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Menschlich: Jeder ist ES
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eBook639 Seiten8 Stunden

Menschlich: Jeder ist ES

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Über dieses E-Book

Bei dem Titel "Menschlich" handelt es sich um einen Psychothriller in dem Ruby Cavillo die Protagonistin ist. Zunächst ist die Dreiundzwanzigjährige lebensfroh und naiv, sie steht mitten im Leben, doch eine enorme Gefahr bedroht sie. Drohungen erreichen sie, niemand nimmt sie ernst, dann ist es zu spät. Es kommt zu dem größten Lebenswandel. Der Anfang vom Ende. Die Mission.
Was ist die Mission? Was widerfährt Ruby? Überlebt sie? Überlebt sie die schlimmsten physischen sowie psychischen Schmerzen, die ein Mensch sich vorstellen kann? Was ist ES? Sie lernt was es ist und wird es niemals vergessen können; sie ist der lebende Beweis von ES!
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum13. Nov. 2012
ISBN9783847623243
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    Buchvorschau

    Menschlich - Jonah Zorn

    Widmung

    Für Dich, oh du Treuer.

    PROLOG

    Homo est animal rationale. Der Mensch, das vernunftbegabte Tier.

    Es war eiskalt hier. Sie fror. Die Gänsehaut auf ihrer Haut breitete sich über ihren Körper aus. Ihre Zähne klackten aufeinander.

    Klack. Klack. Klack.

    Immer schneller und schneller, sie konnte es nicht unterdrücken.

    Zusammengekauert umschlang sie ihre Beine mit ihren Armen, während ihre Haut einzig und allein von einem dünnen Nachthemdchen bedeckt war. Es war mitten in der Nacht, es war Winter, draußen lag Schnee, sie war allein. So zitterte sie nicht nur vor Kälte, sondern auch wegen der Angst.

    Sie war hier eingesperrt, in einem alten, klapprigen Schuppen, der nur spartanisch zusammengehämmert worden war.

    O Gott ihr war so kalt, so kalt.

    Sie bebte so stark, so heftig versuchte ihr Leib sich selbst mit Muskelanspannung zu erwärmen, so stark, aber es brachte nichts.

    Sie wagte es nicht einmal ihre brennenden Oberschenkel zu entspannen, die ihren schwachen Körper in der Hocke hielten, damit sie ja nicht auf den kalten Steinboden kam. Wie ihre blauen, nackten Füße.

    Kein Gefühl mehr. Sie waren einfach taub. Wie ihre Finger. Alles blau.

    Sie zitterte. 

    Klack! Klack! Klack!

    Plötzlich verharrten ihre Zähne, die Gänsehaut erstarrte fest, keine Kälte mehr, nur die pure Angst. Sie hörte Schritte. Schwankende Schritte, die durch den frisch gefallenden Schnee torkelten. Immer näher, dieses Knirschen. Ganz nah. Vor der Tür.

    Sie hielt die Luft an. Trotz des tauben Gefühls, stand sie instinktiv auf, drückte ihren zarten Körper an das knatternde Holz.

    Sie horchte, unter lautem Schlagen ihres wild, pochenden Herzen, wie jemand an der Tür rüttelte.

    Knarrrzzz!

    Bitte nicht, bitte nicht, war das alles nicht schon Strafe genug? Die Schmerzen wegen der Eiskälte? Die Schläge, war das alles nicht genug?

    Sie weinte, hatte Angst, quälende Angst, als die Tür kratzend aufgeschoben wurde und eine schwarze Silhouette zu sehen war.

    Das Pochen wurde schneller. Immer schneller. Der Atem flacher. Immer flacher.

    Ihre blutleeren Finger verkrampften sich in dem splittrigen Holz. Furcht durchfloss ihren Körper. Sie wollte fliehen, doch der einzige Fluchtweg wurde von dem angesäuselten Frauenkörper verdeckt.

    Sie konnte nicht in den weißen Schnee fliehen, der lediglich von der spärlichen Lampe beleuchtet wurde, die die Frau in ihrer Hand hielt. In der Linken. In der Rechten hielt sie nämlich eine Flasche Whisky. Eine der Größeren. Solch eine Glasflasche, die sie den ganzen Tag über hinweg in ihrer Hand hielt.

    Die sie zu etwas Unberechenbaren machte.

    „Kind!" Laut schleuderte die Frau die Tür zu, die beinahe aus den Angeln riss. Das ganze Gerüst klapperte und knarrte vor sich hin. Trotzdem, diese dünnen Mauern waren dick genug um die Schreie des Mädchens zu verbergen. Das Zerscheppern der Flasche, die auf dem Steinboden zerbarst. Jegliches blieb verborgen, niemand ahnte etwas.

    Bamm!

    „Ungehorsam!"

    Bamm!

    „Aufmüpfigkeit! Alles werde ich dir herausprügeln!"

    „Mutter, nein." Winselte das bereits blutende Kind. Die Haut aufgekratzt wegen der Fingernägel der Mutter, die sie versuchte zu packen. Die Fußsohlen aufgeschnitten wegen der Scherben der Whiskyflasche der Mutter auf dem Boden. Die Schreie nur heiser, wegen der Kälte, der Befürchtung die Schmerzen abermals ertragen zu müssen.

    Wegen nichts.

    Nur weil sie sich den Tag über besoffen hatte.

    Weil sie mit ihrem Kind nicht klar kam, mit sich nicht klar kam, mit ihrem ganzen Leben nicht klar kam. Frust.

    Bamm!

    „Die Nacht bleibst du hier."

    Das Mädchen sagte nichts. Schweig. Nahm noch wahr, wie die Mutter mit ihren dicken Sohlen aus der Tür durch den Schnee in das anliegende kleine, warme Häuschen herüber ging. Dann fiel eine Tür ins Schloss. Der Schlüssel des Schlosses wurde umgedreht.

    Dann nichts mehr.

    Nur Wimmern.

    Verletzlich.

    Noch.  

    Kapitel 1

    Sie hastete durch ihren Flur, die Holztreppe herauf, kreiste einmal durch den obigen Flur, stolperte dabei beinahe über die vielen Umzugskartons, rannte danach wieder herunter, den unteren Flur entlang ins Wohnzimmer und blieb dort abrupt stehen.

    „Verdammte Scheiße, wo ist das bescheuerte Telefon?" Fragte sie sich selber, bereits mit Hetzflecken am Hals. Das Telefon klingelte jetzt bereits zum zehnten Mal. Ein mit ihr sehr geduldiger Anrufer.

    Enttäuschen tat sie ihn letztendlich doch nicht, da sie das schnurlose Telefon am Ende unter einem Haufen von Kleidungsstücken auf dem noch mit Folie bedeckten Couchtisch fand.

    „Hier Cavillo." Antwortete sie hastig und strich sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ihr war verdammt heiß geworden durch das unnötige Herumgerenne.

    „Hier auch Cavillo. Was hast du wieder so lange getrieben, Schwesterchen?" Sie sah sich in ihrem Wohnzimmer um, das freilich noch überhaupt nicht zum Wohnen geeignet war.

    „Nun es ist noch etwas unordentlich hier."

    „Hast du es noch immer nicht geschafft deinen Umzug zu vollenden, nach drei Wochen?"

    „Mir hilft ja niemand von der ach so lieben Familie."

    „Das einzige Problem ist, dass du vollkommen unorganisiert und faul bist."

    „Sei einfach leise, Lukas. Wieso rufst du mich überhaupt an?" Sie rupfte noch die halb zerrissene Folie von dem Sessel, ließ sie auf den Fußboden fallen und setze sich auf den nun freien Sessel. Danach legte sie ihre Beine auf den dazugehörigen Hocker, der raschelte, da auch dieser noch mit der Folie bedeckt war. Im Grunde war noch alles mit einer Schutzfolie bedeckt, alles was sie neu erstanden hatte.

    „Ich will dich an den wöchentlichen Abend der Familie erinnern." Sie stöhnte auf und sprang wieder von dem Sessel auf, um dann zur Küche zu gehen und einen vergeblichen Blick in den leeren Kühlschrank zu werfen.

    „Wie gerne ich auch etwas zu essen haben möchte, ich kann leider heute nicht mit der Familie zu Abendessen."

    „Du weißt, dass du an einem Freitagabend nichts anderes zu tun haben darfst." Sie lehnte sich an die Küchentheke und starrte auf die Wanduhr, die, wie ihr auffiel, schief von ihr angebracht wurde. Sie verzog die Lippen und nahm sich vor das später zu ändern.

    „Ich muss arbeiten."

    „Deine Katzen mit Schleifchen und deine Hunde mit Ballettkleidchen können auch einen Abend auf dich verzichten." Damit meinte er so viel wie ihre eigentlichen Kunden. Sie war Tierfotografin und die meisten Herrchen, die sie mit ihren Haustieren besuchten, waren leicht verrückt angehauchte alte Damen, die ihre Tiere sehr gerne als Püppchen verkleideten. Natürlich hatte sie auch andere Kunden, die normale Tierfotos von ihren vierbeinigen Freunden haben wollte. Aber auch nicht nur von Hunden und Katzen sondern auch von exotischen Mitbewohnern, wie auch Außenaufträge bei denen edle Pferde in der Poesie ihrer Bewegung fotografiert werden sollte.

    Wenn sie ehrlich sein musste, dann waren ihr die Motive zum großen Teil relativ gleich, es ging ihr immer und überall nur um den Verdienst. Dieses Haus konnte sie sich auch nur leisten, weil sie jede gottverdammte Minute gearbeitet hatte, ihren Terminkalender bis zum Platzen gefüllt hatte, sich mit jedem noch so schlimmen, arroganten, mit viel zu vielen Extrawünschen bestückten Kunden auseinandergesetzt hatte und - nun ja sie musste ehrlich sein, wegen einem Funken Glück. Wahrscheinlich ist es vorstellbar, dass ihr Gebiet nicht immer das größte Geld abwarf, doch neuerdings war sie freilich sehr berühmt.

    Vor ungefähr einem Jahr hatte sie sich dazu durchgerungen ein eigenes Fotostudio für Tiere zu eröffnen, das sie „Pets Memories nannte. Damals hätte sie nicht einmal von solch einem Erfolg geträumt. Aber es war nun mal ihr Kindheitstraum Tiere zu fotografieren. Der Durchbruch kam, als sie eine Kundin hatte, die drei schneeweiße Pudel namens Fluffy, Puffy und Schnuffy hatte. Sie war so begeistert von ihrer Arbeit, dass sie die Fotos ihrer Hunde in der Zeitschrift „Doggies, die ihr gehörte, veröffentlicht hatte. Da war der Zeitpunkt gekommen an dem ihre Karriere steil nach oben ging, denn jede von Hansens Freundinnen kamen zu ihr, die Bekannten von diesen, die Bekannten von den Bekannten und jegliche Herrchen und Frauchen, die die Zeitschrift lasen.

    Wie auch immer jetzt konnte sie nicht anfangen sich auszuruhen, sondern musste im Grunde doppelt so viel Mühe in ihr Studio stecken. Eine Belohnung hatte sie sich außerdem schon mit diesem kleinen Haus am Stadtrand mitten in einem kleinen Waldstück, samt einem kleinen Garten gemacht.

    Das musste genug sein, oder nicht?

    Während sie so darüber nachdachte, bemerkte sie gar nicht, dass ihr Bruder einen weiteren Versuch gestartet hatte sie zum heutigen Abendessen mit der Familie zu bewegen.

    „Es gibt heute Abend selbstgemachte Pizza." Ihr lief das Wasser im Mund zusammen, als ihr die Bilder von ihrem leeren Kühlschrank und den wunderbaren Kochkünsten ihrer Mutter vor Augen schwebten.    

    „Die Kundin ist wichtig. Frau Schneider kann nur heute mit ihrem Sammy in mein Studio kommen."

    „Ruby, die Familie geht vor. Jedes Familienmitglied schafft es Freitagabends freizuhaben, nur du nicht."

    „Stell dir doch mal vor, für ein gutes Bild von ihrem Hund will sie mir bis zu über hundert Euro geben."

    „Du geldgieriges, egoistisches Miststück."

    „Ach Lukas, du kennst mich doch noch am besten. Aber ich muss jetzt auch auflegen, ich muss noch etwas anderes erledigen."

    „Du wirst jetzt nicht auflegen. Erst wenn du mir versprochen hast es heute Abend zumindest zu versuchen."

    „Das kann ich nicht."

    „Du würdest es sowieso brechen, von daher."

    „Sei doch nicht so melodramatisch, Lukas!"

    „Ich will nur meine kleine Schwester nicht vermissen wollen. Seine Stimme war so todernst, dass sie es als süß empfand. „Oh Lukas, danke, aber heute geht es wirklich gar nicht.

    „Versprich es mir, Ruby. Bitte."

    Sie stand noch immer in der Küche, ging aber in den anliegenden Flur um ihren Terminkalender zu suchen. Diesen fand sie ungewöhnlich schnell in ihrer Handtasche, die eigentlich die kreativste Unordnung der ganzen Welt war.

    „Was hältst du davon wenn ich gegen neun Uhr da bin?"

    „Dann wärest du eine Stunde zu spät, das geht auch nicht."

    Sie verdrehte die Augen und ließ den Kalender wieder zurück in die schwarze, riesige Tasche fallen. „Willst du mich verarschen?"

    „Du weißt, dass Mutter dich auseinander nehmen würde, wegen deiner endlosen Aufmüpfigkeit." Danach hob sie sie auf und ging mit ihr herüber zu den Kartons in denen sie ihre Jacke verstaut hatte. Zumindest glaubte sie das, denn die meisten Kisten waren nicht beschriftet – gut keine.

    „Sie soll sich nicht so anstellen."

    „Sie ist noch sauer, weil ihr jüngstes Kind letzten Freitag schon nicht da war."

    „Erstens hatte ich keine Zeit, weil…das ist irrelevant und zweitens – du kannst es mir nicht verübeln, wenn ich nicht so gerne komme."

    „Ruby, sie liebt dich auch."

    „Natürlich liebt sie mich, das weiß ich auch. Zu dieser Zeit hatte sie bereits zwei Kisten durchwühlt, in denen sie jedoch nicht die Jacke fand, die sie jetzt unbedingt haben wollte. „Scheiße! Fluchte sie und trat gegen eine der Kisten, die sich sofort eindellte.

    „Trotzdem schikaniert sie mich jeden Freitag aufs Neue." Bemerkte sie, nachdem sie sich dazu entschlossen hatte ohne Jacke zu gehen.

    „Das macht sie nur, weil sie das Beste für dich will."

    „Ich weiß selber was das Beste für mich ist. Und weißt du, was das Beste für dich wäre?"

    „Nein."

    „Mich Auflegen zu lassen."

    „Du willst mich abwimmeln?"

    „Richtig." Sie tastete mit ihrer linken Hand ihre Hosentaschen nach dem Autoschlüssel ab, fand sie glücklicherweise auch sofort in einer der Gesäßtaschen.

    „Versprich es mir endlich."

    „Gott du nervst." Sie öffnete die Haustür des alten Backsteingebäudes und trat in die frische Sommerluft. Ein schöner Tag zum Fahrradfahren, dachte sie sich, doch ihr Fahrrad hatte sie im Keller der alten Wohnung aus ihr unbestimmten Gründen nicht wieder gefunden.

    „Das ist wohl oder übel meine Absicht."

    „Arschkriecher, mit Sicherheit hat dich Mutter geschickt. Er schwieg kurz, was für sie Antwort genug war. „Und dann wagst du es mich anzurufen und mich anzubetteln?

    „Ich bettle nicht, ich argumentiere." Die Tür fiel durch einen starken Windzug hinter ihr ins Schloss. Es polterte laut und sie zuckte zusammen. Erst da fiel ihr auf, dass ihr etwas fehlte und, dass sie ein Ding zu viel dabeihatte.

    „Ich muss jetzt Schluss machen, wenn ich es schaffe komme ich. Wenn du damit nicht zufrieden bist, hast du Pech."

    „Du hast Pech, weil du die Familie nicht siehst. Sie drückte nun schon angesäuert gegen die Tür, während sie das Telefon, welches nach drinnen gehörte, noch am Ohr hatte, fehlte ihr der Haustürschlüssel, der eigentlich hier draußen sein sollte. Sie zischte einen Fluch aus und ließ ihre sich aufstauende Wut an ihrem Bruder aus. „Es ist mir gerade absolut gleichgültig, ob ich euch alle sehe oder nicht. Ich bin jetzt erwachsen, ich übernehme mein Leben selber. Auch wenn ihr es alle nicht für möglich gehalten habt, die Jüngste hat sich ein eigenes Leben aufgebaut, mit einem eigenen kleinen Haus, einem Job und vielen, vielen Aufgaben, die Vorrang haben. Und jetzt spare dir bitte deine restlichen Argumente.  

    Sie legte ohne weiteres auf, drückte abermals gegen die Tür, die sich nicht einen Zentimeter bewegte, um dann in ihren Wagen zu steigen.

    Das Telefon, das blinkte, warf sie ohne es noch zu beachten, oder gar ein schlechtes Gewissen zu bekommen, auf den Beifahrersitz. War sie eben ungehorsam.

    Kapitel 2

    Dank ihrer Mutter war Ruby seit nun ungefähr drei Monaten mit einem Projekt einer Schule in ihrer Stadt beschäftigt. Es hieß ‚Young Adults’. Wie der Name schon versprach handelte es sich bei den glücklichen Projektteilnehmern um junge Erwachsene, die selber gerade erst aus der Schule gekommen waren. Deren Aufgabe war es sich um Jugendliche zu kümmern, die vom Leben gestraft waren und mit ihren ‚Schwestern’ beziehungsweise ‚Brüdern’ – wie die jungen Erwachsenen liebevoll genannt wurden – zu versuchen dennoch die richtige Bahn einzuschlagen. Meistens waren es Schicksale wie Eltern, die tranken, Väter, die vergewaltigten, Mütter, die überehrgeizig waren, Eltern, die nicht wussten, dass Kinder zu lieben waren. Die Variationen an schrecklichen Verhältnissen der Kinder waren übermäßig groß und obwohl vielen diese Umstände bewusst waren, konnten fast alle Straftaten der Eltern nicht nachgewiesen werden, weil die Kinder schwiegen, aufgrund von Angst oder aber auch, weil sie ihre eigenen Eltern nicht verraten wollten.

    Bei solchen Problemen sollte das Projekt helfen. Die Jugendlichen bekamen weitere Bezugspersonen denen sie vertrauen konnten, mit denen sie die Welt erleben konnten, die ihnen helfen konnten, bei denen sie eine Zuflucht finden konnten, die sogar die Stellen der eigentlichen Eltern in manchen Fällen übernahmen.

    Das Projekt lief noch nicht lange, doch schon jetzt waren bestimmte Erfolge nachzuweisen. Zum Beispiel hatte ein Mädchen sich ihrer ‚Schwester’ anvertraut, dass sie von ihrem eigenen Vater seit knapp drei Jahren angefasst wurde und die Polizei konnte genug Beweise finden um ihn mit ihrer Zeugenaussage hinter Gittern zu bringen. Seitdem lebte das Mädchen mit ihrer Mutter, die davor nichts davon geahnt hatte, in Bonn, da sie dort einen Neuanfang machen wollten. Kurz und bündig, sie war wieder glücklich und befreit.

    Wie bereits erwähnt, war Rubys Mutter auf die Idee gekommen ihre Jüngste in das Projekt einzuschleusen, damit sie zur perfekten Hausfrau und Mutter heranreifte. Bis jetzt hatte Ruby es für sich behalten, dass dieses Projekt nicht viel mit mütterlichen Erfahrungen und Fähigkeiten zu tun hatte, sondern eher mit denen einer guten Freundin. Trotz dieser Erkenntnis direkt am Anfang, hatte sie zunächst Widerstand geleistet, aber hier und jetzt war sie beinahe stolz darauf helfen zu dürfen. Das Gefühl Verantwortung übernommen zu haben, für einen Menschen, der ihre Hilfe brauchte, schaffte es freilich sie etwas erwachsener darzustellen. Vielleicht hatte ihre Mutter es doch geschafft ihre widerspenstige Tochter in Sachen Zukunftsplanung etwas umzukrempeln. Normalerweise schaffte sie das nämlich nie; Ruby war im Grunde schon immer das schwarze Schaf der Familie.

    Doch heute passte es ihr überhaupt nicht in den Kram sich mit einer übernervigen Lehrerin ihres Schützlings anlegen zu müssen, die sie heute Morgen angerufen hatte, damit sie zu einem Gespräch in die Schule kam. Angeblich sollte sich Lauren geweigert haben einen Fisch zu sezieren und da dies eine Verweigerung der schulischen Leistung war, musste ein Erziehungsberechtigter davon erfahren. Da nun aber Laurens Mutter wie immer nicht einmal ans Telefon ging – sie war eine Trinkerin, die schon längst vergessen hatte, dass sie eine Tochter hatte – musste Ruby nun den Kopf hinhalten. Es sollte nicht die schlimmste Begegnung sein, das Problem war nur, dass Ruby keine Zeit hatte, vor allem da sich Laurens Ärgernisse in letzter Zeit anhäuften. Sie hatte eigentlich gedacht, dass Lauren ein vernünftiges Mädchen war, die Chance auf eine trotzdem noch gute Zukunft wahrnahm, doch von Mal zu Mal veränderte sie sich. Sie wurde trotzig, zickig, ihre nette, schüchterne Art und Weise verwandelte sich in eine Ignoranz, die wehtun konnte wie ein Messerstich in die Brust. Ein Blick war bei ihr seit Neustem wahrlich tödlich.

    Wahrscheinlich reichten die drei Monate noch lange nicht um dieses verzwickte Wesen richtig zu verstehen.

    Sie seufzte, als sie an der Tür der Biologielehrerin ihres Schützlings klopfte um den Termin gerade eben noch wahrnehmen zu können. Sie trat hinein bevor sie überhaupt ein „Herein" zu hören bekam. Das Erste was sie sah war die heute hellerstrahlende Sonne, die durch die zugezogenen Lamellen nur schwerlich durchdringen konnte. Schatten und Licht wechselten sich ab, was eine bedrückende Stimmung erzeugte.

    Möglicherweise war es unhöflich, aber Höflichkeiten hatte sie für diese Frau nicht mehr übrig. Frau Schwarz machte aus den kleinsten Dinge, große, riesige, völlig unnötige Unannehmlichkeiten, die sowohl Lauren langsam auf die Nerven gingen, als auch Ruby. Wahrscheinlich wollte es der Zufall deswegen so, dass ihr arrogantes Gesicht nur in Schatten gehüllt war; der Name sagte alles.

    Mit Heute hatte Schwarz sie schon das vierte Mal hier her ‚eingeladen‘, wie sie es pflegte jene Einladungen zu nennen. Nicht einmal ist etwas Sinnvolles bei den Gesprächen herausgekommen. Und ganz ungewöhnlich war, dass Lauren bei zwei von vier Fällen bestritt die Anschuldigen überhaupt gemacht zu haben. Aber was sollte man gegen verrückte Lehrer machen? Nichts, Ruby hörte es sich einfach stur an. Solange es nicht zu extrem wurde, würde sie nicht anfangen etwas gegen die Lehrerin zu unternehmen. Sie stand jedoch schon an ihren Grenzen, wie es diese Unhöflichkeit mehr als deutlich zeigte.

    „Herein Frau Cavillo. Setzen Sie sich doch."

    „Gern. Was kann ich für Sie tun, Frau Schwarz?" Ruby hatte sich wie erlaubt auf den Schreibtischstuhl vor dem Tisch gesetzt, neben Lauren, die mit verschränkten Armen da saß, ihr aber keines Blickes würdigte. Ihr war klar, dass Ruby ihr nicht in den Rücken fallen würde, dennoch war sie sauer auf ihre Lehrerin, die sie neuerdings terrorisierte ohne ersichtliche Gründe. Demonstrativ verdrehte sie die Augen.

    „Ich wollte Sie nur über die neusten Ereignisse informieren, die in meinem Unterricht stattgefunden haben und Sie darum bitten ein intensives Gespräch mit Lauren zu führen."

    „Wenn Sie mir genau erzählen, was vorgefallen ist, werde ich das natürlich machen." Ruby kannte es von ihren Kunden, dass man, egal wie genervt, gestresst oder was auch immer war, seinen monotonen Geschäftstonfall nicht verlieren durfte. Dieser machte nämlich relativ unantastbar, was und wie man manches auch von sich gab. Sie lächelte sogar noch freundlich, obwohl sie genau in dem Gesicht der Biotussi erkennen konnte, wie angepisst sie von einer dreiundzwanzig Jährigen war, die die Aufgaben einer Mutter übernehmen sollte. Mit Sicherheit war sie eine Vertreterin der reichen Vorstadtfamilien, die ein vorbildhaftes Familienleben führten.

    „In der heutigen Biologiestunde war es die Aufgabe der Schüler eine Forelle zu sezieren, Lauren hat sich jedoch geweigert das zu tun."

    „Hat sie dafür einen Grund genannt?"

    „Sie sei sehr tierlieb."

    „Da kann ich nur zustimmen."

    „Es war nur ein Fisch."

    „Eine Forelle. Konterte Ruby immer noch im gleichen Tonfall, aber jetzt mit einem schmalen, gehässigen Grinsen. Schwarz verzog sichtlich die Lippen. Ihr war so deutlich anzusehen, wie wenig sie von dem neusten Projekt ihrer Direktion hielt. „Richtig. Das ist allerdings kein triftiger Grund die Arbeit zu verweigern.

    „Haben Sie nicht versucht das direkt vor Ort mit Lauren zu regeln?"

    „Doch, aber das hat nicht funktioniert. Sie hat das Tablett mit dem toten Fi… mit der toten Forelle vom Tisch gefegt und ist schnurstracks aus meinem Klassenzimmer gerannt. Und bis jetzt hat sie sich noch nicht bei mir für dieses Verhalten entschuldigt."

    Es war ein indirekter Befehl, den ihr aber keine von beiden netterweise erfüllte. Stattdessen meinte Ruby. „Nun ich kann verstehen, dass die entstandene Unordnung und der Ungehorsam von Lauren Sie etwas auf die Palme gebracht haben, aber war es unbedingt nötig mich herzubestellen und dem Mädchen und mir zum wiederholten Male die Freizeit zu rauben?" Jetzt hatte Ruby ebenso wie Lauren die Arme verschränkt und sich zurückgelehnt. Wenn diese hochnäsige Lehrerin ein Streitgespräch haben wollte, dann sollte sie es eben haben. Noch hatte sie die nötige Zeit dafür. Außerdem war sie heute irgendwie auf Streit aus.

    „Es ist auch meine Freizeit, die hier zunichte gemacht wird und ja es hat mich sehr auf die Palme gebracht, weil Respektlosigkeit vor Lehrkräften nicht geduldet werden darf." Ihre Stimme ist scharf angeschwollen, was ihre rote Gesichtsfarbe unterstrich.

    „Da gebe ich Ihnen Recht, es wundert mich nur, dass Ihnen diese Respektlosigkeit nur bei Lauren so deutlich auffällt und bei Ihren anderen Schülern nicht."

    „Wollen Sie mir vorwerfen ich würde meinen Beruf nicht richtig ausführen? Ich habe schließlich Pädagogik studiert."

    „Weder werfe ich Ihnen vor Ihren Job nicht richtig zu machen noch, dass Sie nicht studiert haben, es wundert mich nur."

    „Wissen Sie was? Das lasse ich mir nicht von Ihnen bieten. Das ist doch die Höhe, dass ich mir von irgendeiner dahergelaufenen Übergangsvertretungsmutti vorwerfen lassen muss, ich sei inkompetent."

    „Jetzt werden Sie aber beleidigend." Warf Ruby in den Rageanfall dazwischen. In der Zwischenzeit war Frau Schwarz aufgesprungen und wedelte mit ihren auffällig langen Fingern vor ihrer Nase herum.

    „Ich werde mich demnächst direkt bei der Direktorin beschweren, wenn solch ein Vorfall sich wiederholen sollte. Dann können Sie sehen wie Ihr Schützling damit zu Recht kommt. Und jetzt gehen Sie bitte." Es gab zwei Möglichkeiten: Erstens dem Befehl nachzugeben und einfach zu gehen oder zweitens dem Drang nachzugeben dieser befehlerischen Kuh ordentlich die Meinung zu sagen.

    „Ich dachte Sie wollen das hier und jetzt ausdiskutieren. Brauchen Sie dafür etwa die Hilfe Ihrer Vorgesetzten? Ich will ja nicht unhöflich sein, aber ehrlich gesagt hätte ich mehr von Ihnen erwartet. Vier Mal war ich schon hier und nicht einmal haben Sie etwas so Sinnvolles gesagt, als das ich es verinnerlicht hätte. Ist das normal?" Okay, möglicherweise hatte sie leicht übertrieben, aber da es jetzt schon zu spät war gab es kein Zurück mehr.

    „Was haben Sie gerade eben gesagt?"

    „Sie haben mich schon richtig verstanden."

    „Diese Frechheiten lasse ich mir nicht mehr bieten. Wenn Sie es so wollen, dann bekommt Lauren von nun an eine Extrabehandlung von mir."

    „Hey! Schaltete sich zum ersten Mal das Mädchen ein, die vorher nur stumme Zuschauerin war. „Ruby hat doch vollkommen Recht. Ich gebe zu, dass ich mich heute geweigert habe. Aber die Anschuldigungen ich würde Sie vor der ganzen Klasse bloßstellen oder Ihnen Beleidigungen an den Kopf werfen, stimmen nicht, das habe ich nie getan.

    „Das werden wir noch sehen, Kleines." Knurrte die Lehrerin, die es mit wilden Bewegungen geschafft hatte Ruby und Lauren zum Aufstehen zu bringen und sie bis zur Tür zu drängen. Wie eine Süchtige kramte sie sofort in ihrer Hosentasche herum, um die Zigaretten herauszuholen, sich nach dem Rauswurf zu betäuben und beruhigen zu können. Wie nach jedem Treffen zwischen ihr und Ruby.

    „Nennen Sie mich nicht Kleines. Trotzte das Mädchen dem Ganzen, wurde dann aber von Ruby zurückgehalten. „Ich werde bei der Direktorin beantragen, dass Lauren in einen anderen Biologiekurs wechseln wird. Dann ist doch bestimmt jeder glücklich.

    „Sagen Sie mir den Termin, ich werde dabei sein." Die Worte bildeten in den meisten Fällen nur noch Zischlaute, dann knallte auch schon die Tür zu.

    „Sie wird mir immer sympathischer." Die angespannten Züge des Mädchens entspannten sich ein wenig und sie brachte ein schwaches Lächeln zutage.

    „Endlich hat ihr mal jemand ordentlich die Meinung gesagt."

    „Ich dachte du würdest sauer sein, ich habe mich die letzten Male immer zurückgehalten, um dir keine Probleme zu machen."

    Lauren zuckte die Schultern. „Nein ich bin nicht sauer. Es war nötig, irgendwie." Ruby legte ihr erleichtert den Arm um die Schultern und zog sie mit sich.

    „Selbst wenn, du weißt doch wir haben sozusagen einen Freifahrtsschein bei deiner Direktorin. Sie mag die ‚Young Adults’ und deren Schützlinge mehr, als verhasste, zickige, etepetete Biotussis."

    Lauren lachte laut, als sie aus der großen Eingangstür nach draußen in die schwüle Hitze traten. „Oh ja."

    Wenn sich Ruby hier und jetzt nicht ganz arg irrte, dann war ihr erster Eindruck von der fünfzehnjährigen Lauren Winkler im Großen und Ganzen doch nicht ganz falsch gewesen. Es benötigte wohl nur die richtigen Mittel.

    Kapitel 3

    Laurens Mutter war schon heute Morgen zu betrunken gewesen, um überhaupt ans Telefon zu gehen, somit war es keine Frage mehr, wo das Mädchen den Freitag verbrachte. Ruby hatte ihr angeboten in dem neu eröffneten Starbucks eine kreative Kaffeezeit einzulegen, mit viel Spaß dabei die ganzen Kaffeegenießer dabei zu beobachten, wie sie ihren Kaffee auf unterschiedlichste Weisen schlürften. Manche mit ganz kurzen Schlucken, andere nach fünf Minuten Wartezeit in einem Zug und andere sogar mit einem Strohhalm. Es war wahrhaftig beeindruckend, wie ein Weltkonzern so viele unterschiedliche Gemüter auf einen Fleck konzentrieren konnte. Das fand Ruby schon bei McDonalds verdammt interessant. Sie fand es sogar so fesselnd, dass sie ihren Kaffee zu lange hat stehen lassen, sodass er nun eiskalt war. Darüber hinaus hatte sie auch ganz vergessen, dass Lauren ihr gegenüber saß und genüsslich die zwei riesigen Schockokekse verdrückte. Sie hatten nicht ein Wort miteinander gewechselt. Mit dieser Erkenntnis schob sie den kalten Kaffee leicht angewidert beiseite und verschränkte die Finger ineinander. „Es sind bald Ferien."

    „Ja ich weiß." Kam es nur knapp zurück, so als ob die Sommerferien, die von jedem Schüler benebelnd heraufbeschworen wurden, nichts Besonderes waren.

    „Freust du dich nicht?"

    „Doch natürlich."

    „Als ich noch kleiner war, da hat sich das noch etwas anders angehört. Hey… Sie stupste das Mädchen am Arm an und lächelte ihr entgegen, als sie aufsah. „…noch eineinhalb Wochen, dann bist du all diesen Stress für mehrere Woche los. Und die schräge Braut auch.

    Sie bekam ein Lächeln zurück. „Ja wahrscheinlich hast du Recht. Ich freu mich ja auch. Der Sommer ist was Schönes."

    „Das hört sich doch schon besser an. Es entstand wieder eine Pause des Schweigens, die Ruby als erste brach, da sie mit Stille in letzter Zeit gar nicht mehr klar kam. Eigentlich total banal, weil sie sich ihre Kindheit und Jugendzeit über immer so sehr Zeit für sich gewünscht hatte, aber dank ihrer vier Geschwister und ihren nervigen Eltern nie Zeit für sich hatte. Es war immer irgendetwas los gewesen in dem riesigen Farmerhaus, das die wohl fünf schrecklichsten Kinder dieser Stadt überlebt hatte. „Hat es dir geschmeckt?

    „Ja, Dankeschön." Entweder Lauren hatte heute gar keine Lust mit ihr zu sprechen, oder ihr schlug diese ganze Geschichte doch mehr auf den Magen, als sie vorher befürchtet hatte.

    „Willst du über irgendetwas mit mir sprechen?"

    „Es gibt nichts zu bereden. Laurens Augen verrieten sie sofort, genauso wie der hohle Unterton. „Ach nicht? Habe ich mich also geirrt? Ich irre mich ja immer.

    „Ja tust du."

    „Freilich. Gut, dann treffe ich abermals eine Fehlentscheidung und werde wohl mal wieder mit deiner Mutter reden müssen. Symbolisch lugte Ruby auf ihre Uhr, die kurz vor fünf Uhr zeigte. Ihre Kundin würde erst in knapp einer Stunde kommen. Die nötige Zeit hätte sie. Nur die Erlaubnis nicht. „Lass es bleiben, Ruby. Ich warne dich.

    „Wer will mich daran hindern? Deine Lehrerin habe ich auch geschafft."

    „Schwarz ist ein anderes Kaliber als meine Mutter. Du weißt doch bestimmt noch was das letzte Mal passiert ist, als du nur mit ihr reden wolltest." Oh ja, das würde sie so schnell nicht vergessen, obwohl sie ein verdammt miserables Gedächtnis hatte. Das Projekt war erst seit einem Monat angelaufen und sie hatte darauf bestanden Laurens Mutter einmal persönlich kennenzulernen, sowohl gegen den Rat der Direktorin als auch gegen den von Lauren. Wie immer war Laurens Mutter betrunken gewesen und hatte Ruby am Anfang gar nicht erst beachtet, sondern ihr Kind zur Schnecke gemacht, weil es vergessen hatte den Briefkasten zu leeren. Wie auch immer, sie hatte sich leicht zurückhaltend an sie gewandt und das erste was geschehen war, war, dass sie mit einem abschätzigen Blick begutachtet wurde und als hässliche Schlampe bezeichnet wurde, die hier nichts zu suchen hatte. Dank Rubys spanischen Temperaments, das vor allem bei ihr sehr ausgeprägt war, überreizte sie diese Anmerkung stark und es kam zu einem Wortgefecht. Das Wortgefecht jedoch entwickelte sich im Laufe der Zeit - mit Unterstützung des erhöhten Promillegehaltes der Mutter - zu einem Gefecht ohne Worte. Am Ende bekam Ruby nämlich beinahe die Schnapsfalsche gegen den Schädel gedonnert und wurde auf diese Art und Weise aus der Wohnung befördert und hatte Laurens Mutter seitdem nie wieder gesehen.

    „Das würde nichts bringen und das weißt du."

    „Ich will nun mal helfen." Lauren seufzte laut und presste die Zähne aufeinander. Langsam hatte sie genug davon ewig auf ihren Problemen mit ihrer Mutter herumzukauen. Es war sowieso nur noch eine Frage der Zeit bis restlos alles den Bach herunterging.

    Wie diese stinkende Bachforelle von heute Morgen; sie wollte gar nicht anfangen darüber nachzudenken.

    „Ist es denn schon besser geworden? Am liebsten hätte sie Ruby mitten ins Gesicht sagen wollen, sie solle doch endlich leise sein, doch Rubys Sorge war echt und das rührte sie, sodass sie sich fügte. Tief im Inneren tat es gut zu reden. „Es wird nur noch schlimmer. Sie geht auch nicht mehr zu den Anonymen Alkoholikern. Was rede ich da, wenn sie sagte sie gehe zu der Selbsthilfegruppe war sie hundertprozentig in irgendeiner Kneipe und hat sich die Hucke voll gesoffen.

    „Hast du sie mal damit konfrontiert?"

    „Ich bin Luft für sie geworden. Als ob ich gar nicht existieren würde. Sie guckt mich mit leeren Augen an und dreht sich wieder dem Fernseher zu. Dann schreie ich sie wie wild an, aber sie nuckelt nur weiter an ihrer Flasche wie ein kleines Baby. Lauren atmete tief ein und aus, als ob sie die aufrauschende Wut niederstrecken musste. „Wenn ich ihr die Flasche dann aus der Hand reißen will dann, dann wird sie plötzlich hellwach, kämpft um dieses Teufelszeug und schreit mich stattdessen an, ich soll doch zu meinem gottverdammten Vater kriechen.

    „Das kann doch nicht sein." Ruby war fassungslos. Sie hatte schon einige Geschichten gehört, konnte sich aber nie vorstellen, wie es im Alltagsleben aussah.

    „Dabei ist er doch tot." Flüsterte Lauren, während sich ihr zorniges Gesicht abrupt änderte und sich ihre Augenbrauen nach oben bewegten. Auf der Stelle nahm Ruby ihre Hand in Ihre.

    „Denk nicht über den Unfall nach, Süße. Wir machen das schon. Wir zusammen. Ich helfe dir bei allem." Lauren entwand sich ihr und stand starr auf. Sie war stark aber diese Stärke entwickelte sich aus rasenden Aggressionen, die sie die Tage über hinweg in sich hineinfraß. Irgendwann explodierte diese riesige Ansammlung, in den meisten Fällen allein zuhause im Bett und endete in einem Heulkrampf, doch heute sollte es anders sein. Heute sollte der trauernden Wut keine Grenzen gesetzt sein, heute sollte sie jemand zu spüren bekommen, der vielleicht nicht dafür verantwortlich war, der vielleicht sogar helfen wollte, der hier und jetzt aber in der richtigen Reichweite dafür war.

    „Wie willst du mir helfen, Ruby? Sag mir das, wie? Indem du mit meiner Mutter versuchst zu reden, die nicht einmal ihrer eigenen Tochter zuhört? Deren Leben sie sofort für eine Flasche ihres Fusels verkaufen würde? Das ich nicht lache. Renn zu meiner Direktorin, renn zum Jugendamt, mach was du willst, diese ganzen Dreckskriecher interessiert es einen Scheiß, was mit Kindern wie mir passiert. Verluste gibt es immer, oder nicht? Seitdem mein Vater gestorben ist, ist auch mein Leben gestorben. Also fang nicht wieder an irgendwelche Reden zu schwingen. Mach es wie alle, ergötze dich an deinem wunderbaren Leben und vergiss mich einfach. Es ist einfach, versuch es mal." Es waren nicht nur die Worte, die sie trafen wie ein Stich mit glühendem Stahl ins Herz, sondern auch der Ernst, der in der Stimme des jungen Mädchens lag. Es brachte sie mit all ihren Sinnen um den Verstand. Sie konnte nichts dagegen unternehmen, sie bewegte, sie sagte, sie dachte rein gar nichts, als Lauren sich abgehackt umdrehte und sich einen Weg durch die baffen Gesichter bahnte.

    Kapitel 4

    „Kann ich Ihnen möglicherweise einen Kaffee oder Ähnliches anbieten?" Die alte Dame saß auf dem Sessel mit Beistelltisch, der für Kunden gedacht war. Neben ihr lag ihr Husky Sammy auf der Fusseldecke, die bis jetzt jeder Hund liebte. Sie rollten und kratzten sich wie die Irren auf dieser Decke. So sah nach jedem Besuch dann auch Rubys Fliesenfußboden aus, übersäht von weißen Flusen.

    „Einen Tee bitte."

    „Natürlich." In einem Rutsch machte sie die Herdplatte an, um das Wasser zu erhitzen, holte einen Teebeutel, den sie in den Tiefen des Schrankes fand, heraus, schaltete all die Lampen die sie zum Fotografieren brauchte an und legte sich die Hightechkamera um den Hals.

    Nach dem Ausbruch von Lauren hatte sie kaum noch irgendetwas richtig gemacht. Alles lief schief und ihr war so schlecht wie schon lange nicht mehr. Hämmernde Kopfschmerzen beherrschten sie bereits die Autofahrt hierher, bis jetzt, wo sie die Leistung erbringen sollte die perfekten Fotos zu schießen. Mit zitternden Händen?

    Der Wasserkocher pfiff auf einmal, was sie hart in die Realität zurückholte. Wie lange hatte sie mit geschlossenen Augen an den Tresen gelehnt hier gestanden? Mehrere Minuten mindestens, die ihr niemals so vorkamen. Sie war fertig.

    „Hier bitteschön. Ich hoffe es schmeckt Ihnen." Nachdem sie sich wieder gefasst hatte, hatte sie den Tee fertig zubreitet und die restlichen Vorkehrungen für das Schießen der Fotos getroffen. Sie wollte das Ganze schnell von der Bühne bringen, damit sie um Gotteswillen noch zu ihrem Familienessen fahren konnte. Stress mit ihrer Mutter fehlte ihr heute noch.

    „Vielen Danke, junge Dame. Wissen Sie Sammy ist schon ganz aufgeregt. Ruby zwang sich zu einem Lächeln ab, während sie an der Fensterscheibe stand und darauf wartete, dass die Frau ihre Wünsche preisgab. „Wo möchten Sie die Fotos geschossen haben?

    „Ich würde sehr gerne welche in der Blackbox machen, ist das möglich?"

    „Aber klar doch." Die Blackbox war ihr lieber als alles andere, dort die Fotos zu machen ging am schnellsten und war am wenig aufwendigsten.

    „Kann ich noch schnell Sammys Fell bürsten, um es zum Glänzen zu bringen?"

    „Sicherlich, ich breitete so lange die Box vor." Die Blackbox befand sich in einem Extraraum, da sie völlige Dunkelheit brauchte. Ruby hatte sich dazu entschieden sie sich anzuschaffen, nachdem sie den ersten hohen Andrang und somit die ersten Massen an Geld gemeistert hatte, um noch präsenter zu werden. Die Anschaffung hatte sich schon jetzt gelohnt, genauso wie ihre Vorgehensweise am Anfang so viel Geld und Arbeit in das Studio zu stecken, wie sie nur konnte. Sie hatte sich ein ordentliches Geschäft aufgebaut und diese Geschäftslücke in der Stadt meisterlich ausgefüllt. Jetzt konnte sie daran denken das Geld für ihre persönlichen Angelegenheiten in den Wind zu pusten. So, wie sie es früher nie durfte. Nur komischer Weise war es ihr dann wieder zu schade - wahrscheinlich hatte ihre Mutter sie doch mehr geprägt als sie es immer wollte. Ach verdammt, dachte sie sich, als sie gerade wieder aus dem Raum kam, vorbei an der Fensterfront, wo sie noch im Augenwinkel sah, wie ein großer, braunhaariger, sportlicher Junge in ihr Schaufenster lugte. Leicht seltsam kam er ihr schon vor, weil er, als sie ihn gesehen hatte, so eilig davon ging, doch ihre Kundin war bereit die Fotos zu machen. Viel glänzender war der Hund nun zwar nicht, aber es würde kein Problem sein den Computer später dafür zu benutzen anstatt einer Fellbürste. Das war wohl der Generationsunterschied.

    Es dauerte mindestens eine ganze Stunde bis dieses alte Töle ruhig auf dem Podest stand und ein akzeptables Motiv abgab. Am Ende hatte Ruby vielleicht zehn schöne Fotos von dem Hund und geringstenfalls doppelt so starke Rückenschmerzen. Sie war zu groß für die Box, musste also die ganze Zeit über gekrümmt stehen. Das Schrecklichste, beziehungsweise die größte Anstrengung war die darauf folgende Besprechung mit der Kundin. Da schimmerten die Augen nicht gut genug, auf diesem Bild war der Kontrast nicht groß genug, dort spitzte Sammy nicht die Ohren, hier guckte die Zunge ein Stück heraus und so weiter, es war zum verrückt werden. Zwar musste sie zugeben, dass sie an diesem Tag nicht fähig war die perfekten Fotos zu schießen, die die Kunden gewohnt waren, doch dafür, dass der Husky so verdammt unkooperativ war, waren sie noch gut. Irgendwann hatte sie es geschafft die alte Dame damit zu besänftigen, dass der Preis etwas sank und sie die Fotos noch bearbeiten würde, damit diese Makel verschwänden. Das hatte sie aber bereits auf Morgen verschoben. Hauptsache sie hatte endlich Ruhe und Feierabend. Schluss, Aus und Ende.

    Schön wär’s. Denn das war jetzt kam, war zwar jedes Mal das gleiche an einem Freitagabend, aber jedes Mal wieder die absolute Zerreißprobe für Ruby.      

    Sie liebte ihre Familie. Natürlich tat sie das, genauso wie jeder andere. Trotzdem, selbst wenn die Kinder einer Mutter bereits erwachsen waren, konnte sie eine Mutter noch bis zur Weißglut treiben. Besonders wenn es um die Jüngste, den Schützling, ging. Da war keine Gnade geweiht. Keineswegs.

    „Ruby, du bist zu spät."

    „Ich weiß, es tut mir leid." Sie bemerkte es jetzt schon, der Kugelhagel ihrer strenggläubigen Mutter würde nunmehr sie allein mit voller Wucht treffen. Gott sie hätte nach Hause fahren sollen und anstatt sich eine Auge um Auge Diskussion zu liefern nur die Standpauke am Telefon ertragen sollen. Was ein beschissener Tag.

    „Welche Erklärung hast du dafür? Sie küsste ihrer Mutter, die sie in den Flur hinein gelassen hatte, zur Begrüßung auf die Wange und richtete sich dann seufzend auf. „Darf ich erst mal meine Geschwister begrüßen und mich hinsetzen? Ihre Mutter brummte nur etwas Unverständliches und schloss die Tür hinter ihr.   

    Das gleiche Begrüßungsritual vollführte sie bei ihren drei Brüdern und bei ihrer Schwester, neben die sie sich auf den noch freien Stuhl fallen ließ, der mit der Lehne zum Fenster hinzeigte, das eine frische Brise hinein ließ. Diese Brise wirbelte ebenfalls den Geruch der selbstgemachten Pizza auf, von der jedoch nur noch Krümel übrig waren.

    „Ihr habt mir nicht ein Stück übrig gelassen, wie fies."

    „Du bist schon fett genug. Kam es von ihrem ältesten Bruder, der grinsend rechts am Tisch saß und rülpste. „Ja genau, sagt der Richtige.

    „Christopher benimm dich! „Tut mir leid, Mutter. Ich bin so pappsatt, irgendwo mussten die Gase von dem leckeren Essen hin. Ruby formte die Lippen zu einem „Idiot" und goss sich danach ein Glas Wein ein. Sollte er sie doch auf die Schüppe nehmen, zumindest den Alkohol würde sie sich jetzt noch gönnen.

    „Sie hat aber ihr Versprechen gehalten und ist noch gekommen. Meinte Lukas, der am weitesten von ihr entfernt saß. „Das ist doch schon was wert.

    „Sehe ich genauso, das ist keine Selbstverständlichkeit. Ergänzte ihre Schwester grinsend, die ihr einen freundschaftlichen Schubs gegen die Schulter gab. „Es muss eine Selbstverständlichkeit sein! Es ist ihre Pflicht. Knurrte Rubys Mutter, die sich ihr gegenüber hingesetzt hatte und sie böse anfunkelte. „Das war jetzt schon das dritte Mal nacheinander. Meine Geduld hat irgendwann ein Ende, Ruby."

    „Es wird nicht wieder vorkommen."

    „Das hast du letzten Freitag auch gesagt. Ich glaube ich muss wieder andere Seiten aufziehen."

    „Ich bin erwachsen, Mutter."

    „Nein bist du nicht. Du bist erst dreiundzwanzig."

    „Erwachsen."

    „Untersteh dich mir zu widersprechen."

    „Lexie ist auch nur vier Jahre älter als ich."

    „Hey, zieh mich nicht mit rein. Funkte Alexandra hinein, die alle nur Lexie nannten. „Du solltest mir helfen - und so etwas nennt sich Schwester. Brummelte Ruby und verschränkte die Arme. „Deine Schwester bringt zumindest regelmäßig ihren Freund mit hierher, mit dem sie nun bereits zwei Jahre zusammen ist."

    „Haste gehört, Ruby, nicht wahr? Meinte David lachend, der der Mittlere der Cavillo Geschwister war. „Sei leise. Fuhr sie ihn an und nippte langsam etwas quengelig an ihrem Weinglas. „Mutter, du weißt ganz genau, dass ich keinen Mann heiraten will, den du dir zusammengereimt hast."

    „Wenn du dich, Gott sei mir gnädig, doch nur endlich mit den Männern treffen würdest, die ich mit dir bekannt gemacht habe, das würde mir schon reichen. Du sollst ja nicht gleich einen von ihnen heiraten."

    „Nein, Mutter, nein, niemals, wie komme ich nur darauf. Ach ja, ich höre es jedes Mal wieder. Ruby wie kannst du nur, Ruby warum kannst du nicht einfach, Ruby dies, das und jenes – ich bin nicht mehr von dir abhängig, Mutter." Das letzte Wort betonte sie extra stark, doch als ob ihre Mutter es nicht mitbekommen hatte sprach sie einfach weiter drauf los.

    „Es ist ja nicht nur der Wunsch, dass du sesshaft wirst – du wirst ja schließlich nicht jünger und schöner - … „Mutter! Protestierte Ruby lauthals und starrte sie empört an. Danach glotzte sie ihre drei Brüder an, die allesamt versuchten sich ein Lachen zu verkneifen.

    „Du musst dem ins Auge sehen, Schätzchen. „Halt endlich deine Fresse, David. Fauchte sie nun immer wütender über ihre Familie und vor allem immer wütender über ihre Entscheidung hergekommen zu sein.

    „Dein Bruder hat Recht. Deswegen habe ich dem ganzen auch etwas auf die Sprünge geholfen."

    „Was hast du getan? Rubys Hände zitterten unter dem Tisch und sie ließen es erst, als ihre Schwester sie festhielt. „Mutter, Ruby ist wunderschön und das wissen wir alle. Versuchte Lexie zu beschwichtigen, mit ihrer ruhigen Art und Weise.

    „Du bist jetzt mal leise, Alexandra. Sie kann froh sein, wenn sie einen halbwegs erfolgreichen Mann bekommt. Also, ich habe letztens im Supermarkt eine alte Bekannte getroffen. Sie heißt mit Beinamen glaube ich Sola und sie hat einen Sohn, der ein paar Jährchen älter ist als du." Ruby konnte sich denken, was ihre Mutter ihr gerade beichten wollte und das einzige was sie zurückhielt ihr an die Gurgel zu springen, war der Druck von Lexies Hand.

    „Er ist Lehrer an dem Gymnasium an dem du ehrenamtlich arbeitest. Zufall? Bestimmt nicht. Das muss ein Zeichen von Gott sein, darum habe ich ihr auch deine Nummer gegeben und sie darum gebeten ihm von dir zu erzählen. Vielleicht habt ihr euch schon mal gesehen und nicht bemerkt, dass ihr füreinander bestimmt seid."

    „Das hast du nicht wirklich, oder?" Jetzt hatten es die drei Männer aufgegeben sich das Lachen zu verkneifen und alle drei prusteten los.

    „Nutze diese Chance; er ist ein netter Kerl." Freilich hatte sie eine Erinnerung an einen Mann, den sie mal als Joshua Sola kurz im Gang gesehen hatte, doch das war es auch schon. Allein die Vorstellung, dass ihre Mutter… nein, niemals. Das würde sie sich nicht bieten lassen. Doch anstatt weiter zu rebellieren, biss sie die Zähne zusammen und appellierte an sich selber einfach ruhig zu bleiben. Irgendwann würde ihre Mutter – und diese drei, sich vor Lachen in die Hose machenden, Volltrottel – die Klappe halten.

    Es war sowieso sinnlos, es war ihr vorbestimmt für immer und ewig das schwarze Schaf in dieser Familie zu sein. Während Christopher ein erfolgreicher Staatsanwalt geworden war und damit in die Fußstapfen ihres Vaters getreten war – der leider schon verstorben war -, Lukas ihre Mutter damit glücklich gemacht hatte ihr mit seiner Frau einen Enkelsohn geschenkt zu haben, David ein anerkannter Schriftsteller war und somit die Lieblingsbeschäftigung der Mutter zur Perfektion gebracht hatte und Lexie damit gestraft war leider keine Kinder bekommen zu können, sich aber als Kinderärztin sehr für Kinder einsetzte, blieb für sie eben nur der Status der Aufmüpfigen, die nichts zu bieten hatte.

    „Komm einfach zur Vernunft, Kind." Ruby atmete tief ein und aus und trank danach mit einem Schluck ihren Wein aus.

    „Werde ich. Aber bevor du jetzt noch meinen Job kritisiert, werde ich besser gehen. Sie stand ohne Erlaubnis auf, nachdem sie sich aus Lexies Griff lösen konnte. „Du bist doch gerade erst gekommen. Die Jungs waren wieder ruhig geworden, alle schwiegen jetzt, nur die beiden Kontrahenten starrten sich an. Ruby wusste, dass sie nicht gehen durfte, das allerdings war ihr schnuppe noch länger  hielt sie es hier nicht mehr aus. Ihre Mutter hatte die Grenzen überschritten, sie brauchte mehr Abstand als nur zwei Meter eines hölzernen Tisches.

    „Ja aber mir reicht es für heute."

    „Ich bestimme wann du gehst, hast du das verstanden?" Jetzt war auch ihre Mutter aufgestanden, der Größenunterschied schien ihr dabei nicht viel auszumachen.

    „Mutter, bitte. Ich bin todmüde und ich bin wirklich nicht in der Stimmung mir so etwas noch weiter anzutun. „Was, mit deiner Familie einen netten Abend zu genießen? Sie runzelte die Stirn. „Ja genau das."  

    „Bitte dann geh, es wird dich wohl niemand aufhalten." Die vorher ausgelassene Stimmung, beziehungsweise die Schadenfreude ihrer Brüder, war mit einem Mal verschwunden, sodass alle nur verhalten in die Luft schauten. Keiner wagte es sich etwas zu sagen, keiner schaute Ruby mehr an. Nach einiger Zeit auch nicht mehr ihre Mutter, die sich beleidigt wieder setzte und die Teller zusammenräumte.

    „Danke Leute. Echt, ich bin wieder die, die den Abend zunichte gemacht

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