"Alexa, ich mach Schluss mit dir": Raus aus der Amazon-Beziehungsfalle
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Über dieses E-Book
Die Hersteller von qualitativen Waren werden ökonomisch ausgepresst, kopiert (Amazon produziert dann gleich günstiger selber) und die
Konzentration auf allen Ebenen nimmt unaufhörlich zu. Und noch schlimmer: Alexa hört weltweit in allen Wohnstuben alles mit, auch die intimsten Informationen über uns kennt der weltweit größte Händler – und könnte heute schon entscheiden, was er uns morgen verkaufen will – noch fragt er uns vorher, aber bald kommt es von selber bei uns an. Amazon weiß ja auch, was wir gerne lesen und so rund um die Uhr auf unseren Amazon-Bildschirmen schauen, und wo wir dann das Buch aus Langeweile zuschlagen – da lässt man doch gleich leichter verdaubares schreiben und liefert dies an den inzwischen vollkommen unmündigen Konsumenten. Da hilft nur zu sagen "Schnauze, Alexa"!
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Buchvorschau
"Alexa, ich mach Schluss mit dir" - Johannes Bröckers
Digital Distancing
Ich bin in den letzten Wochen tatsächlich ein paar Mal gefragt worden, ob es für mich persönlich – von wegen »Schnauze, Alexa!« – denn nicht besonders ärgerlich sei, dass nun ausgerechnet Amazon und mein Spezialfreund Jeff Bezos zu den großen Corona-Krisengewinnern zählen. Ärgern ist dafür kein Ausdruck und ein eher schwacher Begriff. Was, bitte schön soll man von einem Menschen halten, der sein Unternehmen, das gerade seinen 25. Geburtstag gefeiert hat, ursprünglich mal Relentless nennen wollte: also erbarmungs- oder gnadenlos. Das sagt so einiges über Bezos und beschreibt im Kern die Unternehmensphilosophie von Amazon: Gnadenlos gegenüber dem Wettbewerb, gnadenlos zu den eigenen Mitarbeitern und letztlich auch erbarmungslos in Bezug auf uns Konsumenten, selbst wenn für Amazon laut Selbstaussage die Kundenzufriedenheit an erster Stelle steht – was ja außerdem viel besser klingt.
Warum es nicht ausreicht, sich bloß zu ärgern, können die folgenden Zahlen verdeutlichen: Eine kürzlich von Americans for Tax Fairness und dem Institute for Policy Studies vorgelegte Studie hat die Vermögenszuwächse von Amerikas Milliardären während des Corona-Lockdowns untersucht. Danach konnte sich Amerikas Geldelite von Mitte März bis Mitte Mai 2020 über einen Vermögenszuwachs von 434 Milliarden Dollar freuen. Alleine die Top Five machten ein Plus von 75,5 Milliarden Dollar und natürlich steht auch in diesem Ranking Jeff Bezos auf Platz eins (vor Bill Gates und Marc Zuckerberg) – mit einem Vermögenszuwachs von 35 Milliarden. Von Mitte März bis Anfang Juli verzeichnete das Unternehmen Amazon einen Wertzuwachs von 702 Milliarden Dollar.¹ Und stimmen die Berechnungen von Comparisun, dann könnte Jeff Bezos schon 2026 der erste Billionär der Menschheitsgeschichte werden: 1 000 000 000 000 Dollar – so viel haben 2013 ungefähr alle Arbeitnehmer in Deutschland zusammen verdient. Ärgerlich? Nein, obszön! Denn während Bezos & Co. sich ihre Taschen mit für Normalsterbliche absurden Summen vollstopften, starben in den USA zur gleichen Zeit Zehntausende am Virus, mehr als 30 Millionen Amerikaner verloren ihren Job und den meisten von ihnen wird in den kommenden Wochen eine Räumungsklage wegen nicht bezahlter Mieten oder Kredite ins Haus flattern.
Anfang März veröffentlichte Bezos einen rührenden Brief an seine Amazonier. Darin schreibt er: »Wir erbringen Menschen auf der ganzen Welt einen wesentlichen Dienst, besonders denen, die am verwundbarsten sind, wie etwa Senioren. Menschen, die sich auf uns verlassen. Ich stehe nicht allein mit meiner Dankbarkeit für die Arbeit, die Sie leisten. Ich habe Hunderte Nachrichten von Kunden erhalten und in den sozialen Medien gelesen, in denen sie Ihnen allen danken.« Und weiter heißt es: »Es gibt kein Benutzerhandbuch dafür, wie man sich zu Krisenzeiten wie diesen fühlen soll, und ich weiß, dass es für Sie alle viel Stress bedeutet. Meine Liste an Sorgen ist – sicherlich wie Ihre auch – sehr lang: Von meinen eigenen Kindern und Eltern, Familie und Freunden reicht sie bis zu Ihrer Sicherheit, meinen Kollegen und Kolleginnen und zu denen, die sehr krank sind, und letztlich auch bis hin zu den wirtschaftlichen Folgen. Bitte kümmern Sie sich um sich selbst und Ihre Lieben. Ich weiß sicher, dass wir diese Zeit überstehen werden, gemeinsam.« Bei diesen warmen Worten könnte einem ja glatt das Herz aufgehen. Nur leider sprechen Jeffs Taten dann doch eine deutlich andere Sprache. Während Bezos sein Vermögen von März bis Juli 2020 um über 70 Milliarden steigern konnte, gestand er seinen Mitarbeitern in den Logistikzentren einen Corona-Bonus von zwei Dollar pro Stunde zu, der aber auch Ende Mai schon wieder auslief. Kritische Mitarbeiterinnen wie Emily Cunningham oder Maren Costa, die schon häufiger Amazons mangelndes Engagement für den Klimaschutz kritisiert hatten und bessere Corona-Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen forderten, wurden gefeuert, obwohl sich an 74 US-Logistikstandorten Mitarbeiter infiziert hatten.² Wegen mangelnder Schutzmaßnahmen mussten per Gerichtsbeschluss die Amazon Logistikzentren in Frankreich für vier Wochen schließen und auch in Deutschland kam es an den Standorten in Winsen, Bad Hersfeld und Pforzheim zu zahlreichen Infektionen. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die seit Jahren mit Amazon einen bisher vergeblichen Kampf um Tarifverträge führt,