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Sally - Magierin wider Willen
Sally - Magierin wider Willen
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eBook372 Seiten5 Stunden

Sally - Magierin wider Willen

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Über dieses E-Book

Sally erwacht in einer fremden Welt. Unbewusst macht sie sich gefährliche Mächte zum Gegner.
Auf ihrer Suche, einen Weg zurück nach Hause zu finden, lernt sie Freunde kennen, die sie sonst nur aus Märchen kennt.
Diese können ihr zwar auch nicht den Weg zurück zeigen, machen ihr aber Hoffnung das es gelingen könnte, wenn sie sich bereit erklärt, gegen eine schwarze Hexe zu ziehen.
Gemeinsam mit weiteren Gefährten macht sie sich auf den Weg, den Kampf aufzunehmen. Ihre Unbekümmertheit bringt die kleine Gruppe immer wieder in Schwierigkeiten, bis eine Veränderung in ihr vor geht.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum1. Dez. 2011
ISBN9783844214581
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    Buchvorschau

    Sally - Magierin wider Willen - Edgar Sigmanek

    Der Traum

    Es war wieder einmal einer jener Tage, an denen sich Sally von allen missverstanden fühlte. Nichts schien ihr zu glücken, selbst in der Schule lief alles schief. Und dabei hatte sie sich so gut auf den Vortrag vorbereitet. Wochenlang hatte sie recherchiert und jede Minute ihrer Freizeit geopfert und dann hieß es „Am Thema vorbei!“.

    Sally hätte heulen können. Sicher hatte sie etwas viel eigene Auslegung mit ins Spiel gebracht, aber etwas Phantasie muss schon erlaubt sein.

    Wie sonst wohl sollte sie die Klasse in ihren Bann ziehen? Das jedenfalls war ihr gelungen. Keinem ihrer Vorredner hatten alle so gespannt zugehört und dabei hatte sie die Zeit um 15 Minuten überzogen.

    Sicher gab es heutzutage keine Zauberer und Hexen mehr, aber in ihren Träumen waren sie wie Realität und schon längst schien es ihr unmöglich, Traum und Realität voneinander zu unterscheiden. Oder gab es da gar keine feste Trennung? Gab es vielleicht irgendwo einen Punkt, an dem der Traum zur Wirklichkeit wurde? Tat sich da ein Tor zu einer anderen Wirklichkeit auf, das man nur durchschreiten brauchte? Sie hatte oft schon gefragt, warum ihr Traum denn immer so lange dauert, obwohl nur Sekunden vergangen zu sein schienen?

    Ihre Eltern erklärten ihr dann immer, dass man das Zeitgefühl verloren hat und dass sich alles im Bruchteil einer Sekunde abspielt. Aber wenn das Gehirn in der Lage sein sollte, tagelange Abenteuer im Bruchteil einer Sekunde zu verarbeiten, warum braucht es dann Stunden und Tage, nur um sich ein Gedicht zu merken?

    Sally war felsenfest davon überzeugt, dass ihre Träume in einer anderen, echten Realität spielten. Sie hatte nur noch keinen Weg gefunden, bewusst in diese zu wechseln. Allerdings wurden die Abstände, in denen sie träumte immer kürzer. Einmal glaubte sich schon so nahe an der Lösung dran zu sein, als sie aber zugreifen wollte, war sie wieder weg.

    Es war einfach zum Verzweifeln. Ärgerlich warf sie sich auf ihr Bett und starrte nach draußen.

    Die Sonne stand hoch am Himmel und blendete sie. Als sich Sally umdrehte und die Augen schloss, tanzten zwei Lichtpunkte vor ihnen. Es war die Sonne, die noch immer ihre Spuren auf der Netzhaut hinterlassen hatte. Sie versuchte mit geschlossenen Augen die Punkte zu fixieren, aber es gelang ihr nicht. Dann versuchte sie einen anderen Trick, den sie schon oft an der Tapete ausprobiert hatte. Sie versuchte durch Schielen die beiden Lichtpunkte übereinander zu bringen. Wenn sie dies mit dem Muster der Tapete tat, erschien es ihr viel dichter und räumlich dargestellt. Unterschiede fielen ihr dann sofort auf.

    Langsam näherten sich die kleinen Lichtpunkte einander, um dann wieder voneinander wegzugleiten. Es kostete sie unheimlich viel Kraft, sich auf dieses Spielchen zu konzentrieren. Langsam wurden sie immer blasser. Die Kraft der Sonne schien nachzulassen. Wieder glitten die Punkte aufeinander zu und diesmal schaffte sie es. Beide vereinten sich zu einer einzigen gleißenden Sonne. Sie wurde magisch von ihr angezogen und schien in dieses Licht einzutauchen. Alles um sie herum verschwand. Es war nur noch diese gleißende Helligkeit da, die sich schmerzhaft in ihr ausbreitete. Dann begann das Licht zu pulsieren, erst kaum wahrnehmbar, schließlich immer stärker werdend.

    Ihre Hände begannen zu zittern, aber das nahm sie gar nicht mehr war. Sie fühlte sich auf einmal ganz leicht. Der leuchtende Fleck wurde immer größer, wurde mal oval, dann wieder rund und veränderte letztendlich seine Farbe zu einem tiefen Rot. Sally spürte einen Windhauch. Sie dachte noch, dass es gar nicht möglich sei, da doch kein Fenster offen ist.

    Und dann war er wieder da, der Traum!

    ***

    Sie fand sich auf einer Wiese am Rand einer Klippe wieder. Die Sonne war gerade im Begriff, aufzugehen. Es wehte ein leichter Wind herüber. Der typische Geruch nach Meer lag in der Luft. In der Ferne hörte sie die Brandung. Alles war ganz friedlich. In einiger Entfernung bemerkte sie zwei kleine Vögel, die sich um etwas stritten. Es sah aus, wie ein Schmetterling. Beide zerrten an ihm und keiner von beiden war bereit, seine Beute aufzugeben. Belustigt über dieses Schauspiel schlich sich Sally näher. Die beiden Vögel bemerkten sie gar nicht, so sehr waren sie mit sich selbst beschäftigt. Wie staunte sie aber, als sie bemerkte, dass es sich nicht um einen Schmetterling, sondern um einen kleinen Menschen handelte. Genauer gesagt, ein kleiner Mensch mit Flügeln wie bei einer Libelle. Oder war es gar kein Mensch? Als sie sich noch näher heranschleichen wollte, zerbrach unter ihren Füßen ein trockener Ast und verursachte ein solch lautes Knacken, dass die Vögel vor Schreck ihre Schnäbel öffneten und das kleine Wesen zu Boden fiel. Erschrocken ergriffen sie die Flucht.

    Sallys Herz pochte ganz heftig vor Aufregung. Ganz langsam kroch sie auf die schon sicher geglaubte Beute zu, teils neugierig, teils ängstlich. Schließlich trennten sie nur noch wenige Zentimeter voneinander. Das kleine Wesen rührte sich nicht. Nur wenn man ganz genau hinsah, bemerkte man ein leichtes auf und ab ihrer zarten Flügel. Es lebte also noch, auch wenn ihr die Vögel arg zugesetzt hatten. Sally nahm sich ein Herz und stupste mit dem Finger ganz leicht gegen die Schulter. Ein leises Stöhnen war zu hören, dann wieder Ruhe. Vorsichtig schob sie ihre Hand neben das Wesen und rollte es vorsichtig in ihre Handfläche, immer darauf bedacht, nicht die kleinen Flügel zu beschädigen. Es war so leicht, dass sie es kaum in ihrer Hand spürte. Ein leichtes Beben ging durch den kleinen Körper. Es bewegte sich ganz langsam und begann den Kopf zu heben. Die goldenen Haare hingen völlig zerzaust herab. Nach genauem Hinsehen entdeckte sie unzählige Kratzer. Zitternd stützte es sich auf die winzigen Arme und hob den Kopf. Als es bemerkte, wo es sich befand, schlug es ängstlich die Hände vors Gesicht und begann zu wimmern. Es schien fürchterliche Angst zu haben.

    Du brauchst keine Angst zu haben, beeilte sich Sally zu sagen, ereichte damit aber nur, dass sich das kleine Wesen mit schmerzverzerrtem Gesicht die Ohren zuhielt. Sie hatte einfach zu laut gesprochen. Ganz leise wiederholte sie: Fürchte dich nicht, ich werde dir nichts tun. Das kleine Wesen nahm seine Hände runter und sah sie aus großen hellblauen Augen an. Es schien immer noch fürchterliche Angst zu haben. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben, ich will dir doch nur helfen. Aber wahrscheinlich verstehst Du mich ja gar nicht.

    Mühsam erhob sich das Wesen und stemmte die Hände in die Hüften. Natürlich versteh ich dich!, wisperte es ärgerlich. Warum denkt ihr großen Tölpel eigentlich immer, dass wir nichts verstehen?

    Vor Schreck hätte Sally fast das kleine Wesen fallen gelassen. Doch sie fasste sich schnell wieder. Wer bist Du und wo kommst du her?, fragte sie das kleine Wesen.

    Was heißt denn hier: Wer bist Du?, schimpfte es ärgerlich. Du wirst doch wohl Elmona, die Königin der Elfen erkennen! Was seid ihr doch für Dummköpfe.

    Sally blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen. Aber ich wusste ..., ich meine ich bin....

    Ach du meine Güte, auch noch ein stotternder Tölpel, schimpfte das kleine Wesen weiter.

    Nun wurde aber auch Sally ärgerlich. Na hör mal, immerhin habe ich dich gerade vor diesen beiden Vögeln gerettet. Ohne mich wärst du jetzt bereits in tausend Stücke zerhackt worden. Und außerdem, woher sollte ich wohl wissen, wer du bist. Bei uns gibt es Elfen nur im Märchen.

    Jetzt sah die kleine Elfe erstaunt aus. Aus welchem Teil des Landes kommst du? Und was meinst du mit Märchen? Ist das die Heimat eurer Elfen?

    Ich komm aus Sonnenwalde und Märchen sind Geschichten über Dinge, die sich andere Leute ausgedacht haben, um sich die Zeit zu vertreiben.

    Neugierig fragte die kleine Elfe weiter: Wo liegt dieses Sonnenwalde? Wie viel Tage muss man fliegen, um dorthin zu kommen und scheint dort immer die Sonne?

    Nun wurde Sally nachdenklich. Sie wusste nicht, wo sie war, wie sollte sie dann der kleinen Elfe erklären, wo ihre Heimatstadt liegt, geschweige denn, wie lange man bis dorthin braucht. Wahrheitsgemäß antwortete sie: Ich weiß nicht wo mein Zuhause ist, weil ich gar nicht weiß, wo ich jetzt gerade bin. Vor wenigen Minuten lag ich noch zu Hause auf meinem Bett und finde mich nun hier auf dieser Wiese wieder.

    Dann gehörst du zur Gilde der Magier!, sagte sie ehrfurchtsvoll. Du bist nicht darauf angewiesen zu fliegen oder zu laufen, du musst nur daran denken und schon befindest du dich an einem anderen Ort. Ich beneide dich darum. Wenn ich deine Fähigkeiten hätte, wäre mir das heutige Missgeschick nicht passiert.

    Aber ich bin keine Magierin!, beeilte sich Sally zu versichern. Ich bin ein ganz normaler Mensch. Ich kann nicht fliegen und auch nicht zaubern. Niemand kann das wirklich.

    Jetzt blickte die Elfe wirklich erstaunt. Was heißt denn hier: Niemand kann das wirklich? Sie her!

    Sie riss sich ein goldenes Haar aus und warf es in die Luft. Dann sprach sie einige unverständliche Worte und auf einmal verwandelte es sich. Es wurde länger und dicker. Ein Kopf begann sich zu bilden und es erschienen zwei Flügel.

    Immer noch wuchs die Erscheinung, war längst schon so groß wie ein Hund und wurde immer noch größer. Die Gestalt eines Drachen begann sich zu formen. Sally hatte noch nie etwas Derartiges gesehen. Längst schon überragte er sie um einige Längen.

    Noch etwas unbeholfen bewegte er seine Flügel und pendelte mit dem Kopf hin und her, als suchte er irgendetwas. Dann blieb sein Blick auf Sally hängen. Seine blutroten Augen starrten sie an, fixierten sie förmlich.

    Sally wich instinktiv einen Schritt zurück. Aufmerksam verfolgte der Drache jede ihrer Bewegungen. Er hatte aufgehört zu wachsen, war mittlerweile so groß wie ein zweigeschossiges Haus. Kleine Rauchschwaden stiegen aus seinem Maul auf. Plötzlich breitete er weit die Schwingen aus und warf den Kopf nach hinten.

    Jeden Augenblick erwartete Sally, dass er wieder nach vorne schnellen und einen heißen Feuerregen auf sie niedergehen lassen würde. Der Drache atmete tief ein und brachte seinen Kopf wieder nach vorne. Gleich würde er ausatmen. In diesem Moment erhob sich die kleine Elfe in die Luft und flog zwischen Sally und dem Ungetüm. Augenblicklich verharrte er in seiner Bewegung. Er schien auf einen Befehl zu warten. Wie gebannt starrte Sally erst den Drachen, dann die kleine Elfe an. Es war eine groteske Situation. Da stand eine überdimensionale Panzerechse vor einem kleinen Mädchen, jeden Moment dazu bereit, sie in Asche zu verwandeln und zwischen ihnen eine kleine Elfe, die eben noch von zwei kleinen Vögeln attackiert wurde und gebot nun über ein so mächtiges Fabelwesen. In der Luft schwebend drehte sich die kleine Elfe zu Sally um. Glaubst du nun an Zauberei?, fragte sie lächelnd.

    Ich..., aber... das gibt es doch gar nicht, stammelte sie ganz fassungslos. Wie hast du das gemacht?.

    Nun ich glaube, ich muss dir einiges über unser Leben erklären, sprach nun die Elfe gutmütig. Du siehst nicht so aus, als würdest du mich belügen. Aber lass uns an einen anderen Ort gehen, in ein bis zwei Stunden wird es hier nicht mehr so friedlich sein, wenn erst die Bokras aus ihren Behausungen kommen. Stumm folgte Sally der Elfe. Steig auf den Rücken des Drachen, er wird uns schnell von hier wegbringen.

    Erschrocken wich Sally einen Schritt zurück. Der Drache indes legte sich flach auf den Boden, um Sally das Aufsteigen leichter zu machen. Die Elfe hatte es sich bereits hinter einem Kopfhorn bequem gemacht und winkte Sally zu. Nur zögernd machte sie einen Schritt auf ihn zu, jeden Moment erwartete sie durch seinen heißen Atem geröstet zu werden. Aber er blieb ganz friedlich liegen.

    Setz dich auf den Rücken und halt dich am Hals fest. Er wird uns beide sicher von hier wegbringen.

    Sally tat, wie ihr die kleine Elfe geheißen hatte. Kaum hatte sie sich hingesetzt, als Bewegung in den Drachen kam. Ängstlich klammerte sie sich an seinem Hals fest. Dann fing er an zu laufen. Sie gewannen schnell an Geschwindigkeit und rannten zum Schrecken Sallys genau auf den Abgrund zu. Gerade wollte sie losschreien, als der Drache einen mächtigen Satz über den Rand des Abgrundes machte und nach unten absackte. Sally schien das Herz stehen zu bleiben. Dann ging der freie Fall in einen Segelflug über und schließlich arbeiteten die Flügel des Drachen immer stärker, wodurch sie mehr und mehr an Höhe gewannen.

    Längst schon waren die Bäume zu einem dichten Grün geworden und der Wind schnitt eisig in Sallys Gesicht. Sie drückte ihren Körper ganz fest an den Drachen und spürte, wie schwer er atmete. Sie schien eins mit ihm zu werden, spürte jede seiner Bewegungen. Die Landschaft tief unter ihr flog immer schneller dahin, bis sich der Flug plötzlich verlangsamte und der Sinkflug begann.

    Fast wäre Sally über den Kopf des Drachen hinweg geschossen. Die starke Neigung nach unten war so plötzlich gekommen, dass sie beinahe den Halt verloren hatte. Die Flugechse schien dies zu bemerken, denn augenblicklich begannen sie langsamer zu sinken. Sally saß wieder sicherer. In großen Kreisen setzten sie ihren Sinkflug fort. Als Sally für einen kurzen Moment nach unten blickte, gewahrte sie eine Lichtung, umgeben von gold- und silbern schimmernden Bäumen. Dann trennten nur noch wenige Meter den Drachen vom Erdboden. Er stellte seine Flügel senkrecht und bäumte sich dadurch auf. Es wirkte wie eine Bremse. Ein kleiner Ruck und der Drache stand wieder fest auf seinen Beinen. Schließlich legte er sich flach auf den Bauch, damit Sally absteigen konnte.

    Die Elfe schwebte längst schon wieder in der Luft und winkte ihr ungeduldig zu. Nun komm schon, die anderen warten bereits auf uns.

    Die anderen?, fragte Sally erstaunt. Wer sind die anderen und woher wissen sie, dass wir kommen?

    Mein Volk, antwortete die Elfe. Sie sind längst schon von unserer Ankunft unterrichtet. Aber nun komm erst mal, ich werde später alle deine Fragen beantworten.

    Mit diesen Worten schwebte sie auf einen kleinen Pfad inmitten der Bäume zu.

    Das Dorf

    Sally folgte der kleinen Elfe gehorsam. Staunend blickte sie in die Runde. Noch nie zuvor hatte sie solch sonderbare Bäume gesehen. Die Blätter schienen wirklich auf der Oberseite golden und auf der Unterseite silbern zu sein. Das merkwürdigste aber war, das obwohl der Wind durch die Blätter wehte, kein einziges Geräusch zu hören war. Fast wäre Sally gegen einen Baum gelaufen, als sie den Pfad erreichten, so war sie in Gedanken versunken. Zum Glück bemerkte die kleine Elfe, dass sie träumte. Pass doch auf, sonst holst du dir noch eine Beule!

    Ganz verstört drehte sich Sally um und blieb erschrocken wenige Zentimeter vor einem der Bäume stehen. Als sie neugierig die Hand nach einem Blatt ausstreckte, schrie die Elfe erschrocken auf. Fass sie nicht an! Wie in Trance blickte Sally sie an, drehte sich dann aber wieder zu dem Baum um und führte ihre Hand weiter in Richtung eines der Blätter. Es ging eine magische Kraft von ihnen aus, der sie nicht widerstehen konnte. Die Elfe erkannte die Gefahr, in der Sally schwebte. Sie musste schnell handeln, bevor es zu spät war. Schnell riss sie sich ein weiteres goldenes Haar aus, warf es in die Luft und begann sich wie ein Kreisel zu drehen. Die Elfe wurde größer und größer, bis sie schließlich so groß wie Sally war. Deren Finger waren nur noch wenige Millimeter vom Blatt entfernt, als Elmona sie zurückriss. Es war, als wenn ein Stromschlag durch ihren Körper ging. Sie wurde jäh aus ihrer Trance gerissen. Aus weit aufgerissenen Augen blickte sie die Elfe an: Was ist los, wer bist du? Wo ist die kleine Elfe geblieben? Schau mich doch an, erwiderte diese, erkennst du mich denn nicht? Wenn du weiterhin solche Dummheiten machst werde ich bald keine Haare mehr haben.

    Sally starrte die Elfe wie einen Geist an. Aber du warst doch eben noch ganz klein. Was ist denn eigentlich passiert? Warum hast du mich so grob zurückgerissen? Ich wollte doch nur eins der Blätter anfassen. Abgerissen hätte ich es bestimmt nicht.

    Dazu wärst du auch gar nicht mehr gekommen, sagte die Elfe. Wir nennen sie die ‚Bäume der Träumenden‘. Hättest du eines der Blätter berührt, wärst du in einen tiefen Schlaf gefallen, aus dem du nie wieder aufgewacht wärst. Selbst ich hätte dir dann nicht mehr helfen können. Du scheinst in einem Land zu leben, in dem es keine Gefahren gibt, sonst wärst du etwas vorsichtiger. Hier allerdings musst du ständig auf der Hut sein. Hinter jeder Ecke kann das Böse auf dich warten. Dabei ist das, was am unscheinbarsten ist, am gefährlichsten. Nun sollten wir uns aber beeilen. Der Weg ist nur noch kurze Zeit offen. Er ist nur unseretwegen aufgemacht worden. Diese Bäume beschützen uns vor Eindringlingen. Bisher hat es noch niemand geschafft, durch sie bis zu uns vorzudringen.

    Schweigend gingen sie den Weg durch den fremdartigen Wald entlang. Aus seiner Tiefe drangen leise Geräusche an sie heran. Es schien so, als würde jemand stöhnen und aus einer anderen Richtung waren Klagelaute zu hören.

    Was sind das für Laute?, flüsterte Sally leise.

    Das sind die Verdammten, die nicht so viel Glück hatten wie du, sagte die Elfe.

    Sie waren so unvorsichtig, die Blätter zu berühren und irren nun bis in die Ewigkeit in diesem Wald umher. Erst wenn sie von einem Bulk erlöst werden, werden sie selber zu einem Baum und fangen unvorsichtige Wanderer oder Eindringlinge. Sie machen keinen Unterschied zwischen Gut und Böse. Sie ziehen jeden in ihren Bann, der sich ihnen zu weit nähert.

    Als Sally sich umblickte, sah sie, wie sich weit hinten die Äste neigten und den Weg somit verschlossen. Schon längst war die Lichtung nicht mehr zu sehen. Dafür weitete sich vor ihnen der Weg und gab den Blick auf ein kleines Dorf frei. Immer mehr Einzelheiten waren zu erkennen. Die Häuser, kreisförmig angeordnet, hatten alle nur ein Stockwerk, und ein fünfeckiges Dach, das in einer Spitze endete. Auf dieser befand sich eine goldene Kugel, die Dächer aber waren silberfarben. Sie hatten kleine Fenster und Türen mit einem Rundbogen. Vor einigen Häusern brannten kleine Feuer, über denen Kochtöpfe hingen, aus denen es dampfte. Zwischen den Häusern tobten Kinder und hier und da standen in kleinen Gruppen Leute zusammen und diskutierten. Sie hatten bunt schillernde Kleidung an und einige trugen breitkrempige Hüte. Als sie von den Ersten Bewohnern bemerkt wurden, kam plötzlich Bewegung in die Menschen. Sie kamen auf einmal auf sie und die Elfe zugestürmt, wild mit den Händen in der Luft rumfuchtelnd. Hier und da konnte sie einige Wortfetzen auffangen:

    .. .st sie ja. .iedergeko…n.

    Auf einmal wurden sie von Männern mit Langbögen umringt, die alle auf Sally zielten.

    Halt!, rief Elmona. Sie hat mich gerettet, sie will uns nichts Böses tun."

    Erst zögerten sie noch, dann nahmen sie aber doch einer nach dem anderen die Bögen herunter, immer darauf bedacht, sofort wieder auf sie anzulegen, wenn sie eine verdächtige Bewegung machen würde. Die Menschenmenge war auf einmal verstummt und blickte gebannt mal auf Sally und mal auf die Elfe. Die Elfe setzte zum Reden an:

    Liebe Freunde, dieses Mädchen hat mich vor den Boten der schwarzen Saldera gerettet. Ihnen zu trotzen hat bisher noch niemand gewagt. Sie hat sich damit ihren vollen Zorn zugezogen. Vielleicht ist sie ja aber auch diejenige, von der unsere Legenden erzählen, die Unscheinbare mit dem reinen Herzen, die uns von dem schwarzen Übel befreien kann.

    Sallys Augen wurden immer größer und ihr Mund blieb offen stehen. Alle blickten nun voller Hoffnung auf sie.

    Aber das waren doch nur zwei kleine Vögel, stammelte sie.

    Doch die Elfe winkte ab. Sie wären niemals vor dir geflüchtet, wenn du nicht eine besondere Ausstrahlung hättest. Ich habe dir doch gesagt, das Unscheinbare ist oftmals das Gefährlichste. Sie wären ohne weiteres in der Lage gewesen, dich in tausend Stücke zu zerreißen.

    Jetzt lief Sally doch ein kalter Schauer über den Rücken. Aber nun komm erst einmal mit, ich glaube ich bin dir einige Antworten schuldig. Mit diesen Worten ging sie in Richtung des Stadtzentrums, wo sich ein wunderschöner Palast vor den Häusern abhob. Die Fenster waren aus buntem Glas, die Dächer golden und 5 Türme um den Palast angeordnet. Auf jedem dieser Türme stand einer der Langbogenschützen, den Blick immer wieder gen Himmel gerichtet. Die Sonne stand nun hoch im Zenit.

    Sie hatten den Palast erreicht, umringt von einer großen Menschenmenge und nun öffneten sich die Tore. Sie waren riesig und schienen sich von ganz allein zu bewegen. Es war keine Konstruktion zu erkennen, die das Öffnen bewerkstelligte und sie schwangen völlig lautlos auf. Langsam schritten Sally und die Elfe hindurch. Die Menschen aber, die sie bis hier her begleitet hatten, blieben vor dem Tor stehen. Dann schlossen sich die riesigen Flügel wieder mit einem dumpfen Geräusch. Sie befanden sich nun im Inneren des Palastes.

    Im Vergleich zu den Häusern draußen wirkte er gigantisch. Eine breite Treppe führte hinauf zu einer großen, offenen Eingangstür, an der schon zwei Frauen auf sie warteten.

    Der Weg war eingefasst von wunderschönen Blumen die in den Farben eines Regenbogens schimmerten. Der Gärtner verstand sein Handwerk. Noch nie im Leben hatte Sally einen so wunderschönen Garten gesehen. Langsam gingen sie die Treppe hinauf. Als sie sich umsah, tauchten über den Toren die ersten Türme der Häuser auf. Weit hinten waren die gold-/silbernen Bäume zu sehen, deren Fängen sie nur mit knapper Not entgangen war. Dann hatten sie die Eingangstür erreicht. Die beiden Frauen verneigten sich tief und sie gingen an ihnen vorbei in das Innere des Palastes. Es war ein komisches Gefühl, aufrecht hinter der Elfe her zu gehen, während sich die anderen alle vor ihr verneigten. Sie betraten die große Eingangshalle. Als die Diener ihre Herrin bemerkten, hielten sie inne und senkten ehrfurchtsvoll die Köpfe.

    Wir haben Besuch! Schnell, deckt den Tisch und erweist unserem Gast alle Ehren. Sie ist eine große Magierin und kommt aus einem fernen Land.

    Sally war vor Überraschung ganz sprachlos. Aber… ich bin… ich meine …

    Ihr müsst Nachsehen mit ihr haben, ab und zu stottert sie etwas, aber sie hat großen Mut bewiesen, als sie mich vor den schrecklichen Helfern der Saldera rettete.

    Allein der Name Saldera führte dazu, dass den Anwesenden das Blut in den Adern zu gefrieren schien. Alle hier schienen große Angst vor dieser Saldera zu haben.

    Elmona, äh ich meine eure königliche Hoheit, äh wer ist denn diese Saldera? Warum habt Ihr solche Angst vor Ihr?

    Ein tiefes Raunen ging durch die Anwesenden.

    Dein Gast muss von sehr weit her kommen, dass sie Saldera nicht kennt, sagte eine alte Frau, die dicht neben der Elfe stand.

    Noch bevor Sally antworten konnte, sagte sie:

    Oh ja, sie ist alleine durch Gedankenkraft zu uns gekommen. Sie ist eine große Magierin.

    Aber warum kennt sie dann nicht die böse Saldera und was will sie hier?, fragte die Alte. Steckt sie womöglich mit Saldera unter einer Decke und will uns ausspionieren?

    Vor Schreck blieb Sally der Mund offen stehen. Sie brachte kein Wort heraus. Das Raunen rings um wurde immer lauter. Schon befürchtete sie von der Leibgarde erfasst und in das tiefste Verlies gesperrt zu werden, als Elmona erneut das Wort ergriff: Das glaube ich nicht! Fast hätte sie die Bäume der Träumenden berührt. Gegen diese Macht ist selbst Saldera und ihre Gehilfen hilflos wie ihr ja alle wisst.

    Das konnte aber auch Berechnung gewesen sein, wandte eine andere Anwesende ein.

    Ich habe sie beobachtet, erwiderte Elmona, und wie ihr alle wisst, bleibt mir nicht verborgen, wenn jemand seine wahren Absichten verbirgt.

    Du hast Recht, stimmte die Alte zu. Wenn das stimmt, was du da alles erzählt hast, könnte sie die Auserwählte sein.

    Ja, das habe ich auch schon vermutet, erwiderte Elmona.

    Gerade wollte Sally etwas sagen, als jemand von der Leibgarde in den Tronsaal gestürzt kam.

    Sie hat es geschafft …, sie hat es geschafft…, der Schutzwall wurde durchbrochen.

    Eine Totenstille breitete sich aus, alle standen wie versteinert da. Dann, nach einigen Schrecksekunden, stürmte Elmona auf eine Säule mitten im Raum zu. Sally bemerkte sie erst jetzt. Auf ihrer Spitze befand sich ein fünfeckig geschliffener grüner Kristall. Als die Elfe ihre Hände an die Seiten der Säule legte glomm dieser auf, um nach wenigen Augenblicken hell zu erstrahlen. Ein leises Summen war zu hören. Alle starrten wie gebannt auf Elmona, dessen Muskeln vor Anspannung zuckten. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Das Summen wurde immer lauter, bis es zu einem ohrenbetäubenden Pfeifen anschwoll. Gerade wollte Sally sich die Ohren zuhalten, als plötzlich Ruhe eintrat. Mit einem leisen Schrei taumelte Elmona zurück und konnte gerade noch rechzeitig von den umstehenden aufgefangen werden. Sie war einer Ohnmacht nahe.

    Ihr Zorn muss übermächtig sein, wenn Saldera es wagt einen Angriff auf den Palast zu starten.

    Die Alte war herangekommen und blickte ernst auf Elmona herab, die zu Boden gesunken war. Nie zuvor hat sie es geschafft, so weit bis zu uns vorzudringen.

    Was ist geschehen?, fragte Sally mit völlig verstörtem Blick. Was hast du gerade getan?

    Sie hat den Angriff Salderas abgewehrt, der augenscheinlich dir gegolten hat, antwortete die Alte. Du hast dich offen gegen sie aufgelehnt und nun trifft dich ihr ganzer Zorn.

    Aber ich wusste doch gar nicht...

    Das macht nichts, Saldera unterscheidet nicht zwischen Leuten, die sich bewusst oder unbewusst gegen sie auflehnen. Wer sich gegen sie stellt, verschwindet in den dunklen Tiefen ihres Palastes, aus denen noch nie jemand wieder zurückgekehrt ist.

    Die Worte der Alten erschütterten Sally bis ins Mark und sie begann leicht zu zittern.

    Wenn du die Auserwählte bist, bist du die Einzige, die ihr trotzen und sie besiegen kann. Du kannst uns für immer von ihr befreien.

    Plötzlich kam sich Sally ganz klein und hilflos vor. Wie sollte sie, ein kleines Mädchen, etwas gegen eine Zauberin ausrichten können, vor der ein ganzes Volk Angst hat. Langsam kam Elmona wieder zu sich und richtete sich auf.

    Das war knapp!

    Sie hatte die Worte fast nur gehaucht und doch hatten sie alle gehört und jubelten los.

    Wir sollten für die Nacht die Wachen verdoppeln, damit sie nicht noch einmal durchbrechen kann und erst einmal schlafen gehen. Morgen, in aller Frühe, sollten wir uns dann im großen Rat zusammen setzen um die Lage zu besprechen, sagte die Alte mit ernstem Gesicht. Ziofotta wird dir dein Zimmer zeigen. Du solltest schlafen gehen, damit du morgen früh hellwach bist.

    Ein kleines hageres Mädchen mit langen blonden Haaren kam auf Sally zu und führte sie durch eine Nebentür auf einen Gang, der durch zahlreiche Fackeln erhellt wurde. Der im Vorbeigehen entstehende Windhauch ließ an der Wand Schatten entstehen, aus denen man alle nur erdenklichen Monster erkennen konnte, wenn man nur genug Fantasie dazu hat. Aber war es wirklich nur Fantasie, die Sally hinter der neben ihr befindlichen Fackel einen so gruseligen Kopf erscheinen ließ? Wie war es möglich, dass hinter dieser ein Schatten auftauchte? So etwas kann es doch gar nicht geben. Und dann diese Augen, war da nicht ein mordgieriges Flackern? Sally kniff die Augen zusammen um sie im nächsten Augenblick wieder zu öffnen. Und dann waren sie weg, die Schatten. Es war also doch nur eine Täuschung. Erleichtert schloss sie zu Ziofotta auf, die Sally’s Bummeln nicht bemerkt hatte und schon ein gutes Stück voraus war. Schließlich hielten sie vor einer dicken Holztür. Aber es war keine gewöhnliche Tür, sie hatte weder Drücker noch Knauf zum Öffnen. Schon wollte Sally fragen, wie sie sie denn öffnen solle, als Ziofotta die Hand ausstreckte und diese nur leicht berührte. Völlig geräuschlos schwang die Tür nach innen auf und gab den Blick auf ein geräumiges Zimmer frei, durch dessen Fenster gerade noch die untergehende Sonne zu sehen war. In der Mitte stand ein kleiner Tisch mit leckeren Speisen, bei dessen Anblick sich sofort der Hunger zurückmeldete.

    Dies ist dein Zimmer für die Dauer deines Aufenthaltes, sagte Ziofotta und verneigte sich, um sich zurückzuziehen.

    Bitte bleib doch, presste Sally hastig hervor.

    Erstaunt hob Ziofotta den Kopf. Hast du noch einen Wunsch?

    "Ich würde gerne mehr über

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