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Lichtsturm IV: Das Bündnis
Lichtsturm IV: Das Bündnis
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eBook470 Seiten6 Stunden

Lichtsturm IV: Das Bündnis

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Über dieses E-Book

Die entscheidende Schlacht in einem uralten Krieg ist unausweichlich.
In der Anderswelt fordern Großmeister Geysbin und seine Gefolgsleute den machtsüchtigen Herrscher Sardrowain heraus.
Doch sie wissen, dass sie alleine niemals siegen werden. So versuchen sie ein Bündnis zu schmieden. Mit einem Volk, das die Alben mehr hasst als alles andere. Es lebt in ewiger Finsternis, tief unter der gläsernen Stadt. Ausgerechnet dort hofft Larinil ihren geliebten Andrar zu finden.
Und sie erkennt einmal mehr, dass die Wahrheit in diesem Kampf nicht nur ein Gesicht hat.
Mit "Lichtsturm IV - Das Bündnis" endet die Fantasythriller-Reihe.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum5. Juni 2019
ISBN9783748596356
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    Buchvorschau

    Lichtsturm IV - Mark Lanvall

    Bisher bei Lichtsturm:

    Ein blutiger Bürgerkrieg tobt in Lysin’Gwendain, der Anderswelt. Auf der Flucht vor den Truppen der siegreichen Neuen Herrscher folgen einige Hundert Alben dem legendären Großmeister Geysbin und dessen Tochter Larinil in die Welt der Menschen. Hoch oben in den Bergen errichten sie die weiße Festung Galandwyn. Doch die Hoffnung, hinter den hohen Mauern des Bollwerks sicher zu sein, erfüllt sich nicht. Denn den Herrschern Lysin’Gwendains reicht es nicht, ihre Gegner vertrieben zu haben. Sie wollen sie restlos vernichten. Darüber hinaus streben sie nach der Macht auch in der Menschenwelt.

    Und so stellen sie ein Heer aus Gorgoils und Pandrai auf - monströse Kreaturen, geschaffen aus den dunkelsten aller Kräfte. Dabei hilft ihnen der keltische Druidenhäuptling Bram, ein skrupelloser Mann, den die Gier nach Ruhm und einem ewig währenden Leben antreibt. Von den Albenherrschern erhält er als Lohn ein Elixier, das ihm erlaubt, sich immer und immer wieder zu verjüngen.

    Für Geysbin und die Alben Galandwyns beginnt nun der Kampf ums nackte Überleben. Unter großen Opfern gelingt es ihnen, einen Angriff der Gorgoils und Pandrai abzuwehren. Doch sie ahnen, dass der Krieg damit noch nicht entschieden ist. Sie fürchten, nicht ewig standhalten zu können und dass sie eines Tages vernichtend geschlagen werden könnten. Sollte das geschehen, wären beide Welten an die dunklen Herrscher verloren. Und so wirkt Großmeister Geysbin einen gewagten Zauber. In ferner Zukunft, so hofft er, kann er mit dessen Hilfe das Blatt doch noch zugunsten der Menschen und der Alben Galandwyns wenden.

    Geysbin wählt drei mutige Keltenkrieger aus. Tief ins Innere ihrer Körper setzt er einen magischen Keim. Einen, der Generationen überdauert und erst dann aufgehen soll, wenn die Zeit gekommen ist, in der die Menschheit der Bedrohung aus der Anderswelt entgegentritt. Wenn es so weit ist, so Geysbins Plan, verwandeln sich die Nachfahren der drei Krieger in mächtige Alben. Aufgabe dieser Verwandelten soll es sein, über die Menschen zu wachen. Jedem der drei Keltenkrieger schenkt Geysbin ein magisches Schwert, das in einem Stein im Knauf Erbe und Geheimnis seines Volkes trägt. Er soll den Nachfahren eines Tages die Kraft geben, ihre Bestimmung als Beschützer der Menschheit zu finden.

    Einer der drei Keltenkrieger ist Kellen, ein mutiger und neugieriger Dorfhäuptling, in den sich Larinil verliebt. Sie erleben gemeinsam leidenschaftliche Stunden. Überschattet werden diese von nagenden Zweifeln. Kann es eine Liebe zwischen einer Albin und einem Menschen geben? Darf es das?

    Bald aber müssen Kellen und die beiden anderen Krieger Galandwyn verlassen. Viele Jahre verstreichen, dann begeben sich Geysbin und Larinil schließlich in einen tiefen Schlaf im Inneren des Berges. Dort wollen sie Jahrhunderte überdauern - so lange, bis die Zeit gekommen ist, um den verwandelten Nachfahren der drei Krieger beizustehen, sie zu unterweisen und zu führen.

    Doch Geysbins Plan misslingt. Erst zwei Jahrtausende später erwachen Larinil und er wieder. In der langen Zeit hat der Großmeister das Gedächtnis und seine magischen Fähigkeiten eingebüßt. Noch schlimmer: In seiner Verwirrung löst er die Verwandlung Hunderter ahnungsloser Nachfahren der drei Kelten aus. Und es gibt zunächst nichts, was Geysbin und Larinil unternehmen können, um den Verwandelten zu helfen. Noch dazu finden sie sich in einer Welt wieder, in der es zwar keine finsteren Kreaturen mehr gibt, dafür aber technische Errungenschaften, die sich die Alben in ihren kühnsten Träumen nicht haben vorstellen können. Hilfe bekommen sie von der jungen Historikerin Natalie, die sich - fasziniert von Aussehen und mysteriösen Fähigkeiten der Alben - um Geysbin und seine Tochter kümmert.

    Einer, den der ungewollt entfachte Zauber des Großmeisters trifft, ist der frustrierte Ben. Er hat mit seiner adeligen Familie gebrochen und führt das zurückgezogene Leben als Aushilfe auf einem Campingplatz in der Nähe von München. Hin und wieder beteiligt er sich gemeinsam mit dem Hacker Maus und dessen Freundin Viktoria an gefährlichen Aktionen, die Betrüger und Volksverdummer im Internet bloßstellen. Die Verwandlung aber ändert sein inhaltloses Dasein. Während sie viele andere Menschen in Ratlosigkeit und Verzweiflung stürzt, gibt sie Ben dagegen neue Kraft. Er ordnet sein Leben, wird aber bald schon wieder auf die Probe gestellt. Rätselhafte Killer machen Jagd auf ihn, trachten ihm nach dem Leben. Ben erfährt, dass einige andere Verwandelte bereits getötet worden sind.

    Er ahnt nicht, dass der jetzt schon mehr als 2000 Jahre alte Druidenhäuptling Bram hinter den Angriffen steckt. Dieser hat seinen Zorn in all den Jahrhunderten nicht überwunden. Er erkennt in den Verwandelten die Erben der Galandwyn-Alben und damit seine erbitterten Feinde. Bram, der nun unter anderem Namen als Milliardär in London lebt, nimmt den uralten Kampf wieder auf - auch deshalb, weil er hofft, dass ihn die Herrscher der Anderswelt abermals mit einem Elixier dafür belohnen. Denn nach so langer Zeit geht sein Vorrat allmählich zur Neige.

    Die Bedrohung durch Bram und seine Killer bringt Ben, Maus und Viktoria mit Natalie und den beiden Alben aus der Vergangenheit zusammen. Um die Verwandelten zu finden und zu beschützen, gründen sie eine Stiftung. In einem abgelegenen Anwesen auf der Atlantikinsel Madeira weihen sie die neuen Alben in die Geheimnisse des Lichtvolkes ein und machen sie mit den übermenschlichen Kräften vertraut, die sie nun haben. Es ist ein Ort, an dem viele Verwandelte neuen Mut schöpfen. Denn Bram tut inzwischen alles, um unter den Menschen den Hass auf die spitzohrigen „Mutanten" zu schüren.

    Auf der Insel entdecken Ben und Natalie ihre Gefühle füreinander. Doch sie sind unsicher. Ben ist nun ein Albe, Natalie ein Mensch. Sie zögern, weil sie nicht wissen, ob das gut gehen kann. Larinil spürt, wie sehr diese Zweifel Ben daran hindern, seine albischen Kräfte zu entwickeln. Deshalb macht sie Natalie und Ben Mut, indem sie von ihrer Liebe zu Kellen erzählt. Denn nicht lange, nachdem der Keltenhäuptling Galandwyn verlassen hatte, war sie ihm in dessen Dorf gefolgt. Dort verbrachte sie mit ihm eine kurze, aber glückliche Zeit. Bald finden nun auch Natalie und Ben zueinander.

    Ohne, dass sie und die anderen auf Madeira davon wissen, schickt sich nun aber ein weiterer mächtiger Feind an, den uralten Krieg der Alben neu aufflammen zu lassen. In der Anderswelt spürt der dunkle Albenmeister Sardrowain, dass in der Welt der Menschen die Dinge in Bewegung geraten sind. Aus alten Schriften weiß er von Geysbins Plänen. Er fürchtet, dass der Großmeister wieder stark werden könnte. Und er wittert eine Gelegenheit, seinem träge gewordenen Volk endlich zur Herrschaft über beide Welten zu verhelfen. Denn über die Jahrhunderte hat sich in Lysin’Gwendain, der Anderswelt, vieles verändert. Die monsterhaften Gorgoils haben sich gegen ihre Schöpfer gewandt und nun verschanzen sich die Alben schon seit langer Zeit in einer silbernen Stadt hinter einer gewaltigen Mauer. Sardrowain glaubt, dass er diese neue Bedrohung durch Geysbin und die Menschen nutzen kann, um sein Volk dazu zu bringen, die Trägheit zu überwinden und beide Welten zu erobern.

    Zusammen mit dem jungen Offizier Andrar nimmt er einen Übergang, der ihn in die Welt der Menschen bringt. Dort nimmt er Kontakt zu Bram auf. In ihm findet er einen engen Verbündeten. Denn der ehemalige Druidenhäuptling, der nun den Namen Pieter van den Berg trägt, hat sich ein weiteres Mal verjüngt und dabei den letzten Schluck seines Elixiers verbraucht. Seine ganze Hoffnung ruht nun darauf, über Sardrowain eine weitere Flasche der magischen Substanz zu bekommen.

    Unterstützt von einer Söldnertruppe van den Bergs greift Sardrowain die Stiftung auf Madeira an. Er entfacht einen Lichtsturm, den Larinil und Ben nur mit großer Mühe abwehren können. Die Alben der Stiftung überwinden die Angreifer - auch deshalb, weil der Offizier Andrar zu ihnen überläuft. Ernüchtert von der Skrupellosigkeit und Ehrlosigkeit des dunklen Meisters verrät er diesen und schließt sich Geysbin und Larinil an.

    Sardrowain muss zurück in die Anderswelt fliehen. Es gelingt ihm aber dabei, einen der Verwandelten zu entführen, den ehemaligen Automechaniker Timo Hemander. Der Österreicher ist vom Leben enttäuscht, weil ihn Menschen, die ihm früher nahestanden, als Alben haben fallen lassen. Ein ehemaliger Arbeitskollege hat sogar versucht, ihn zu töten. Sardrowain glaubt nun, dass er Timos Zorn nutzen kann, um ihn für sich zu gewinnen. Denn seine Pläne, die beiden Welten zu erobern, will er noch immer nicht aufgeben.

    Noch einmal konnten sich Larinil, Ben und die anderen also gegen ihre Feinde behaupten. Sie ahnen aber, dass van den Berg und Sardrowain sich noch nicht geschlagen gegeben haben. Ihnen ist klar, dass sie Geysbins verlorene Kräfte brauchen werden, um gegen sie bestehen zu können. Maus und Viktoria suchen deshalb fieberhaft nach einem der drei Albenschwerter, die Geysbin vor langer Zeit Kellen und den beiden anderen Keltenkriegern gegeben hat. Larinil ist davon überzeugt, dass die Steine in den Griffen der Waffen die Macht haben, ihrem Vater Erinnerungen und Kräfte zurückzugeben. Eine Spur führt ins Dahner Felsenland, wo eines der Schwerter vergraben sein soll. Doch Maus und Viktoria suchen dort vergeblich.

    In der Anderswelt setzt Sardrowain unterdessen alles daran, die drei Herrscher zu überzeugen, nun zum Krieg gegen Gorgoils und Menschen zu rüsten. Vergeblich. Doch bald spielt ihm das Schicksal in die Hände. In den Wirren einer Intrige ergreift er die Macht und besteigt selbst einen der drei Herrscherthrone. Er verliert keine Zeit und beginnt, ein Heer aufzustellen und seine Truppen gegen die Gorgoils in den Krieg zu schicken. Auch die Menschenwelt behält er weiter im Blick. In Timo hat er sich nicht getäuscht. Der ist inzwischen zu seinem treuen Gefolgsmann geworden. Mit ihm hat er große Pläne. Timo soll weitere Verwandelte finden und sie auf den Kampf an Sardrowains Seite vorbereiten.

    Ben, Larinil, Geysbin, Natalie, Maus und Viktoria ziehen sich nun gemeinsam mit einigen Hundert Verwandelten in eine Anlage in den Bergen Neuseelands zurück. Dort bereiten sie sich auf den Kampf gegen Sardrowain und dessen Handlanger van den Berg vor. Larinil verfällt dort dem Charme Andrars, den sie für seinen Mut, sich gegen Sardrowain zu stellen, bewundert. Allerdings stürzen diese Gefühle die Albenkriegerin in innere Kämpfe. Noch immer fühlt sie sich Kellen tief verbunden, obwohl es schon Jahrhunderte her ist, dass dieser im siegreichen Kampf gegen die Pandrai gefallen ist. Sie liebt Andrar, bleibt aber auf Distanz zu ihm.

    Schließlich landet Maus einen genialen Coup, der zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: Er entlarvt van den Berg alias Bram öffentlich als Auftraggeber mehrerer Morde und bringt ihn damit in große Schwierigkeiten. Gleichzeitig zweigt er aus dessen Vermögen mehrere Millionen Euro ab - nicht nur, um ihn zu schwächen. Maus und seine Freunde brauchen das Geld, um eines der drei Albenschwerter zu kaufen. Denn tatsächlich hat nun Bens überheblicher Onkel Vinzenz eines aufgetrieben und bietet es für eine unverschämte Summe zum Kauf an.

    Das Geschäft klappt. Larinil nimmt das Schwert an sich und reist zusammen mit ihrem Vater und Natalie in das unterirdische Heiligtum der alten Bergfestung Galandwyn. Dort wagt sie einen gefährlichen Zauber, der Geysbin Erinnerung und Kräfte zurückgeben soll. Um Haaresbreite scheitert sie. Dann aber eilt ihr überraschend Gintwain zur Hilfe. Der alte Albe kämpfte schon in der Schlacht um die weiße Festung an ihrer Seite. Er war es, der die Alben Galandwyns später zurück in die Anderswelt führte, wo er nun als Großmeister die Feinde der drei Herrscher anführt. Auch Gintwain ist in die Menschenwelt gekommen, um Geysbin und Larinil zu finden. Ihm und der Albin gelingt es, Geysbin zu heilen.

    In München spüren Ben und Andrar inzwischen ihren Widersacher van den Berg auf. In einem Verlagsgebäude laufen sie ihm allerdings in die Falle. Bedrängt von Söldnern und Kriegern der Anderswelt, überwältigt Andrar nun plötzlich Ben. Er gibt vor, noch immer ein treu ergebener Soldat Sardrowains zu sein, der sich mit einem geheimen Auftrag ins Lager der Feinde eingeschlichen hat. Ben wird unter Drogen gesetzt und in einem Kellerraum gefangen gehalten. Er bekommt nur Bruchstücke davon mit, was weiter geschieht. Jemand flüstert ihm den Namen der Stadt Frankfurt ins Ohr. Viele Stunden später finden ihn Larinil, Geysbin, Gintwain und Natalie unversehrt im Verlagsgebäude - neben der Leiche des erschossenen Pieter van den Berg. Von Andrar fehlt jede Spur. Hat er ein weiteres Mal die Seite gewechselt? Ist er in die Anderswelt geflohen? Larinil allerdings weigert sich, an Andrars Verrat zu glauben. Sie fürchtet stattdessen, dass er in großer Gefahr schwebt.

    Aber um ihn zu suchen, bleibt keine Zeit. Geysbin und sie sind überzeugt davon, dass Sardrowain vorhat, in Frankfurt einen verheerenden Lichtsturm zu entfachen - offenbar, um seine Macht zu zeigen und den Willen der Menschen zu brechen.

    Sie täuschen sich nicht. Ben, Larinil, Geysbin und Gintwain laufen in der Metropole am Main allerdings in eine weitere Falle. Sie können nicht verhindern, dass Sardrowain den Sturm entfacht. Hochhäuser werden zerstört, Menschen getötet. Es gelingt ihnen aber dann doch noch, den Lichtsturm auszulöschen und damit Schlimmeres zu verhindern. Dabei steht ihnen überraschend der tot geglaubte Kellen bei. Der Keltenhäuptling ist, seitdem er im Kampf gefallen ist, kein Mensch mehr. Er offenbart Larinil, dass er als konturloses Lichtwesen seit Jahrhunderten über sie und ihre gemeinsamen Nachfahren wacht. Denn Larinil und er hatten eine Tochter. Schon länger ahnt die Albin, dass Ben von ihr abstammt und dass das seine außergewöhnlichen Kräfte erklärt.

    Larinil, Ben, Natalie, Geysbin ist nun klar, dass ein Krieg unausweichlich ist und dass sie Sardrowain in der Anderswelt entgegentreten müssen. Sie und Hunderte Verwandelte begeben sich dorthin, um sich Gintwains Kriegern und den mit ihnen verbündeten Gorgoils anzuschließen. Larinil macht sich auf die Suche nach Andrar.

    Allein Maus und Viktoria bleiben in der Welt der Menschen zurück.

    Die Neue

    „Deplatziert" war das Wort, das ihm dazu einfiel. Er war hier völlig deplatziert. Absolut falsch. Das Ambiente war lausig, die Leute eine Zumutung und überhaupt: Er musste warten! Er hätte nicht hierherkommen sollen.

    Zwei Geschäftsfreunde hatten ihm Sven Werrn alias „Maus empfohlen, den IT-Profi. Ein schräger Typ, aber einer, der sich um die ständigen Hacker-Attacken auf das Netzwerk seiner Firma kümmern konnte. Der Beste, der in München für Geld zu haben war, hatten sie gesagt. Eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Na, wenn das so war, dann wollte er mal nicht so sein, hatte deshalb sogar einem Treffen in Werrns Büro zugestimmt. Ausnahmsweise. Dienstleister sollten sonst gefälligst zu ihm kommen, wenn sie schon sein Geld wollten. Aber das hier war erniedrigend. Ihn warten zu lassen, eine Zumutung. Zeit war schließlich Geld. Hatte dieser so genannte „IT-Profi davon etwa noch nie was gehört?

    Geschlagene 17 Minuten war es nun schon her, dass er dieses Büro betreten hatte. Direkt am Eingang war ein unbesetzter Tresen, der auch auf dem Sperrmüll nicht weiter aufgefallen wäre. So einer, wie sie früher in billigen Kassenarztpraxen herumgestanden waren. „Bitte nehmen Sie Platz! Wir kümmern uns sofort um Sie", war auf einem Schild aus Pappedeckel zu lesen. Wie respektlos! Und jetzt wartete er in diesem fensterlosen, schlauchförmigen Flur. An den Wänden standen mehrere durchsichtige Plexiglas-Stühle. Ihr Design war futuristisch und sie waren absolut unbequem. Er versuchte schon seit einer gefühlten Ewigkeit vergeblich, sich in eine erträgliche Sitzposition zu bringen. Dabei starrte er mangels einer Alternative auf die gegenüberliegende Wand. Sie war vollgepflastert mit gerahmten Filmplakaten. Matrix, Star Wars, Herr der Ringe und noch ein paar andere, von denen er noch nie etwas gehört hatte. Für so einen albernen Unsinn hatte er weder Zeit noch Nerven.

    Der Gipfel der Geschmacklosigkeit: In der Ecke stand doch tatsächlich eine überlebensgroße Ritterfigur oder so etwas Ähnliches. Ein gewaltiger Helm, die Rüstung war verziert mit knallroten Drachenmotiven, am Gürtel hing eine Streitaxt. Vielleicht die Figur aus irgendeinem dieser dämlichen Computerspiele, mit denen viele Leute der so genannten sozial schwächeren Klassen ihre wertvolle Zeit verplemperten.

    Er räusperte sich laut vernehmlich, strich sich einen Fussel vom Revers seines anthrazitfarbenen Designer-Anzugs, verfolgte seinen Fall hinab auf den leuchtend bunten Teppichboden. Das Muster hatte bei ihm schon beim Eintreten einen Anfall von Übelkeit ausgelöst. Es bestand aus unzähligen grünen, gelben und grauen 3-D-Würfeln - wie bei einem Kinderzimmerteppich. Wo war er hier nur gelandet?

    Er sollte verschwinden. Sofort. Aber diese Leute! Man durfte ihnen gegenüber nicht klein beigeben. Man musste ihnen zeigen, wer in diesem Land noch immer die Hosen anhatte. Nein, er würde nicht gehen. Mochten sie ihn auch noch so unverschämt ... ignorieren.

    Da war dieser hagere, unrasierte Kerl in der abgewetzten Lederjacke, der vor den Stühlen ruhelos auf- und abwanderte. Ein Mensch, der es nie im Leben zu etwas bringen würde. So etwas konnte er mit einem Blick erkennen. Aber immerhin ein Mensch! Auf die beiden Frauen, die ebenfalls - natürlich ein paar Stühle von ihm entfernt - im Raum saßen, traf das ganz sicher nicht zu. Sie trugen alte, schmutzige Klamotten, weite Röcke, eine dunkle Strickjacke die eine, eine Jeansweste die andere. Ihre Haare und Ohren waren unter bunten Tüchern verdeckt, die sie sich wie schlecht gebundene Turbane um den Kopf gewickelt hatten. Ihre Bewegungen waren fahrig, ihre Blicke, soweit das hinter den dunklen Sonnenbrillen überhaupt erkennbar war, misstrauisch, ausweichend. Eine der Frauen hatte die Arme eng um ihren Oberkörper geschlungen, so als würde sie frieren.

    Sie waren Mutanten. Daran gab es gar keinen Zweifel. Ihn konnten sie mit ihrer Verkleidung nicht täuschen. Und auch nicht mit ihrem harmlosen Getue. Er wusste Bescheid über diese Missgeburten. Und auch darüber, was sie vorhatten.

    An ihm würden sie sich aber die Zähne ausbeißen. Er war ein Mann, der die Dinge anpackte. Er hatte sein Geschäft nicht in all den Jahren aufgebaut, um es sich von hässlichen Kreaturen abluchsen zu lassen - nur weil die eine Laune der Natur vielleicht ein bisschen kräftiger gemacht hat als hart arbeitende Menschen wie ihn. Das war nicht richtig und er würde sich das nicht gefallen lassen. Vielleicht war das ja jetzt die Gelegenheit, mal einen Punkt zu machen. Denn sonst hatte er mit diesem Pack ja nicht wirklich was zu tun. Es hieß ja auch, dass sich die Mutanten versteckten, um dann aus dem Verborgenen zuzuschlagen.

    Zuschlagen? Er wünschte, er hätte eine Waffe dabei. Nur sicherheitshalber natürlich. Sein Blick wanderte zur Streitaxt am Gürtel der Kriegerfigur in der Ecke. Sie sah solide aus. Gefährlich. Verlockend. Vermutlich würde ihm sogar niemand ernsthaft übel nehmen, wenn er einfach ... Schließlich waren die Mutanten ja keine Menschen. Das hatte er in dem Buch gelesen. Jeder hasste sie. Wahrscheinlich könnte er rein rechtlich dafür nicht einmal belangt werden. Und es war ja schließlich auch so etwas wie Selbstverteidigung. Er musste grinsen, fühlte sich irgendwie besser - schon allein bei dem bloßen Gedanken daran, mit der Streitaxt klare Fakten zu schaffen - wenigstens hier in diesem armseligen Flur.

    Die Tür ins angrenzende Büro ging auf und ein dicklicher Kerl im hellgrauen Hoodie blickte erstaunt in den Raum, seine jungenhaften Augen erfassten die Szene und es war offensichtlich, dass ihnen nicht gefiel, was sie da sahen. Das musste Sven Werrn sein, dachte er und fragte sich gleichzeitig, woher der Kerl nur diese Arroganz nahm, jetzt einfach so aufzutauchen, nachdem er ihn minutenlang hatte warten lassen. Und was zum Teufel hatte er mit diesen Mutanten-Frauen zu schaffen?

    „Herr Werrn, nehme ich an, sagte er schnell und erhob sich betont gelassen. „Endlich. Kein Grund, sich kleiner zu machen als notwendig. Sollten alle ruhig merken, mit wem sie es hier zu tun hatten. Und dass mit ihm nicht zu spaßen war.

    Werrn ging auf ihn zu, streckte ihm die Hand entgegen, behielt aber dabei den abgewetzten Kerl im Auge. Und die Mutanten-Frauen. Er griff zu, fest natürlich. Jemand wie er packte immer fest zu. Das zeigte Stärke.

    „Hallo. Tut mir leid", sagte der IT-Mann.

    Er schaute demonstrativ auf die Uhr, ignorierte die Entschuldigung und sagte: „Kommen wir gleich zur Sache, Herr Werrn. Meine Zeit ist kostbar. In ihr Büro?"

    „Ja bitte. Gehen Sie schon vor! Ich bin in wenigen Minuten bei Ihnen." Wieder sah er zu dem hageren Typen und den beiden Mutanten. War das sein Ernst? Noch mal warten? Eine Frechheit!

    „Herr Werrn. Wenn wir ins Geschäft kommen wollen - und es ist ein lohnendes Geschäft für Sie, das kann ich Ihnen versichern - dann reden wir jetzt. Unverzüglich." Er sagte das mit allem gebotenen Nachdruck. Sollten ruhig alle den Ernst der Lage erkennen.

    Als Werrn nicht wie gewünscht mit Demut reagierte, setzte er grimmig nach: Sagen Sie, Herr Werrn. Wo bin ich hier eigentlich? In einem Büro für IT-Sicherheit? Oder in einem Kuriositäten-Kabinett? Er freute sich über die spitzfindige Frage und musste lächeln. „Lebende Kuriositäten inklusive. Sein abfälliger Blick fiel auf die beiden Mutanten. „Ich habe jedenfalls immer mehr das starke Gefühl, hier falsch zu sein.

    Werrn blickte ihn an. Seine Miene hatte sich schlagartig deutlich verfinstert. Das zuvor noch ansatzweise erkennbare Bedauern war verschwunden. Seine Augen fixierten ihn entschlossen.

    „Was das angeht, bin ich völlig bei Ihnen. Rein gefühlsmäßig, sagte Werrn dann hart. „Ja, Sie sind hier tatsächlich falsch. Auf Wiedersehen!

    Frechheit. Eine unglaubliche Unverschämtheit war das! Sein Blick raste zur Streitaxt.

    „Gefällt er Ihnen, mein Typhoon Warrior? Habe ich mir aus Japan liefern lassen. Kaum zu glauben, aber er ist aus federleichtem Kunststoff. Sogar die Axt sieht täuschend echt aus, nicht wahr?"

    Dann eben nicht. Er schnaubte, funkelte Werrn wütend an. Nun, es gab andere IT-Experten. Solche, die sich nicht mit diesem Mutantenpack einließen. Werrn würde schon sehen, was er davon hatte. Er machte auf dem Absatz kehrt und verließ mit schnellen, entschlossenen Schritten den Raum, das Gebäude. Sekunden später saß er in seinem Porsche-SUV und raste davon. Er hatte genug Zeit verschwendet.

    Na ganz fantastisch, dachte Maus und funkelte Edwin Gerstner, den hageren Kerl in der Lederjacke vorwurfsvoll an. Dieser Vollpfosten!

    „Mann, Edwin. Wir können unsere Treffen auch gleich im Web streamen. Was genau an den Vokabeln 'heimlich' und 'unauffällig' kapierst du eigentlich nicht?"

    Gerstner hob abwehrend die Hände. „Hatte keine Ahnung, dass du Kundschaft hast. Konnte ich ja nicht wissen."

    „Nein, konntest du nicht. Deshalb hab ich mir auch eine ausgeklügelte Codiersoftware einfallen lassen, über die wir sorglos miteinander solche Sachen absprechen können. Verdammte Axt!"

    Der Fluch musste raus. Auch wenn Maus wusste, dass solche Verbalscharmützel den beiden verwandelten Albinnen, die ihm Edwin gebracht hatte, jetzt und hier nicht wirklich halfen. Die waren vermutlich auch ohne seine Kraftausdrücke ängstlich und verunsichert genug.

    „Sorry, Maus. Ich pass künftig besser auf. Aber mach dir keinen Hals. Ich kenne Typen wie den. Eigentlich richtig armselige Wichte. Haben es trotzdem zu was gebracht und sind jetzt so kotzarrogant, dass sie keine Chance auslassen, ihren tief sitzenden Frust auf all die herabrieseln zu lassen, die sie für unwürdig halten oder so."

    „Aha, brummte Maus. „Hatte ja keine Ahnung, dass du jetzt auch noch was von Psychologie verstehst, Professor Edwin.

    „Mach dich locker, Maus! Der verpfeift uns nicht. Mit Behörden haben es solche Leute nicht so. Haben selber genug Dreck am Stecken."

    Maus antwortet nicht. In dem Punkt hatte Edwin vermutlich sogar recht. Die meisten Leute hielten sich tatsächlich gerne raus, fanden es sehr bequem, dass sich die Behörden um die Verwandelten kümmerten, inzwischen regelrecht Jagd auf sie machten. Spitzohren war es verboten, den Wohnort zu verlassen und Sonnenbrillen zu tragen. Viele wanderten beim geringsten Verdacht auf subversive Umtriebe auch gerne mal vorsorglich in den Knast. Seit Sardrowains Lichtsturm-Anschlag in Frankfurt hatten die Menschen Angst. Klar. Da verließ man sich schon lieber auf die Regierung und redete sich ein, dass es schon in Ordnung sei, was sie mit diesen seltsamen Mutanten anstellte.

    Maus zog seinen Geldbeutel aus der Tasche, kramte zwei Scheine heraus und drückte sie Edwin in die Hand.

    Der warf einen schnellen Blick auf das Geld und sah Maus dann mit einem frechen Blick an.

    „Hatten wir nicht 500 gesagt?"

    „Hatten wir nicht, protestierte Maus und ahnte gleichzeitig, dass er in dieser Diskussion den Kürzeren ziehen würde. Leider war er auf Ganoven wie Edwin angewiesen. Er konnte ja schließlich keine Kleinanzeige aufgeben. „Verwandelte gesucht. Biete Fluchtmöglichkeit in die Anderswelt. Wer von den Verwandelten abgetaucht war, der wollte es für gewöhnlich dabei auch belassen.

    „Hey, Maus. Das Risiko ist gestiegen. Du hast doch selbst eben gesagt: Wir müssen besser aufpassen."

    Maus kramte zwei 50er aus dem Geldbeutel und gab sie Edwin.

    „Deute das jetzt aber bloß nicht als Zeichen von Schwäche, Alter. Ich bin nicht der Einzige von uns beiden, der viel zu verlieren hat. Bau noch einmal so einen Mist und du bist raus. Verstanden?"

    „Alles klar, Maus. Bin ja kein Vollidiot. Grinsend tippte er sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. „Bis zur nächsten Lieferung. Dann machte er sich davon.

    Maus blieb dabei: ein Vollpfosten. Aber er hatte es ja nicht anders gewollt. Viktoria und er hätten es sich in der Karibik bequem machen können, hätten all den Albenkram, Sardrowain, den Lichtsturm in Frankfurt und den Krieg in der Anderswelt vergessen können - bei Mai Tais und exotischen Sandwiches. Eine nach wie vor verlockende Vorstellung, dachte Maus. Hätte aber natürlich nicht funktioniert. Ben, Natalie, Larinil, Geysbin und die anderen waren nun mal da draußen - an vorderster Front sozusagen. Sie hatten keine Wahl. Sie mussten kämpfen. Maus und Viktoria konnten sie unmöglich einfach im Stich lassen. Das war undenkbar.

    Acht Wochen war es jetzt schon her, dass ihre Freunde mit ein paar Hundert Verwandelten in die Anderswelt verschwunden waren. Natalie allerdings war schon kurz darauf wieder in München aufgetaucht, hatte Maus angefunkt, ihm berichtet, dass in der Anderswelt alles so weit ganz gut laufen würde. Aber natürlich war sie nicht zum Plaudern gekommen. Sie stellte auch die eine Frage, die sie gar nicht hätte stellen müssen. Denn natürlich waren Viktoria und er bereit, weiter nach Verwandelten zu suchen, nach Alben, die vor der Verfolgung fliehen wollten - und verzweifelt genug waren, mit in die Anderswelt zu gehen.

    Maus war dabei natürlich klar, dass Zeit ein kritischer Faktor war. Sardrowain war glücklicherweise gerade im Nachteil. Er hatte mit van den Berg seinen besten Kontakt in die Welt der Menschen verloren und war deshalb im Moment wohl kaum in der Lage, weitere Verwandelte zu rekrutieren. Maus musste deshalb versuchen, so viele wie möglich vor ihm zu „erwischen - und zwar schnell. Was nicht so einfach war. Denn schließlich musste er sich jetzt nicht mehr nur vor potenziellen Sardrowain-Lakaien in Acht nehmen, sondern vor allem auch vor den Behörden. Die Hatz auf „Gefährder, zu denen neuerdings alle zählten, deren Ohren spitz waren, hatte groteske Züge angenommen. Solche, die an Zeiten erinnerten, von denen Maus bis vor Kurzem gedacht hatte, dass zivilisierte Europäer sie überwunden hätten.

    Edwin mochte ein übler Kerl sein. Aber er war verdammt gut als Spürhund. Er holte Verwandelte aus den Löchern, in die sie sich verkrochen hatten. Wenn auch gelegentlich mit Methoden, die Maus zum Kotzen fand.

    „Was wollen Sie von uns? Was müssen wir für Sie tun? Die Stimme der Frau bebte, während sie das sagte. „Was auch immer es ist. Ihnen sollte klar sein, dass wir bei den Behörden nicht als Mutierte gemeldet sind. Das heißt, die Cops stecken uns schneller ins Gefängnis als wir ‚Wir haben nichts getan‘ sagen können. Aber ich schätze, das wissen Sie.

    Die Sonnenbrille auf ihrer Nase war in Schieflage geraten, was unter dem grellgelben Turban grotesk, beinahe lustig aussah. Maus allerdings war nicht zum Lachen zumute.

    „Hat er das getan?, fragte er. „Hat Edwin gesagt, er würde Sie verpfeifen, wenn Sie nicht mit ihm kämen?

    Die beiden Frauen nickten. Die mit dem gelben Turban um Nuancen energischer als die andere, die sich sonst nur schweigend in ihren Sitz kauerte. Auch sie war mit einer Sonnenbrille maskiert. Und mit einem dunkelblau und grün gestreiften Wickeltuch um den Kopf herum, was auch nicht eben elegant wirkte.

    „Also sagen Sie uns, was wir tun sollen!, sagte die Energischere mit dem gelben Turban. „Etwas, dass nur wir Mutierte tun können, vermute ich mal. Ist es illegal? Kein Problem. Wir stehen ohnehin schon abseits aller Gesetze. Ob wir das nun wollen oder nicht. Sie lächelte bitter. „Ich bin eigentlich Astrophysikerin, Silke Grundschullehrerin. Es sind aber wohl kaum unsere beruflichen Fähigkeiten, auf die Sie aus sind, oder?"

    „Ihr wollt wissen, was Ihr für uns tun könnt? Entspannt Euch erst mal! Viktoria. Sie war urplötzlich im Türrahmen erschienen, blickte die Neuankömmlinge mit ihren großen, wachen Augen durch die altmodische Hornbrille an, was irgendwie einnehmend wirkte. Jedenfalls kam es Maus so vor, was möglicherweise auch daran lag, dass er Viktoria seit Jahren hoffnungslos verfallen war. Denn „einnehmend war ein Attribut, dass außer ihm die wenigsten mit seiner Freundin in Verbindung brachten. Schließlich war sie nicht gerade für ihr diplomatisches Geschick berühmt. Eher für herbe Spitzen und Frotzeleien.

    Diesmal allerdings schien sie den richtigen Ton getroffen zu haben. Die Astrophysikerin jedenfalls nahm ihre Sonnenbrille ab und sah Viktoria neugierig an. Die Iris ihrer Augen war hellbraun, beinahe orangefarben. Selbst für albische Verhältnisse war das ungewöhnlich. Auf Maus wirkte die Verwandelte auf den ersten Blick wie eine Puppe, der man zwei Ovale aus Bernstein eingepflanzt hatte. Dabei hatte ihr Gesicht bei näherer Betrachtung nicht wirklich etwas von einer Puppe. Es war markant, mit kantigen Zügen und einer ausgeprägten Nase - nicht hässlich, aber eben auch nicht liebreizend. Es gehörte einer Frau, die unter normalen Umständen wohl genau wusste, was sie wollte. Aber die Umstände waren nicht normal, sondern meilenweit davon entfernt.

    „Wir haben euch nicht geholt, um euch auszunutzen, sagte Viktoria. „Wir wollen euch helfen, haben ein paar Antworten für euch und geben euch nebenbei die Chance, aus dem Schlamassel hier zu verschwinden. Wenn ihr darauf Bock habt, natürlich nur.

    „Ja, bestätigte Maus. „Wobei wir nicht ernsthaft versprechen können, dass euch in allen Details gefällt, was wir anzubieten haben.

    Die Astrophysikerin mit den hellbraunen Augen und dem grellgelben Turban sagte einen Moment lang gar nichts. Ihr Blick wanderte ein paarmal zwischen Viktoria und Maus hin und her. Allerdings schien sie sich tatsächlich ein wenig entspannt zu haben - anders als die immer noch vor sich hinbibbernde Frau namens Silke neben ihr.

    „Ich bin übrigens Kristin, sagte sie dann. „Und ihr habt meine volle Aufmerksamkeit.

    Kristin glaubte an die Gravitationsgesetze, an den Durchbruch der Quantenfeldtheorie, meinetwegen auch an dunkele Materie und die Krümmung von Raum und Zeit. Das, was sie dagegen in den letzten Stunden von Maus und Viktoria gehört hatte, war verglichen damit absurd. Nein, es wäre absurd gewesen, wenn nicht trotzdem so vieles dafür gesprochen hätte. Das Lichtvolk der Alben. Ein steinalter Verwandlungszauber. Ein mystischer Krieg, der noch immer andauerte. Die Anderswelt. Aber halt! An dieser Stelle hatte Kristin nun aber wirklich Bauchschmerzen. Denn was bitte sollte das sein? Rein wissenschaftlich betrachtet. Eine der zusätzlichen Dimensionen, von der die Superstring-Theorie ausgeht? Eine, die sich den Menschen bisher nur noch nicht erschlossen hatte, weil sie nicht wahrnehmbar war? Oder sogar ein waschechtes Paralleluniversum? Kristin kannte natürlich die „Viele-Welten-Interpretation" der Quantenmechanik. Sie sagte aus, dass alle möglichen Vergangenheiten und Zukünfte ein real existierendes Universum darstellten. Die Star-Trek-Macher hatten sich aus dieser Theorie mehr als einmal bedient. Hatten die Alben ernsthaft den Zugang zu einer parallelen Welt entdeckt?

    Unmöglich! Das waren wilde Fantastereien, mit denen Kristins bodenständiger Geist noch nie etwas hatte anfangen können.

    Nein, es gab eine Erklärung für die Anderswelt, wie für alles andere auch. Vielleicht eine, die dem, was Kristin passiert war, sogar einen Sinn geben konnte.

    Vor weniger als zwei Jahren war sie noch ein normaler Mensch gewesen, hatte einen vernünftig bezahlten Job an der Technischen Universität, eine Mitgliedschaft im Fitness-Klub um die Ecke und Karl, von dem sie damals noch geglaubt hatte, sie würde ihn sehr bald heiraten. Karl war inzwischen Geschichte, ebenso wie alles andere in ihrem Leben. Jetzt hatte sie spitze Ohren, helle Augen, konnte rennen wie eine Gazelle und stand unter Terror-Generalverdacht. Das vorsichtige Misstrauen, mit dem die Normalos anfangs den Mutanten begegnet waren, hatte Kristin ja noch einigermaßen nachvollziehen können. Jetzt allerdings taten alle so, als hätte jedes Spitzohr höchstpersönlich die Bombe in Frankfurt gezündet - oder was auch immer das war, was die halbe Innenstadt in Schutt und Asche gelegt hatte. Dabei war Kristin seit 15 Jahren nicht mehr in Frankfurt gewesen. Sie interessierte sich für Umlaufbahnen, Raketenstarts, Schwarze Löcher und Neutronen-Sterne. Nicht für Politik und schon gar nicht für Weltverschwörungen. Im Übrigen auch nicht für Fabelwesen. Scheiße. Sie war eines. Eine Albin. Ein Lichtwesen mit angeblich magischen Kräften.

    Aber immerhin wusste sie das jetzt. Das war doch etwas, womit man arbeiten konnte. Es half Kristin. Bei Silke allerdings hatte auch das keinen Unterschied gemacht. Ihre Begleiterin war psychisch völlig am Ende. Auch nachdem Maus und Viktoria mit ihren Erläuterungen fertig waren über das Albendasein im Allgemeinen und die Reise in die Anderswelt im Speziellen, hatte das bei der stillen, zierlichen Frau wenig ausgelöst. Nur mit Mühe war sie dazu zu bewegen gewesen, ihr Tuch und ihre Sonnenbrille abzunehmen. Silke war vielleicht mal eine gute Lehrerin gewesen. Jetzt aber fehlte ihr die Sicherheit einer vertrauten Welt. Grübelnd spielte sie immer wieder an ihren dünnen, blonden Haaren herum, massierte die Wangen ihres beinahe kindlich wirkenden Gesichtes, und schien kaum noch zu verfolgen, was um sie herum passierte. Auch die unglaublichste Erkenntnis hatte offenbar keinerlei Bedeutung für sie, solange es keinen Rückwärtsgang gab, der sie in ihr altes Leben brachte. Silke würde trotzdem in die Anderswelt mitkommen. Da war sich Kristin so gut wie sicher. Denn das Schicksal hatte sie zur teilnahmslosen Mitläuferin gemacht. Um mehr zu sein, hatte sie wohl keine Kraft mehr.

    Und dass sie in die andere Welt gehen würden, das stand für Kristin fest - trotz Viktorias sicher nett gemeinter Warnung: „Es gibt dort weder Shopping-Zentren noch freies WLAN, dafür zwei Meter große Monster und es wird an allen Ecken und Enden gekämpft. Eigentlich eine ziemlich beschissene Wahl."

    „Aber, hatte Maus betont und seiner Freundin dabei einen strafenden Blick zugeworfen. „Ihr werdet dort immerhin nicht eingesperrt, nur weil ihr spitze Ohren habt. Alben, die älter sind als das Kolosseum von Rom, werden sich dort um euch kümmern. Und: In der Anderswelt gibt es viele Verwandelte, die Ähnliches mitgemacht haben wie ihr.

    „Es ist allein eure Entscheidung, hatte Viktoria ergänzt. „Ich würde es jedenfalls machen, wenn ich eine Albin wäre.

    Gute Argumente, fand Kristin. Vor allem der Aspekt mit dem Nicht-Eingesperrt-Werden gefiel ihr. Außerdem war sie neugierig. Eine fremde Welt, von der Wissenschaft noch völlig unerforscht? War es nicht das, wofür sie vor langer Zeit Astrophysikerin geworden war? Was hatte sie also schon zu verlieren?

    Im Moment allerdings sah es hier so gar nicht nach Abenteuer aus. Maus und Viktoria hatten sie in den Münchner Norden gebracht. Jetzt stapften sie mitten in der Nacht durch das finstere Dickicht der Isar-Auen, stolperten über Wurzeln, passierten stinkende Ecken, in denen sich Besoffene offenbar erleichtert hatten. Und dann, nach einer gefühlten Ewigkeit verkündete Maus plötzlich: „Wir sind da."

    „Wir sind ... wo?", blaffte Kristin genervt zurück und zupfte sich den bescheuerten Turban zurecht, unter dem sie ihre Ohren wieder einmal versteckte. War sie vielleicht am Ende doch einem durchgeknallten Sektarier auf den Leim gegangen? Alben. Die Anderswelt. Wie angenehm wissenschaftlich war es dagegen, ein Mutant zu sein. Aber dann passierte etwas, das ihre Zweifel auf Schlag in Luft auflöste.

    Vor ihnen an einer lichten Stelle brannte sich auf einmal ein grelles Kreuz in die Dunkelheit, als würden zwei unsichtbare Jedi-Ritter ihre Lichtschwerter kreuzen. Aus der Mitte löste sich gleich darauf eine weitere Linie aus brennendem Licht, bewegte sich stetig auf den Boden zu. Dort angekommen, teilte sich die Linie, driftete auseinander, öffnete sich zu einem bestimmt drei Meter hohen Lichtkreis, in dessen Innerem nun eine blutrote, undurchsichtige Nebelwolke waberte. Kristin hatte keine Ahnung, mit was zum Teufel sie es

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