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Jungsein im Altbau
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eBook173 Seiten2 Stunden

Jungsein im Altbau

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Über dieses E-Book

Das ist eine Sammlung diverser kürzerer Texte, hauptsächlich Kurzgeschichten, aber auch ein paar Monologe. Highlights sind u.a. Hitlers Wiedergeburt als Schlagersänger, die Entführung eines Barts, der letzte Fall von Meisterdetektiv Sven Sebasta, Leichtathletik mit dem Ku-Klux-Klan sowie ein Bericht über das Leben in der Hölle.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum28. Sept. 2014
ISBN9783847655497
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    Buchvorschau

    Jungsein im Altbau - Serge Berger

    Der Krieg um den Rock

    Frau Magister Schicker hatte den Job als Innensenatorin des Zwergenstaats Spinatia bekommen, weil sie ehrgeizig war. Weil sie etwas Großes erreichen wollte. Weil sie vor hatte, der Welt ihren Stempel aufzudrücken. Das sie dem Ministerpräsidenten in Dessous zu Dienste stand war dabei kein Hinderungsgrund.

    Wir leben mittlerweile im 21. Jahrhundert! erklärte sie also eines Tages im Landessenat, und auf unseren Ampeln sind man immer noch ein männliches Männchen stehen, bzw. gehen. Das ist sexistisch und chauvinistisch! Das muss geändert werden!

    Sollen wir stattdessen ein weibliches Männchen zeigen? fragte jemand von der Opposition.

    Ein weibliches Männchen?! entrüstete sich Frau Magister Schicker, ich verbitte mir diese Formulierung!! Mein Vorschlag in dieser brisanten Situation ist alle Ampeln im Lande auszutauschen und neue aufzustellen, die neben der männlichen Figur auch eine weibliche Figur zeigen! Wir als Grüne sind immer noch die erste Partei, die sich für die Gleichberechtigung einsetzt!

    Am Abend, als der Ministerpräsident seine Innensenatorin in Dessous traf, meinte er noch, wer das alles bezahlen solle.

    Kürz halt die Sozialleistungen schlug Frau Magister Schicker vor, diese Sozialhilfeempfänger sind sowieso schreckliche Leute. Keinerlei Geschmack. Wie die immer angezogen sind...

    Der Ministerpräsident überlegte kurz.

    Aber nur, sagte er dann, wenn ich wieder Mama zu dir sagen darf." Und so geschah es.

    *****

    Sir Bodo Bodovic, seines Zeichens Chef der Geheimpolizei von Spinatia, schnaufte hinter seinem Schreibtisch. Schnauf. Und Schnauf. Sein Gesicht leuchtete rötlich. Sein prächtiger Schnurrbart war dichter als das verblichene Haar auf seinem Kopf. Sir Bodo tat sich ein bisschen schwer mit dem durchatmen, kam er doch selten zu regelmäßiger Bewegung. Als Geheimpolizeichef eines 7.000 Einwohnerstaats hatte er nicht viel zu tun. Auch hatte er nur einen Mitarbeiter, Smythee, den Bodovic stets seinen besten Mann nannte. Smythee trug gerne Cordsakkos und Schnürlsamthosen, mit seinen Brillen und seinem stets umgebundenen Mascherl wirkte er eher wie ein Lehrer als ein Geheimagent mit stählernen Nerven. Denn die hatte Smythee. Wenig konnte ihn aus der Ruhe bringen, große Freude schien ihm ebenso fremd zu sein wie große Trauer. Sein unspektakuläres Wesen war die perfekte Ergänzung zu Bodovics gelegentlichen sentimentalen Gefühlen. Und so saßen die beiden oft tagelang in ihren Büros, tranken Tee, bauten Papierflieger, tranken Kaffee, ordneten ihre Stempel und gingen in die Kantine. Jeden Montag morgen trafen sich sich zur wöchentlichen Sicherheitsbesprechung.

    Spinatia wird von niemandem bedroht! vermeldete also Smythee eines Tages, kurz nachdem die neuen Ampeln aufgestellt worden waren. Sir Bodo Bodovic rieb sich freudig die Hände.

    Gratuliere zu Ihrer guten Arbeit, sagte er, und diesmal gibts auch eine Gratifikation!

    Tatsächlich? war Smythee überrascht.

    Klar, lachte Bodovic, kommen Sie mal mit in unser Labor!

    Und so führte Bodo Bodovic seinen besten Mann gleich in Spinatias Waffenkammer, die sich als Werkstatt im Keller entpuppte. Zwei Werkbänke standen darin, an der Wand waren fein säuberlich Hämmer, Feilen, Zangen und dergleichen drapiert. Bodovic und Symthee wurden bereits von Professor Weinberl erwartet.

    Freut mich sehr, Herr Bodo, zischte Weinberl. Er hörte sich an, als würde er nur beim Einatmen sprechen.

    Hallo Professor! Ich habe dem Jungen, Bodovic deutete auf Symthee, versprochen ihn mit neuen Gadgets auszurüsten. Haben Sie etwas da?

    Sssselbstverständlich, zischte Weinberl und schlurfte ins Hinterzimmer, Bodovic und Smythee folgten ihm.

    Der Boden des Hinterzimmers war mit den Überresten von Haushaltsgeräten gesäumt. In der Mitte des Raums stand ein 1 Meter 50 großer Roboter, der aussah wie ein illegitimes Kind der Liebe eines Papierkorbs und eines Gartenzwergs. Auf der Brust des Roboters blinkten verschieden farbige Lichter, an seinem Kopf prangten zwei Zöpfe.

    Ich präsentiere Ihnen Modell B-26! zischte der Professor stolz.

    Na, da haben Sie ja ein schönes Spielzeug bei all Ihren Unternehmungen, sagte Bodovic zu Smythee, wenn Sie mich bitte entschuldigen.

    Der Geheimdienstchef ging zurück in sein Büro, um sich seinen Biskuits zu widmen. Smythee beäugte B-26 skeptisch von allen Seiten.

    Und was macht es? fragte er.

    Nun, erstmal kann es fahren, erklärte Weinberl zischend und drückte einen Knopf am Rücken des Roboters. Der rollte prompt aus dem Hinterzimmer hinaus in die Werkstatt und blieb dort stehen. Weinberl und Smythee folgten ihm.

    Was noch?

    Das mit dem Kaffeekochen hat leider nicht so recht funktioniert, zischte Weinberl, aber Sie können ihn durchaus als Stehlampe verwenden!

    Der Professor drückte einen anderen Knopf am Rücken des Roboters und dessen Kopf erstrahlte hell.

    Sehr fein, bemerkte Smythee nicht überzeugt, aber warum hat er zwei Zöpfe am Kopf? Ist er etwa ein Mädchen?

    Ein Mädchen?! Ein Roboter ein Mädchen?! zischte Weinberl und begann schallend zu lachen.

    Na Sie machen mir Spaß! Wie kann denn ein Roboter ein Mädchen sein?! Roboter haben doch kein Geschlecht!! erklärte Weinberl.

    Und warum dann diese Zöpfe?

    Er ist Jude, sagte Weinberl und legte einen kleinen Schalter am Roboterrücken um. Der Kopf von B-26 hörte auf zu leuchten und drehte sich einmal im Kreis, als sehe er sich um.

    Es-gehört-Chuzpe-dazu-diesen-Schmonzes-ein-Labor-zu-nennen!-Überall-nur-Tinnef! sagte der Roboter darauf in blechernem Tonfall.

    *****

    Angus McStalin war, wie man sich anhand seines Namens leicht denken kann, Schotte. Zudem war er General und, wie man sich deswegen leicht denken kann, viel bei den Waffen. Er spuckte gern vor den Engländern aus, was er sich besonders hoch anrechnete. Sein schottischer Nationalstolz war groß, seine Haare rot und zahlreich. Sein Bart bedeckte fast seinen gesamten Körper. Was keine Kunst war, denn Angus maß lediglich einen Meter. Zudem hatte er einen Buckel, ein Glasauge und als linkes Bein fungierte schon lange eine Holzprothese. Diese Fakten taten allerdings nichts, um sein Selbstvertrauen in irgendeiner Weise einzuschränken.

    Und nun das hier.

    Angus war eigens nach Spinatia gekommen, um das Holzbeinmuseum zu besuchen, welches die einzige Touristenattraktion und Haupteinkommensquelle des Landes darstellte.

    Der schottische Tourist stand an einem Fußgängerübergang. In der Mitte ein Zebrastreifen. Am Straßenrand Ampeln. Auf den Ampeln: oben ein rot leuchtendes Feld, darunter ein grün leuchtendes. In den Feldern ein Mann mit Hosen und eine Frau mit Rock. Ein Mann mit Rock war da nicht zu sehen.

    Angus schnaufte. Ein derartiger Fall von Diskriminierung war ihm noch nicht untergekommen.

    Das bedeutet Krieg, rief er in schottischem Akzent, den Sie sich, lieber Leser, vorstellen müssen. Außer es gibt mal ein Hörbuch von dieser Geschichte. Eine Woche später formierte sich eine kleine schottische Armee, angeführt von Angus McStalin und schickte sich an in Spinatia einzumarschieren.

    *****

    Smythee und der Roboter warteten in Sir Bodovic's Büro auf den Chef.

    Hast du eigentlich einen Namen? fragte Smythee.

    Fischbein, antwortete der Roboter.

    Bodovic kam hektisch und mit einem Fax unter dem Arm in sein Büro, setzte sich hinter seinen Schreibtisch und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn.

    Männer, begann Bodovic, es gibt schlechte Neuigkeiten. Wir sind ein kleines Land. Wir haben nie irgendjemand was getan. Und dann kommt diese blöde Schachtel von Schicker, stellt neue Ampeln auf, und jetzt haben wir den Salat. Eine Armee von Schotten ist bereits unterwegs, uns den Garaus zu machen. Sie fühlen sich durch die rocklosen Männer auf unseren neuen Ampeln diskriminiert.

    Was-für-ein-Schlamassel! sagte Fischbein.

    Sehr richtig! Irgendwelche Vorschläge? fragte Bodovic.

    Ich habe schon eine Idee, vermeldete Smythee, froh, dass er endlich etwas zu tun hatte.

    Schießen Sie los! forderte Bodovic.

    Der Schotte an sich ist ein cleverer kleiner Bastard. Aber er hat eine Schwachstelle. Den Dudelsack. Da schaltet jeder Schotte sein Hirn ab. Wir brauchen also einen Spion mit dem größten Dudelsack, den es gibt. Dem werden sie voller Ehrfurcht alle ihre Pläne erzählen, und der gibt sie dann an uns weiter. So sind wir Ihnen immer eine Nasenlänge voraus. Und in der Zwischenzeit werden wir unsere Spezialtruppe von Major Hannibal Puck einsetzen.

    Großartiger Plan! freute sich Bodovic, und wer wird dieser Spion sein?

    Ich habe da schon eine Idee, sagte Smythee.

    Vielleicht werde ich alt, sinnierte Bodovic, stand mit einiger Mühe von seinem Ledersessel auf und ging zu seinem Fenster, aber mir ist dieser ganze Spionmist und Kriegsmüll zuwider. Warum soviel Hass? Warum nicht ein bisschen Liebe? Die Liebe ist doch das Tollste, was es gibt! Wenn dein Leben schal und lauwarm ist, gibt dir die Liebe neue Frische und du fühlst dich wieder lebendig. Und in dunkler, finstrer Nacht zeigt sie dir ein Licht.

    Das ist ein Kühlschrank, Sir, erklärte Smythee.

    *****

    Als Sir Bodo am nächsten Vormittag in Smythees Büro trat, bemerkte er ein Hecheln. Ein äußerst blechern klingendes Hecheln. Es war Fischbein.

    Was-für-eine-Schickse! keuchte der Roboter.

    Beim Fenster stand ein sehr üppig gebautes junges Mädchen ohne Bluse. Smythee malte ihr gerade den Busen rot-grün kariert an.

    Hallo, Sir Bodo, sagte Smythee, darf ich vorstellen: das ist Becky, meine beste Schülerin!

    Hallo Sir! grüßte Becky und reichte Sir Bodo die Hand.

    Sehr schön, stammelte Bodo angesichts Beckys Riesendingern.

    Das ist unser Spion, erklärte Smythee, mit dem größten Dudelsack der Welt!

    Ich-will-auch-einen-Dudelsack! keuchte Fischbein.

    So getarnt schleiche ich mich bei den Schotten rein und kriege ihr Vertrauen! sagte Becky fröhlich.

    Das könnte aber gefährlich werden. Trauen Sie sich das auch zu? fragte Bodo und bemerkte wie sein Herz immer schneller schlug.

    Chef, Becky ist Klassenbeste unserer Schulen. Sie beherrscht alle Kampfsportarten, ist ausgebildete Kriminalinspektorin und hat ihre Studien in Philosophie und Physik mit Auszeichnung abgeschlossen.

    Da sind Sie ja bestens geeignet für Ihre Mission, stammelte Bodovic.

    Sir, ich bin besonders froh, dass es endlich mal ein Job ist, wo ich meinen Körper einsetzen kann. Sonst wollen alle immer nur mein Hirn! Ich meine, du triffst dich mit einem gutaussehenden Mann und erwartest eine leidenschaftliche Nacht und dann will er nur über Heidegger und Quantenmechanik diskutieren! formulierte Becky.

    Was-für-Schmocks! keuchte Fischbein.

    Aber der Job ist gefährlich, erklärte Sir Bodo, was sagt denn Ihr Freund dazu?

    Ein Mann, den ich als Freund haben will, muss schon was Besonderes sein. Und den hab ich leider noch nicht gefunden! antwortete Becky mit traurigem Blick.

    Gute Arbeit, Smythee, sagte Bodo, junge Dame, viel Glück bei Ihrer Mission. Ich erwarte einen täglichen Bericht!

    Er schüttelte Becky abermals die Hand und verabschiedete sich.

    Ach Sir Bodo, rief Smythee ihm nach, ich brauche noch fünf Eimer Farbe!

    Und-für-mich-einen-Pinsel! rief Fischbein.

    *****

    Interviewer: Guten Abend, liebe Zuseher. Steht der Krieg vor Spinatias Haustür? Gleicht unser schönes Heimatland bald einem Schlachtfeld? Müssen die tapferen Mütter unseres Landes bald um ihre Söhne weinen? Wird der Butterpreis steigen? Fragen über Fragen, ausgelöst durch die prekäre politische Situation. Gast im Studio ist heute Innenministerin Ophelia Schicker. Frau Schicker, es gibt Gerüchte, dass ein 8.000 Mann starkes Heer aus wild entschlossenen Schotten vorhat, in Spinatia einzumarschieren. Grund dafür ist der sogenannte Ampelbeschluss, der zu Gefühlen der Diskriminierung bei den Schotten geführt hat. Wie gehen Sie als Verantwortliche damit um?

    Schicker: Nun, zuerst möchte ich sagen, dass ich zu hundert Prozent hinter dem Ampelerlass stehe. Es war höchste Zeit, diese Entscheidung zu treffen und umzusetzen. Das Ampeln jetzt auch für Frauen sind, ist ein Symbol für alle Frauen in der Welt! Dass sie forsch nach vorne schreiten sollen! Und das hab ich gern, eine gute

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