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Die Massnahme: Vom Wachsen und Werden einer blühenden Landschaft
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eBook407 Seiten5 Stunden

Die Massnahme: Vom Wachsen und Werden einer blühenden Landschaft

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Über dieses E-Book

Nach der Wende mussten sich die Menschen aus den neuen Bundesländern an die Gegebenheiten in den alten Bundesländern anpassen. Viele wurden zunächst arbeitslos. Das Arbeitsamt vermittelte neue Jobs, die oft völlig neue Chancen boten. Wenn man es nicht zu verbissen sah, konnte man auch interessante Abenteuer erleben.
SpracheDeutsch
HerausgeberMein Buch
Erscheinungsdatum26. März 2021
ISBN9783038770336
Die Massnahme: Vom Wachsen und Werden einer blühenden Landschaft

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    Buchvorschau

    Die Massnahme - Wolfgang Barthel

    Das Angebot

    Ein Brief vom Arbeitsamt lag im Postkasten. In letzter Zeit kamen vom Arbeitsamt nur noch unerfreulichen Nachrichten. Mein Arbeitslosengeld wurde erst vor kurzem den hier ortsüblichen Bedingungen angepaßt. Das bedeutete ein Drittel weniger. Wenige Wochen nach dieser Kürzung sollte mein Anspruch um weitere drei Prozent gekürzt werden. Das konnte ich mit einem Widerspruch verhindern. Danach nervte man weiter mit Aufhebungsbescheiden und Erstattungsbescheiden. Die in diesen Bescheiden zurückgeforderten Beträge wechselten ebenso wie die dazu gegebenen Begründungen. Erfreulich wäre eine Mitteilung über die Anpassung des Arbeitslosengeldes an die gestiegenen Lebenshaltungskosten gewesen. Damit rechnete ich aber schon nicht mehr, denn die so genannte Dynamisierung sollte in diesem Jahr ausfallen. Ich ging die Treppe zu meiner Wohnung hinauf und riß das Kuvert auf. Im Wohnzimmer setzte ich mich und las.

    Man freute sich, mir eine Stelle in einer Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme anbieten zu können. Ich war skeptisch. Man hatte mir schon einmal eine ABM-Arbeit angeboten. Von der Aufgabenstellung her war diese Arbeit sehr interessant gewesen. Es sollten technische Geräte für Entwicklungsländer konstruiert und gebaut werden. Leider konnte ich mich damals mit dem Arbeitgeber nicht einigen. Der Lohn war geringer als mein Arbeitslosengeld.

    Dem Schreiben konnte ich eine Aufzählung unterschiedlicher Abkürzungen entnehmen. Ich zählte zusammen. Es waren genau dreißig Positionen. Die erste Position war mit Pr.-ltr. angegeben und gelb hinterlegt. Dies galt wahrscheinlich mir. Ich sollte vermutlich eine Leitungsfunktion übernehmen. Als Leiter hatte ich bisher noch keine Erfahrungen sammeln können. Ich sah darin eine Chance, und freute mich.

    Was die Abkürzungen im Einzelnen bedeuteten, konnte ich mir noch nicht genau vorstellen. Ich las weiter. Als Arbeitsaufgabe wurde die Rekultivierung eines Leichtathletikstadions angegeben. Ich kannte dieses Stadion noch aus alten Zeiten. Dort hatte ich vor vielen Jahren in einer Betriebssportgemeinschaft trainiert. Es lag ganz in der Nähe meiner Wohnung. Das bedeutete einen kurzen Arbeitsweg.

    Mit diesem Stadion verbanden mich viele schöne Erinnerungen. Ein Schulfreund hatte mich damals überredet, am Leichtathletiktraining teilzunehmen. Er wußte aus dem Sportunterricht, daß ich im Hochsprung gut war. In seinem Sportverein wäre ich als Hochspringer eine gerngesehene Ergänzung gewesen. Ich ließ mich überreden, und erschien ab dieser Zeit drei Tage in der Woche zum Training. Bald merkten meine Trainer, daß ich auch im Sprint gut war. Sie brauchten mich für die vier mal einhundert Meter Staffel. Zusammen mit den anderen Jugendlichen besuchten wir viele Sportfeste und hatten eine Menge Spaß.

    Euphorisch griff ich zum Telefonhörer und wählte die angegebene Nummer. Ich hatte gleich die Personalchefin meiner künftigen Firma am Apparat. Ich fragte sie, wann ich mich bei ihr zu einem persönlichen Gespräch einfinden konnte. Im Stellenangebot war das Datum Einstellungsgespräches vermerkt, jedoch ohne Zeitangabe.

    Sie freute sich angeblich, daß sie nun wieder einen neuen Projektleiter hatte. Aha, also Projektleiter bedeutete diese Abkürzung. Ich fragte sie, zu welcher Uhrzeit ich kommen konnte. Sie erwiderte, daß die Leute, die arbeiten wollten, schon recht früh erscheinen würden, während die, die nicht arbeiten wollten, meist sehr spät oder gar nicht erschienen. Dieser Tonfall erinnerte mich an längst vergangene Zeiten aus der Grundschule. Vielleicht war sie früher in der Erziehung tätig gewesen. Ich vereinbarte also mit ihr, ganz früh als Erster zu erscheinen. Sie gab mir noch den Tip, daß man als Projektleiter schon etwa eine halbe Stunde vor der Zeit eintreffen sollte. Das war mir auch recht. Vielleicht konnte ich dann schon einige meiner künftigen Mitarbeiter begutachten.

    Ich ging also reichlich früh zum Termin. In dem kurzen Gespräch erfuhr ich die Höhe meines Gehaltes und einen weiteren Termin für das eigentliche Einstellungsgespräch. In einigen Tagen sollte ich dann alles Weitere erfahren. Ach ja, sie sagte noch, daß man für diesen Job sehr viel Durchsetzungsvermögen benötigte, und sah mich dabei durchdringend an. Ich hielt ihrem Blick stand. Über mein Durchsetzungsvermögen hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht. Deshalb konnte ich dazu auch nichts sagen. Ich hatte beschlossen, diese Arbeitsaufgabe zu übernehmen. Sollten Probleme auftreten, dann würde ich dafür bestimmt die entsprechenden Lösungen finden.

    Das zweite Gespräch fand wenige Tage später statt. Ich ging also wieder als Erster recht früh zum angegebenen Termin. Diesmal nahmen an dem ebenfalls sehr kurzen Gespräch mehrere Personen aus der Firma teil. Das Gespräch wurde von einem Herrn Krieger geführt. Er gab nur einige knappe Instruktionen und wenige Informationen. Zwischenfragen wurden nicht geduldet. Die Atmosphäre erinnerte mich diesmal stark an meine Armeezeit. Man sollte nur soviel wissen, wie zur Erfüllung der Aufgabe gerade nötig war. Es sprach nur einer, und das war ein gewisser Herr Krieger. Eine Vorstellung der anwesenden Personen hielt er nicht für notwendig. Ich wurde gefragt, ob ich bereit sei, diese Aufgabe zu übernehmen. Um diese Frage mit ausreichender Sicherheit beantworten zu können, wollte ich noch einige Auskünfte erhalten. Man entgegnete mir auf meine Fragen, daß ich alles Weitere dann erfahren würde, wenn es an der Zeit war. Ich sagte zu.

    Herr Krieger sagte mir noch, daß ich am nächsten Donnerstag pünktlich um neun Uhr wieder in der Firma zu erscheinen hatte. Das wäre mein erster Arbeitstag, an dem ich dann weitere Informationen erhalten sollte. Da ich mit den wichtigsten Gegebenheiten auf der Baustelle schon vorher vertraut gemacht werden sollte, wurde einige Tage vor Beginn der Maßnahme noch ein Besichtigungstermin festgelegt. Einer der Anwesenden, ein gewisser Herr Müller, sollte mir schon vor Beginn der Maßnahme die Baustelle mit den Unterkünften zeigen. Dann fragte man mich noch nach meiner Schuhgröße. Sie wurde zusammen mit der Konfektionsgröße in eine Liste eingetragen. Am Ende des Einstellungsgespräches unterschrieb ich einen Vorvertrag. Man bedauerte abschließend, daß die alten Erfahrungsträger der Firma nicht mehr zur Verfügung standen, und daß man sich durch das Arbeitsamt gezwungen sah, auf mich zurückzugreifen. Das alles war wenig einladend und machte mich äußerst mißtrauisch. Ich verabschiedete mich, und schickte den nächsten Bewerber in das Besprechungszimmer.

    So ein Einstellungsgespräch hatte ich bisher noch nie erlebt. Da ich nicht wußte, was ich davon halten sollte, rief ich die zuständige Arbeitsvermittlerin im Arbeitsamt an. Ich schilderte ihr meine Eindrücke und wollte ihre Meinung dazu hören. Sie machte mir Mut und meinte, daß ich das eine Jahr schon überstehen würde. Die ABM-Gruppen würden immer sehr gut zusammenhalten. Das beruhigte mich, und ich sah der Zukunft wieder gelassen und optimistisch entgegen.

    Zum Besichtigungstermin traf ich mich pünktlich mit Herrn Müller in der Firma. Von dort aus fuhren wir mit unseren Autos zu meiner künftigen Baustelle. Ich stellte dort mein Auto ab und stieg in das Auto meines neuen Chefs um. Er fuhr mich von hier aus erst zu einem anderen Sportplatz. Dort wurde mir der verantwortliche Leiter des Bauherrn vorgestellt. Bei Fragen über die konstruktive Gestaltung der Anlage konnte ich mich später an ihn wenden.

    Was mir auf meiner künftigen Baustelle gezeigt wurde, kannte ich ja schon. Es hatte sich in den letzten dreißig Jahren kaum etwas geändert.

    Allerdings hatte die Natur inzwischen ihre eigenen Vorstellungen deutlich zum Ausdruck gebracht. Als Unterkünfte dienten ein neu gestrichener Bauwagen für die Männer und ein Umkleideraum für die Frauen. Der Umkleideraum für die Frauen befand sich in einem großen Heizhaus. In diesem Raum konnten sich die Frauen auch in den Pausen aufhalten. In einem kleinen Nebenraum befand sich ein Tisch mit vier Stühlen. Die Bewegungsfreiheit in diesem Raum war aber sehr eingeschränkt, zumal auch noch zwei Kleiderschränke hineingezwängt worden waren. Dieses Zimmer konnte von mir und meinem künftigen Leitungsteam als Beratungsraum genutzt werden.

    Nachdem mir Herr Müller die Schlüssel für den Bauwagen übergeben hatte, verabschiedeten wir uns. Ich konnte von meiner künftigen Baustelle aus gleich nach Hause fahren.

    An meinem ersten Arbeitstag stieg ich in mein Auto, um zur Arbeitsstelle zu fahren. Als ich den Niederschlag auf meiner Windschutzscheibe beseitigen wollte, stellte ich fest, daß der Scheibenwischer fehlte. Ich überlegte, wer dies getan haben könnte. Ich konnte mir nicht vorstellen, wer mir mit dieser Beschädigung seine Abneigung zeigen wollte. Zum Ärgern hatte ich wenig Zeit, weil ich pünktlich in der Firma sein wollte. Ich wischte das Wasser schnell mit einem Lappen ab, und fuhr in die Firma. Ich setzte mich zu den anderen in einem großen Versammlungsraum. Die Firma war ein großes Unternehmen, das ausschließlich Arbeitsbeschaffungs-Maßnahmen durchführte.

    Zunächst wurde die Anwesenheit überprüft. Ein vom Arbeitsamt zugewiesener Sanierungsarbeiter war für die Arbeiten auf meiner Baustelle offensichtlich überhaupt nicht geeignet. Er war schwerbeschädigt, und konnte somit auf meiner Baustelle für ihn nicht eingesetzt werden. Für ihn musste Ersatz beschafft werden.

    Herr Krieger stellte mich als Projektleiter vor. Zu meiner Unterstützung bekam ich einen Arbeitsvorbereiter und zwei Vorarbeiter. Herr Krieger machte uns mit den Gepflogenheiten in der Firma bekannt und führte die Erstbelehrung für den Arbeitsschutz durch. Ich erhielt von ihm ein Notizbuch und andere Büromaterialien. Damit notierte ich die wichtigen Fakten aus seinen Ausführungen. In der ebenfalls ausgehändigten Meistermappe fand ich eine Menge Informationen, die ich für meine künftige Arbeit gut gebrauchen konnte. Auch einige Themen für die Arbeitsschutzbelehrungen waren dort eingeheftet. Eine Anwesenheitsliste für den ersten Monat und genügend Formulare für die Tagesarbeitsnachweise waren auch eingelegt.

    Nach der Erstbelehrung zum Unfallschutz erhielt ich das altbekannte Unfallschutzbuch, was noch aus DDR-Zeiten stammte. Dann ging es zur Kleiderkammer. Wir nahmen unsere Arbeitsschuhe und eine grüne Latzhose mit passender Jacke in Empfang. Gegen den Regen konnten wir uns mit einer gelben Regenschutzjacke mit Kapuze schützen. Die Arbeitsschuhe waren mit Stahlspitze und trittfester Sohle ausgestattet. Es wurde darauf aufmerksam gemacht, daß diese Arbeitssachen keinesfalls ein Muß waren, sondern lediglich der Großzügigkeit der Firma zu verdanken seien. Diese Aussage stieß bei einigen Teilnehmern auf hämischen Widerstand. Bei der Anprobe gab es einige Probleme. Eine sehr kleine Frau konnte weder mit den passenden Schuhen, noch mit der entsprechenden Hose ausgerüstet werden. Für eine andere, sehr stabile Frau konnte keine passende Regenjacke gefunden werden. Ein Zweimetermann mußte ebenfalls vertröstet werden. Man wollte sich aber kümmern, um diese Probleme schnell zu lösen.

    Dann fuhren wir zum Stadion. Alle nahmen mit Erleichterung zur Kenntnis, daß wir in Zukunft nicht immer erst zur Firma fahren mußten, um dann von dort aus wie eine militärische Einheit geschlossen zum Stadion transportiert zu werden. So hatte sich Herr Krieger nämlich im Einstellungsgespräch ausgedrückt.

    Im Stadion angekommen, nahmen wir gleich die Unterkünfte in Augenschein und zogen uns um. Danach wurde der Bauwagen ausgeräumt. Das gesamte Werkzeug befand sich noch im Bauwagen. Deshalb mußten die Schubkarren, Schaufeln, Spaten, Hacken, Harken, Rechen, Sägen, Äxte, Beile, Scheren und vieles anderes mehr zuerst in das Heizhaus geschafft werden. Als wir damit fertig waren, hatte ich die Aufgabe, mehrere Gruppen zu bilden und die ersten Arbeiten anzuweisen. Während ich dies überlegte und mein Vorhaben bekannt gab, kristallisierte sich schon eine erkennbare Struktur heraus. Den drei Frauengruppen, die sich inzwischen von selbst gebildet hatten, ordnete ich noch eine angemessene Anzahl von Männern zu. So bestanden die einzelnen Gruppen dann aus vier bis fünf Personen. Zuerst wollte ich den Stadioninnenbereich bearbeiten lassen. Deshalb gab ich allen Gruppen den Auftrag, die ihnen zugewiesenen Flächen der Sportanlage nach Gerümpel zu durchsuchen. Danach sollten die Gruppen anfangen, ihren Bereich zu entkrauten.

    Mit meinem Arbeitsvorbereiter, den zwei Vorarbeitern und der Sekretärin besichtigte ich dann das kleine Zimmer im Heizhaus. Diesen Raum wollten wir zunächst als Meisterbude nutzen. Die Anwesenheitsliste und die Tagesarbeitsnachweise gab ich der Sekretärin. Damit hatte sie gleich einige sinnvolle Arbeitsaufgaben. Da sie damit noch nicht voll ausgelastet war, dachte ich mir noch einige andere Arbeiten für sie aus. So konnte sie für die gesamte Truppe einen Urlaubsplan erstellen. Ich orientierte darauf, daß zwischen Weihnachten und Neujahr Betriebsferien gemacht werden sollten. Außerdem war von der Firmenleitung bestimmt worden, daß in diesem Jahr drei Freitage als Urlaub fest eingeplant werden mußten. Der Grund für diese Planung waren drei Feiertage, die je auf einen Donnerstag fielen. An den nachfolgenden Freitagen sollte dann immer ein Tag Urlaub genommen werden. Sie setzte meinen Wunsch sofort in die Tat um. Wenn sie nichts zu tun hatte, begleitete sie mich auf meinen Rundgängen. Es war von Anfang an klar, daß sie mir persönlich als Sekretärin nur für kurze Zeit zur Verfügung stehen sollte. Nach etwa zwei Wochen ging sie dann in den Stammbetrieb zurück. Dort wurde sie für die Bestellung und Verwaltung von Baumaterialien und anderen Hilfsmitteln eingesetzt.

    Mein Arbeitsvorbereiter war etwas älter als ich. Er hatte schon vollkommen graue Haare. Deshalb wurde er bald von allen „der Graue" genannt. Als mein Stellvertreter hatte er die Aufgabe, alle geplanten Aufgaben mit den erforderlichen Geräten, Materialien und Hilfsmitteln abzusichern. Dazu gehörte auch die Organisation der Transportmittel, die Beschaffung von Werkzeugen und Material, und die Klärung technischer Probleme.

    Der Graue hatte schon einmal eine Gruppe in einer Arbeits Beschaffungsmaßnahme geführt. Er war etwas unruhiger als ich, und hätte am liebsten selbst die Leitung meiner Gruppe übernommen. So kam es anfänglich zu Kompetenzgerangel, gegen das ich aber sofort einschritt. Ich erklärte ihm mehrmals den Sinn und Zweck meiner Anweisungen, und daß es nicht gut wäre, wenn verschiedene Menschen unterschiedliche Anweisungen geben würden. Das sah er auch schnell ein. Deshalb beschränkte er sich bald darauf, mir diesen oder jenen Hinweis zu geben. Wir beratschlagten dann gemeinsam die weiteren Schritte. Es kam aber trotzdem immer wieder zu Rückschlägen. Oft wollte er mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit seinen Gnatz durchsetzen, so daß ich mich in regelmäßigen Abständen immer wieder mit ihm auseinandersetzen mußte.

    Anfangs wurde mir mitgeteilt, daß mein Arbeitsvorbereiter auch noch andere Baustellen betreuen sollte. Deshalb ließ ich ihm freie Hand, und kümmerte mich nicht weiter um ihn. Bald erfuhr ich, daß er nur auf meiner Baustelle eingeplant war, und daß ich ihn deshalb voll auslasten sollte. Daraufhin dachte ich mir eine Menge Aufgaben aus, die er übernehmen konnte. So machte ich ihn für alle Belange verantwortlich, die auf der Baustelle anfielen. Er übernahm diese Aufgaben mit Freuden und es entwickelte sich ein günstiges Verhältnis zwischen uns. Bald stellte ich einen Zeitplan auf, um zu erkennen, welche Arbeiten bis zu einem bestimmten Termin geschafft sein mußten. Die Anfertigung dieses Planes war eigentlich die Aufgabe des Grauen gewesen. Da er sich in dieser Hinsicht aber schwertat, gab ich ihm eine Kopie als Diskussionsgrundlage. Außerdem ließ ich ihn die Werkzeugliste kopieren, die wir dann als Grundlage für unsere Bestandskontrollen nutzen wollten. Wir stellten fest, daß einige Werkzeuge auf der Liste standen, die wir nicht erhalten hatten. Ich tippte diese Liste in den Computer ein und ließ sie ausdrucken. So erhielten wir eine Inventarliste, mit der wir monatlich eine Inventur machen wollten.

    Nach einigen Tagen bemerkten wir, daß uns die Meisterbude nicht allein gehörte. Hier hielten sich auch noch einige Reinigungskräfte auf, die in der links neben dem Heizhaus liegenden Schule direkt angestellt waren. Hinter dem Schulgebäude befand sich eine Schwimmhalle. Das Stadion stieß mit seiner Rundung hinten an die Schwimmhalle an. Sowohl die Schule als auch die Schwimmhalle wurde vom Heizhaus mit Wärme versorgt.

    Die bei der Schule angestellten Reinigungskräfte fühlten sich in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, da wir diesen Raum nun auch nutzten. Sie hielten sich fast die gesamte Arbeitszeit in diesem Raum auf. Nur zu den Essenszeiten verließen sie den Raum, um uns wenigstens in Ruhe frühstücken zu lassen. Die kleinere, blonde Frau entpuppte sich bald als Giftzwerg. Sie benahm sich uns gegenüber oft sehr aggressiv, und legte es darauf an, uns aus diesem Raum wieder zu vertreiben. Dazu war ihr nahezu jedes Mittel recht. Sie schloß die Toilettenräume mit den Waschgelegenheiten ab, um ihr Revier zu verteidigen. Außerdem hatte sie ein recht loses Mundwerk. Damit giftete sie uns öfters an, und versuchte uns ganz aus ihrer Unterkunft zu vertreiben. Das konnte so nicht weitergehen.

    Ich sprach mit dem Schuldirektor. Zu meiner Überraschung erfuhr ich von ihm, daß die Raumfrage keineswegs so eindeutig geklärt war, wie es mein Chef, Herr Müller, mir gegenüber dargestellt hatte. Der Schuldirektor stellte sich natürlich voll hinter seine Angestellten. Ich hatte Not, die Positionen zu halten, die wir schon eingenommen hatten. Das betraf nicht nur diesen Raum, sondern auch die Frühstücksecke für die Männer. Die Männer waren in einem frisch gestrichenen Bauwagen untergebracht. Bei der hochsommerlichen Hitze war es unmöglich, sich in diesem Bauwagen aufzuhalten, weil die Lösungsmittel aus der Farbe noch sehr stark ausdünsteten. Deshalb wurden die Bänke und Tische aus dem Bauwagen genommen und unter einen großen Kastanienbaum auf den Parkplatz gestellt. Dort konnte man in den Pausenzeiten im Schatten des Baumes Erholung finden. Auch dieser Platz wurde uns streitig gemacht, weil dadurch einige Parkplätze verlorengegangen waren. Ich konnte dieses Problem aber plausibel machen, so daß der Direktor ein Einsehen hatte. Letztlich konnte ich auch die Parkplätze für unsere eigenen Autos erfolgreich verteidigen. Die Meisterbude blieb weiter ein Problem, auch wenn wir uns hier gegenseitige Rücksicht zusicherten. Der kleine blonde Giftzwerg setzte uns auch weiterhin derart zu, daß wir uns doch genötigt sahen, so schnell wie möglich eine Ausweichmöglichkeit zu suchen.

    Das Kassenhaus

    Am Eingangstor zum Stadion führte rechts die Treppe in die Schwimmhalle. Links begrenzte ein Kassenhaus die Einfahrt in den Stadionbereich. Das Gebäude hatte mehrere Räume. Ganz vorn war ein kleiner Kassenraum, der zum Verkauf von Eintrittskarten genutzt wurde. Dahinter befand sich ein etwas größeres Zimmer, in dem ich meine Schreibarbeiten erledigen konnte. Der Raum bot genügend Platz für einen Schreibtisch mit mehreren Stühlen und einigen Schränken.

    An diese beiden Räume schloß sich ein noch größerer Raum mit der Eingangstür des Gebäudes an. Bei schlechtem Wetter hätte sich hier die gesamte Truppe unterstellen können. Von hier aus konnte man die gesamte Baustelle überblicken. Durch eine Wand von diesem Raum getrennt, schloß sich ein weiterer, relativ großer Raum an. Er konnte nur durch eine separate stabile Stahltür an der Rückseite des Gebäudes betreten werden. Ein sicherer Platz für unser Werkzeug und andere Dinge von Wert.

    Voller Elan gingen wir daran, dieses Gebäude in unseren Besitz zu nehmen. Der Eigentümer dieses Kassenhauses war unser Bauherr. Er erlaubte uns, dieses Haus zu nutzen. Es waren nun nur noch kleinere Hindernisse zu überwinden. Um in das Gebäude zu gelangen mußten zunächst die Türen geöffnet werden. Die Holztür war mit einem Vorhängeschloß gesichert.. Die Stahltür zu unserem künftigen Lager war zugeschweißt. Mit einem Trennschleifer verschafften wir uns Zutritt. Im Inneren entdeckten wir alte Möbel, die Jugendliche beschafft hatten, um sich einzurichten. Der Sperrmüll landete in einem Container. Geradezu lebensgefährlich aber war die Beschaffenheit der elektrischen Anlage. Ein alter Anschlußkasten lag offen auf dem Fußboden. Dieser Kasten stand noch unter Strom. Das bedeutete Lebensgefahr. Von hier versorgte ein normales Stromkabel die übrigen Räume mit Strom. Nun wußten wir auch, warum die Stahltür zugeschweißt worden war.

    Den Besitzer des passenden Schlüssels für die Holztür konnten wir nicht ausfindig machen. Wir knackten das Schloß mit einem kräftigen Seitenschneider. Im Inneren des Hauses lagen eine Menge zerstörter Spielautomaten. Elektronikschrott, besonders die Bildschirme mußten gesondert entsorgt werden. Die elektrische Anlage war noch unter Strom. In einer Steckdose steckte eine Zeitschaltuhr. Die gesamte elektrische Anlage entsprach natürlich nicht den Sicherheits Vorschriften. Deshalb mußten noch einige Reparaturen durchgeführt werden, bevor wir diese Räumen nutzen konnten.

    Nach der ersten Besichtigung waren wir sehr optimistisch und planten die nächsten Arbeitsschritte. Erste Materialbestellungen wurden ausgelöst. Die Reihenfolge der zu erledigenden Arbeiten wurde festgelegt. Aus Sicherheitsgründen sollte der Raum aber erst betreten werden, wenn die Elektriker ihre Arbeit getan hatten.

    Wir erinnerten immer wieder an die Elektriker. Bald kamen sie dann auch und montierten einen neuen Anschlußkasten. Etwas später wurde die Sicherheit des Erdkabels überprüft. Bei der folgenden Beratung stellte sich aber heraus, daß die Sicherheit nur nach Verlegung eines neuen Erdkabels garantiert werden konnte. Das war aber zu teuer.

    Wir konnten unseren Ausbau vergessen, und alle Vorbereitungen waren umsonst. So hatten wir uns bis auf Weiteres mit unserem streitsüchtigen Giftzwerg auseinander zu setzen. Eine Hoffnung blieb. Am Ende des ersten Monats lief eine andere Arbeitsbeschaffungs Maßnahme aus. Die Arbeiter dieses Meisterbereiches waren in einer Garage am hinteren Teil der Schwimmhalle untergebracht. Nach Beendigung dieser Maßnahme wurde die Garage frei, und konnte von uns genutzt werden. Die Belegschaft der Schwimmhalle wollte das zwar nicht, aber der Eigentümer war auf unserer Seite.

    Die Garage

    Nun war fast ein Monat vergangen, und es verdichteten sich die Gerüchte, daß wir endlich in die Garage umziehen konnten. Der Meister, der bis jetzt diese Garage genutzt hatte, war inzwischen mit dem Schwimmeister heftig zerstritten. Er sollte sofort nach Beendigung der Maßnahme alle Schlüssel wieder an den Schwimmeister abgeben. Mein Vorgesetzter, Herr Müller sagte mir aber, daß hier noch nicht das letzte Wort gesprochen sei, und mahnte zur Ruhe. Schließlich konnten wir diesen Raum doch noch übernehmen. Es wurde eine ordentliche Übergabe organisiert. Herr Krieger übernahm die Organisation. Ich konnte mir von der auslaufenden Maßnahme noch ein paar wichtige Dinge ohne Übergabeprotokoll an Land ziehen. Dazu gehörten zwei kräftige Brechstangen und einige Absperrstangen zum Sichern meiner Baustelle. Ich verzichtete auf alles, wofür ich unterschreiben sollte. Immerhin konnte ich auf diese Weise noch zwei Schaufeln abstauben.

    Die Waschmöglichkeiten für meine Truppe waren zwar vorhanden, aber recht umständlich zu nutzen. Wir hatten die Möglichkeit, uns auf den Toiletten der Schule zu waschen. Davon machte aber kaum jemand Gebrauch, weil man sich nicht zwischen den jungen und zum Teil rüpelhaften Schülern entblößen wollte. Außerdem waren diese Einrichtungen stark verschmutzt, so daß es einige Überwindung kostete, sich hier auch nur notdürftig zu reinigen. Eine bessere Möglichkeit bot die Schwimmhalle. Die Toiletten dort waren sauber. Wer wollte, konnte sogar nach Feierabend duschen. Allerdings war diese Möglichkeit auch nicht angenommen worden, weil man diese Räumlichkeiten nur mit Badelatschen betreten durfte. Wir arbeiteten den ganzen Tag und bei jedem Wetter im Freien und hatten oft sehr schmutzige Schuhe. Damit konnten wir die Schwimmhalle nicht betreten, ohne erheblichen Schmutz zu hinterlassen. Der zeitliche Aufwand war auch hier so hoch, daß fast alle Arbeiter lieber nach anderen Möglichkeiten suchten, oder sich erst zu Hause umzogen.

    In der Garage entdeckte ich einen großen mit Wasser gefüllten Kunststoffkanister und eine Waschschüssel. Damit war zumindest eine Waschmöglichkeit für die Männer in greifbare Nähe gerückt. Ich erkannte das sofort, und sagte, daß ich diese Gegenstände gern übernehmen würde. Herr Krieger bestimmte, daß diese Dinge wieder in die Firma zurückgebracht werden sollten, weil wir seiner Meinung nach ausreichende Waschgelegenheiten hätten. Ich widersprach und sagte ihm, daß wir überhaupt keine Waschgelegenheiten hätten. Dies sollte noch ein Nachspiel haben.

    Herrn Krieger eilte der Ruf eines sehr korrekten Menschen voraus. So brachte er die Waschproblematik Herrn Müller gegenüber nochmals zur Sprache. Dies wurde mir auf der nächsten Leitungssitzung vorgeworfen. Ich gab zu bedenken, daß ich doch nur die bescheidenen Verhältnisse bewahren wollte, die meinen Vorgängern auch zugebilligt worden waren. Das wirkte irgendwie, und damit war die Angelegenheit aus der Welt. Man durfte hier kein falsches Wort sagen. Ich hatte schon vorher den Eindruck gewonnen, dass man nach Angriffspunkten suchte, um mir Schwierigkeiten zu bereiten. Es wurde alles zum Problem hochgespielt und gab Reibereien. In anderen Meisterschaften waren angeblich noch viel schlechtere Verhältnisse anzutreffen gewesen. Warum man sich hier immer an den negativsten Beispielen orientierte, würde mir vielleicht auch noch irgendwann einmal klar werden. Mir wurde ja schon im Einstellungsgespräch klar gemacht, daß ich als Neuling nicht sonderlich willkommen war. Deshalb vermutete ich, daß das nur einer der Knüppel war, die man mir noch zwischen die Beine schmeißen wollte. Ich gab meinen Leuten aber zu verstehen, daß diese Probleme nicht von mir kamen. Andererseits wollte man vielleicht auch ein bestimmtes Image wahren. Es durfte eben alles kein Geld kosten. Das Ansehen dieser ABM-Firma mußte immer gewahrt bleiben. Nur keine unnötigen Kosten verursachen. Zwischen der freien Wirtschaft und den ABM-Firmen wurde schon längere Zeit ein Kampf mit erbitterter Härte geführt. Der knappen Aufträge wegen wurde das ABM-Lager von vielen Feinden, hauptsächlich den Unternehmern in der freien Wirtschaft umlagert. Diese beobachteten die Vorgänge auf den ABM-Baustellen mit großer Aufmerksamkeit, weil sie selbst auch gern an diesen Aufträgen verdient hätten. Um einen Auftrag zu erhalten, mußte man schon sehr knapp kalkulieren. Da war dann keine müde Mark für solche Luxusgegenstände übrig. Und das Geld wurde immer knapper. Firmenpleiten gab es schließlich genügend, und das war für die Betroffenen verständlicherweise sehr schmerzhaft.

    Die für das Kassenhaus bereitgestellte Farbe langweilte sich nun unter dem Schreibtisch meiner Sekretärin. Wir fragten deshalb unseren Chef, ob wir damit nun die Garage renovieren konnten. Dies wurde abgelehnt. So stellten wir erst einmal die Schränke aus dem Kassenhaus in die Garage und richteten uns ein, so gut es eben ging.

    Eine Woche später besuchten uns unsere beide Vorgesetzten. Ich sah das Auto von Herrn Müller zuerst, weil ich gerade in die Garage gehen wollte, um die Tagesabrechnungsbögen für das Arbeitsamt fertig zu machen. Neben ihm konnte ich eine zweite Person erkennen, die wie Herr Krieger aussah. Herr Müller wünschte mir ein schönes Wochenende und fuhr zur Baustelle weiter.

    Als ich nach einer Weile wieder nach hinten zum Stadion ging, berichtete mein Arbeitsvorbereiter, daß beide die Baustelle sehr gelobt hatten. Es hatte gerade leicht genieselt, als die Herren erschienen waren. Meine Leute ließen sich von diesem Wetter aber nicht weiter beeinflussen und arbeiteten einfach weiter. Das war ein Bild für die Götter, und meine beiden Chefs hatten Gefallen daran. Sie freuten sich auch über den Zustand des Schulhofes, der noch von zwei Arbeitern aus meiner Meisterschaft gesäubert wurde.

    Von meinem Stellvertreter, Herrn Schultz erfuhr ich, daß wir die Erlaubnis hatten, die Garage doch zu renovieren. Unsere Farbe brauchte also nicht länger zu warten.

    Einer meiner Vorarbeiter, Herr Richter, war gerade krank. Als er wieder gesund war, wurde er gleich für diese Aufgabe eingeteilt. Mein Arbeitsvorbereiter und Herr Richter begannen sofort mit der Arbeit. Das Werkzeug für diese Arbeiten brachten beide von zu Hause mit.

    Strategie

    Die Leitung in der Firma reagierte sehr sensibel auf die Signale aus der Politik und versuchte sich entsprechend anzupassen. Die Geldmittel für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sollten weiter gekürzt werden. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt wurde zunehmend schwieriger. Jetzt sollten auf dem zweiten Arbeitsmarkt nur noch Langzeitarbeitslose eingestellt werden, um nicht immer mehr in die soziale Bedürftigkeit zu geraten. Jeder sollte einmal die Möglichkeit erhalten, sich wieder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erwerben. Da auch die Führungskräfte in der Firma vom Arbeitsamt bezahlt wurden, konnten auch sie durch das Arbeitsamt wieder aus ihrer Funktion genommen werden. Das sorgte für Unruhe. Wer wollte schon seinen relativ gut dotierten Posten freiwillig aufgeben. Man sah sich genötigt, seinen Arbeitsplatz zu verteidigen. Das bedeutete, daß man in jedem Neuanfänger einen möglichen Rivalen sah. Man war sich einig, nur wenn man sehr zusammenhielt, dann stiegen auch die Möglichkeiten, seinen eigenen Arbeitsplatz verteidigen zu können. Besonders bedrohlich waren solche neue Mitarbeiter, die ihre Sache gut, oder sogar noch besser als sie selbst machten. Dann half auch das Argument mit der Erfahrenheit nichts mehr. Bisher konnte man immer damit argumentieren, daß man auf einen guten Stamm von Erfahrungsträgern zurückgreifen konnte, die für den maximalen Erfolg in der Arbeit und für das gute Ansehen der Firma garantierten.

    Gegen Seilschaften wendete sich aber ein ganz bestimmtes Prinzip. Einerseits war die Entscheidungsfreiheit der Leitung in der Firma stark eingeschränkt, weil das Arbeitsamt bestimmte, welche Mitarbeiter für eine bestimmte Maßnahme in Zukunft vorgesehen wurden. Zum Anderen wurden die Einstufungen für Gehalt und Lohn auch durch das Arbeitsamt vorgegeben. Deshalb war es den Leitern innerhalb der Firma fast unmöglich sich selbst gegenseitig eine höhere gehaltliche Einstufung zuzuschanzen. So wurde die Motivation zu Ellenbogen-Aktivitäten etwas abgeschwächt. Deshalb konnte man sich auch nicht so einfach gegenseitig mit lukrativen Posten versorgen. Dieses Prinzip wurde auch auf die neuen Mitarbeiter angewendet. Schied ein Mitarbeiter aus irgend einem Grunde aus, so wurde ein neuer Mitarbeiter mit gleichen Verdienstansprüchen und möglichst gleichen Funktionen wieder eingestellt. Das war ein interessantes System, was Intrigen und hinterhältige Stuhlsägerei erfolglos machen sollte.

    So konnte der Einzelne also nur alles dafür tun, um seine Arbeitsstelle so lange wie möglich zu behalten. Das bedeutete wiederum, daß man es nach Möglichkeit zu verhindern hatte, daß ein anderer Angestellter für diese Stelle als geeignet erschien.

    Die Strategie zur Verfolgung diese Ziels bestand unter anderem in der Konstruktion von Schikanen. Selbst lächerliche Kleinigkeiten wurden Anlaß zu bedrohlichen Auseinandersetzungen. Trug ein Meister nicht regelmäßig seine Arbeitsschutzsachen, so konnte das schon zu einer Abmahnung und später zur Kündigung führen. Widersprüchliche Anweisungen sollten den Neuling verwirren und mürbe machen. Hatte der vermeintliche Rivale sich für eine der widersprüchlichen Anweisungen entschieden, dann drehte man ihm einen Strick, indem man ihm nachwies, daß er seine Arbeit nicht richtig gemacht hatte, weil er ja gleichzeitig nicht auch noch das Gegenteil getan hatte. Außerdem wurden von verschiedenen Chefs unterschiedliche Meinungen vertreten, die dann zu Konflikten führen mußten. Verschärfte und häufige Kontrollen sollten etwaige Mängel und Schwachstellen des Gegners aufspüren, um sie dann gegen ihn verwenden zu können. Es sollte sich doch wohl irgend etwas finden lassen.

    Ließ sich nun aber

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