das sich vollkommen frei von staatlichen Eingriffen entwickeln soll. Der Mensch soll nach seinem Eigennutz leben und nach Profit und Wohlstand streben. Er glaubte, dass aus diesem Egoismus alle Menschen profitieren würden. Seither leben wir nach dem Menschenbild der klassischen Ökonomie, dem „homo oeconomicus. Es ist der Mensch mit den unbegrenzten Bedürfnissen. Er denkt nur an sich und deshalb ist diese Ent-scheidung nicht nur für den Markt sondern auch für die Allgemeinheit optimal. Die Tauschakte des Marktes führen immer zum Optimum für alle Partner, weil alle Partner gleichberechtigt sind und streng rational entscheiden. Hieraus entstand die Konsumentensouveränität. Das heißt kein Staat darf in diese Souveränität

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