Peter Faber: Freund - Wanderer - Mystiker
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Über dieses E-Book
In einer zerrissenen Zeit suchte Faber unvoreingenommen das Gespräch über theologische und kirchenpolitische Gräben hinweg. Ein stiller Mann von einfacher Frömmigkeit, war er doch ein weltläufiger Geist: ständig unterwegs in Europa und Deutschland und zugleich im "Himmel" zu Hause. Vielleicht wird er deshalb von Papst Franziskus so sehr geschätzt, dass er ihn gleich im ersten Jahr seines Pontifikats heiliggesprochen hat.
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Rezensionen für Peter Faber
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Buchvorschau
Peter Faber - Dominik Terstriep
Freund
Peter Faber war ein Genie der Freundschaft. Er hatte es leicht, Freundschaft zu schließen, und war ein treuer Freund. Menschen verschiedenster Herkunft fühlten sich durch seine aufmerksame, wache und diskrete Art angezogen. Sie erlebten einen Mann, der »herzlich und feinfühlig, an allem interessiert« war.⁵ Fabers Gaben, »zutreffende Selbstwahrnehmung, äußerst klare Einschätzung seiner selbst und der anderen, feinfühlig für jegliches Ereignis«, befähigten ihn, »zu unterstützen, ohne zu beherrschen, zu verstehen, ohne zu überführen, anzuziehen, ohne Überlegenheit auszuüben«⁶.
Und er war nicht nur ein Menschenfreund, sondern auch ein Freund Gottes, der Heiligen und der Engel. Vielleicht könnte man sagen, dass diese himmlischen Freunde ihm irdische Freunde zuführten und er die irdischen den himmlischen zuführen wollte. Fabers Menschenfreunde merkten jedenfalls deutlich, dass er in intimem Kontakt mit den Freunden des Himmels lebte. Nicht zuletzt in den vielen Exerzitien, die er gab, wurde dies für zahlreiche Menschen spürbar. Faber war ein Mann, dem man sein Herz öffnen konnte. Er lud ein, Gott Raum zu geben, wie er es selbst in seinem Leben getan hatte. In Freundschaft wollte er sich mit allen verbinden, auch mit den Verstorbenen.
Einer von Fabers bekanntesten Exerzitanten war Petrus Canisius, dem er 1543 in Mainz 30-tägige Exerzitien gab. Die Begegnung zwischen den beiden war nicht nur für Canisius persönlich von höchster Bedeutung, sondern auch für die Gesellschaft Jesu und die Kirche in Deutschland. O’Malley meint gar, Fabers nachhaltigster Beitrag zur Geschichte des deutschen Katholizismus hätte gerade darin bestanden, dem jungen Studenten die Exerzitien gegeben zu haben, worauf dieser sich entschied, in den Orden einzutreten.⁷
Doch hören wir, was Canisius selbst – noch unter dem unmittelbaren Eindruck des Erlebten – einem Freund über eine lebenswendende Begegnung schreibt: Ich machte eine gute Reise nach Mainz und fand zu meiner großen Freude den Menschen, den ich suchte, wenn er überhaupt ein Mensch und nicht ein Engel Gottes ist. Niemals habe ich einen gelehrteren und gründlicheren Theologen gesehen oder gehört, noch irgendeinen Menschen von so leuchtender Heiligkeit. Sein heißestes Verlangen ist, in Verbindung mit Christus am Heil der Seelen zu arbeiten. Obwohl alle seine Worte voll sind von Gott, er mag schreiben oder sich vertraulich besprechen oder bei Tische sitzen, werden seine Zuhörer doch nie gelangweilt oder ermüdet. Er genießt so großes Vertrauen und Ansehen, dass viele Mitglieder religiöser Orden, viele Bischöfe und gelehrte Doktoren ihn zu ihrem Meister und Führer im geistlichen Leben gewählt haben. Unter ihnen ist auch Cochläus [kath. Kontroverstheologe], der bekennt, er werde niemals imstande sein, den Dank abzustatten, den er ihm für den Unterricht in den Geistlichen Übungen schuldig sei. [… ] Ich für meinen Teil kann kaum Worte finden, um Dir zu sagen, wie diese Geistlichen Übungen meine Seele und Sinne umgewandelt, meinen Geist mit neuen Strahlen himmlischer Gnade erleuchtet und mich mit neuer Kraft und Stärke erfüllt haben. Die Fülle göttlicher Gnaden strömt sogar auf meinen Leib über und ich fühle mich ganz belebt und in einen neuen Menschen umgewandelt. ⁸
Canisius berichtete von seinen Erfahrungen auch dem Prior der Kartause in Köln, Gerhard Kalckbrenner, dem er freundschaftlich verbunden war. Dieser schrieb wenig später an den Prior der Kartause in Trier am 31. Mai 1543: Ehrwürdiger und teuerster Vater und Freund. Mitten in den Stürmen, von denen die ganze Christenheit in dieser beweinenswerten Welt erschüttert wird, hat Gott Seine Kirche nicht ganz verlassen, sondern hat, um ihr zu helfen, einige apostolische Männer erweckt, erfüllt von Seinem Geist und geschmückt mit den Tugenden von oben. [… ] Einer von ihnen ist beim Kardinal von Mainz, ein gewisser Magister Peter Faber, ein Theologe der Universität Paris und ein Mann von großer Heiligkeit. Er lässt Leute guten Willens, die zu ihm kommen, gewisse wunderbare Übungen machen, mit deren Hilfe sie in einigen wenigen Tagen eine wahre Erkenntnis ihrer selbst und ihrer Sünden, die Gabe der Tränen und ein echte, herzliche Bekehrung zu Gott erlangen, samt Fortschritt in Seinem Dienst und eine verborgene Vertraulichkeit und Liebesvereinigung mit Ihm. O möchte sich eine Gelegenheit bieten zu einer Reise nach Mainz! Wahrhaftig, es wäre der Mühe wert, sogar bis nach Indien zu wandern, um einen solchen Schatz zu suchen. Ich hoffe, dass, bevor ich sterbe, mir Gott die Gnade geben werde, diesen Mann zu sehen, diesen ganz einzigen Gottesfreund, damit er mir ein Führer sei, mein Herz neu zu gestalten und mich mit meinem Schöpfer zu vereinigen. ⁹
Simón Rodrigues, einer der ersten zehn Gefährten der Gesellschaft Jesu, schrieb lange nach Fabers Tod in seiner Schrift Ursprung und Entwicklung der Gesellschaft Jesu über deren Mitgründer: Neben vielen anderen Tugenden besaß er eine besondere und in höchstem Grade angenehme Milde und Güte, mit denen er Menschen begegnete. Ich habe diese bei niemand anderem sonst gesehen. Ich weiß nicht, wie er die Freundschaften einleitete, aber er beeinflusste Personen in einer Weise, dass er sie durch die Milde seines Gesprächs zur Gottesliebe hinzog. ¹⁰
Freunde im Herrn
Auch wenn es scheint, dass Ignatius die Formulierung »Freunde im Herrn« für die ersten Gefährten nur einmal gebraucht hat, so beschreibt sie doch sehr gut, wie eine Gruppe von Studenten um Ignatius in Paris zueinanderfand, den Grund für die Gesellschaft Jesu legte und auch, nachdem der Orden sich etabliert hatte, trotz geographischen Abstandes miteinander in Verbindung blieb. Der »Erstgeborene« in dieser Gruppe war Faber.¹¹
Peter Faber und Ignatius
Für Peter Faber war die Begegnung mit Ignatius ein Wendepunkt. Er war als 19-Jähriger 1525 nach Paris gekommen, um zu studieren und Priester zu werden. Zusammen mit Franz Xaver, mit dem er auch das Zimmer teilte, trat er in das Barbara-Kolleg ein. Nach nicht einmal vier Jahren wurde der begabte Student Bakkalaureus der Freien Künste und Lizentiat. 1529 wurde Ignatius sein Zimmergenosse.
Auf wen traf Faber? Auf einen Studenten in vorgerücktem Alter von 38 Jahren, dem eine Kanonenkugel im Jahr 1521 alle Träume von ritterlicher Ehre und Karriere zerstört hatte; der durch einen dramatischen Umwandlungsprozess gegangen war und mit seiner Vergangenheit als ritterlicher Ehrenmann gebrochen hatte; der nach einer Form für seine geistlichen Erfahrungen und seine Berufung suchte; der schließlich 1528 nach Paris kam, um in Ruhe zu studieren, da wegen der Inquisition der Boden in Spanien zu heiß war. Kurz und gut, ein Mann mit durchlittener geistlicher Erfahrung und einem starken Willen, den Seelen zur größeren Ehre Gottes zu helfen.
Auf wen traf Ignatius? Faber war ein erfolgreicher Student. Äußerlich lief alles bestens, doch der 15 Jahre jüngere Zimmergenosse des Ignatius war innerlich unruhig. Er hatte Berufungszweifel. Im Alter von zwölf Jahren war alles so klar gewesen. Man hatte den wissbegierigen und begabten Hirtenjungen auf die Schule geschickt, wo er auf gute Lehrer traf. So verspürte ich um mein zwölftes Jahr einen Antrieb des Heiligen Geistes, mich dem Dienst Gottes, unseres Herrn, zu weihen; und eines Tages, in überschäumender Freude, auf einer Wiese (denn es war Ferienzeit und ich half beim Viehhüten) – damals also gelobte ich in großem Verlangen nach Reinheit Gott, unserem Herrn, ewige Keuschheit (M 4).
Doch die Großmut und Gewissheit des Heranwachsenden wurden hart auf die Probe gestellt. Trotz des früh gefassten Vorsatzes schien plötzlich wieder alles möglich; […] wo mich doch früher (d.h. bevor ich dank Iñigos gottgewollter Handreichung das Kap meines Lebens festgelegt hatte) mancherlei Stürme umhergetrieben und hin- und hergerissen hatten: ich wollte bald heiraten, bald Arzt werden, bald Jurist, bald Lehrer, Theologieprofessor, einfacher Kleriker ohne Benefiz und zuzeiten auch Mönch (M 14). Doch nicht nur die vielen Möglichkeiten, die sich ihm boten, verwirrten ihn, sondern auch – und wahrscheinlich noch tiefer – Gewissensbisse, Skrupel und Versuchungen. Faber hatte ein empfindliches Gewissen und fühlte sich angefochten durch einen Hang zur Selbstgefälligkeit, Gaumenlust und Kritiksucht (M 10f). Besonders machten ihm sexuelle Versuchungen zu schaffen, die man mit dem heutigen Wissen um die sexuelle Entwicklung anders einordnen würde. Doch er erlebte sie damals als sehr bedrückend. Die Versuchungen, die mich damals befielen, bestanden in bösen und widerlichen Bildern fleischlicher Dinge, die mir der Geist
der Unzucht eingab, von dem ich damals noch kein geistliches, sondern nur ein Bücherwissen hatte (M 9).
Sicherlich bewahrten ihn seine Gewissensbisse und Skrupeln nach eigenem Bekunden vor Schlimmem, auf der anderen Seite wurden sie aber eine so große Belastung, die ihn verzweifeln ließ. Die Skrupel bestanden in der Angst, ich hätte meine Sünden seit längerer Zeit nicht recht gebeichtet; sie quälten mich so sehr, dass ich zur Heilung sogar bereit gewesen wäre, in die Wüste zu gehen und mein Leben lang nur Kräuter und Wurzeln zu essen (M 9).
Faber war geistlich in einer Sackgasse und wusste sich keinen Rat. In der Rückschau konnte er doch etwas Gutes in den Skrupeln entdecken. Sie ließen ihn nach Hilfe ausschauen und öffneten ihn für einen Menschen, der ein Begleiter und Freund wurde. Sie [die Skrupel und