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Keks-Mord. Ein Hanseaten-Krimi
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Keks-Mord. Ein Hanseaten-Krimi
eBook229 Seiten2 Stunden

Keks-Mord. Ein Hanseaten-Krimi

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Über dieses E-Book

Dass ihm ausgerechnet seine Leidenschaft für Weihnachtsgebäck zum Verhängnis werden würde, damit hätte Gerth Roggen aus Flensburg wohl nicht gerechnet. Denn die Kekse, die er an diesem Tag im Dezember isst, haben es in sich – Gift!
Kommissar Frieder Westermann wird mit dem Fall beauftragt und begibt sich auf die Suche in Gerth Roggens Vergangenheit. Doch wo soll er anfangen zu suchen? Hat Roggens Tod etwa mit dem geplanten Bau eines Putenmaststalls in Taby zu tun? Oder ist die Giftbäckerin unter seinen Frauengeschichten zu suchen? Die Sekretärin, die Ex-Frau, die neue Partnerin und die Affären – alle scheinen ein Motiv zu haben.
Dieser Fall verursacht dem kochenden Kommissar zusätzlichen Stress in der Adventszeit. Erst vor kurzem wurde er Vater von Zwillingsmädchen, seine Hochzeit steht bevor, mehrere Diätversuche sind bereits gescheitert und der übliche Vorweihnachtstrubel hält die junge Familie in Atem. Entspannung findet Frieder nur noch beim Kochen und bei der Suche nach dem perfekten Familien-Segelschiff. Das plötzliche Auftauchen von Annas Verflossenem aus Husum, der Frieder bei den Ermittlungen helfen soll, macht das Chaos perfekt …

Auch der neue Krimi der Syker Autorin Stella Michels wartet neben nervenaufreibender Hochspannung mit leckeren Rezepten zum Nachkochen und tollen Segeltörns auf!
SpracheDeutsch
Herausgeberacabus Verlag
Erscheinungsdatum1. Okt. 2014
ISBN9783862823215
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    Buchvorschau

    Keks-Mord. Ein Hanseaten-Krimi - Stella Michels

    Eins

    Sofie Kehlenbeck stampfte mit den Füßen, um den Schnee von ihren Stiefeln zu entfernen. Er fiel in glasigen Klümpchen aus dicken Profilsohlen auf die Fußmatte vor der Bürotür des VFFF. Mit einer Handbewegung strich Sofie die Kapuze ihrer Wetterjacke zurück und zog die Handschuhe aus. Sie suchte nach dem Türschlüssel und einem Taschentuch. Warum musste ihr immer die Nase laufen, wenn es draußen so kalt war? Mistwetter!

    Sie öffnete die Tür und griff nach dem Lichtschalter. Der kurze Flur war im Nu erhellt. Wie zum Hohn über das frühe Schneetreiben Mitte Dezember hingen an den Wänden eine Reihe sonniger Urlaubsplakate der Ferienregion um die Flensburger Förde. Auf allen Fotos schien die Sonne, die Förde glitzerte mittelmeerblau und die Menschen auf den Fotos waren Urlauber, die nicht froren und vor allem keine kalten Füße hatten. Sie lagen relaxed am Strand. In den Gesichtern spiegelte sich die reinste Lebensfreude über das Himmels- und Fördeblau und über die schönsten Wochen des Jahres. Der Weihnachtsstress und das Verkehrschaos, das durch den frühen Wintereinbruch den Flensburger Straßenverkehr lähmte, waren Lichtjahre von ihren Gedanken entfernt. Wer denkt im Sommer schon an die Adventszeit?

    Auf Socken, die dicken Winterstiefel hatte Sofie Kehlenbeck auf eine Doppelseite der gestrigen Tageszeitung im Flur zum Abtropfen gestellt, betrat Sofie das Büro des Verein zur Förderung der Fördeferien Flensburg e.V. – kurz VFFF. Die Büroräume waren noch älter als der Verein selbst, der auf eine Initiative mehrerer an der Förde ansässiger Gastronomen und Hoteliers kurz nach der Gründung der BRD ins Leben gerufen wurde. Dass der Verein bis heute überlebt hat, verdankt er einigen traditionsbewussten und unflexiblen Mitgliedern, die sich mit den Marketingkonzepten der modernen Tourismusindustrie nie anfreunden konnten. Als das Internet aufkam und auch der VFFF seine Mitglieder auf die Möglichkeit dieser schnellen und aktuellen Informationsplattform hinwies, zogen sich die meisten Mitglieder zurück. Sie hätten in den letzten fünfzig Jahren keinen Computer gebraucht und würden jetzt auch keinen brauchen.

    Sofies Büro war mit modernster Technik ausgestattet; sie schaltete ihren PC ein, loggte sich ein und startete Outlook. Während das Programm die Mails der letzten sechzehn Stunden abrief, kontrollierte Sofie den Anrufbeantworter und schaltete das Multifunktionsgerät, welches drucken, faxen, kopieren und scannen konnte, ein. Manchmal, wenn sie sich in ihrem modernen Büro umsah, war sie verwundert, wie schnell die Zeit vergangen war. Seit 35 Jahren arbeitete Sofie für den VFFF als Tausendsassa oder wie es neudeutsch heißt: als Projektmanagerin. Sie war Sekretärin, Buchhalterin, Telefonistin und Redakteurin in einer Person.

    Als Relikt aus der Vergangenheit war lediglich ein runder, fast wassermelonengroßer Kaktus mit bleistiftlangen und dicken Stacheln, ein sogenannter Schwiegermutterstuhl, geblieben. Der Kaktus war das Erbe ihrer Vorgängerin und gehörte somit auf die Fensterbank des Sekretariats. Es hatte in der jüngeren Vergangenheit Zeiten gegeben, da ging ihr der Geschäftsführer des VFFF, Gerth Roggen, mit seiner Ungeduld und Nörgelei dermaßen auf den Geist, dass sie ihm am liebsten den Kaktus an den Kopf geworfen hätte.

    Bevor Sofie Kehlenbeck die dicken Norwegersocken gegen elegantere Fußbekleidung tauschte, stellte sie in der winzigen Kaffeeküche die Kaffeemaschine an. Während das Wasser gurgelnd und prustend in den Filter lief, ging Sofie in das Büro von Gerth Roggen. Im Lichtlichkeit schein des Flurs konnte sie sehen, dass auf dem Besprechungstisch ein Adventsgesteck stand.

    Aha, da hatte er wohl gestern Besuch. Gerth Roggen, das wusste Sofie genau, würde nie Geld für ein Adventsgesteck ausgeben. Er hielt den Gemütlichkeit verbreitenden Brauch für Firlefanz und damit für überflüssig. Das Gesteck war an Gerth Roggen verschwendet. Sofie gefiel, was sie sah: Um eine dicke nachtblaue Kerze war in einem Rund Tanne gesteckt. Vier Porzellanengel, die frivole goldfarbene Miniröckchen trugen und in Posaunen bliesen, waren symmetrisch um die Kerze angeordnet. Der Raum zwischen den Engeln schimmerte in tuffigen Wölkchen aus Goldhaar. Sofie stieg der Geruch von Tanne und Marzipan in die Nase. Es war der Duft der Adventszeit und er passte weder zu Gerth Roggen, noch in das unaufgeräumte Chefzimmer. Sofie trat näher und blieb erschrocken stehen. Warum sagte er nicht, dass er schon da war und warum saß er hier im Halbdunkeln? Schlief er etwa? Hatte er gestern Abend beim Chatten wieder zu viel Rotwein getrunken und war dann eingeschlafen? Sofie machte Licht. Ach du meine Güte! Was war denn mit dem passiert? Sofie wusste es sofort, obwohl sie nie zuvor einen Toten gesehen hatte und sie auch nie wieder einen sehen wollte. Ihr Chef saß hinter seinem Schreibtisch auf dem protzigen schwarzen Ledersessel, sein Kopf auf dem kurzen Hals war nach hinten an die Lehne gesunken. Das Gesicht mit den geschlossenen Augen und dem halbgeöffneten Mund machte einen entspannten Eindruck. Die schlaffen, bartstoppeligen Wangen des Dreiundsechzigjährigen hingen in Falten auf dem Hemdkragen. Eine Krawatte trug die Leiche nicht.

    Sofies Gedanken rasten. Hatte sie sich das nicht oft gewünscht, wenn Gerth Roggen ihr, seiner besten und einzigen Mitarbeiterin, die Hölle heiß machte und ihr zu viel Arbeit zumutete? Hatte sie nicht oft gedacht, hoffentlich bekommt der alte Choleriker einen Schlaganfall und sitzt sabbernd vor einer Schnabeltasse im Pflegeheim? Nun war es soweit. Oder war er doch nur total besoffen?

    Sofie traute sich nicht ihren Chef anzufassen. Wie oft hatte sie im Fernsehen gesehen, dass in diesem Moment der Tote vom Sessel kippte oder zufällig jemand kam. Das würde ihr hier nicht passieren. Nicht einmal die Putzfrau hatte einen Schlüssel für das Büro. Sofie rief die Polizei.

    Während Sofie auf das Eintreffen der Polizei wartete, sah sie sich noch einmal genau im Büro ihres Chefs um. Die gesamte Schreibtischfläche war durch hohe Aktenstapel belegt. Lediglich eine Freifläche von vierzig mal vierzig Zentimeter war als Schreibfläche ausgespart. Auf dem schmalen Schenkel des Schreibtisches stand das Notebook ihres Vorgesetzten. Sofie trat näher und sah, dass das Notebook im Standby-Betrieb lief. Daneben stand – halb verdeckt von Aktenstapeln – eine filigrane Keramikschale, in der Weihnachtsgebäck lag. Es sah selbstgebacken aus. Die Mandeln auf den Keksen waren nicht professionell ausgerichtet. Und das Schwarzweißgebäck war an den Rändern fast verbrannt.

    Mandelkekse! Der Keksbäcker oder die Keksbäckerin kannte Gerth Roggen noch nicht lange oder ignorierte seine Abneigung gegen harte Speisen. Gerth Roggen hatte ein extrem schiefes und unregelmäßiges Gebiss. Seine langen Zähne standen wie bei einem Steinbeißer in Zweierreihen ohne eine gerade Linie in seinem Mund. Sofie hatte diese Entdeckung erst nach vielen Jahren gemacht, ihr Chef lachte wenig und seine Zähne zeigte er auf andere Art.

    Es roch intensiv nach Mandeln und Sofie überlegte, ob sie sich von den Mandelkeksen einen oder zwei stibitzte?

    Bevor sie zugreifen konnte, klingelte es an der Tür und die Polizei traf ein.

    Zwei

    „Oh, du kleiner Rosenkohl …" Frieder Westermann stand singend in der Küche am Herd. Aus der oberen Etage des Hauses hörte er fröhliches Kinderlachen, das sich in hohes Quietschen steigerte. Frieder grinste. Er war glücklich. Kann es für einen Mann mit siebenundvierzig Jahren etwas Schöneres geben, als Vater von Zwillingen zu werden? Die Mutter seiner Kinder, Anna Thomsen, hatte er vor eineinhalb Jahren in seiner Dienststelle BKI Flensburg kennen und lieben gelernt. Anna Thomsen war Kriminalkommissarin und sie wurde seine Kollegin.

    Die Aufklärung eines Totschlagdelikts schweißte das Team Westermann-Thomsen eng zusammen. Ende des vorletzten Sommers war beiden Kommissaren klar, dass sie nicht nur wegen des zu erwartenden Nachwuchses zusammenbleiben wollten. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge hatte Frieder sein komfortables Hausboot verkauft und war mit Anna in sein Elternhaus an die Ostseite der Förde gezogen. Sein Arbeitsweg war nun etwas länger. Dafür freute er sich jeden Abend auf das nach Hause kommen. Heute war es ihm trotz chronischem Personalmangel im BKI gelungen, pünktlich Feierabend zu machen. Während Anna die Zwillingsmädchen Marina und Valentina badete und in die Betten legte, bereitete Frieder das Abendessen vor. Die Vaterschaft hatte ihm figürlich zu gut getan, denn die wenigen Kilos, der er während der aufregenden Werbephase um Anna verloren hatte, waren längst als unübersehbare Bauchrundung zurückgekommen. Während Annas Schwangerschaft wurden Anna und Frieder zeitweilig von Dritten gefragt, wer von ihnen beiden denn nun die Kinder bekäme? Obwohl Frieder nach wie vor glühend in seine attraktive und schlaue Frau verliebt war, nahm er seine figurschädigenden Essgewohnheiten wieder auf. Heute hatte er Appetit auf Spiegeleier und er entschied, ganz unkompliziert Stramme Mäxe zuzubereiten. Anna hatte ein Faible für dieses Rezept, wobei man von einem mit Butter bestrichenem Landbrot, das mit rohem Holsteiner Schinken belegt und mit Spiegeleiern gekrönt wurde, kaum von einem Rezept sprechen konnte.

    Frieder deckte den Tisch und rief nach oben in den ersten Stock: „Seid ihr fertig?"

    „Ich bin gleich bei dir. Kannst die Eier schon in die Pfanne hauen."

    Frieder und Anna aßen in der gemütlichen Küche, deren Fenster über die Terrasse einen Blick – wenn es hell gewesen wäre – auf die Flensburger Förde gestattet hätte.

    „Was machen die beiden? Schlafen sie schon? Ich wollte sie doch noch zur Nacht knuddeln."

    „Nein, die werden uns heute noch unterhalten. Ich war heute Morgen mit ihnen beim Kinderarzt – es ist alles okay – und heute Mittag haben sie lange geschlafen. Ich habe aber trotzdem nicht das geschafft, was ich mir vorgenommen hatte."

    Anna seufzte. Das Leben mit zwei temperamentvollen Kleinkindern war aufregend und anstrengend. Häufig, wenn Anna dachte, jetzt ist mal fünf Minuten Ruhe, passierte etwas Unvorhergesehenes. Anna war ständig dabei, sich selbst zu überholen und kam doch nicht vorwärts.

    „Okay. Dann esse ich erst in Ruhe. Kochst du mir einen Tee, während ich oben bin?"

    „Ja, mach ich. Und dann müssen wir endlich die Entscheidung treffen, was wir Weihnachten machen."

    Frieder scherzte: „Wollen wir in die Karibik fliegen?"

    „Du weißt genau, dass ich meinte, ob wir hier feiern oder mit den Mädchen zu meinen Eltern nach Pellworm fahren. Helma kommt am Samstag und das ist schon übermorgen."

    „Freu dich, wenn meine Mutter hier ist, hast du Entlastung."

    „Ja, schon … Wir verstehen uns ja gut und mit den Mädchen kommt sie prima klar. Ich habe aber noch genug vor Weihnachten zu erledigen. Und ich möchte gerne wissen, was wir essen wollen zu Weihnachten, wenn wir hierbleiben?"

    Während Frieder seinen Töchtern Schlaflieder vorsang, räumte Anna das benutzte Geschirr in die Spülmaschine. Sie war so müde und am liebsten würde sie schlafen gehen. Die Geburt der Kinder lag fast ein Dreivierteljahr zurück und Anna fühlte sich abends so bleiern und schwer, als würde sie im kommenden Juli Achtzig und nicht Vierzig werden. Und irgendwie war sie auch in dem Haus, das sie mit Frieder bewohnte, noch nicht richtig angekommen. Die letzten zwei Jahre waren auch mehr als turbulent verlaufen. Sie hatte sich von einem zur Polygamie neigenden Partner getrennt und sich deshalb aus ihrer Heimatstadt Husum in die Dienststelle nach Flensburg versetzen lassen. Dort traf sie auf Frieder und ehe Anna sich versah, waren Frieder Westermann und Anna Thomsen nicht nur beruflich ein Paar, sondern auch privat. Als sie schwanger wurde, zog sie zu Frieder auf sein Hausboot an der Flensburger Förde. Dann machten sie sich auf die Suche nach einem Haus, das nicht nur ruhig und mit Blick auf die Förde gelegen sein, sondern auch geeignete Schulen in der Nähe haben sollte. Das Unterfangen war aussichtslos; vor allem weil Frieder sehr anspruchsvoll war. Schließlich stand sein Elternhaus auf einem Top-Grundstück mit eigenem Strandzugang in der Nähe eines Yachthafens. Frieders Mutter, eine vitale und modern denkende selbständige Frau, machte der Haussuche ein Ende. Sie überschrieb ihrem Sohn und seiner Partnerin den stilvollen Bungalow an der Ostseite der Förde. Helma Westermann folgte der Einladung einer ehemaligen Nachbarin und guten Freundin, diese auf der Kanareninsel Fuerteventura zu besuchen.

    Als Frieder von seinen temperamentvollen Töchtern als Gute-Nacht-Singer entlassen wurde, schlief Anna auf der Couch vor dem Fernseher. Judith Rakers berichtete während der Tagesschau für Anna völlig überflüssig, was in der Welt passiert war.

    Frieder schaltete den Fernseher aus, er würde später Tagesthemen gucken. Jetzt wollte er mit Anna reden. Sonst würden sie, noch bevor die Mädchen laufen konnten, eines dieser Paare werden, die nicht mehr miteinander reden und gleichgültig gegenüber den Belangen und Bedürfnissen des Partners nebeneinander, aber nicht miteinander leben.

    Frieder wollte mit Anna gemeinsam müde sein, die Töchter erziehen und aufwachsen sehen. Und er wollte im Frühling wieder mit Anna segeln gehen. Wie lange war es schon her, das er und Anna den Abend und die Nacht im Bett verbrachten, sie sich mit einer Intensität liebten, die atemlos machte und Frieder zwischendurch aufstand und etwas zu Essen und Champagner ans Bett holte? Es schien Frieder, dass solche Nächte mit seiner Frau in einem anderen Leben stattgefunden hatten. Gerne würde er, wenn die Kinder schliefen, abends einfach früh ins Bett gehen und den Zauber der ersten Verliebtheit aufleben lassen. Aber irgendwie war jeder Tag um Stunden zu kurz und er zu müde.

    Frieder küsste Anna zart auf die Wange.

    „Mm? Habe ich etwa geschlafen? Ach, Frieder tut mir leid. Der Tee ist fertig."

    „Ja, das sehe ich. Du wolltest vorhin mit mir über die Feiertage reden. Ist das noch aktuell?"

    „Ja. Ach – nein. So dringend ist es auch wieder nicht. Erzähl mir, Lieber, was heute im BKI los war."

    Im Frühling war Frieder Westermann befördert worden. Der langjährige Dienststellenleiter Manfred Hansen ging in den wohlverdienten Ruhestand und er hatte Frieder Westermann als geeigneten Leiter der Bezirkskriminalinspektion Flensburg – kurz BKI – vorgeschlagen; nicht zuletzt aufgrund Frieders langer Dienstzeit, seiner großen Erfahrung und zahlreichen Ermittlungserfolgen und natürlich wegen seiner Beliebtheit bei den Kollegen.

    Fast zeitgleich mit dem Wechsel seiner Position wurden seine Töchter geboren; er wurde Vater und Chef. Seine Hoffnungen, mit der neuen Position geregelte Arbeitszeiten zu haben und nicht mehr im Außendienst zu ermitteln, zerschlugen sich. Im Gegenteil: Er hatte mehr denn je um die Ohren; privat wie auch beruflich.

    Seine ehemalige Stelle als Kriminalhauptkommissar war mit einem neuen Mitarbeiter zu besetzen. Darüber hinaus fehlte Anna aufgrund des Erziehungsjahres. Und um die Misere im Amt zu vervollständigen, fiel auch Sören Schneider, sein langjähriger Kollege und Segelfreund, wegen eines Knöchelbruches für mehrere Monate aus.

    „Ich habe Aussicht auf eine Vertretung für Sören Schneider. Das ist zumindest etwas. Die Trick- und Taschendiebe machen uns in der Weihnachtszeit viel Arbeit. Du weißt, dass deine Stelle und vor allem du, meine Liebe, nicht zu ersetzen sind?"

    Frieder zog seine Frau dicht an sich und legte den Arm um Annas zierlichen Oberkörper. Ihre dunklen Locken kitzelten ihm am Hals. Frieder liebte den besonderen Anna-Geruch, der in ihrem Haar haftete. Ganz nah an ihrer Schläfe sagte er: „Kennst du einen Christian Meier?"

    „Aus Husum?"

    „Hmh."

    „Ein neuer Kollege?"

    „Hmhmh. Frag doch nicht so viel. Kennst du ihn?"

    „Leider."

    Frieder spürte, dass Anna ihre entspannte Lage veränderte. Anna hätte sich ohrfeigen können, als sie zugab, Christian Meier zu kennen. Sie kannte ihn sehr gut. Er war der

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