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Wie ich mir täglich mein Leben erobere: Agoraphobie mit Angst- und Panikattacken besiegen - Hilfen Erfahrungen Erlebnisse
Wie ich mir täglich mein Leben erobere: Agoraphobie mit Angst- und Panikattacken besiegen - Hilfen Erfahrungen Erlebnisse
Wie ich mir täglich mein Leben erobere: Agoraphobie mit Angst- und Panikattacken besiegen - Hilfen Erfahrungen Erlebnisse
eBook1.172 Seiten18 Stunden

Wie ich mir täglich mein Leben erobere: Agoraphobie mit Angst- und Panikattacken besiegen - Hilfen Erfahrungen Erlebnisse

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Über dieses E-Book

Ich bin Dipl.-Sozialpädagogin und leide seit vierzig Jahren an Agoraphobie mit Angst- und Panikattacken. Die Angst vor der Angst zerstörte mein Leben. Ich konnte nicht mehr nach draußen gehen. Da keine Therapie fruchtete, musste ich mir selbst helfen. Ich lernte, Angst zu überwinden und zu besiegen.
Mein persönliches Selbsthilfebuch entstand aus jahrelanger fachlicher Arbeit, der Beschäftigung mit Autohypnose und der ständigen Arbeit an mir selbst. Nur wer aktiv wird und bereit ist, Therapien auf den Prüfstein zu legen, sich selbst neu zu entdecken und Grenzen zu überschreiten, gewinnt
die Kontrolle über seine Angst und sein Leben zurück. In diesem Buch erzähle ich von mir, meinen Erlebnissen, meinen Übungsinstrumenten und meiner Sicht der Welt. Ich erzähle, wie ich mir mein Leben zurückerobert habe. Dieses Buch ist ein Versuch zu helfen, eine Bitte zu verstehen und ein Plädoyer für mehr Öffentlichkeitsbewusstsein und Akzeptanz.
Infos finden Sie auf sabinebangel.de.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum19. Sept. 2018
ISBN9783746763132
Wie ich mir täglich mein Leben erobere: Agoraphobie mit Angst- und Panikattacken besiegen - Hilfen Erfahrungen Erlebnisse

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    Buchvorschau

    Wie ich mir täglich mein Leben erobere - Sabine Bangel

                         SABINE BANGEL

     Wie ich mir täglich mein Leben erobere

    Agoraphobie 

                  mit Angst- und Panikattacken

                                   besiegen

                    Hilfen   

                               Erlebnisse

                                              Erfahrungen 

    Impressum:

    Texte: © Copyright by Sabine Bangel

    Covergestaltung: © Copyright by Sabine Bangel

    Verlag: 

    Sabine Bangel

    Westädt`s Garten 12

    21335 Lüneburg

    E-Mail: sabinebangel@yahoo.com

    Vertrieb: epubli Verlag – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

    In liebevollem Gedenken an Anneliese Peschel 

                               und           

    Dank an Heinrich Nörenberg. Wir haben es nicht leicht 

    miteinander, aber wir lassen uns nicht los.

    INHALT

    Ein kleines Vorwort

    Wir können nicht nach draußen - Unsere belächelte Krankheit

    TEIL I

    WAS ICH DENKE UND FÜHLE

    ÜBER MICH UND EUCH 

    Jeder Tag ist ein Kampf

    Lebenskiller Angst – Der Versuch einer Definition

    From Me to You 

    Der Anfang vom Ende kann auch das Ende vom Anfang sein. Vom ersten Umgang mit der Krankheit 

    Mein Leben 1978 

    Wie ich meine Krankheit sehe 

    Die „Wenn ja, dann tot"-Krankheit 

    Die Kopf-Körper-Krankheit 

    Kontaktangst oder Menschenangst  

    „Ich habe ein Adrenalinproblem"  

    Unser Körper ist zu unserem Feind geworden 

    Kommt, lasst uns leben

    Etwas über dieses Buch, meine Motivationen und Vorgehensweisen 

    Eine passende Analogie: Zwei Wölfe 

    Aus Negativ mach Positiv – Wie ich lerne, meine Angst nicht länger zu bedienen 

    Am Patienten vorbeitherapiert 

    Für dich und nicht an dir vorbei

    Ich kann keine Erkenntnis haben, ohne daraus Konsequenzen zu ziehen 

    Lerne, etwas zu tun, indem du es tust, und tue es dann, ohne darüber nachzudenken 

    TEIL II

    WIE WIR SIND, WIE WIR WERDEN WOLLEN – ZIELE UND VORBEREITUNGEN FÜR EIN NEU DEFINIERTES LEBEN 

    Aber wie leben denn nun solche Menschen? Solche merkwürdigen Spinner, die ihre Wohnungen kaum verlassen, weil sie es angeblich nicht können?

    Mein Besuch bei Sophie – Gibt es eigentlich noch Litfaßsäulen? 

    So weit weg vom Leben 

    Wenn ALLES NICHTS ist und NICHTS ALLES 

    Positives Selbstbild wiederfinden und uns neu kreieren 

    Die Veränderung 

    Besinne dich auf dich selbst 

    Bau dir deine persönliche Angsttreppe 

    Hilfe! Ich hab` vor allem gleich viel Angst!  

    Sinnstiftung und Struktur

    Mein Spaßstundenplan als Tagesstrukturierung und Kontrollmedium 

    Stefanies Stundenplan 

    Mangelnde Konzentration, Erschöpfung und Müdigkeit 

    Angststress macht platt 

    Setz dir ein klares Ziel 

    „Das geht aber bei mir nicht!"  

    TEIL III

    WAHRE LEIDENSCHAFTEN RÄUMEN HINDERNISSE AUS DEM WEG – DAS HOBBY ALS WEG IN DIE FREIHEIT

    Ein Sprung in die Aktivität 

    „Die? Die kann doch sowieso nichts!" 

    Zurück zu deiner Auferstehung: Du kannst viel mehr als du ahnst 

    Ich ruhe in mir selbst 

    Von drinnen nach draußen – selbst erlebte Beispiele 

    No Angels but Supergirls

    Fräulein Monet 

    Zwergenhüterin 

    Miss Crawford und ihre Fotografin 

    Nur ne alte Badewanne

    Es muss nicht immer Shakespeare sein 

    Aus einem höchst erotischen Brief 

    Raus mit dir: Dein Leben macht Spaß! 

    TEIL IV

    WIR GEHEN NACH DRAUSSEN – MIT NETZ UND DOPPELTEM BODEN

    A. Meine Autoübungen 

    Eine Idee von Herrn M., die sich als dauerhaftes Übungsinstrument bewährt hat. Herzlichen Dank! 

    Wir haben Personal: Unseren pfiffigen Chauffeur 

    Exkurs: Leben in Zeitschleifen 

    Was Draußen für uns ist: Ein unentwirrbarer Dschungel 

    Wie deine Mitmenschen dein Lernprogramm torpedieren und dich ausbremsen können 

    Sebastian wartet im Park. Und wartet und wartet...

    Zurück zum Auto  

    Wie du dich wieder an das Auto gewöhnst 

    Beispiele von Angstkranken und ihren Ideen 

    Ready, Steady – Go! 

    Hilfe durch Spione 

    Hilfe für eine Vorweg- Ortsbesichtigung durch Fotos und Videos 

    Zurück in die Geborgenheit? Ist mit Vorsicht zu genießen 

    Wie ich mit der Vergangenheit auf die Nase fiel 

    Nachtrag: Der Geiz gegenüber einem Kranken 

    Frau Müllers Devise 

    Meine liebste Autoübung: Willy, fahr schon mal den Wagen vor! 

    Kleine Tricks und Hilfen absprechen 

    Reden! Sagen, was du dir vom Helfer wünschst und brauchst 

    Bleib in meiner Nähe 

    Bitte keine unverhofften Kursänderungen 

    „Keiner hat Zeit, mich zu begleiten!" Dann begleite du die anderen 

    Geh deinen Besuchern entgegen 

    Katrin - Ein Beispiel dafür, wie man seine Chancen verstreichen lässt 

    Und noch eine Lernmöglichkeit: „Ich komm mit!" 

    Neben dem Auto zum Ziel 

    Manchmal tut`s der Rückwärtsgang 

    Blinder Hase – Allein und doch nicht allein 

    Ich fahre aber lieber selbst

    Nicht kläffen oder in die Reifen beißen 

    Meine lustigsten Autoübungen - zwei von unzähligen:

    Ehekrach 

    Dieser Weg wird kein leichter sein 

    Eine ehrliche Zwischenbemerkung 

    B.  Übungen ohne Auto 

    Das Fahrrad und andere Hilfen, an denen du dich festhalten kannst 

    Autolos durch die Welt 

    Mein Roller und ich 

    Geht alles noch nicht ohne Hilfe? Ist viel zu viel verlangt, nach so vielen Jahren in der Wohnung? 

    Doch Vorsicht ist geboten

    Das Taxi als Savety-Car – Die Hilfe von Fremden  

    Der Coach 

    Auch ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert 

    Eine Draußen-Übung mit dem Handy – Willkommen im JETZT 

    Mit dem Handy in den Zug, die S-Bahn und die U-Bahn 

    Mit dem Handy in den Stadtbus 

    Das Handy im Supermarkt: unerlässlich 

    Meine Freundin App 

    Mein peinlichstes und dennoch hilfreichstes Handy-Erlebnis 

    Zum Thema Beobachtung: Nimm`s mit Humor

    Zwei Erlebnisse aus meiner Anfangszeit: Der Handball und der Pöbel 

    Situationskomik besiegt Angst und Gaffer – Hinter Gittern  

    Face to Face 

    Etappensiege 

    TEIL V

    ICH GEHE HEUT´AUF LÖWENJAGD UND HABE KEINE ANGST

    Der Outdoortag – Wir gehen nach draußen und bleiben auch dort! 

    Also, wenn ich erst mal draußen bin, dann geht es mir gut – Der erste Schritt ist der Schwerste 

    Wandertag mit Rucksack, Spaß und hartgekochten Eiern 

    Exkurs: Ich, die Angst und der andere – Die „verrückte" Wahrnehmung unserer Mitmenschen 

    Hanno und ich in der ARGE 

    Happy On My Own – Zurück zum Ausflug 

    Verweile und genieße 

    Übungsmöglichkeiten 

    Wie ich angefangen habe, draußen zu bleiben

    Sommer 2014 in Lüneburg (Ausschnitte aus meinem Tagebuch)  

    Und der Radius wird immer größer: Vom Müllwegbringen zum Tagesausflug 

    Fast schon mitten im Leben 

    Boxenstop verboten 

    Programm für Fortgeschrittene 

    Andrea und das Freibad 

    Herbst und Winter, unsere persönlichen Schutzmonate 

    Nightshift – Die Nacht hat den Vorteil, kein Tag zu sein 

    Luftballons und Flaschenbriefe 

    Und nach dem Ausflug 

    Heilwandern – Ich wandere meiner Angst davon (und gehe auf sie zu)

    Wandern für die Seele

    Hab doch mal Mut, zu leben! Mut und Vertrauen zu dir selbst 

    Aus Negativ mach Positiv - Mein Sommer 2013 

    Ein persönliches Erlebnis: Obdachlos 

    TEIL VI

    ICH NEHM´ DIE WOHUNG MIT

    Mein mobiles Zuhause: Wir grölen „Sweet Home Alabama" 

    Nicht hören, nicht sehen, nicht sprechen 

    Nachtrag 

    Andere Vorschläge, um unserem Angstknast zu entfliehen: Vom Schrebergarten zum Biwaken

    TEIL VII

    SPORT IST DIE ANTWORT 

    Sport, Spiel, Spaß – Move Happy in the Right Direction 

    Mir wird die Welt zu klein  

    Am Anfang ist der Gedanke  

    2016 – „Elsbeth, ich explodiere!" Eine Diskussion über Verlangen, Angst und Fallschirme 

    Wenn mein Körper mit einem Knall zerbirst 

    Therapeutisches Reiten: Ein Wundermittel, besonders bei Depersonalisierung

    Turn dir den Leidensdruck von der Seele 

    Die Angst vor unserem Körper und warum Bewegung und Sport so wichtig sind 

    Sport gegen die Angst vor dem Sport 

    Wir wollen die Kontrolle über unseren Körper und somit über unsere Angstsymptome 

    In einem trainierten Körper wohnt auch ein gesundes Selbstvertrauen 

    Dance Like Jagger

    Sport ist „dem Angstkranken sein Feind" 

    Um die Wahrheit zu sagen 

    Der Ärger mit dem ( überdachten, öffentlichen) Schwimmbad, dem Fitnessstudio und anderen 

    Sportlokalitäten 

    Schmuggler At Work 

    Ich laufe schneller als die Angst, ich singe lauter als die Angst, ich klettere höher als die Angst!

    Tanz ist mehr als nur tanzen und kämpfen ist mehr als nur Kampf 

    Teakwondo – ein philosophischer, ästhetischer Sport für Körper und Seele 

    Wichtig: Die Klamottenwahl – Fühl dich sportlich 

    Morgens um vier ist die Welt noch in Ordnung! Nacht- oder Frühsport 

    TEIL VIII

    PHANTASIE IST MEINE DROGE

    Unsere Phantasie als Hilfe gegen die Angst 

    Du hast Phantasie, sonst hättest du keine Angst  

    Phantasiegespräch und Phantasiekampf gegen die Angst und gegen die Menschen, die uns in Angst versetzen 

    Carla kennt keine Angst vor Menschen 

    Und auch Dagmar ist frei wie ein Schmetterling 

    Millionen Ängste wohnen ach in meiner Brust 

    Ich fürchte nichts so sehr wie den Menschen 

    Fremd macht uns Angst 

    Aber auch „Bekannt" macht uns Angst 

    Wie ich mich entfessele – Mit Phantasie, Bewegung und Stimme 

    Beispiele:

    Mein Angstfight – Ich rock die Bühne  

    Kleine Plauderei mit King Kong - Wie gut, dass wir mal drüber geredet haben  

    Aurelia und die Maurer 

    Andere Ansprechpartner, andere Mittel 

    Ich stehe mit einer Faust 

    „Sie lässt sich ja so gehen!" 

    Anschauliche Erlebnisse 

    Phantasie, um die Realität zu beherrschen 

    Pack die Angst unters Schafott 

    „Die gehört in eine Anstalt!"

    Schicksalhaftes Zusammentreffen oder Zufälle – Unvermeidbares 

    Aber draußen im Alltagsleben? Wenn wir das Haus verlassen und selbst ein schutzloser Besucher sind?

    Tanz im Parkhaus, Kniebeugen im Café 

    Spanner vor dem Klofenster 

    Gefangen auf dem Kirchenbasar

    Rock im Bushäuschen 

    Die Unmöglichkeit, über unsere Angst zu reden und dennoch die Würde zu bewahren – Tricks

    Das Ich-bin-toll-Telefonat 

    Martha Kong 

    Benny Kong 

    Prügeln für ein besseres Miteinander 

    Wer immer schluckt und schluckt 

    Das Unterbrechen routinierter Handlungsketten

    Marion – ein Wunder ohne Lourdes. Dafür mit Stimme, Phantasie und Bewegung 

    Übrigens: Ich singe lauter als die Angst 

    Stefanies eigene kreative Planerweiterung: Das Unterbrechen ihrer routinierten Handlungsabläufe 

    Eine ganz persönliche Angstkrise mit Bier und Fressdepots 

    Exkurs: Schreiben, um zu sehen  

    Andere Möglichkeiten, Phantasie und Bewegung spielerisch einzusetzen 

    Erotische Phantasien haben wir alle 

    Urlaub von mir selbst - durch Masken und Theater 

    Eine andere Idee: Auf der Straße hilft mir oftmals das Theaterspielen 

    Fall doch mal aus dem Rahmen 

    Die Braut ist der Hammer: Meine Freundin Jule 

    Rollenspiele, ein bisschen Schauspielerei, Theater und Verkleidung 

    Maureen mit den 152 Perücken und den gefühlten 500 Sonnenbrillen 

    Meine Ex-Freundin 

    Star-Appeal und eine Braut, die sich traut 

    Hula Hula vorm OP 

    Beispiel Kyo 

    Kannixverstan 

    Martin in der Uniform

    Beispiel Tanita 

    Ein verbales Rollenspiel mit viel Phantasie: Ruf! Mich! An! 

    Das Drama-Telefonat

    Kaufhausangst und Lebenstraum 

    Sich selbst eins in die Tasche lügen: Unsere hehren Mitmenschen 

    Mona, die Sopranistin – Lebe deinen Traum und wenn eben im Kleinen, nur lebe endlich! 

    Unsere persönliche Freakshow 

    Wenn das Phantasiespiel versteckte Probleme aufdeckt

    Finde zu dir selbst – wie meine Bikerin 

    Und was die anderen so Phantastisches tun 

    Spiele dich frei 

    Angst und Spiel auf dem Diktiergerät 

    Verwandle Negatives in Positives durch deine Phantasie 

    Lauf weg, um bei dir selbst anzukommen 

    Wir entmonstern unseren Alltag – Mein Trick: Phantastisch schöne Drehbücher schreiben 

    Meine Drehbücher: Von Fantasy To Reality 

    Exkurs: „Ich muss" gibt`s nicht mehr

    Der Drehbucheffekt 

    Perspektivenwechsel 

    Oder umgekehrt: Von Reality To Fantasy 

    Entkatastrophisieren durch paradoxe Intention: Lass lieber bleiben! 

    Das Beispiel einer Mutter und wichtige Fragen, die keiner stellt

    TEIL IX                         

    HIGH DURCH AUTOHYPNOSE 

    Entspannung durch Trance – Das Leben ist wieder mal grausam? Hier sind meine persönlichen Notausgänge

    Mit Phantasie und Selbsthypnose zur Entspannung 

    Über den Wolken ist meine Freiheit grenzenlos 

    Zurück bleibt nur das Grinsen der Katze 

    Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt 

    Meine eigene Art der Selbsthypnose 

    Meine Fantasy-Glückswelten 

    Mein geheimer Wald 

    Mein geheimes Haus 

    Die Nacht 

    Die Faszination des Himmels 

    Die Faszination der Unterwasserwelt 

    Meine Zeichentrickfiguren-Welt 

    Von Bahnhöfen und Freundschaften 

    Ich mach`s auf meine Weise 

    Lernen, Bilder festzuhalten 

    Du bist an einem sicheren Ort – Erfinde eine Geschichte 

    Schau nicht nur zu, begib dich an die Orte deiner Phantasie 

    Autosuggestion auf dem Lüneburger Marktplatz

    Arbeite spielerisch mit allem, was dir vor die Flinte kommt 

    Füge die Arbeit mit Assoziationen in deine Denke mit ein 

    Bis hinter den Regenbogen 

    Alles too much? 

    Aber kann man da wirklich nicht in negativen Phantasien steckenbleiben? 

    Ich quatsch mich in die Halluz – im Geiste 

    Schlafstörungen mit Phantasien besiegen 

    Arbeite mit Phantasiebildern aus deinem richtigen, realen Leben 

    Müllers Karpfenteich und Omis alte Pflaumenbäume gegen den schwarzen Sand auf Lanzarote 

    Phantasieren mit realen Bildern zum Anfassen 

    Wir kriechen in unser Bild, verschmelzen mit ihm und sind selbst ein Teil davon 

    Wenn dir bange davor ist: Geh langsam an die Phantasie heran 

    Martinas Kopfmassage – mit Stichlingen und Grashüpfern

    Nachtrag: Das Leben ist kein Stones-Konzert – Hilfe durch mein Mantra 

    Mein schlimmer Rückfall Ende Juli 2014                        

    TEIL X

    SEX ALS INTERAKTIVES GENESUNGSINSTRUMENT

    Über verloren gegangene Gefühle

    Komm mir bloß nicht zu nahe! 

    Die zärtliche Berührung 

    Fass! Mich! Nicht! An! 

    Warum du Nähe und Sex wiederherstellen solltest 

    Willst du ewig deinen Teddy küssen? 

    Was passieren könnte 

    Unsere – jedenfalls bei vielen Angstkranken – nicht mehr vorhandene Liebesfähigkeit

    Zurück zum Partner und wie sehr ich meinem wehgetan habe 

    Die inneren Werte 

    Der Krankheitsstatus als Schutzpanzer 

    In meinem Kopf gibt es zwei Stühle

    Nähe herstellen

    Wege entstehen dadurch, dass man seine Fußspuren im Sand hinterlässt

    Die oftmals kranke Familienkonstellation bei angstgestörten Menschen 

    Die Verdrängung unserer Bedürfnisse durch die Angst macht krank  

    Auch Maneater weinen 

    Holt das gute alte Fummeln aus der Mottenkiste 

    Mach mir den Klempner 

    Sex und die City 

    Und das kommt später dabei heraus 

    Eigene Erfahrungen 

    Der Beginn meiner Dekadenz 

    Sex –Das Allroundgenie 

    E-Mail von einer Seelenverwandten 

    Und noch etwas über Liebe, Glück und Angst 

    Die Sache mit dem Alleinsein, dem Selbstbetrug und den unechten Beziehungen  

    Ankes Verfall 

    Die unheilvolle Allianz zwischen Agoraphobikern und Alkoholikern 

    TEIL  XI

    ALL FOR LOVE

    Liebe oder neue Freundschaften – wir müssen uns verbiegen und Gesundsein markieren 

    Liebe fragt nicht? Liebe ist alles und umfasst alles? 

    Ein Mann tritt in unser Leben und – bleibt! Hilfe! 

    Ich tu alles, nur bitte verlass mich nicht – Briefe und E-Mails 

    Zwing mich nicht, den Gesunden zu machen: Versuch doch, zu verstehen 

    Etwas über einen Mann, der Größe bewies: meiner

    Nähe und Kontrolle 

    TEIL XII

    DER RÜCKFALL

    Hundstage

    Das eventuelle Verlernen des Neuen ist nur ein kurzes Intermezzo, kein ewiger Verlust 

    TEIL XIII

    ENDLICH  FREI 

    Durch die Verknüpfung der Hilfen in die Freiheit 

    Gabi hat`s gepeilt 

    Jessica hat`s vermasselt

    TEIL XIV

    WAS ICH NOCH ZU SAGEN HÄTTE, GEHÖRT IN DIE MECKERECKE

    Das Elend mit den anderen 

    Über die Nichtanerkennung dieser Krankheit und den Irrwitz, krank zu sein, aber alltäglich handeln zu müssen wie ein Gesunder 

    Der Psychologe 

    Der Arzt  

    Die Hausverwaltung

    Beim Zahnarzt 

    No Merci – Ein Armutszeugnis stellt sich die Lüneburger Tafel aus 

    Sie funktionieren nicht und haben Sonderwünsche? Der nächste bitte! 

    Gott, vergib ihnen nicht, denn sie wissen genau, was sie tun

    Der Ton zerstört die Musik 

    Demütigungen und Schläge

    Leck mir die Füße 

    Streit und Krankheit 

    Dann mach doch deinen Scheiß alleine 

    Unser Einkaufsproblem und die getunten Samariterdienste 

    „Du hast es doch gut: Immer Urlaub!" – und anderes Dummgequatsche

    Überraschungen, Bedrängungen, Spontanaktionen, und Wartenlassen – wir hassen es! 

    Der Selbstversuch – Für all diejenigen, die den Kranken einfach nicht verstehen können, obwohl sie es doch so gern wollen! 

    Das Elend mit uns Angstmenschen – Wir sind auch nicht ohne 

    Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu 

    Ein selbst erlebtes Beispiel:  

    Drama Queen Maria 

    „MUSS" ich morgen wieder zu dir kommen? 

    TEIL XV

    ALLES WIRD GUT

    Wir und unsere Erwartungshaltungen 

    Nicht lange reden, nicht lange denken: tun!

    Das Geheimnis der Freiheit ist die Tatkraft – leg los und tschüss 

    EPILOG 

    Zurück ins Leben - Diese wunderbare Unternehmungslust 

    EIN KLEINES VORWORT

    WIR KÖNNEN NICHT NACH DRAUSSEN - UNSERE BELÄCHELTE KRANKHEIT

    Der kleine Satz Das kann ich nicht wird mittlerweile in allen Lebensbereichen akzeptiert und es wird zumeist sogar als mutig betrachtet, seine Defizite offen auf den Tisch zu legen und sie als etwas Selbstverständliches zu behandeln. Auch gilt es als schick, auf jeder Party mit angeblichen Phobien zu kokettieren und überall verlauten zu lassen, dass man ja so schüchtern sei und so klaustrophobisch... und es wird akzeptiert. Offen zu bekennen, was man nicht kann, wird allgemein gönnerhaft aufgenommen und oftmals auch verstanden, schon weil das Versagen eines anderen den Beobachter ja aufwertet, aber auch, weil ein Outing immer einen gewissen Unterhaltungswert hat. Und damit setzt man sich ja gern auseinander. Und oft kann man sich mit dem Problem sogar identifizieren, denn wer findet Spinnen nicht eklig und wer bricht nicht in Schweiß aus und bekommt Herzklopfen, wenn er vor hundert Leuten eine Rede halten oder auf einen Kirchturm steigen soll? Kennt doch jeder... ist doch normal... ach, und Onkel Walter erst! Dem lief doch schon dass Wasser in Strömen am Körper herunter, als er die Hochzeitsrede für seine Tochter gehalten hat, na, und wie der gestottert hat ... Aber ist halt normal, ist halt die Aufregung. Und der Nachbar, der nicht ins Wasser geht, haha, na ja, er kann halt nicht schwimmen, und da hat er eben auch in der Badewanne und unter der Dusche Angst... ist doch völlig normal!

    Es gibt allerdings eine Ausnahme: Ich kann nicht nach draußen gehen ist NICHT normal. Es wird nicht akzeptiert und keinesfalls auch nur annähernd toleriert. Es gibt hier keinen Versuch, etwas verstehen zu wollen, denn hierfür gibt es einfach kein Verständnis. WAS ZUM TEUFEL FÜRCHTEN WIR DENN? Wir stehen allein da. Verhöhnt und belächelt. 

    Ich habe mich vom Leben und den lieben Mitmenschen nicht so abfrühstücken lassen. Ich hatte irgendwann die Schnauze voll und begann, zu handeln. Gegen die Angst, gegen die Menschen, gegen die Ignoranz und Intoleranz - für ein besseres Leben. Heute habe ich mir Lebensqualität erkämpft. 

    Das Motto: Lernen und üben. Neuem begegnen, darauf zugehen, entdecken und Spaß haben. Und wenn ich mal unsicher bin, etwas Neues auf dem Schirm habe, mich aber nicht so recht traue, dann richte ich mich immer nach der Lebensdevise meiner geliebten Mutter. Denn, trotz vieler Bedürftigkeiten in ihrem Leben und oftmals Hilflosigkeit und Einsamkeit, war meine Mutter der stärkste Kämpfer, der mir je begegnet ist. Hart gegen sich selbst und immer zielstrebig, wissbegierig und neugierig auf das Leben. Und immer hat sie ihre Ziele verwirklicht. Und als sie gerade ein jahrelanges Sprachenstudium absolviert hatte - mit neunundfünfzig Jahren - und ein Fremdsprachenbüro in Spanien eröffnen wollte, raffte eine Krankheit sie dahin. Ein fieser, ungleicher Kampf, den sie nicht mehr gewinnen konnte. Und heute denke ich oft an ihr Lebensmotto: „Wenn du an etwas glaubst und davon überzeugt bist, dann tu`s. Achte nicht auf das, was andere sagen. Du weißt doch, wie die Menschen sind: Zuerst ignoriert man dich, dann lachen sie dich aus, dann bekämpfen sie dich und letztlich hast du die Dammelsköppe besiegt und bekommst einen Orden. Oder ein Denkmal."

    Noch heute muss ich grinsen, denn ich bezweifle irgendwie, dass der große Gandhi, dem diese Weisheit zugesprochen wird, wirklich von Dammelsköppen gesprochen hat – ob er wohl ostpreußisch konnte? - aber egal. Auch egal, dass meine Mutter immer sagte, das Zitat stamme nicht von Gandhi – wer immer das nun gesagt hat: Gemeint hat er es bestimmt so, denn der Satz zeigt die Menschen, wie sie wirklich sind. 

    Dieser Satz ist ein Mantra für mich geworden. Er zeigt die bittere Realität, er zeigt die Menschen ohne Verschnörkelungen, und er gibt mir Kraft, Mut und Energie. Ich habe mich meinem Lebenskampf gegen die Angst und das Unverständnis der Menschen gestellt und ich habe Lebensqualität zurückerobert. Ich kämpfe für meine Überzeugungen, halte an meinen Ideen fest und bleibe mir treu.

    „Oft ist es ein Sieg, bekämpft zu werden, pflegte meine Mutter immer zu sagen. „Denn, wenn man meint, dich bekämpfen zu müssen, nimmt man dich ernst. Du wirst wahrgenommen, man kann nicht mehr an dir vorbeikommen und um dich zu belächeln, bist du einfach zu gut. Dein Tun wird zu einer Realität, die sich nicht mehr ignorieren lässt. Und dann hast du alle überzeugt. Stimmt.  Heute bin ich glücklich, wenn ich die Angst besiegt habe, mein Wollen und Können realisiere, und wenn den Dammelsköppen das Lachen vergangen ist. Und heute würde ich mich freuen, wenn ich euch von diesem Glück und diesem Kampfgeist etwas abgeben könnte.

    Es darf ja wohl nicht möglich sein, dass Agoraphobiker mit einer generalisierten Angststörung von der Masse verschluckt werden und einfach untergehen. Wir sind da, ES GIBT UNS und was sich in diesem Leben gesamtgesellschaftlich betrachtet mit angstgestörten Menschen abspielt, ist kafkaesk. Ob im zwischenmenschlichen oder im sozialpolitischen Bereich: Wir sind einfach nicht vorhanden. Unsere Krankheit wird nicht wahrgenommen, nicht akzeptiert und es gibt für uns keine Hilfe wie für andere kranke Menschen. Vielleicht wäre es anders, wenn wir laut wären, aufbegehren würden und uns zeigten! Aber dies ist leider nicht der Fall. Da wir mit unserer Krankheit keinerlei Respekt erfahren, sondern, im Gegenteil, schier Unmenschliches von uns verlangt wird - wir sollen funktionieren und handeln wie gesunde Menschen – haben wir den Rückzug angetreten. Wir sind gar nicht mehr da und wir wünschen uns nur eins: dass niemand in unser krankes Leben, in dem wir uns ebenso krank eingerichtet haben, eindringt, uns unserer Krücken beraubt und Forderungen an uns stellt, die wir nicht erfüllen können. Und wenn wir dann etwas können „MÜSSEN", wie immer, sind wir halt betrunken, zugekifft und von Tranquilizern betäubt – interessiert nämlich auch niemanden. 

    Und da die Welt uns ignoriert, sind wir uns auch egal geworden. 

    Dies alles ärgert mich maßlos und wird in diesem Buch noch ausgeführt. Unser Verhalten und das der anderen Menschen stehen in unmittelbarer Wechselwirkung zueinander und deshalb sage ich: zeige dich wieder. Kämpfe für dich, dann wird es leichter, dich anderen verständlich zu machen. Du meinst das sei paradox? Denn sie brüllen ja schon, dass wir gesund wären, sobald wir auch nur einen Fuß in den Garten setzen? Das ist richtig. Nur, da die Welt uns nicht als krank wahrnimmt, können sie auch nicht einschätzen, wie schwer es uns fällt, zu üben, und wie unglaublich wir körperlich leiden. 

    Angst ist eine körperliche Sache – und das kapieren sie schon mal gar nicht. Ist peinlich für unsere Mitmenschen, finde ich, besonders für die in den helfenden Berufen, dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass wir alle aufbrüllen sollten - ja, auch ihr aus dem Dunkelfeld, die ihr jeden Morgen euren heimlichen Flachmann braucht, um überhaupt bis zum Auto und ins Büro zu kommen, weil ihr doch wirklich nicht sagen könnt, dass ihr grauenhafte Angst habt, einen Schritt aus der Tür zu machen. Das ist mir alles bekannt und ich verurteile hier gar nichts – nur das Schweigen und Duckmäusern gefällt mir nicht. Nur wenn ich BIN, kann ich VERÄNDERN – mich selbst und vielleicht auch die anderen. Aber nicht, wenn ich mich unterm Teppich verstecke.

    Also, stehen wir auf und ziehen wir unser Ding durch. Ziehen wir in den Kampf für uns, gegen die Angst und für ein besseres Leben. „Wir für uns", denn auf andere können wir sowieso nicht bauen. Wir müssen für uns und unsere Bedürfnisse eintreten, nur dann könnten wir auch einen Kampf gegen die Ignoranz, Intoleranz und Hilfeverweigerung im sozialen System gewinnen. Wahrnehmung kann man nicht erzwingen, das ist mir klar. Aber vielleicht wird den Menschen ja vieles bewusster und verständlicher, wenn wir aufhören, alles stumm zu schlucken und vor allem: Wenn wir endlich mal aus unserer dunklen Höhle herauskommen. Wir müssen an uns glauben, uns Aufmerksamkeit verschaffen, dann geht vieles andere nach meiner Erfahrung automatisch. Wäre schön, wenn sich eins zum anderen fügen würde.

    Ich übe täglich, zu leben und ich kämpfe für mehr Lebensqualität. Und wenn ich damit zusätzlich erreiche, dass ein paar Menschen mal die Scheuklappen abnehmen und mich und meine Krankheit wirklich versuchen zu SEHEN, dann ist das schon lohnenswert. Aber zuallererst geht es hier um mich. Und um euch. Es geht darum, zu lernen wieder stattzufinden, wieder mitten im Leben dabei zu sein. Dein Leben ist nicht egal und du solltest dir auch nicht egal sein. Und wenn sie lachen, dann lachen sie eben – wir werden sehen, wer hier zuletzt lacht. Denn der lacht ja bekanntlich am besten! 

    TEIL I

    WAS ICH DENKE UND FÜHLE ÜBER MICH UND EUCH

    JEDER TAG IST EIN KAMPF

    Ich habe seit 40 Jahren Agoraphobie.

    Ich habe Angst- und Panikattacken mit Kontrollverlust.

    Ich habe alle Menschen, die ich liebte, durch den Tod verloren.

    Ich bin ganz allein mit mir und der Angst.

    Jeder Tag ist voller Angst und jeder Tag ist ein Kampf

    und jeder Tag ist ein Sieg.

    Mal einer, mal viele – mal ein kleiner, mal ein großer, selten keiner.

    Täglich kämpfe ich

    fast täglich siege ich.

    Mit jedem Sieg wird der Kampf leichter

    mit jedem Kampf – der Sieg.

    Bis es nichts mehr zu bekämpfen gibt.

    Bis die Angst am Boden liegt.

    Erst, wenn wir aufhören zu kämpfen

    aufhören, dem Feind ins Gesicht zu sehen

    verlieren wir.

    Ohne Mut, ohne Kraft, ohne Willen, ohne Ziele,  ohne Aufgabe, ohne 

    Wünsche – ohne etwas von uns und vom Leben zu fordern

    haben wir bereits verloren.

    LEBENSKILLER ANGST – DER VERSUCH EINER DEFINITION

    Etwas über mich. Ich bin einer von den vielen unsichtbaren Menschen, die mit einer generalisierten Angststörung versuchen, durchs Leben zu kommen. Eine, deren Plan vom Leben mal eben von der Angst in die Luft gejagt wurde. Einer von den vielen angstgestörten Menschen, die nicht ernst genommen werden, für die es kein Verständnis, zumeist wenig Liebe und kaum Lebenshilfe gibt. Eine, die mit ihrer Krankheit nicht wahrgenommen wird, weil Ignoranz einfacher ist. Eine, die sich Lebensqualität erkämpfen muss, Tag für Tag. Ich bin eine von euch. 

    Ich heiße Sabine, bin Diplom-Sozialpädagogin und leide seit 40 Jahren unter Agoraphobie mit schlimmen Angst- und Panikattacken, die nicht selten mit Kontrollverlust und schweren körperlichen Beschwerden einhergehen. Aber ich rücke meiner Krankheit zu Leibe. Täglich. Ich lebe seit langem angstfrei, das heißt aber nicht, dass die Angst - insbesondere natürlich der Gedanke an die Angst - völlig verschwunden ist. Aber wenn sie sich mal wieder nähert, kann ich ihr heute begegnen, mich behaupten und sie besiegen. Und der Gedanke wird durch das Glück, draußen zu leben, gekillt. Als der Lebenskiller Angst mich wie aus dem Nichts überrollte, mich platt machte wie eine alles umwälzende Planierraupe und kaum noch etwas von mir und meinem Leben übrig ließ, war ich zwanzig Jahre alt. Stelle ich mir meine frühere Lebenswelt als einen erfüllten und lebensfrohen Ort vor, so war von einem Tag zum anderen eine Abrissbirne hineingeknallt, die jedes Leben in diesem Ort vernichtet hatte und die mir zurief: AUS! DAS WAR`S FÜR DICH! Und ich war doch so jung! Alles hatte doch gerade erst angefangen!

    Heute bin ich sechzig und seit nun vierzig Jahren täglich damit beschäftigt, irgendwie klarzukommen und die Trümmer meines verkorksten, kranken Daseins, wieder zu einem schönen und positiven Leben zusammenzufügen. Ganz behutsam, Schritt für Schritt, versuche ich, mir meinen Teil vom Kuchen zu ergattern. Ich denke, dass diese Info über mich wichtig ist für alle Leser, denn hier steht kein Außenstehender, der kluge Reden schwingt und nicht wirklich weiß, was er da eigentlich erzählt – hier erzähle ich als selbst Betroffene von meinem relativ kleinen Leben und davon, wie ich mir geholfen habe und immer noch helfe, um es täglich zu vergrößern. Und dies auch noch mit sechzig und jeden Tag, solange ich lebe. Die schlimme körperliche Angstsymptomatik macht mir schwer zu schaffen. Von Bewusstlosigkeit und Hyperventilation mit Kontrollverlust, Herzrhythmusstörungen, Brustenge, Erstickungsanfällen, Magenschmerzen, Angstdurchfall, Nicht-Schlucken-Können, nicht mehr sprechen können, stundenlangen Muskelverkrampfungen sowie Lähmungen im Fuß und Ohnmachtsanfällen, habe ich bald alles an körperlichen Krankheiten im Angebot. Für alle, die sich nicht wirklich etwas unter der Agoraphobie mit Panikattacken vorstellen können, vielleicht sogar Angehörige oder Freunde eines Agoraphobikers sind, aber nicht verstehen, was in uns vorgeht und was wir fühlen, habe ich die gängigen Definitionen gleich mal ein bisschen gerade gerückt. Ich betone hier: Das, was ich richtigstellen will, ist MEINE Richtigkeit. Es ist meine Wirklichkeit und es sind meine Erfahrungen, die ich aus meiner Erlebniswelt schöpfe.

    Bei dem Begriff „generalisierte Angststörung geht es für mich schon los mit den Missverständnissen und Fehldefinitionen". Ich habe mich niemals vor ALLEM gefürchtet – Überfälle, Flugzeuge, Kriege, Katastrophen, usw. - wie es immer wieder in Definitionen zu lesen ist, und ich kenne auch keinen einzigen Agoraphobiker, der sich vor allen möglichen realen Dingen fürchtet. Ich fürchtete mich ÜBERALL und ich fürchtete immer DASSELBE: den Tod. Ich fürchtete mich vor der Angst, und das an jedem Ort. Ich fürchtete mich vor Panikattacken, die so schlimm waren, dass ich meinte, daran sterben zu müssen. Außerdem wusste ich sehr lange Zeit nicht, dass es sich um Panikattacken und Angst handelte – ich fürchtete also all das Schreckliche, was da mit mir geschah. Ich fürchtete mich selbst und meine körperlichen Symptome. Also blieb ich drinnen in der Sicherheit. Es konnte schließlich überall etwas mit mir passieren und darauf - so glaubte ich lange Zeit - konnte ich keinen Einfluss ausüben. Agoraphobie und Panikattacken wurden bei mir relativ zeitnah geboren und zeckten sich in mein Leben. Wobei meine Panikattacken die Ursache für die Agoraphobie waren. Drinnen war`s sicherer und ich hatte ein Bett...

    Eine Agoraphobie mit einer Panikstörung - es gibt auch Agoraphobie ohne Panikattacken und Menschen, die unter Panikattacken leiden, aber keine Agoraphobie haben - wird oftmals folgendermaßen und nicht besonders ausführlich definiert: 

    Unter einer Agoraphobie wird eine Symptomatik verstanden, die neben den allgemeinen Merkmalen von Phobien durch die Angst vor einer Vielzahl sozialer bzw. öffentlicher Situationen zu kennzeichnen ist. So oder ähnlich kann man diese Definition oft in Lehrbüchern lesen. Wobei eine öffentliche Situation immer als sehr fern von unserem Zuhause dargestellt wird. Angst im Zug, Bus, Kaufhaus, usw. Zum besseren Verständnis und Miteinander-Umgehen-Können vervollständige ich diese Definitionsfragmente und stelle die Wirklichkeit eines Agoraphobikers etwas ausführlicher und nach meinen Erfahrungen zutreffender dar. 

    Ich würde es einfacher und  treffender sagen: AGORAPHOBIKER HABEN PANISCHE ANGST, IHRE WOHNUNG ZU VERLASSEN, WEIL SIE FÜRCHTEN, DRAUSSEN ZU STERBEN. SIE HABEN ANGST VOR DER EIGENEN LEBENSBEDROHENDEN ANGST. Ebenso fürchten sie Eindringlinge, die sie in ihrer Wohnung, ihrem Fluchtgebiet und Refugium, belagern, ihnen bei Auftreten einer Panikattacke den Rückzug unmöglich machen und sie außerdem beim Durchleben einer Panikattacke beobachten könnten. Wir haben Angst vor der Angst. Angst davor, was mit uns in einer öffentlichen Situation passieren könnte. Angst vor dem, was unser Körper dann mit uns machen wird. Öffentlich ist für mich jede Situation außerhalb und auch manchmal innerhalb meiner vier Wände, insofern sie mit angstmachenden Menschen zu tun hat – auch wenn ich den Balkon oder Garten betrete oder mich aus dem Fenster beuge, bin ich der Öffentlichkeit ausgesetzt. Und soziale Situationen sind auch nicht meilenweit von meiner Behausung entfernt, die entstehen schon, wenn ich dem Briefträger die Tür öffne und diese Situation durchstehen muss, ohne vor Angst auszuflippen. Und: Ist eine Situation nicht öffentlich, wenn beispielsweise - wie es mir passiert ist - vier mir fremde, unhöfliche Gestalten von der Hausverwaltung, ohne Vorankündigung durch meine Wohnung marschieren und in jedem Zimmer irgendwas abmessen? Auch besuchten mich mal völlig überraschend Leute vom Gesundheitsamt. Sie quetschten sich zu dritt in meine kleine Wohnung und blieben knapp vier Stunden. Ich hatte solche Panikattacken, dass ich zwei Tage lang ans Bett gefesselt war. Ist das nicht öffentlich? Wird mein Schutzraum in dem Moment nicht öffentlich zugänglich gemacht? Ich weiß, dass ich im Folgenden „öffentlich und „sozial gleichsetze, aber für mich sind diese Definitionsmerkmale fast schon völlig identisch. Ich sage ganz simpel: Wenn ich draußen bin oder mich so verhalte, dass ich sicht- und ansprechbar bin, wenn ich angstmachende Menschen zur Tür hereinlasse, wenn ich mich im Flur eines Mietshauses bewege, im Garten, selbst auf Privatgrundstücken – bin ich der Möglichkeit, Menschen zu begegnen und mich auseinandersetzen zu müssen, ausgeliefert. Der Möglichkeit! Aber was alles passieren könnte, wem ich gleich begegnen KÖNNTE, wer mich aufhält und gleich ansprechen könnte und ob ich dies alles aushalten werde, dies alles spielt sich bereits drinnen, in meiner Wohnung, in meinem Kopf, ab.

    Ich habe einen Bekannten mit einer generalisierten Angststörung, der einen privaten Wald direkt hinter seinem kleinen Häuschen besitzt. Den betritt er aber nicht. Er KÖNNTE dem Förster begegnen, irgendwelchen Reitern, die das Schild nicht beachtet haben, ebenso Pilzsammlern, Beerenpflückern oder Spaziergängern mit Hunden – Hunde fürchtet er ebenfalls – und da bleibt er lieber in seinem Häuschen. Er hat recht, finde ich. Nicht damit, nun drinnen zu verharren, aber damit, immer und überall mit der Möglichkeit von Begegnungen zu rechnen. Einen Lebensraum, wo man wirklich ganz allein und keiner Gefahr sozialer Konfrontation ausgesetzt ist, haben wir doch im täglichen Leben kaum. Aber darüber kann man sicherlich streiten - nicht streiten kann man jedoch über die Tatsache, dass unsere Angst ÜBERALL präsent ist, weil sie in uns selbst wohnt und Wurzeln geschlagen hat. Wo wir sind, da ist auch die Angst, ganz grob gesagt. Mal gar nicht oder kaum spürbar, mal heftiger und mal sind es Panikattacken. Tot ist sie nie – sie lebt und wohnt in uns selbst. Simpel ausgedrückt, aber treffend, oder? 

    Kaum ein Fachmensch definiert mal das Wort „öffentlich", dabei ist für uns schon das Fensterputzen öffentlich und oft mit unsäglicher Angst besetzt. Ich persönlich flippe aus, wenn ich in meiner Wohnung vor nackten Fensterscheiben stehe. Oder in einem Büro mit nicht bedeckten Glasscheiben, die bis auf den Fußboden gehen. Ob nun modern oder nicht: Gardinen müssen her und dichte Rollos. Der Höhleneffekt muss gegeben sein. Außerdem lesen wir immer von unseren Panikattacken in Bus oder Bahn, im Kaufhaus im Gedrängel, überall, wo es eng ist und wir der Flucht beraubt werden. Sorry, das ist ja richtig, aber wie und wann erreichen wir denn eine S-Bahn, den Supermarkt oder ein volles Kaufhaus? Gar nicht, so sieht es aus. Die Erwartungsangst, die ich als unser größtes Problem ansehe, beginnt schon viel  früher, nämlich zu Hause in unseren Köpfen und in unseren Körpern. 

    Also ergänze ich die Definition dahingehend: Öffentlich kann ein Ort schon ganz nahe meines Wohn-Schutzraumes werden. Für mich wird ein Ort in dem Moment öffentlich, in dem ich meine Wohnungstür öffne und einen Fuß in den Hausflur setze. Und wenn ich`s genau bedenke, reicht schon die geöffnete Tür oder ein weit offenes Fenster, um mich der Öffentlichkeit preiszugeben und mich nervös und unruhig zu machen. Aber Letzteres hängt sicherlich auch von der Wohnlage ab.

    Kürzlich mokierte sich eine gesunde Bekannte, die den Film „Copykill gesehen hatte, über die Szene, wo Sigourney Weaver, die eine Agoraphobikerin spielt, ihren Hausflur nicht betreten kann, um die Zeitung hereinzuholen. Diese liegt auf dem Fußboden, relativ weit von der Türschwelle entfernt. Weaver versucht verzweifelt, die Zeitung mit einem Besen von der Tür aus zu erreichen, um sie sozusagen hereinzufegen, soweit ich mich erinnere. Meine Bekannte meinte, das sei alles völlig „überzogen und total übertrieben, denn so etwas gäbe es doch gar nicht. Ich dachte mir so: Mensch, hast du `ne Ahnung. Genauso ist es doch.

    „Doch, sagte ich, „der Film ist klasse gemacht. Das trifft es schon ganz genau. 

    Auch im Hausflur oder eigenem Garten kann bereits eine sehr prekäre Situation entstehen, wenn der Betroffene mit seiner Angst einer Unterhaltung mit den Nachbarn ausgeliefert ist, oder wenn er einem gut gelaunten, schnatternden Paketboten mit zittrigen Händen eine Unterschrift auf den Scanner geben muss. Diese Situationen signalisieren GEFAHR für uns. Sicherheit bietet nur der eigene Schutzraum. Denn uns schießen in solchen Momente gefühlte eine Million Was-Wäre-Wenn?-Fragen durch den Kopf, die die Vorreiter unserer Angst sind. Was, wenn ich die Nachbarn nicht mehr los werde? Wenn der Paketbote noch gefühlte tausend Sachen für andere Leute in der Straße abgeben will? Was, wenn er neu ist und mich nach bestimmten Nachbarn fragt und ich auf die Straße muss, um ihm das gesuchte Haus zu zeigen, was schon öfter vorgekommen ist? Und selbst, wenn ich ganz allein im Hausflur bin: Was in drei Teufels Namen soll ich machen, wenn die Wohnungstür zufällt? Und selbst, wenn ich den Schlüssel in der Hand habe: Sie könnte ja klemmen und ich käme nicht mehr zurück in die Sicherheit. Und an ganz schlimmen Angsttagen, an denen gar nichts funktioniert, müsste ich, genau wie Sigourney Weaver in dem Film, zum Besen greifen, um meine Zeitung von der Schwelle aus in die Wohnung zu fegen. 

    Fakt ist: Setze ich einen Fuß aus meinem Nest, bin ich in der Öffentlichkeit und meinen persönlichen Gefahren ausgeliefert. Für mich persönlich kann, wie ich sagte, die öffentliche, angstmachende Situation schon drinnen entstehen. Dann, wenn meine Wohnung fremden Menschen zugänglich gemacht wird. In dem Moment wird meine Wohnung als einziges Sicherheits- und Rückzugsterritorium entweiht. Besonders bedrohlich wird die Situation, wenn Handwerker oder unerwarteter, längerer Besuch ins Haus kommen. Der ganz private Schutz der eigenen vier Wände, das Sich-Zurückziehen-Können, und die eventuell auftretende Angstattacke, die sonst niemand im stillen Kämmerlein bemerkt, könnte öffentlich werden. Wir sind unserer einzigen Fluchtmöglichkeit – nämlich schnell und unauffällig zurück in die Wohnung laufen zu können - beraubt. Und wir können eine solche Situation nicht mehr kontrollieren. Schon die Fragen: „Wie lange werden die Handwerker bleiben? Kommt dann auch  wieder meine Nachbarin angerannt und sülzt mich zu, weil sie das Hämmern gehört hat? Ob meine Freundin wieder ihren grässlichen neuen Freund mitbringt und seine Kinder aus erster Ehe... lieber Gott, bitte nicht. Ich kenn die doch alle gar nicht. Hoffentlich bringt Oma nicht wieder all meine Cousinen mit - ich ertrage so viele Menschen nicht!", zeigen uns deutlich, dass wir diese Situation nicht mehr kontrollieren und lenken können und lassen uns in Angst ausbrechen. Selbst bei nettem Besuch. Mit Überraschungen sind wir überfordert. Genauso wie damit, auf etwas warten zu müssen. 

    Ich persönlich werde – da ich allein lebe – fast wahnsinnig, wenn irgendetwas oder irgendjemand „Im Laufe des Tages kommen will. Ein Paket, Handwerker, Lebensmittel oder Besuch, der einfach nicht begreift, dass man regelrecht krank wird von der Warterei. Schrieb mir neulich meine angstgestörte Freundin: „Mir geht es zur Zeit sehr schlecht, aber ich habe so viele Sachen für Ostern online bestellt. Wie gut, dass Wolfram jetzt Rentner und zu Hause ist. Da muss er immer an die Tür gehen und ich bleibe im Schlafzimmer.

    Irgendwie lese ich dies alles nie in irgendwelchen Definitionen. So sagen uns die Fachleute in ihren Definitionen über die Agoraphobie immer nur einen Teil der Wahrheit, finde ich. Das sieht dann - in meinen Worten wiedergegeben - folgendermaßen aus: Solche panischen Angstzustände mit körperlichen Beschwerden wie Herzrasen, Atemnot, Schwindelgefühlen, Schweißausbrüchen, Übelkeit, Angstdurchfall, Zittern, Magenschmerzen, dem Gefühl, in Ohnmacht fallen zu müssen oder tatsächlich  bewusstlos zu werden, erleben die Betroffenen, in ganz unterschiedlichen  Situationen: Auf der Straße, im Supermarkt, in Kaufhäusern, Menschenmengen, Fahrstühlen, Kinos, beim Friseur, in Behörden sowie bei Fahrten mit Verkehrsmitteln (U-Bahn, Bus, Zug, Auto, Fahrrad), wobei der Agoraphobiker nicht die Situation per se fürchtet, sondern das, was ihm in dieser Situation körperlich Schlimmes, verursacht durch panische Angst, zustoßen könnte. Sicher, unsere Angstsymptome werden - wenn auch minimiert - richtig wiedergegeben, nur nicht, wann und wo sie auftreten. 

    Für die allererste Panikattacke, die uns überraschend meist irgendwo draußen erwischt hat, ist die Auflistung solcher Orte - fern von meiner Wohnung - sicherlich richtig, aber nach dieser ersten schlimmen Attacke, setzt ja schon das Vermeidungsverhalten ein. Wir begeben uns überhaupt nicht mehr an solche Orte, die für uns gefährlich werden könnten. Und gefährlich ist es eben draußen. Wir haben unsere Lektion gelernt! Wir haben Todesangst, überhaupt einen Schritt vor die Tür zu setzen. Und selbst wenn wir uns danach sehnen, mal im Kaufhaus shoppen zu gehen: Wir erreichen solche Lokalitäten zumeist gar nicht. Mit der ersten bis dritten Panikattacke beginnt die Agoraphobie: Wir verlassen das Haus nicht mehr, denn Gefahr für uns lauert ÜBERALL.

    Richtig müsste eine Defintion für mich lauten: Ein Agoraphobiker erleidet bei seiner ersten Panikattacke, die z.B. in einem Kaufhaus, einem Supermarkt oder in einem Bus auftreten kann, so starke Todesangst, dass er es vermeidet, seine Behausung zu verlassen, um sich keiner erneuten Situation, in der er sterben könnte, auszusetzen. Ich ergänze der Vollständigkeit halber mal, was so in uns abgeht, was wir fühlen und fürchten, was aber kein Mensch erwähnt: Wir fürchten uns auch an vertrauten Orten, wenn wir z.B. bei unserem Arzt lange warten müssen oder wenn Menschen zu lange auf uns einreden und wir sie gar nicht mehr unauffällig loswerden können. So werden wir nämlich der Kontrolle über diese Situation beraubt. 

    Da mag ein Ort für uns noch so vertraut und zumeist wenig angstbesetzt sein, bei Eintreten eines Geschehens, das wir nicht eingeplant haben, bekommen wir Angst. Beispiel: Du gehst seit dreißig Jahren zu demselben Arzt, den du sehr gern hast, in dieselbe kleine überschaubare Praxis, die dir bis in den letzten Winkel vertraut ist und die du nicht fürchtest – sobald sich aber die dir vertrauten Umstände ändern und etwas Unerwartetes eintritt, gerätst du in Panik. Wenn wir unvorbereitet sehr lange warten müssen, der Arzt  zu einem Notfall gerufen wird oder ein Notfall in die Praxis kommt, wenn der Arzt plötzlich aus persönlichen Gründen die Praxis verlässt und wir aufgefordert werden, doch später noch mal wiederzukommen – wir könnten ja inzwischen ein Eis essen oder bummeln gehen...  (Genau das, was wir seit dreißig Jahren nicht können und was jedem bekannt ist), dann geraten wir in Panik und flüchten nach Hause. Genauso schlimm: Wenn die nette Arzthelferin, die dich und deine Krankheit gut kannte und immer auf dich eingegangen ist, plötzlich gekündigt hat und durch einen mürrischen Dragoner ersetzt wurde... Hilfe!

    Wir können die Situation nicht mehr steuern, sind ausgeliefert und geraten in Panik. Und unsere schlimme Erwartungsangst vor bald allem und jedem, die allgegenwärtig ist und uns fest im Griff hat, beginnt bereits in der eigenen Wohnung. Lange vor den in Fachbüchern immer gern angeführten Kaufhäusern und U-Bahnen. Diese Erwartungsangst BEVOR wir einen Weg nach draußen bestreiten müssen, macht uns schon daheim total fertig und kann zu Panikattacken in der Wohnung führen. Und selbst wenn wir oftmals in den Garten oder in den Hausflur unseres Mietshauses können, bei kleinen Wegen, wie mal schnell fünfzig Meter zum Briefkasten, mal eben um die Ecke zum Bäcker, mal eben schnell auf die Straße, etwas aus dem Auto holen, oder ganz simpel: Wenn wir unsere Haustür öffnen und versuchen, auf die Straße zu gehen, geraten wir in Panik. Ein Agoraphobiker kann nicht mehr angstfrei nach draußen gehen und am Alltagsleben teilnehmen – seine Wohnung wird sein Schutzraum und gleichzeitig sein Gefängnis. Er ist der Gefangene seiner Angst. Kurz: Der normale Alltag ist für uns eine angstbesetzte Hölle. Es ist daher dämlich, wenn wir in solchen Büchern immer nur vorgesetzt bekommen, dass uns die Attacken z.B. nach zwei Stunden, in denen wir fröhlich und angstfrei bummeln waren, dann ereilen, wenn wir in eine volle S-Bahn steigen, um heimzufahren. 

    Die Wahrheit sieht anders aus: Einen normalen Alltag, wie ihn Freunde, Nachbarn und Angehörige haben, können wir nicht leben und nicht erleben. WIR KÖNNEN NICHT MEHR NACH DRAUSSEN GEHEN, DENN WIR FÜRCHTEN UNSERE ANGST – UND DRAUSSEN FINDET NUN MAL DAS LEBEN STATT. Ich weiß, wir haben alle eine andere Angstgeschichte, aber die Symptomatik und die Angstkarriere ist dennoch bei uns allen ziemlich identisch. Eine Angststörung mit gleichzeitiger Agoraphobie wird zumeist durch ein traumatisches Erlebnis verursacht. Oder es besteht schon länger eine unterbewusste Angst und irgendein schlimmes Ereignis löst Panikattacken aus. Die unterschiedliche psychologische Erklärungsweise ist mir völlig gleich, denn alle Sichtweisen führen für uns zu demselben Ergebnis: Wir können nicht mehr vor die Tür und alle Therapeuten kommen, wenn sie denn mal wirklich ehrlich vor sich selbst sind, zu demselben Ergebnis: Sie können uns nicht helfen. Wenn, dann nur bedingt.

    Was in den Definitionen über unsere Angstsymptome fast in jedem Fachbuch völlig ausgelassen wird, sind die Depersonalisierung und das Derealisationsgefühl bei sehr starker Angst oder extremen Panikattacken. Was ich meine und wie ich die Dinge sehe: Wir entfernen uns innerlich aus der Situation und nehmen die Realität verfremdet und verzerrt wahr. Menschen, Teile von Menschen, Farben und Formen, auch das, was ein anderer gerade gesagt hat oder was vor unserer Nase gerade geschieht, verändert sich in unserer Wahrnehmung. Ich weiß, dass dieses fast ausschließlich in Bezug auf Drogenrausch-Panikattacken erwähnt wird, aber ich weiß aus eigener Erfahrung und Gesprächen mit vielen anderen Angstkranken, dass wir ebenfalls von diesen Verzerrungen stark betroffen sind. 

    Wenn ich einer für mich stark angstbesetzten Situation ausgesetzt bin, verstehe ich mein Gegenüber nicht mehr richtig. 

    So kann es beispielsweise passieren, dass ich immer wieder nach dem Namen einer Person frage, den diese mir nun schon wiederholt genannt hat, und immer wieder entsetzte Blicke ernte. Als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. Und wenn ich starke Angst oder eine Panikattacke durchlebt habe, erscheinen mir die Angstauslöser, egal ob Dinge oder Menschen, im Rückblick immer unglaublich groß. Wie bei einem kleinen hilflosen Kind erscheinen mir Menschen, die in mir Angst ausgelöst haben oder die ich in Angstsituationen getroffen habe, im Nachhinein als Riesen. Schlimme Erlebnisse werden so groß, dass sie mich überrollen. Und dies gleich für ein ganzes Leben, denn ich vergesse sie nicht mehr und sie ereilen mich immer wieder in meinen Alpträumen. Auch Gegenstände werden – mögen sie im normalen Alltag auch noch so harmlos sein – für mich in Paniksituationen riesig und bedrohlich. Ich befinde mich dann in Liliput und bin der kleinste Bewohner dieses Ortes. Egal, ob ein eifersüchtiger Typ mich mit einer leeren Coladose bewirft oder ob ich einfach in einer Situation, in der ich Angst habe, jemanden treffe und mich – gequält und kurz vor einem Panikanfall - stockend unterhalte: die Menschen werden, wenn ich später von ihnen erzähle, groß und größer und aus der Konservendose wird mindestens ein Fässchen. Aus einem Blutfleck wird eine Blutlache und aus einem bedrohlichen Männchen Herkules. 

    Ich hatte mal nach einem Familienfest ein schlimmes Erlebnis. Ich hatte Angst, war überfordert und war mit meiner Schwägerin, die auch keine Lust mehr zum Feiern hatte, zu ihr nach Hause geflüchtet. Mein Bruder fand es nicht so toll, dass wir die Party verlassen hatten, kam stark alkoholisiert nach Hause und machte uns die Hölle heiß. Er randalierte, brüllte herum, riss einen Degen von der Wand  – Bruder und Schwägerin sammelten Antiquitäten – und rammte ihn in den Wohnzimmertisch. Ich hatte einen Schock. Ich träume noch heute davon, denn es war absolut kein Spaß gewesen. Ich redete viel über diesen Vorfall, denn ich musste mich mit so vielem auseinandersetzen. Dass mein Bruder zu der Zeit trank, dass er wirklich immer gewalttätiger wurde, dass meine Schwägerin mich brauchte und mein Bruder außen stehende Hilfe haben musste... 

    Und immer, wenn ich diesen Abend ansprach, schien der Degen oder was es nun gewesen war, größer zu werden und der Abend viel gewalttätiger als er es vielleicht wirklich gewesen war. Ich erinnere mich so gut an dieses Ereignis, weil meine beste Freundin – anstatt mir zu helfen – ständig nur höhnisch von meinem „Hang zur Dramatik" sprach. Nein, es war ANGST. Heute frage ich mich natürlich sofort, wes Geistes Kind jemand ist, der so einen Tunnelblick hat. Aber damals habe ich allen geglaubt, dass ich eine kranke Last sei und die Klappe zu halten hatte. Und dass ich ja so MAAAASSLOS übertrieb! 

    Eine angstgestörte Frau hat mir mal erzählt, dass sie immer mit ansehen musste, wie ihr gewalttätiger Mann das Kind geschlagen hat und wenn sie die Polizei anrief, immer schlimmer durchdrehte, bis er dann mal im Vollsuff das Einfamilienhaus abgefackelt hat. Nach diesem Brand wurde sie schwer angstkrank. Und sie erzählt immer wieder von diesem Feuer. Und jedes Mal ist sie schneeweiß im Gesicht, fast schon transparent, und das Feuer wird immer größer und gewaltiger. Vielleicht war es tatsächlich so mächtig, vielleicht auch nicht. Das ist auch völlig egal, wichtig ist, dass es FÜR SIE derart erschreckend war, dass ihre Angst bis heute in den Himmel reicht. Wie die Flammen, von denen sie immer erzählt. Es ist mir scheißegal, ob andere sagen, die Frau übertreibe, man habe ja noch das halbe Haus retten können... Fakt ist: Es gab ein Feuer und die Frau hatte ein Trauma und hat bis heute Angst. Und ihre Angst macht das Feuer genauso groß, unüberwindbar und unbesiegbar, wie ihre Angst unbesiegbar ist. 

    Auch geht es mir oft so, dass ich mich zum Beispiel bei einer Ausstellung, einem Besuch, einer Wohnungsbesichtigung (Ich suche gerade eine Wohnung), einem Pflichttermin - also bei großer Angst - nicht mehr an die Wohnung oder die Behörde erinnern kann, in der ich gerade eben gewesen bin. Ich weiß nicht mehr, wie die Räume aussahen, zeichne zu Hause völlig falsche Grundrisse einer Wohnung, weiß nicht mehr, was ich gerade gesehen habe und habe von der tollen Ausstellung, wenn`s hochkommt und ich Glück habe, noch zwei Bilder im Kopf. Seitdem gehe ich nirgends mehr hin, ohne meine Kamera. Jedenfalls, wenn es wichtig ist. Peinlich wird es für mich immer, wenn ich mir bei sehr starker Angst keine Gesichter merken kann und die Menschen beim nächsten Treffen nicht wiedererkenne. Und ich kann sie ja schlecht fotografieren. Mir haben so viele Menschen von eben solchen Realitätsverfremdungen erzählt, auch was Farben betrifft – die ich auch bei Angst völlig verfremde - so dass ich mich immer wundere, dass dies in keiner Definition zu finden ist. Und eines weiß ich gewiss: Kein Angstranker erzählt verfremdete und „aufgebauschte" echte Angsterlebnisse, um sich wichtig zu machen, sondern weil die Angst ihn lange über das Erlebnis hinaus fest im Griff hat.

    Das alles gehört zu einem Derealisationssyndrom und das Gefühl der Depersonalisierung kann sehr schlimm sein. Man fühlt sich überall fremd, nicht dazugehörig, sieht sich selbst aus der Ferne, hinterfragt alles, bis hin zu den Fragen: Wer bin ich, was ist hier los, wo bin ich und was läuft hier eigentlich? Noch schlimmer: Wer sind all diese Menschen um mich herum? (Man erkennt Familie und Freunde nicht mehr.) Und: Gehöre ich hier hin? Was hab ich mit all dem denn zu tun? Die Seele hat einen Schutzwall errichtet, damit man nicht von seinen Gefühlen überrollt wird. Und damit werden das eigene Leben und die Realität unserer Lebens- und Umwelt verzerrt. Viele Fragen und nur eines ist gewiss: Ich gehöre nicht dazu - ich gehöre hier nicht hin.

    Und was noch bei uns Angst auslöst? Wird auch nie erwähnt: Bei vielen Angstkranken, lösen laute Geräusche oder auch Zwielicht Angst aus. Denkt nur an den Staubsauger oder an Baustellen… Und fast alle sagen dasselbe: Bei Hitze bekommen sie Panikattacken. Hitze ist für mich der größte Angstauslöser. Hitze macht nicht erst den Umweg über die Erwartungsangst zur Panikattacke - Hitze zielt direkt auf den Körper. Schwitzen, stickige Luft, die am Atmen hindert, der ganze Körper ist in Aufruhr und das macht Angst.  Woher nun eine solche entsetzliche Angstphobie kommt, was sie auslöst oder verursacht, vermag ich nicht pauschal zu sagen - das können ja nicht mal die sogenannten Fachleute - aber zumeist ist ein traumatisches Erlebnis der Auslöser oder sogar die Ursache für extreme Panikattacken mit folgender Agoraphobie. So war es jedenfalls bei mir.

    FROM ME TO YOU

    Bei mir brach die Krankheit im Alter von 21 Jahren aus, nach einer missglückten Mandeloperation mit anschließendem Kreislaufkollaps. Nur anbei: Es gab damals noch keine Vollnarkose bei Mandeloperationen. Jedenfalls nicht in unserer Kleinstadt. Die OP war der pure Horror, den ich hier nicht detailliert beschreiben werde, weil ich keinem Angstkranken noch mehr Angst einjagen möchte. Allerdings hatte ich schon vor dieser Operation Herzstolpern, das ich für einen Herzanfall gehalten habe – ich habe dies nur nicht als Panikattacke erkannt und lange Zeit nie wirklich mit der Agoraphobie, die nach der Operation folgte, in Verbindung gebracht. 

    Mein Aha-Erlebnis überkam mich, ehrlich gesagt, sehr spät. Mir ist vor Jahren, als mir beim Aufräumen mein altes Buch „Für ein bisschen Leben" mal wieder in die Hände fiel und ich darin blätterte, etwas – für mich – Gravierendes aufgefallen, was nie jemand bemerkt hat. Ich ja auch nicht. Kein Arzt, kein Leser, und die kontaktierten mich nach der Buchveröffentlichung damals jahrelang zuhauf, ebenso die Journalisten, Fernsehleute, enge Freunde, kein Psychologe, der mich kontaktierte, und auch nicht mein geliebter Partner und größter Fan – keiner hat den Fehler bemerkt. Niemandem ist ein gravierendes Faktum aufgefallen. Dabei steht es - von mir naiv und ehrlich aufgeschrieben - schon am Anfang des Buches. Ich hatte die ERSTE WIRKLICHE RICHTIGE Panikattacke LANGE VOR der missglückten Mandeloperation, die ich im Buch und über zwei Jahrzehnte als URSACHE für meine Agoraphobie und die Angst- und Panikattacken angesehen habe. Da stimmte schon lange vorher nichts mehr in meinem Leben, sprich: in meiner Beziehung. Mein Partner hatte – wohldosiert und wohlproportioniert – angefangen, mich und unserer gemeinsames Leben Schritt für Schritt zu verlassen. Und ich hatte und habe eine wirklich krankhafte Verlustangst und bekam Panikattacken und Angstzustände, die dann auf ein Problem mit meinen Mandeln zurückgeführt wurden. Fakt ist aber: Die Attacken waren VOR der Mandeloperation da. Was mir – und ja auch keinem anderen –  jemals aufgefallen ist.

    Die Operation, mit mehrfachen Todesängsten, sehe ich heute nicht mehr als URSACHE, sondern als AUSLÖSER für die danach beginnende Agoraphobie und die extremen Panikattacken. Ich habe auch bei anderen Agoraphobikern mitbekommen, dass die Angst nicht, wie angenommen, PLÖTZLICH auftrat, sondern dass in ihrem Leben schon lange vorher etwas im Busch war. Ich habe viel über mich selbst und diese Krankheit nachgedacht. In diesen Jahrzehnten, in denen ich herausfinden wollte, wodurch diese Krankheit aufgetreten ist - war die OP Auslöser oder Ursache für diese entsetzliche generalisierte Angst? Und wer bin ich eigentlich? Was ist von mir noch übrig? Wie war ich früher und wie bin ich heute? Und warum ist alles so gekommen? – habe ich mich stark mit mir selbst konfrontiert. 

    Liegt wirklich alles in der Kindheit begründet? War ich wirklich so eine Memme, dass mich ein traumatisches Angsterlebnis so völlig am Leben scheitern ließ? Vermutlich schon. Besonders durch das Älterwerden wird der Blick zurück immer klarer und immer ehrlicher. Wenn ich in meiner Autobiografie schrieb: Ich war nie ein ängstliches Kind und nie eine ängstliche Jugendliche, sondern immer gern Anführer, immer vorneweg – so stimmt das und es stimmt auch nicht. Natürlich war ich stark und handelte stark, weil ich es tun musste. Aber wie war ich wirklich? 

    Fakt ist: Ich war ein überängstliches und überangepasstes, stilles Kind, das schon sehr früh mit Tod, Krankheit, Trauer, Verlusten, Gewalt und Suchtverhalten konfrontiert wurde, und ich fürchtete einfach alles. Und ich hatte schon als Kleinkind immer wieder mit psychosomatischen Erkrankungen zu tun. Es schien, als wäre ich mit meinem Leben, vom Moment des bewussten Wahrnehmens an, restlos überfordert gewesen. Da gab es das immer angespannte und gehemmte Kind mit dem ständigen Schnüpfchen, wie eine Lehrerin zu sagen pflegte, das Kind mit dem ewigen Nervenfieber, so nannte der Hausarzt mein hohes Fieber, das immer auftrat, wenn meine Eltern sich stritten oder anderes für mich Furchtbares geschah, und da war das Kind, mit den „nervlich auftretenden, epileptischen Ohnmachtsanfällen", wie es früher hieß – ein Kind mit einem Dauergrinsen, das nicht unangenehm auffallen wollte, weil es Harmonie und Liebe suchte. Ein Permanentlächeln, das sogar schon den Nachbarn auf die Nerven ging, die mich ansprachen und beschimpften, weil sie sich verarscht fühlten. Als ich etwas 12 Jahre alt war, konnte ich es nicht mehr ertragen zwischen Menschen zu sitzen. Ich musste immer am Rand sitzen: In der Schule, im Kino, auf langen Bänken in Speisesälen, im Restaurant... 

    Ich spielte in unserer Familie keine große Rolle, das Leben meiner Eltern drehte sich ausschließlich um meinen „missratenen", zehn Jahre älteren Bruder und um ihre eigenen Probleme, Krankheiten und Sorgen, von denen sie eine Unmenge mit sich herumschleppten. Ich war das kleine Mädchen, das alles richtig machte, das gut in der Schule war, das höflich war und den Lehrern die Tasche trug (ätz), kurz: ein Kind, das keine Schwierigkeiten machte und um das man sich nicht kümmern und sorgen musste. Und schon damals war ich für alle und jeden schier grenzenlos belastbar. Bereits mit etwa 12 Jahren nahm ich zu Hause eine Erwachsenenrolle ein. Aber kann man gleichzeitig ängstlich und dennoch stark sein? Man kann, so verrückt es auch klingt. Aus der kollektiven Schwäche meines engsten sozialen Umfelds heraus, wuchs meine eigene Stärke. Klar, zunächst waren es Fremdzuschreibungen, ein Fremdbild sozusagen, das mich zum starken Menschen erkor und langsam tatsächlich einen starken Menschen aus mir formte. Aber hatte ich denn eine Wahl? Wenn dich alle für stark halten, sich alle auf dich verlassen, du für alle eine Hilfe bist und dich kümmerst, dann bleibt dir wenig anderes übrig, als stark zu handeln. Untergehen oder stark sein. Und der Erfolg starken Handelns, eines Handelns, das über die vermutete Belastbarkeit, das vermutete Können und das vermutete Ertragenkönnen hinausgeht, macht stark. Und andererseits doch nicht wirklich. Ich denke, dass man dabei viel Angst und eigene Schwäche herunterschluckt, aber nicht wirklich überwindet. Eines steht jedenfalls außer Frage: Ich fühlte mich niemals - in Kindheit, Jugend und Ehe und auch später nur selten – wirklich SICHER. Wirklich behütet und wohl aufgehoben – nie! Tode, Krankheiten und Verluste erlebte und erlebe ich bis heute hautnah und im Non-Stop-Verfahren. 

    Wir sind von Kirchgellersen nach Lüneburg gezogen, als ich viereinhalb Jahre alt war. Vom Dorf in die Stadt. Fort vom kleinen Häuschen, meinem eigenen Spielplatz, meinen kleinen Kumpels, dem Wald, dem Badeteich gegenüber unseres Häuschens, fort von der kleinen Dorfgemeinschaft, die wie eine große Familie lebte, fort von meinem Schäferhund, der eigentlich zu einem anderen Hof gehörte, aber bei uns lebte, fort fort fort. Damit wir auf gute Schulen gehen konnten. Damit wir alle mehr Möglichkeiten hatten. Meine Eltern waren ostpreußische Kriegsflüchtlinge und mussten sehr jung ein grausames Leben hinter sich lassen und ein neues Leben aufbauen. Ich glaube, es war das einzige Mal im Leben, dass mein Bruder und ich eine Einheit bildeten: Wir wollten nicht in die Stadt ziehen. Mein einziger Trost war der, dass meine Großeltern zu uns zogen. So lebten wir als Großfamillie in Lüneburg – eine Großfamilie, aus der sehr schnell eine Kleinfamilie und dann eine „Keinefamilie" wurde.

    Wir hatten eine Mietwohnung in einem guten Wohnviertel und in einem sehr noblen Haus mit ebenso noblen Vermietern. Und ich hatte Angst. Vor allem. Seit ich mit fünf Jahren meine Großmutter tot in den Armen gehalten hatte und im Alter von sechs Jahren mein Bruder über Nacht sang- und klanglos abgehauen und zur See gefahren war, lebte ich in Angst. Angst, dass sie alle weggehen könnten und mich in diesem Haus zurücklassen würden. Eine sehr begründete und wahr gewordene Angst. Sie gingen alle weg. Ich war klein, artig und still. Und ich hasste alles. Besonders den dunklen Gang hinab in den Keller, an dem ich vorbei musste, wenn ich abends nach Hause kam und in unsere Wohnung in den ersten Stock wollte. Ich hatte solche Angst, dass mein geliebter Opi im Winter auf der Straße stand und wartete, bis ich vom Schlittenfahren nach Hause kam, um mit mir zusammen nach oben zu gehen. Und dann wurde ein kleines, gleichaltriges Mädchen aus unserer Turnclique von einem Triebtäter ermordet. Wir Kinder waren klein und begriffen das alles nicht richtig – sie war nicht mehr da, wo war sie denn? - nur: das Irre an Kindern ist ja, dass sie eben doch etwas begreifen – instinktiv. Und ich wusste, dass der Mann, der sich „Onkel Heiner" nannte und der unsere Spielkameradin getötet hatte, in unserem dunklen Kellergang auf mich lauerte. Und ich wusste, dass ich dann, wenn er mich erwischte, so aussehen würde wie meine tote Omi. Klar, da war die Faszination und wir Kinder wollten den Mann großmäulig fassen – aber größer war die alles umfassende Angst, die nun unser Wohnviertel beherrschte. Eltern hatten Angst, Kinder noch viel mehr. Und ich wich dem Großvater nicht mehr von der Seite – er mir auch nicht.

    Manchmal glaube ich, er war meine einzige große Liebe. Er war der einzige, der verhinderte, dass ich weiterhin allein mit meinem Schlüssel um den Hals draußen herumlief. Ich brauchte damals so viel Zuwendung und Liebe. Aber für mich war keine Zeit vorhanden, denn inzwischen war mein Vater schwer krank geworden und meine Mutter versorgte die Familie allein. Ich habe das alles nicht wirklich als schlimm oder beängstigend realisiert – es war, wie es war. Ich war klein und lebte nicht in Selbstreflektion, aber ich wurde zu einem kleinen, total disziplinierten Roboter mit Aufgaben und Pflichten, die vermutlich weit über meine Kräfte gingen. Wie so etwas passiert, weiß ich nicht, aber wenn man einen Vater hat, der - halb wahnsinnig vom Krebs und den Schmerzen - den Bruder ständig prügelt, bis der das Weite gesucht hat, Hitler-Parolen schwingt und auf Mutter und Kind schießt, dann wird man verdammt vorsichtig. Und hat Angst. Wahnsinnige Angst. Angst im eigenen Nest. Heute weiß

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