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Zehn gute Jahre Teil 7: Auflösung
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eBook450 Seiten6 Stunden

Zehn gute Jahre Teil 7: Auflösung

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Über dieses E-Book

Vor kurzer Zeit, als Ihre Eltern jung waren (oder Ihre Großeltern), galt Fliegen noch als Menschheitstraum für Wagemutige. Niemand wusste, dass der größte Technologiesprung der Geschichte bevorstand. Er wurde von einer Wissenschafts- und Ingenieurelite geschaffen, vielfach verstärkt für die Zwecke eines verbrecherischen Krieges. Alles, was wir heute so selbstverständlich nutzen hat da seinen Ursprung.

Fritz Kleins Alltag ist wie der seit Generationen. Aber Auto, Telefon, Radio, Kühlschrank, Kino, bald sogar vom Sofa aus, und vor allem Flugzeuge lassen eine völlig neue Lebensweise ahnen. Gemeinsam mit Eva, seiner ersten und wahren Liebe genießt er ein Deutschland, in dem es nach der Not und der unfähigen Demokratie steil aufwärts geht. Jeder hat Arbeit, alle sind gleich und ziehen an einem Strang. Nie war die Zukunft besser.

Teil 7 Auflösung:
Das nahende Ende des Kriegs führt zum Verlust der gewohnten, perfekten Ordnung. Es wird langweiliger und gefährlicher. Die Göring – Schokolade hilft in schwierigen Situationen. Der Neuanfang nach dem verlorenen Krieg ist nervenaufreibend.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum31. Aug. 2020
ISBN9783752991109
Zehn gute Jahre Teil 7: Auflösung

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    Buchvorschau

    Zehn gute Jahre Teil 7 - Friedrich Haugg

    Kap. 33 Derna 2

    Oberwiesenfeld. Trostlos. Grau. Kein bekanntes Gesicht. Der Standortkommandant hatte gerade einen Vertreter, einen Oberleutnant.

    „Nach Catania? Da müssen sie die Flugbereitschaft fragen. Ich weiß davon nichts."

    „Und wo ist die Flugbereitschaft, Herr Oberleutnant?"

    Der deutete auf eine Baracke, vor der ein Windsack schlaff herunterhing und entfernte sich abrupt. Er schien lebensbedrohlich gelangweilt.

    Ein Gefreiter saß entspannt auf einem Klappstuhl und betrachtete den 'Stürmer' in seiner Hand.

    „Macht Spaß, den zu lesen, oder Gefreiter?"

    Der erschrak fürchterlich, ließ alles fallen, sprang auf und salutierte.

    „Jawoll, Herr Leutnant. Hab' nichts anderes zu lesen."

    „Gute Antwort. Rühren. Ich muss nach Catania. Wann geht ein Flug?"

    „Catania, Catania. Italien, oder?"

    „Ja, Gefreiter. Und wie ist die Antwort?"

    „Ist nichts geplant, so weit mir bekannt ist."

    „Wohin geht denn der nächste Flug der Bereitschaft?"

    „Nach Wiener Neustadt. In einer halben Stunde."

    „Das ist doch schon mal was. Können sie mich draufsetzen?"

    „Reinsetzen? Ich schau mal nach. Ja, ein Platz ist frei."

    „Nur noch ein Platz?"

    „Ja. Steht da."

    „Was ist denn das für ein Flugzeug?"

    „Moment. Eine Me 108."

    „Wunderbar. Stellen sie mir so einen Schein aus?"

    „Wenn Herr Leutnant mir den Grund nennen und Papiere dazu haben."

    „Ah ja, natürlich. Heimkehr zur Front und hier mein Urlaubsschein."

    „Aber der ist nach Derna ausgestellt. Klingt nach Jugoslawien, oder?"

    „Nein, Gefreiter. Sahara."

    „Ach so. Kenn' ich. Und was wollen sie dann in Wiener Neustadt? Wenn ich fragen darf."

    „Dahin will ich ja gar nicht. Aber ist dann schon einmal näher."

    „An Derna."

    „Nein, an Catania."

    „Ich versteh' gar nichts mehr."

    „Ist auch schwer in diesen Zeiten. Wo steht die 108?"

    „Im Hangar 3. Wird noch aufgetankt."

    „Tschüs, Gefreiter. Und immer anregende Lektüre."

    Der saß schon wieder vor seinem Stürmer.

    Es war tatsächlich nur ein Platz auf der Rückbank frei. Sein Angebot als Copilot zu fliegen, wurde vom Piloten, einem Feldwebel, entschieden höflich zurückgewiesen. Er habe schon einen. Fritz' Sitznachbar war ein Mariner. Leider verfügte der über ein ansehnliches Lebendgewicht, was dazu führte, dass er den Überraschungsgast nicht schätzte. Fritz machte sich so schmal wie möglich. Gottlob hatte sein Seesack im Gepäckabteil Platz gefunden. Gut, dass er die schönen Uniformen und die Stiefel bei Luise hatte lassen können. Würde nur schwierig werden, im Bedarfsfall dran zu kommen, wenn er immer woanders hin musste.

    Wiener Neustadt. Ein Ort zum Träumen, für Fritz. Den Flug über die Alpen konnte er nicht genießen, weil die Alpen sich komplett verhüllt hatten. Gut, dass der Pilot sein Geschäft verstand. Jedenfalls fand er den Flugplatz sofort und flog vom Semmering aus an. Fritz hätte viel erzählen können, aber es gab niemanden, den es interessierte. Der Mariner hatte den ganzen Flug kein Wort gesagt. Canarismann, dachte Fritz. In Wiener Neustadt gibt es keine Schiffe.

    Übernachten war kein Problem. Die Gebäude kannte Fritz. Aber eine Möglichkeit nach Wien zu kommen, gab es diesmal nicht. Der Luxus von früher war mittlerweile eingespart worden. Kein Mercedes - Cabriolet in Sicht. Auf eine andere Frage wurde ihm mitgeteilt, dass es einen Stabsfeldwebel Powideldatschi nicht gebe. Und überhaupt, was sollte das für ein Name sein.

    Natürlich gab es keinen Flug nach Catania. Die Zeit drängte. Schlecht organisiert, seine Rückkehr in den Krieg. Die Gedanken kreisten um Geli und unvermeidbar um Ulrich. Seine Hochzeit schien in weiter Ferne, als habe sie in einem anderen Universum stattgefunden.

    Nach Tatoi könne er mit einer 52 mitfliegen. Das Ganze artete wohl zu einer Nostalgiereise aus.

    Aber auch Tatoi bot ihm nichts, was er zu einer kleinen Tour nutzen konnte. Also entschied er sich für den Vorschlag eines Bomberpiloten, der allein im Kasino einen Kaffee trank, ihn mit einer Ju88 nach Catania mitzunehmen. Er müsse von da aus wieder im Krieg mitspielen. Sein vierter Mann wäre ausgefallen. Mit drei ginge es aber auch. Welch glorreicher Zufall. Wenn es Fritz nichts ausmachte, liegend auf dem Bauch zu verweilen. Fritz machte es etwas aus und er konnte den dritten Mann überreden, ihm den Sitz von Albi zu überlassen. Er wolle ohnehin mal etwas schlafen, hatte der gesagt.

    „Werden wir Feindkontakt haben?", fragte Fritz den Piloten.

    „Nö. Können sie das überhaupt, Beobachter? Sie haben ja nur das Flugzeugführerabzeichen. Interessante Betrachtungsweise, fand Fritz. „Und kennen sie die 88?

    Fritz zog die Brauen hoch, nickte aber.

    „Dann mal los. Ich will nachmittags da sein." Fritz war es sehr recht.

    Der Blick nach hinten war spannend. Die Zeit läuft rückwärts, das hatte er damals schon mit Albi diskutiert und Werner fand es schwachsinnig.

    Endlich war er jetzt wenigstens schon einmal in Catania. Wie ein Freund, den er tagelang im Stich gelassen hatte, stand seine 12 da und wartete. Sollte er gleich los, jetzt wo er endlich unabhängig war?

    „Moment, Kamerad. Das ist ein Jagdflugzeug. Was haben sie da zu schaffen?"

    „Ach was, ein Jagdflugzeug? Nicht nur das, Unteroffizier, es ist sogar mein eigenes."

    „Ach so. Sie sind Leutnant Klein?"

    „Mhm."

    „Dann sollen sie sich beim Standortkommandanten melden."

    „Ist etwas Wichtiges passiert. Der Krieg schon zu Ende?"

    „Sie sind ein Scherzbold, Herr Leutnant. Ne, ne. Erst müssen wir noch siegen."

    „Stimmt auch wieder."

    „Leutnant Klein? Willkommen an alter Stätte. Ja, ja, ich habe von ihnen gehört. Sie sind hier bekannt, weil sie einmal desertieren wollten, richtig?"

    „Nein, Herr Major. Desertieren wollte ich bestimmt nicht."

    „Ist ja auch egal. Ich habe ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen. Sie werden erst morgen früh fliegen. Übernachten können sie hier oder wo sie wollen. Sind ja Offizier."

    „Kein Sprit da?"

    „Was? Wieso kein Sprit?"

    „War ein Scherz."

    „Ach so. Nein, sie fliegen nicht nach Derna, sondern nach Castel Benito, Tripolis."

    „Nicht zu meiner Truppe?"

    „Doch, eben."

    „Aber die ist doch in Derna."

    „Die ziehen gerade um. Wäre für sie umständlich, erst nach Derna zu fliegen. "

    „Die Aufklärer auch?"

    „Was für Aufklärer? Egal. Die sind alle umgezogen. Wir geben Derna auf. Wir haben Derna schon aufgegeben. Hat wohl logistische Gründe."

    „Wohl mehr Gründe der Unterlegenheit."

    „Reden sie kein defätistisches Zeug. Mögen wir hier immer weniger. Aber natürlich haben sie recht. Die Tommies haben die ganze Cyrenaika zurückgeholt oder wieder geholt, wie sie wollen."

    „So schnell? Das hört sich nicht gut an. Wir haben keinen Sprit und keine Munition und nichts mehr zu fressen gehabt, oder?"

    „Erstaunlich klarsichtig, der Herr Leutnant. Aber Schluss jetzt. Morgen Castel Benito. Den Weg finden sie ja wohl."

    „Da bin ich mir sicher, Herr Major. Heil Hitler."

    „Hab ich schon länger nicht mehr gehört. Brav, Herr Leutnant. Hauen sie ab und schönen Gruß an Schmalbach. Der ist zwar von Heer, müsste aber auch schon da sein. Obwohl er mit dem Auto fahren muss, der Arme. Ist eben kein Flieger, der Stoppelhopser."

    Geschäftiges Treiben auf dem Flugplatz mit dem stolzen Vornamen des Duce. Fast schon zu geschäftig, um als normaler Tagesablauf durchzugehen. Fritz steuerte auf eine Ju 88 zu. Eigentlich war es die einzige. Und sie war es wirklich.

    „Hast du meine Sachen auch mitgebracht?"

    Werner schaute kurz auf. „Déjà vu, mein Lieber. Habe ich. Du siehst gar nicht so anders aus. Alles abgesagt?"

    „Nein, du Scherzbold. Du siehst einen verheirateten Mann vor dir. So wie Albi damals. Der sah danach auch nicht anders aus."

    „Ist lange her. Da fehlt mir die Erinnerung. Und? Kommst du, um dich von den Strapazen zu erholen?"

    „Mein Gesichtsausdruck ist nicht strapaziert, sondern fragend. Was machen wir alle hier in Tripolis?"

    „Abhauen. Was sonst?"

    „Aber ihr seid doch gerade abgehauen, wenn ich das richtig verstanden habe."

    „Jetzt, wo wir schon mal dabei sind, hauen wir weiter ab."

    „Nicht dein Ernst."

    „Kannst ja hierbleiben. Wird bald von deinen Engländerfreunden wimmeln."

    „So schnell? Und wo geht’s hin? Lass raten. Catania. Richtig?"

    „Nein. Wir ziehen in uns unbekannte Welten. Tabarca heißt das. Das Paradies, angeblich mit einem Süßwassersee zwischen waldigen Hügeln. Wird dir gefallen."

    „Und wo soll dieser Garten Eden sein?"

    „Westlich von Tunis. So weit waren wir damals nicht."

    „Und warum das Ganze?"

    „Lage, Fritzchen, die Lage. Wir halten die Marethlinie, also nicht wir, sondern der Rommel. Und dahinter haben wir unsere Ruhe und können baden gehen."

    „Hallo, Albi. Kannst du etwas genauer erklären, was dein poetischer Freund mir mitzuteilen versucht?"

    „Die Marethlinie? Ja, kann ich. Also erst einmal Grüß Gott, Fritz. Willkommen im Kreis der richtigen Männer. Aus dem Werner hier wird nie einer werden."

    „Ich bin eben etwas wählerischer als ihr. Heirate nicht gleich die Erste, die will."

    „Da ist was dran, sagte Fritz. „Luise war tatsächlich die Erste, die wollte. War aber auch die Erste, die ich gefragt habe.

    „Wie romantisch. Mir kommen die Tränen. Albi, mein Guter, war das bei Urselchen auch so? Oder hat sie dich einfach entwendet?"

    „Du hättest Roswitha haben können. Aber der Banker war schneller."

    „Die war mir schon zu abgegriffen. Schließlich hat sogar dieser Fritz hier…"

    „Es reicht, Werner Baumann. Albi, was ist das, die Marethlinie?"

    „Die Marethlinie ist ein schmaler, flacher Küstenstreifen begrenzt durch das Meer und die Matmata – Höhen. Ist nur zwanzig Kilometer breit. Links davon, also westlich ist das Schott el-Dscherid."

    „Ah ja, natürlich. Der Salzsee. Da kam man damals schon nicht durch, weil er so trügerische Stellen hat, in denen man versinkt und nie mehr auftaucht."

    „Wieso kennst du das?, fragte Werner. „Meines Wissens warst du da noch gar nicht.

    „Lesen bildet", sagte Albi.

    „Und wer soll da versunken sein?"

    „Na, der berühmte alte Führer, den Namen habe ich vergessen. War der Vater von dem Omar. Sadek hieß er. Jetzt fällt's mir wieder ein. Er wurde aber angeschossen, vorher, von diesem Schurken."

    „Spinnt ihr jetzt komplett?"

    Fritz grinste. „Der gute Kara hat Halef gerade noch erwischt. Oder umgekehrt. Und sein Pferd, es war noch nicht Rih, hat beide gerettet. So ähnlich war's doch, oder Albi?"

    „Ihr seid wirklich zu blöd. Ich muss jetzt weiter packen. Fritzchen, nimmst du deine Sachen zu dir in deinen kleinen Spielzeugflieger?"

    „Gib schon her. Was ist mit dieser Marethlinie, Albi?"

    „Da lassen wir, also die Italiener die Engländer nicht durch. Bis hier hin und nicht weiter."

    „Ach, so ist der Plan. Hoffentlich funktioniert's."

    Tabarca war eine kleine Stadt direkt an der libyschen Grenze, von der sie aber wieder einmal nichts sahen. Der Flugplatz lag etwa zehn Kilometer ostwärts an einem Traum - Sandstrand.

    Jorne rief sie zusammen. „Hallo, Leute. Ist gut sein hier. Mal was anderes. Schönes Meer, nur zu wenig Tide und dauernd zu warm. Ich muss jetzt erst einmal Rum beschaffen. Könnte sich als schwierig erweisen. Ist aber überlebensnotwendig. Baden gehen könnt ihr jeden Tag. Sind nur ein paar hundert Meter über die Dünen dort. Braucht ihr kein Fahrzeug für. Wäre auch gar keines da für euch. Schönes Zeltlager hier. Inmitten grüner Hügel. Gut fürs Auge. Da sollten wir bleiben, bis der Krieg gewonnen ist. Apropos, gewinnen. Die strömen jetzt von zwei Seiten auf uns. Die haben im November letzten Jahres ihre Schiffe in Algerien und Marokko an Land gebracht. Operation Torch haben die das genannt. Mit vielen Leuten und noch mehr Material drin. Hat sie ja keiner gestört, nachdem die Franzmänner ihre eigenen Schiffe versenkt hatten. Irre, diese Leute. Also mit denen, mein' ich jetzt auch Amis. Ja, ihr habt richtig gehört. Die sind jetzt höchstpersönlich präsent. Könnte ungemütlich werden. Wir haben keine Ahnung, wie gut die sind. Eines steht aber fest: An Material und Futter fehlt es ihnen nicht. Logistik ist für die das Thema. Hätten wir mal lieber abgekupfert. Aber genug geschwätzt. Richtet euch ein. Und Fritz, du kommst mit. Jetzt, wo wieder alles seine deutsche Ordnung hat, greift auch das Räderwerk der Vorschriften."

    „Was meinst du damit, Jorne?"

    „Wirst schon sehen." Sie gingen die zweite Zeltreihe entlang bis zum Ende. Das letzte Zelt stand ein wenig abseits. Eine Toilette?, dachte Fritz.

    „Hinein mit dir und erzähl denen keinen Scheiß. Ich gehe zum Strand, da habe ich mich mit einem möglichen Rumlieferanten verabredet. Dort will ich dann deinen Bericht."

    „Setzen sie sich, Herr Leutnant Klein. Kaffee? Zigarette? Wir sind unter uns. Mein Aufseher hat es nicht hierher geschafft. Ist schwierig, weil ihr so ungemein beweglich seid."

    Der Leutnant ihm gegenüber war von der Marine. Aha. Da er alleine war, wirkte die Szene auf Fritz nicht sonderlich bedrohlich. Er grüßte höflich, ließ sich Kaffee aus einer Thermoskanne einschenken, Feuer geben und harrte der Dinge, die auf ihn zukommen würden.

    „Sie waren im Urlaub?"

    „Jawohl."

    „Und? War es schön?"

    „Ja. Ein bisschen anstrengend."

    „Nicht erholt, wie es ihre Aufgabe gewesen wäre, damit sie wieder voller, jugendlich männlicher Kraft kämpfen können um den Sieg des Vaterlands?" Schwang da ein wenig Ironie mit?

    „Siegen wir denn?"

    „Also bitte, Herr Leutnant. Wir halten uns an die Regeln. Ich darf Fragen stellen, sie nicht."

    „Ach so, ja. Entschuldigung."

    „Also, warum nicht erholt? Zu viel Alkohol und Frauen?"

    „Beides. Und zu viel Verwandtschaft. Ich habe geheiratet."

    „Ach ja? Er schaute auf ein Papier. „Das steht hier ja gar nicht. Schlamperei. Egal. Herzlichen Glückwunsch.

    „Danke, Herr Leutnant."

    „Wie war es in Baden – Baden? Schöner Platz für eine Hochzeit, richtig?"

    Die Bürokratie scheint auch in Schwierigkeiten zu sein. Fritz musste grinsen.

    „Was lachen sie?"

    „Ich habe nicht in Baden – Baden geheiratet, sondern in Berchtesgaden."

    „Ach wirklich? Da ist wohl noch mehr durcheinander geraten. Ich bitte um Entschuldigung. Waren sie auch auf dem Obersalzberg?"

    „Nein. Ich glaube, mein Schwiegervater war da mit seiner Ehefrau und einigen Töchtern."

    „Ah ja. Brav. Wurden sie von ihnen unbekannten Menschen angesprochen? Und haben sie mit denen über kriegswichtige Dinge geredet? Entschuldigen sie, das sind die vorgeschriebenen Routinefragen, die wir nach jedem Urlaub stellen müssen. Ich notiere, dass sie nicht angesprochen wurden. Richtig?"

    „Sehr richtig. Ich habe nur mit Verwandten und Bekannten geredet. Und über den Krieg schon gar nicht. Halt nein, im Zug nach Berchtesgaden wurde ich angepöbelt von einem alten Ehepaar, das meinte, ich sollte lieber kämpfen und das meinen Hund nicht wertschätzte."

    „Sind sie einverstanden, dass wir das nicht erwähnen im Protokoll?"

    „Einverstanden."

    „Gut, das wäre dann alles zu ihrem Urlaub." Er klappte die Akte zu und sah Fritz freundlich an.

    „Kommen sie mit zum Strand, Herr Leutnant. Auch sie müssen mal entspannen", sagte Fritz erleichtert.

    „Gute Idee. Wie sah der Soldat aus, der sie in Baden – Baden angesprochen hat. Bitte um eine möglichst genaue Beschreibung."

    Fritz war wie vom Donner gerührt. Die sind gut, diese Canaris – Leute. Verdammt gut. Sie sehen alles und auch wenn' s einmal länger dauert, sie vergessen nichts und nichts geht verloren. Beeindruckende Bürokratie. Das deutsche Erfolgsgeheimnis? Er machte eine Pause und sah dem Leutnant in die Augen.

    „Der war nicht einer ihrer Leute, oder?"

    Ich frage. Bitte die Beschreibung."

    „Schon etwas älter. Ein paar graue Haare. Sehr gepflegt. Diszipliniertes Gesicht, wache Augen. Gute Aussprache, keinerlei Dialekt. Gute Figur. Er wirkte sehr souverän."

    „Das sind jetzt mehr Einschätzungen ihrerseits. Ich bräuchte eine Beschreibung. Können sie sein Gesicht zeichnen?"

    „Ich zeichne zwar gerne, aber das wird mir nicht gut gelingen. Dazu fehlt mir die Übung."

    „Wollen sie nicht oder können sie nicht? Auch eine Kinderzeichnung würde helfen."

    „Ich versuche es." Es war Fritz zu gefährlich, diesen Wunsch abzulehnen. Der Leutnant reichte ihm ein Blatt Papier und einen Bleistift. Etwas später auch einen Radiergummi, als Fritz durch seine Verbesserungen die Skizze unkenntlich zu machen drohte.

    Schließlich reichte er seinem Gegenüber das Blatt. „Besser kann ich es nicht."

    „Hmm. Das könnte er sein, ja."

    „Wer?"

    „Ich habe nur so vor mich hingeredet. Hat keine Bedeutung. Und jetzt ganz genau. Das ist sehr wichtig. Auch für sie, Herr Leutnant. Was wollte er von ihnen?"

    „Es ist schon bemerkenswert, dass wir gerade eben vor dem Feind fliehend auf einem provisorischen Platz gelandet sind und uns da mehr oder weniger schlecht einrichten und dass dann schon einer von ihnen hier ist und mir solche Fragen stellt."

    „Für mich klingt ihr zweifellos kluger Beitrag so, als ob sie Zeit gewinnen wollen, um sich eine glaubwürdige Lüge auszudenken. Also, machen sie bitte so nicht weiter und beantworten meine Frage ohne nachzudenken. Kann ich ihnen nur raten. Als Kamerad."

    Kamerad. Dass ich nicht lache.

    Er hatte schnell am Gesichtsausdruck gemerkt, dass Fritz begann, ablehnend zu werden und ergänzte: „Bitte, Leutnant Klein. Wir vertrauen ihnen und wir sind uns sicher, dass sie dieses Vertrauen voll und ganz rechtfertigen. Aber, wenn einer unserer Besten so angesprochen wird, dann müssen wir dem nachgehen. Das werden sie verstehen. Also."

    Aha. Zuckerbrot. Was tun? Wen verraten? Ich weiß ja nicht einmal, ob Ulrich dahinter steckt. Außerdem ist Ulrich tot, in der endlosen Wüste verwest.

    Er gab sich einen Ruck und erzählte alles ganz genau so, wie er sich erinnern konnte.

    „Haben sie den Zettel mit der Telefonnummer noch?"

    „Leider nein."

    „Die Wahrheit bitte."

    „Nein. Aber ich kann sie auswendig."

    „Weil sie oft auf den Zettel geschaut haben oder weil sie ein fotografisches Gedächtnis haben?"

    „Beides ist irgendwie richtig."

    „Reden sie. Ich notiere." Er schrieb die einzelnen Ziffern auf, die Fritz ihm sagte. Fritz beobachtete seinen Gesichtsausdruck dabei und nannte eine einzige falsche Ziffer. Keine Reaktion.

    „Halt. Die vorletzte Ziffer war nicht 5, sondern 2. Entschuldigung."

    „Das fotografische Gedächtnis, ja, ja."

    Kannte er die Nummer oder war das nur Einbildung?

    „Kennen sie die Nummer?"

    „Nein."

    „Und was machen sie damit?"

    Er schaute Fritz nachdenklich an. „Herausfinden, wem sie gehört. Was sonst?"

    „Natürlich. Was sonst. Darf ich jetzt doch eine Frage stellen?"

    „Nur zu."

    „Haben sie so einen oder einen ähnlichen Fall schon einmal gehabt? Ist doch recht ungewöhnlich, oder?"

    „Anwerben von Spionen ist gar nicht ungewöhnlich."

    „Aber die wollten mich doch nur retten. Hat der gesagt."

    „Sie sind doch nicht so naiv. Der Punkt ist wieder einmal nur, dass sie niemand sind, der besondere Geheimnisse kennt. Das starke Interesse an ihrer Person, das irritiert uns."

    „Mich auch."

    „Von Thann war ein Spion. Oder ist einer. Das wissen wir nicht so genau..."

    Das saß. „Moment mal. Ulrich ist tot."

    „Davon müssen wir ausgehen, ja."

    „Aber sie sind sich nicht sicher?"

    „Nein."

    „Ich wollte, ich wüsste es."

    „Ich sag ihnen mal was. Von Derna und von Tripolis aus wurde in den letzten Wochen weiter gefunkt mit dieser komischen Frequenz. Sie wissen schon. Auch während ihres Urlaubs, zu ihrer Beruhigung. Das war nicht zu Ende, als sie die Kiste gefunden hatten bei von Thann's Sachen. Ja, ja, schauen sie nicht so entgeistert. Wir sind doch nicht doof. In der Wüste ein Funkgerät umhergestanden. So ein dummer Quatsch von ihnen. Aber sie haben es erst gefunden, als von Thann vermisst war. Das glauben wir ihnen. Und, dass ihr Verdacht da erst zur Gewissheit wurde. Sie haben sich fast korrekt verhalten. Vielleicht hätten sie uns etwas eher ins Vertrauen ziehen können."

    „Ich hatte nicht den geringsten Beweis."

    „Schon klar. Außerdem, einen Freund so schwer zu belasten, ist nicht einfach. Sie haben schon richtig gehandelt, als Mensch sozusagen. "

    „Danke für ihr Verständnis."

    „Sie müssen nicht sarkastisch werden. Aber vergessen sie nie: Von Thann ist eine größere Nummer - gewesen. Der hatte eine Menge wirklich wichtiger Informationen und Informanten. In den Kreisen, in denen er verkehrt. Unsere verdammte Pflicht ist, das Vaterland zu schützen. Genauso, wie sie es auch tun. Nur machen wir dies nicht mit Schießgewehren."

    „Wie wir, die einfachen und naiven Leute."

    „Lassen wir das. Aber wenn sie so wollen, ein bisschen naiv sind sie schon. Und durch Freundschaft auch leicht zu beeinflussen. Das ist nicht ganz ungefährlich in diesen Zeiten."

    „Mann, o Mann. Wann hört das endlich auf?"

    „Wenn wir gewonnen haben."

    „Dauert aber noch."

    „Ja. Sieht nicht gut aus. Aber verpetzen sie mich nicht. Tun sie nicht. Sie verpetzen niemanden. Er lachte ein wenig diabolisch dabei. „Kommen sie. Gehen wir an den Strand. Ich habe eine Badehose dabei. Sie nicht?

    „He, Kinder. Kommt mal aus dem Wasser. Es gibt was zu besprechen. Jorne befahl sie damit etwas ungewöhnlich zu einer Lagebesprechung. „Johann, du hast ja ganz blaue Lippen. Zu lange geplanscht, oder? Das zersetzt die Wehrkraft. Es ist Winter, Mann. So, hockt euch mal im Kreis in den Sand. Nein, größer, ich muss da was zeichnen. Noch größer, wir sind Flieger, keine Fußgänger. So, jetzt kann ich meine künstlerische Freiheit ausleben. Den Pinsel hab ich schon. Hier, ist Zedernholz, glaub' ich.

    „Kiefer", rief einer.

    „Kleingeist. Ruhe jetzt."

    Er kritzelte im Sand herum. „Hier. Das soll das Meer sein. Ist Ebbe gerade in meinem Bild. Deswegen ist es Sand und kein Wasser. Gut, nicht? Da, hier rechts, von mir aus gesehen, ich türme mal einen Hügel auf, dahinter also die Marethlinie. Haben die Franzosen gebaut, damals. Kein Witz. Davor hocken sie, die Engländer, die Kanadier, die Australier und die Neuseeländer und schauen rüber zu uns."

    „Und die Inder, die Gurkas", rief Fritz.

    „Ruhe. Weiß ich doch nicht. Ist mir auch egal. Wir haben mit denen nichts zu tun. Machen unsere Freunde, die, die die Pizza erfunden haben. Pizza? Kennt ihr nicht? Arme Leute – Essen. Ist so'n Fladenbrot, das die im Ofen herausbacken. Wer was hat, legt es vorher noch drauf. Egal was, Hauptsache essbar. Hab' s noch nicht probiert. Muss auch nicht sein. Also, die halten das Vereinigte Königreich zurück. Hahaha. Von der ganz anderen Seite, also hier, da kommt' s Dicke. Engländer auch, aber vor allem Amis. Die wollen jetzt auch mal was haben vom Kuchen, versteht ihr? Bis hierher alles klar?"

    „Jawoll", klang Hugos Stimme.

    „Na, wenigstens einem von euch. Wo hast du eigentlich deinen neuen Freund von der Marine gelassen, Fritz? Doch hoffentlich im Mittelmeer nicht ersäuft. Können nämlich nicht schwimmen, die Seeleute. Hatte ich euch doch schon gelehrt."

    „Er ist schon gestern wieder weg. Wurde mit einer Kuriermaschine abgeholt."

    „Soso, Kuriermaschine. Schaut an, schaut an. Früher hätten die sich mit einer Schaluppe übers Meer rudern lassen. Auch nicht mehr das, was sie einmal war, die Marine. Der ist gut weg, der Mann. Hat Fritz nur irritiert. Hat er doch, oder Fritz?"

    „Hat er, Jorne. Und wie. Deswegen bin ich aber kein schlechterer Jagdflieger geworden. Nur ein schlechter Spionenfänger."

    „Ist auch nicht unsere Aufgabe. Dafür sind wir nicht ausgebildet. Kannst mir das gelegentlich mal erzählen, wenn du Lust hast. Zurück zum Thema. Da gibt es so einen Ort, Sidi Bouzid heißt der, komische Namen haben die hier, da sind wir zum ersten Mal mit den Amis zusammengetroffen. Hatten sich wohl noch nicht richtig aufgestellt oder waren gerade beim Büchsenfleisch essen. Die haben so was. Ist schon durch den Fleischwolf gegangen. Ist wohl für die, die keine Zähne mehr haben, igitt. Also, die sind gleich wieder abgehauen. Aber sie lassen nicht locker. Jetzt haben sie noch ein paar Panzer geholt, Grant – Panzer heißen die oder Sherman, taugen nichts die Blechkisten. Vielleicht auch noch ein paar bessere, weiß ich nicht, bin kein Stoppelhopser. Muss ich auch nicht wissen. Sie kommen über den Kasserinpass. Das ist hier. Übrigens, wer's genau wissen will: 148 Kilometer von hier, Kurs 171. Warum weiß ich das so genau? Na, wer kann's sich denken?"

    „Damit wir wissen, wann sie da sind und wann wir abhauen müssen", sagte Johann treuherzig.

    „Das wäre eine Möglichkeit. Die andere nehmen wir. Rommel ist da vor Ort und hat gemeint, so ein bisschen Knallerei von oben würde die ordentlich erschrecken. Jetzt schau ich ganz genau auf Fritz. Diesmal keine menschlichen Tricks, diesmal halten wir drauf. Das ist kein Spaß. Diesmal sind es richtig viele und die haben nichts anderes im Sinn als uns abzumurksen. Denkt an eure Familien zu Hause. Das sind die, die auch auf unsere Städte Bomben werfen. Nicht dieselben. Ihr wisst schon, was ich meine. Schonung wäre Selbstmord. Verstanden?"

    Fritz war gar nicht wohl. Aber da konnte man nicht aus. Man würde nicht nur sein Gesicht verlieren, sondern auch noch standrechtlich eliminiert. Scheißkrieg. Jetzt brauch' ich aber viel Bockfieber.

    „Abflug morgen 08 Uhr. Die ganze Staffel. Andere Jäger gibt’s hier nicht mehr. Bis dahin könnt ihr euch innerlich versammeln. Aber ohne Alkohol, damit das klar ist. Um eure Kommentare vorwegzunehmen, mein Grog ist kein Alkohol, das ist Medizin. Da gibt es absolut nichts zu grinsen. Haut ab."

    So ein langer Abend vor einem wirklichen Angriff ist keine gute Sache. Fritz ging alleine zum Strand, ein Bier hatte er dabei, war ja kein Alkohol, in Bayern, und eine frische Schachtel Zigaretten. Die Luft, die ein sanfter Abendwind vom Meer her trug, war weich, würzig und streichelte ihn zart und verführerisch. Sollte er sich jetzt solchen Gedanken hingeben oder war es besser, das Schöne mit dem Hässlichen nicht zu vermischen?

    „Ein Bier haben wir dabei. Aber Zigaretten haben wir vergessen. Ist da noch ein Plätzchen frei, werter Herr Jagdflieger?" Es waren Werner, Albi und Horst.

    „Was macht ihr denn? Links und rechts von mir, alles frei."

    „Bist mal lieber wieder alleine, oder Fritzchen? Wir halten auch die Klappe, wenn der Herr es wünschen."

    „Depp. Habt ihr die Amis aufgeklärt?"

    „Die alten Frömmler wollen doch nicht aufgeklärt werden. Die denken ja auch, dass der Liebe Gott die ganze Welt vor genau 4000 Jahren in sieben Tagen erschaffen hat."

    „Wirklich? Das denken die?"

    „Wenn's in der Bibel so steht, dann ist das so. Ist ja schließlich von ihm selbst. Und irren kann der ja nicht."

    „Da steht auch, dass man seine Feinde in Stücke schneiden darf, sagte Horst. „Komischer Gott.

    „Lass das nicht die Amis hören, sonst fallen die noch vom Glauben ab."

    „Ich will gar keine kennen lernen."

    „Jetzt gerade schon gar nicht, grunzte Werner. „Und ihr sollt denen morgen nach Hause leuchten?

    „Ein bisschen mithelfen, hat Jorne gesagt", meinte Fritz.

    „Der ist schwer in Ordnung, stimmt's?"

    „Ist er. Kann mir keinen Besseren vorstellen."

    Sie saßen einige Zeit schweigend da und schauten auf die kleinen Wellen, die lustig vor dem Strand umkippten, um den nächsten Platz zu machen.

    Fritz holte tief Luft. „Wisst ihr, dass weiter gefunkt wurde an die Engländer?"

    „Wie meinst du das?", fragte Horst.

    „Ein paar Tage, nachdem Ulrich weg war, ging es schon wieder los."

    „Woher willst du das wissen?", fragte Werner.

    „Der ist doch vom Geheimdienst, der Fritz", sagte Albi.

    „So ein Blödsinn, maulte Fritz. „Aber einer von denen hat mir das gesagt.

    „Und wer soll das sein? Dann war es vielleicht gar nicht Ulrich."

    „Doch, doch. Der war es schon."

    „Du weißt tatsächlich mehr, als du zugibst", sagte Albi.

    „Das würde mich schon interessieren, meinte Horst. „Das kann doch gar nicht sein, das alles. Woher wollen die das denn wissen?

    „Abhören und peilen, mein Gutester, sagte Albi. „Schon mal was davon gehört. Wenn das einer von uns ist, macht der das nicht lange. Ulrich war bestimmt raffinierter. Und jetzt ist er tot.

    „Die glauben sogar, dass er nicht tot ist", sagte Fritz.

    „Was? Wie bitte? Die spinnen, die Abwehrleute, brummte Werner. „Was meinst du dazu, Horsti? Du warst doch sein zweitbester Freund.

    „Ich war kein Freund von Ulrich. Wie kommst du denn auf so einen Blödsinn?"

    „Na, na, ereifere dich nicht, junger Mann. Klar hast du ihn gerne gehabt. Vielleicht sogar ein bisschen anders als wir alle. Könnte das sein?"

    „Das geht zu weit, Leutnant Baumann. Ich will das nicht hören. Wenn du weiter mit mir fliegen willst, dann nimm das zurück."

    „Als ob du eine Wahl hättest. Stell dich nicht so an. Ist alles gut bei uns aufgehoben. Noch'n Schluck?"

    „Ich geh' jetzt schlafen", sagte Fritz und stand auf.

    „Bist du jetzt auch eingeschnappt?"

    „Quatsch. Ich kenn' doch dein Schandmaul. Ich muss bloß morgen Amis abknallen."

    „Wärst mal lieber bei uns geblieben."

    „Nicht mehr zu ändern. Schlaft alle gut den Schlaf des Gerechten."

    „Gute Nacht, Fritzchen. Komm heile wieder."

    Das Frühstück bestand für Fritz aus einem Kaffee und zwei Zigaretten. Dann ging er noch schnell auf die Wüstentoilette und war beunruhigt, weil er keinen Erfolg hatte. Aber es würde ja nicht so lange dauern, bis er genug Zeit haben würde.

    Sie starteten in kurzen Abständen und formierten sich wie gewohnt zum doppelten Schwarm mit einer Maschine weniger. Toni war wie immer Fritz' Katschmarek.

    „Passt einmal auf. Ab jetzt gleich Funkstille, tönte Jornes Stimme durch den Kopfhörer. „Es gibt keine abgesprochene Taktik. Wir spielen Blitzkrieg. Das geht einfach so, dass ihr alles, was sich bewegt, abknallt. Gute Taktik, richtig? Ich meine, was sich am Boden bewegt. Flugzeuge erwarten die nicht. Wenn doch, erledigen das die Katschmareks. Alles klar? Ruhe jetzt.

    Sie bogen an der Stelle, an der es Jorne vormachte, nach Nordwesten ein und gingen auf 500 Meter herunter. Am Boden war einiges los. Lastwagen fuhren wahllos im Sandkasten, Spielzeugpanzer zuckten, an den Rohren kleine Rauchwölkchen ausstoßend und um alle gingen Sandfontänen hoch. Das waren also Amerikaner, von unseren Achtacht gekitzelt. Nun denn. Er ging bis auf hundert Meter hinunter, überflog die eigenen Leute und schoss dann einfach in kurzen Salven auf Fahrzeuge. Die Wirkung konnte er nicht sehen. Es war wie das Scheibenschießen in Fürth. Nur die Ziele waren beweglich. Aber was heißt schon Bewegung am Boden gegen die Geschwindigkeit des Flugzeugs. Er drehte nach rechts, flog etwas höher zurück und dann noch einmal an. Nichts mehr kam aus seinem Maschinengewehr. Also heim, oder wie war der Befehl? Funkstille hatte Jorne befohlen. Toni konnte er nicht sehen. Also selbstständig nach Hause.

    Wieder am Boden in den stillen Hügeln von Tabarca, ging er ein wenig verschwitzt zum Kasinozelt und traf schon Franz, Toni, Karl und Otto.

    „Die anderen kommen gleich, sagte Otto. „Ich war Hugos Katschmarek und der hat sich richtig ausgetobt. Habt ihr Feindflieger gesehen? Ich nicht.

    Toni schüttelte den Kopf.

    Fritz zündete sich schwer atmend eine Zigarette an und genoss den Kaffee. Erinnerungen überfielen ihn. Unangenehme Erinnerungen. Er, im Schützengraben mit den netten Kameraden vom Heer, wie er mit dem lächerlichen Gewehr auf die tieffliegende Hurricane schoss und was die angerichtet haben mit anderen Kameraden. Und er spürte den hässlichen Gestank und Lärm. Diesmal war es anders herum. Sah aus wie ein Kindergartenspiel. Er schüttelte sich.

    „Ist dir kalt?", fragte Otto, wurde aber unterbrochen, weil Jorne und Hugo auch heruntergekommen waren. Jorne sagte nichts, sondern ging schnellen Schrittes weiter zum Funkzelt. Anschließend sah man ihn zu den Technikern eilen.

    Als er wieder kam, rief er schon von Ferne. „Aufsitzen, Kameraden. Es geht noch einmal los."

    Fritz war wie vom Donner gerührt. Er musste jetzt dringend aufs Klo. „Hab ich noch Zeit zum Scheißen, Jorne?"

    „Du spinnst wohl. Das Vaterland ruft. Verkneif's dir. Abmarsch."

    „Voll getankt und Patronengurte frisch geladen, Herr Leutnant", meldete ein Soldat.

    „Danke, Obergefreiter."

    „Holm- und Leistenbruch", sagte der, nachdem er Fritz beim Anschnallen geholfen hatte. Der blöde Fallschirm drückte wie immer.

    „Danke." Den Klassiker hatte Fritz schon lange nicht mehr gehört. Der Obergefreite war schon älter.

    Verdammt heiß, seine arme Maschine. Aber das sollte sie schon können. Der Anflug war genauso wie am Morgen. Aber das Szenario war ein ganz anderes. Die deutschen Truppen, erkenntlich von oben an der Schussrichtung, hatten sich bereits weit in das Hochtal hineingearbeitet. Viele Gegenstände lagen still auf ihrem Weg. Weit hinten sah

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