Berlin atomar: Die Atomkraftwerkspläne für die Hauptstadt
Von Katja Roeckner
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Über dieses E-Book
Wäre es nach den Plänen gegangen, die der West-Berliner Senat und der Stromversorger Bewag in den 1950er bis 1970er Jahren vorantrieben, würde in Berlin jetzt mindestens ein großer Atomreaktor stehen. Die nie verwirklichten Pläne rekonstruieren die Autoren Stück für Stück und beschreiben damit eine fast unglaubliche Geschichte, die weit über den lokalen Berliner Rahmen hinausweist.
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Buchvorschau
Berlin atomar - Katja Roeckner
Anhang
Einleitung:
Berlin und die Atomkraft – nicht nur eine Fernbeziehung
Berlin strahlt nicht. Eine Selbstverständlichkeit? Durchaus nicht. Wenn es nach den Plänen des West-Berliner Senats und des Elektrizitätsunternehmens Bewag gegangen wäre, hätte die atomare Zukunft der Stadt in einer aufgelassenen Kiesgrube beginnen sollen. Im Ortsteil Wannsee, im amerikanischen Sektor, unweit der Glienicker Brücke wäre Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre beinahe Deutschlands erstes Atomkraftwerk gebaut worden. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt (SPD), der spätere Bundeskanzler, gehörte zu den Befürwortern der Atomenergie und des Berliner Stadtreaktors. Und auch in den siebziger Jahren nahmen Senat und Bewag noch einmal einen Anlauf für ein Atomkraftwerk in der Großstadt. Das sollte sogar noch stadtnäher, direkt an der Spree auf den Ruhlebener Wiesen gebaut werden.
Über die Pläne, die beide nie Realität wurden, war damals wie heute wenig in der Öffentlichkeit bekannt. Wir haben sie anhand von Akten in verschiedenen Archiven und durch Zeitzeugeninterviews rekonstruiert. Das können Sie in diesem Buch nachlesen. Denn diese Berliner Atomgeschichte verdient durchaus einige Aufmerksamkeit: Sie steht für die grenzenlose Begeisterung zu Beginn des Atomzeitalters, für damalige Technikgläubigkeit, für die beginnende Atomskepsis in den siebziger Jahren, aber auch für die Besonderheiten des geteilten Berlins – Ortsgeschichte wurde hier, am Brennpunkt des Kalten Krieges, schnell zur Weltgeschichte.
Bevor Sie über die Kernkraftwerkplanungen der sechziger und siebziger Jahre in West-Berlin lesen können, führt eine Einleitung in den allgemeinen Zusammenhang des beginnenden Atomzeitalters ein: In Atomeuphorie, Programme wie „Atoms for Peace und „Euratom
, die ersten Forschungsreaktoren und kommerziellen Atomkraftwerke sowie die rechtlichen Besonderheiten des geteilten Berlins. Abschließend stellen wir in einem Ausblickskapitel die beginnende Anti-Atom-Bewegung dar, die für uns heute so selbstverständlich mit dem Atomthema verbunden ist, tatsächlich aber erst Mitte der siebziger Jahre in größerem Maße aktiv wurde. Wie ganz anders die große Mehrheit der Menschen heute, nach den Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima, auf das Thema blickt, wird hier einmal mehr deutlich. Denn in den fünfziger und sechziger Jahren schienen Begeisterung und Hoffnung, die in die neue Technologie gesetzt wurde, schier grenzenlos.
Atombegeisterung, Programme und erste Reaktoren
Atomstrom und Atomtechnik versprachen in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts das Schlaraffenland der unerschöpflichen Energieversorgung. Sogar vom atombetriebenen Automobil und atombeheizten Einfamilienhaus träumten die Techniker.¹ Im August 1955 befeuerte die internationale Genfer Atomkonferenz die Atomeuphorie in einer breiten Öffentlichkeit. Die Pioniere USA, Großbritannien, Frankreich und Sowjetunion stellten in Genf ihre bisherigen Errungenschaften auf dem Gebiet der zivilen Nutzung der Kerntechnik vor: Die USA präsentierten in einem Gebäude, das einem Schweizer Bergbauernhof nachempfunden war, einen kleinen Forschungsreaktor, der als „Swimming-Pool-Reaktor in einem strahlend blauen Wasserbecken schwamm und zehntausende von Schaulustigen anzog.² Die Technikeuphorie kannte keine Grenzen, weder auf der rechten noch auf der linken Seite des politischen Spektrums. Während der CSU-Chef Franz Josef Strauß, 1955 erster Atomminister der Bundesrepublik, nicht weniger als eine Revolution erwartete, eine vollständige „wissenschaftliche und wirtschaftliche Umwälzung
, die den Strom so billig mache, dass sich das Ablesen nicht mehr lohne³, schwärmte der marxistische Philosoph Ernst Bloch 1954 in seinem Buch „Das Prinzip Hoffnung auf seine Weise von der neuen Wundertechnik: „Die Atomenergie schafft in der blauen Atmosphäre des Friedens aus Wüste Fruchtland, aus Eis Frühling. Einige hundert Pfund Uranium und Thorium würden ausreichen, die Sahara und die Wüste Gobi verschwinden zu lassen, Sibirien und Nordamerika, Grönland und die Antarktis zur Riviera zu verwandeln.
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Beide deutsche Staaten überboten sich in Zukunftsplanungen. Die bundesdeutsche industrienahe Zeitschrift „atomwirtschaft prognostizierte, dass Westdeutschland schon bis 1960 ganze 80 Prozent seines Strombedarfs aus Kernenergie decken könne. Der Osten stand dieser Euphorie in nichts nach: „Atom wird Helfer, und Du siehst das Morgen / den hohen, hellen Schornstein, der nicht raucht,
dichtete eine „werktätige Lyrikerin" dort.⁵ Ende der 1950er-Jahre verabschiedete die DDR eine „Perspektivplanung Kernenergie", die vorsah, bis 1970 den steigenden Energiebedarf komplett aus Kernenergie zu decken. Bis 1975 sollten 15 Atomkraftwerke in Betrieb sein.⁶
Von diesen erhofften Segnungen, die sich im Laufe der Jahrzehnte sämtlich als Illusionen erwiesen, wollte auch die Bundesrepublik natürlich profitieren. Für sie begann das Atomzeitalter allerdings verspätet: Erst mit der vollen Souveränität 1955 waren Forschung und Entwicklung in angewandter Kernphysik hierzulande wieder freigegeben. Zuvor war sie von den West-Alliierten USA, Großbritannien und Frankreich unter scharfe Restriktionen gestellt worden. Während insbesondere die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion schon ein Jahrzehnt Vorsprung hatten, stieg die Bundesrepublik also erst zehn Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation 1945 in die neue Technologie ein. Ein erster Schritt waren der Aufbau von Institutionen, die die Atomtechnik vorantreiben sollten, und der Aufbau von Zentren mit Forschungsreaktoren.
Letzteres förderten die Amerikaner durch ihr „Atoms for Peace (Atome für den Frieden)-Programm. „Die Vereinigten Staaten wissen, dass es kein Zukunftstraum mehr ist, aus der Atomenergie Kräfte für friedliche Zwecke zu gewinnen. Die erwiesene Möglichkeit dazu besteht jetzt – hier – heute
, hatte Präsident Eisenhower am 8. Dezember 1953 mit einer Rede vor den Vereinten Nationen (im Anhang) das Programm begründet.⁷ Die USA wollten bei ihren Verbündeten den Einstieg in die zivile Atomenergienutzung fördern, insbesondere durch die Lieferung von Forschungsreaktoren inklusive Brennmaterial. Zudem regte Eisenhower die Gründung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) an. Der kurz nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki 1945 weit verbreiteten Angst vor Atomwaffen und nuklearer Aufrüstung zwischen Ost und West wollte die amerikanische Regierung so ein positives Image der friedlichen, Fortschritt