Bock auf Lernen (E-Book): Ein munterer Abgesang auf sieben Lehr-Lern-Illusionen
Von Andreas Müller
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Über dieses E-Book
Andreas Müller
Andreas wurde 1979 in Ludwigsburg geboren. Nach einigen Jahren spiritueller Suche begegnete er 2009 Tony Parsons. Seit 2011 hält Andreas Talks und Intensives auf der ganzen Welt.
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Buchvorschau
Bock auf Lernen (E-Book) - Andreas Müller
Andreas Müller
Bock auf Lernen
Ein munterer Abgesang auf sieben Lehr-Lern-Illusionen
ISBN Print: 978-3-0355-0024-0
ISBN E-Book: 978-3-0355-0025-7
Gestaltung und Layout: Renate Salzmann/Philippe Gertsch, Bern
1. Auflage 2013
Alle Rechte vorbehalten
© 2013 hep verlag ag, Bern
www.hep-verlag.com
Vorwort des Verlegers
Seit 35 Jahren bin ich Lehrer. Ich kann leider nicht sagen, dass meine Schülerinnen und Schüler in der ganzen Zeit viel Bock auf Lernen hatten. In seinem neusten Buch hält uns Andreas Müller einen Spiegel vor. Uns Lehrerinnen und Lehrern und allen in irgendeiner Form ins Bildungswesen Involvierten. Er sagt uns, an welchen sieben Illusionen die Schule krampfhaft festhält und schöpft dabei aus seiner reichen Erfahrung als Lehrer, Schulleiter, Referent und Schulentwickler. Müller beschreibt in seiner gewohnt bildhaften Sprache, warum Kinder und Jugendliche unter den bestehenden Umständen eben keinen Bock auf Lernen entwickeln können. Und er lässt es nicht bei der Beschreibung der Defizite bewenden. Jedes der sieben Illusionskapitel endet mit gelben »Bock auf Lernen«-Seiten. Hier macht Müller konkrete Hinweise, was an der Schule zu tun ist, damit sich endlich Bock auf Lernen einstellt.
Andreas Müller ist seit langer Zeit ein Weggefährte. Wir streiten oft darüber, was »gute Schule« und »guter Unterricht« zu sein hat. Nur der Diskurs bringt die Schule und die Bildung als Ganzes in eine neue Zukunft! Ich freue mich deshalb, dass auch sein neustes Buch in unserem Verlag erscheint und wünsche bei der Lektüre des »munteren Abgesangs auf sieben Lehr-Lern-Illusionen« viel Spass und eine Prise Reflexion.
Peter Egger, Verleger hep verlag
Inhaltsverzeichnis
Mich laust der Affe
Die Dinge sind, wie wir sind
Schule – Nummer eins der Betriebsblinden
Bock auf Lernen
1. Illusion
Schulen sind gedacht als Orte, wo Schüler lernen.
Freude an der Leistung
Für später
Nein: Für jetzt!
Sich Erfolge bewusst machen
Eine Möglichkeit: die wöchentliche Erfolgsbilanz
2. Illusion
Dort bringen die Lehrer ihnen wichtige Dinge bei.
Indem sie etwas tun
Damit sie etwas tun
Aktivierende Lernaufgaben …
… brauchen aktivierende Lehrer
Neue Autorität
Das 18. Kamel
LernCoaching – im Dienste des Erfolgs
3. Illusion
Aufgabe der Schüler ist es, konzentriert zuzuhören.
Es wird viel geredet …
… und wenig verstanden
Verarbeitungstiefe – gewusst wie
4. Illusion
Die Lernenden müssen sich die Dinge gut merken.
Von Schuhen und Mücken
Spinnennetz der Assoziationen
Zusammenhänge bilden
Spinnen und Vorwissen aktivieren
5. Illusion
Prüfungen und Noten zeigen, wie viel sie gelernt haben.
Wissen und wissen ist zweierlei
Der Kobra-Effekt
Der Schönheits-Effekt
Besser anders
Klare und machbare Ziele
6. Illusion
Je mehr Stoff behandelt wurde, desto mehr wissen die Schüler.
Weniger ist mehr
Qualitätsvoll verdauen
Intelligente Lernaufgaben
Kompetenz
Soziale Eingebundenheit
Autonomie
7. Illusion
So erwerben sie Kompetenzen, die ihnen später nützen.
Der Schlüssel zum Erfolg steckt innen
Herausforderndes Umfeld
Das Drei-Kreise-Modell
Den Affen sehen (wollen)
4174.png4186.pngMich laust der Affe
»Mich laust der Affe! Das kann doch nicht wahr sein! Das glaub ich nicht.« Und in der Tat: Wer ihn selber nicht wahrgenommen hatte, wähnte sich buchstäblich im falschen Film. Da spielen ein paar Leute Basketball, dribbeln, werfen sich auf engem Raum die Bälle zu. Unvermittelt taucht ein Gorilla auf, klopft sich ein paar Mal auf die Brust und verschwindet gemächlich wieder. Bis vor wenigen Jahren durfte dieses kurze Filmchen an keinem pädagogischen Vortrag fehlen, an keiner Hauptversammlung, an keinem Elternabend, an keinem Managementseminar. Denn die Menschen konnten nicht glauben, was sie da sahen – oder besser: nicht sahen. Den Gorilla nämlich.
Sie sind auf etwas hereingefallen, was wissenschaftlich als Unaufmerksamkeits- oder Veränderungsblindheit bezeichnet wird.
Ans Licht befördert haben den »Gorilla-Effekt« vor mehr als einem Jahrzehnt die Psychologen Christopher F. Chabris und Daniel J. Simons – mit einem Experiment, das so verblüffend ist, dass es Geschichte schrieb: Versuchsteilnehmern wurde eben dieser Film mit den ballspielenden jungen Menschen vorgeführt. Dazu hatten die Probanden eine Aufgabe zu lösen: Sie mussten zählen, wie oft sich die Spieler in den weißen Shirts den Ball zuwarfen.
4324.pngBlind fürs Wesentliche: vor lauter Bäumen den Wald (oder den Gorilla) nicht sehen
Eine simple Aufgabe. Die meisten kamen denn auch aufs richtige Ergebnis. Doch, und das haben Experimente manchmal so an sich, darum ging es eigentlich gar nicht. Denn im Anschluss an die kurze Videosequenz wurden die Versuchsteilnehmer gefragt, ob ihnen etwas Ungewöhnliches aufgefallen sei. Mehr als die Hälfte verneinte. Auch als sie explizit nach einem Gorilla gefragt wurden, einem Gorilla, der direkt vor der Kamera herumhampelte, winkte, sich auf die Brust trommelte, war die Antwort: Nein. Ganze neun Sekunden produzierte sich die Studentin im Gorillakostüm vor der Kamera, endlos lange neun Sekunden – und die Hälfte der Probanden hatte nichts davon bemerkt!
Dass Menschen so offensichtliche Dinge übersehen, beruht auf einem grundlegenden Funktionsprinzip des Gehirns. Die grauen Zellen haben nämlich genug zu tun. Sie können nicht auf alles achten. Passiert gerade etwas wie auch immer Offensichtliches, das aber nichts mit der gewählten Aufgabe zu tun hat, ist es dem Gehirn völlig Wurst.
Das bedeutet: Für das menschliche Gehirn ist Aufmerksamkeit eine Art Nullsummenspiel. Wer sich auf etwas Bestimmtes fokussiert, ist buchstäblich blind für andere Dinge. Sogar für Gorillas!
Nun, mittlerweile kennt man den Film in der Bildungsszene. Angenommen, er wird in einer Veranstaltung dennoch präsentiert. Was passiert, wenn ein paar Basketballspieler auf der Leinwand erscheinen? Die Zuschauer setzen diese gönnerhafte Expertenmiene auf. Und mit ihrer »Das-ist-doch-kalter-Kaffee-Mimik« bringen sie zum Ausdruck: He, wir lassen uns nicht mehr für dumm verkaufen. Und diesem inneren Vorbeimarsch folgend zählen sie die Pässe natürlich nicht, wenn sie dazu aufgefordert werden. Denn sie wissen ja schließlich: Jetzt kommt gleich der Gorilla.
Und tatsächlich: Er erscheint. Sie haben es ja gewusst. Aber etwas anderes ist ihnen entgangen: Es ist nämlich ein anderer Film. Im Verlauf des Basketballspiels verlassen Spieler die Bühne. Und der großflächige Vorhang im Hintergrund wechselt die Farbe. Das Verrückte daran: Niemand merkt’s. Das Warten auf den Gorilla macht die Betrachter blind für den Rest der Szenerie.
Die Dinge sind, wie wir sind
Der Mensch verlässt sich in aller Regel auf das, was er mit eigenen Augen sieht. Warum auch nicht? Wenn das Glas leer ist, ist es