Der Traum vom eigenen Hotel: Eine Gebrauchsanweisung
Von Ute Rieger und Robert Cordes
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Über dieses E-Book
Eine Gebrauchsanweisung
Ute Rieger
Ute Rieger (Jahrgang 1968) hat schon Ferienanlagen mit bis zu 2.500 Betten gemanagt. Ihre Erfahrung erstreckt sich über die gesamte Touristik. Gestartet im Reisebüro und beim Reiseveranstalter, über Stadtmarketing vervollständigte sie ihre touristische Expertise im Management von renommierten Hotel- und Ferienanlagen, bis sie sich als Beraterin selbständig machte. 2013 gründete sie mit Robert Cordes in Kiel die gemeinsame Beraterfirma Cordes und Rieger (Kompetenz für Tourismus, Hotellerie, Gastronomie), und berät vorwiegend Hoteliers und Gastronomen bei der Gründung, Konzeptfindung und Umstrukturierung. Daneben ist sie unter anderem Dozentin an Hochschulen und Mitglied im zukunftsInstitut.
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Buchvorschau
Der Traum vom eigenen Hotel - Ute Rieger
Inhalt
Prolog
10 gute Gründe, ein Hotel zu eröffnen
Erstens: Der Eintritt ist frei!
Zweitens: Eine eigene Welt!
Drittens: Weil man in bester Gesellschaft ist
Viertens: Leben, wo andere Urlaub machen
Fünftens: Das Gästebuch und andere Medien
Sechstens: Ich bau mir ein Schloss!
Siebtens: Hotels sind sexy
Achtens: Weil man die Nase vorn haben darf
Neuntens: Verwöhnen macht Spaß
Zehntens: All das Glück!
Vom Traum zur Realität
Es wird! Die Idee nimmt Gestalt an
Lage! Lage! Lage!
Exkurs: Einfach machen! Das Kubatzki
Kaufen oder pachten?
Das Konzept
Exkurs: Einfach machen! Der Pharisäerhof
Der Name
Pläne machen
Der Finanzplan
Der Marketing- und Vertriebsplan
Exkurs: Einfach machen! Seemannsbraut
Die Finanzierung
Bauen, Umbauen, Einrichten
Exkurs: Einfach machen! Villa WellenRausch
Mitarbeiter
Die Eröffnung
Sich verankern
Exkurs: Einfach machen! Haus am Landsende
Wenn Träume groß werden
Kleiner Krisenhelfer
Die Autoren
Prolog: Der Traum
Es ist der zweite oder dritte Urlaubstag. Du bist ausgeschlafen und genießt dein Frühstück auf der Hotelterrasse. Leise Loungerhythmen legen sich über die Szenerie, und in deinem Kopf macht sich diese herrliche Leere breit, die sich das nur im Urlaub traut. Die Sonne scheint dir ins Gesicht, du musst blinzeln. Deine Sonnenbrille liegt noch auf dem Zimmer, aber das macht nichts. Du schließt die Augen und hältst dein Gesicht in die Sonne. Das Licht dringt dir durch die Lider und taucht dein Leben in Gold.
Eine Weile sitzt du nur da und genießt den Moment. Als du die Augen wieder öffnest, brauchen sie eine Weile, um sich zurechtzufinden. Die Gestalt auf der anderen Seite des Tisches wird wohl eine optische Täuschung sein. Du reibst dir die Augen, doch sie ist immer noch da. Sehr klein zwar, aber unübersehbar sitzt sie auf dem Stuhl dir gegenüber, die Nase erreicht gerade mal die Tischkante. „Darf ich?", fragt die winzige Gestalt höflich und zeigt auf das Champagnerglas vor dir.
Sprachlos schiebst du es über den Tisch. Dabei fällt dir auf, wie hübsch dein ungebetener Gast doch ist. Die Sonne im Rücken lässt ihn noch mehr strahlen als es seine Schönheit schon tut. Die kleinen Finger greifen das Glas und führen es an die zarten Lippen.
„Schön hier, nicht wahr?"
Du nickst, deinen Mund bekommst du immer noch nicht auf. So verblüfft bist du von dem Auftritt des kleinen Wesens. Immerhin gelingt es dir, den Blick von ihm loszureißen. Du lässt ihn kurz schweifen und atmest tief durch.
„Das könntest du immer haben", sagt dein Gegenüber.
Langsam dämmert dir, wer da vor dir sitzt. Es ist einer dieser Typen, die ihr halbes Leben im Hotel verbringen und jeden anquatschen, der aussieht, als würde er seine Gesellschaft suchen. Es ist: der Traum vom eigenen Hotel. Du musst schmunzeln, nimmst das Glas wieder an dich und lehnst dich entspannt zurück. „Na, dann lass mal hören!"
Der kleine Traum lässt sich nicht zweimal bitten. Er nimmt Haltung an, legt die Hände flach auf den Tisch und schaut dir fest ins Gesicht.
„Wo wollen wir anfangen?, fragt er und wartet die Antwort gar nicht erst ab, „natürlich, die Lage! Meer oder Berge? Stadt oder Einsamkeit? Und wie groß? Mit Pool oder ohne?
Wie die Perlen im Glas an die Oberfläche sprudeln die Fragen aus der kleinen Gestalt heraus. Die Antworten sind erstaunlicherweise genauso schnell gefunden. „Meer natürlich!, „Nicht so groß!
, „Kein Pool, dafür eigener Strand!"
Das eigene Hotel nimmt schneller Formen an, als sich die Champagnerflasche leeren kann. Schon siehst du es vor dir – und dich selbst als Hotelier mitten drin. „Also deinen Job kannst du gleich mal kündigen!, hörst du den Traum flöten, „vergiss die launische Kollegin, den ständigen Termindruck, die E-Mails vom Chef nach Feierabend, den Stau nach der Arbeit. Das bist du alles los!
Mit feierlicher Geste streckt die Gestalt die Arme in die Luft als gäbe es ein Tor zu bejubeln.
Es ist erstaunlich: Je mehr der kleine Traum redet, desto größer wird er. Mit jeder neuen Idee scheint er zu wachsen. Schon hat sein Kopf das Ende der Stuhllehne erreicht, klopft seine Hand lässig auf den Tisch. Auch seine Hautfarbe hat sich verändert. Die vornehme Blässe um die Nase ist weg, rot strahlen die Bäckchen.
Du hast dich lange nicht mehr so gut unterhalten. Die Stunden verfliegen, der Service räumt das Büfett ab und du schaust erschrocken auf die Uhr. Du wolltest doch an den Strand. Schnell machst du dich auf. Der Traum bleibt am Tisch sitzen und winkt. „Bis Morgen!", ruft er fröhlich.
Von nun an sitzt der Traum immer mit am Tisch. Manchmal kommt er sogar mit auf deine Ausflüge oder abends an die Bar. Du hast ihn gern dabei. Es lässt sich wunderbar mit ihm abhängen und ja, träumen. Manchmal sitzt du einfach nur da und schaust in sein schönes Gesicht, während er lustig weiter plaudert.
Doch irgendwann fährst du heim und der Traum bleibt da. Es ist ein Abschied wie von einer schönen Urlaubsromanze, die im Alltag nicht bestehen wird. Sieht man sich wieder? Ja, nein, vielleicht.
Zurück in deinem alten Leben musst du noch oft an den Traum denken. Wenn du zur Arbeit hastest, zum Beispiel; wenn sich die vielen Stunden im Büro wie Berge vor dir auftürmen und du weißt, dass du die Sonne wieder mal nicht sehen wirst. Dann sitzt der kleine Traum plötzlich neben dir im Bus und raunt dir zu: „Du musst das nicht tun! Du weißt doch …. Freundlich tätschelst du ihn und sagst: „Danke, dass du mich daran erinnerst.
Du steigst aus, der Traum fährt weiter. Lachend winkst du ihm nach.
Manchmal kommt der Traum zum Fernsehgucken vorbei. Er liebt Filme, die in Grand Hotels spielen oder in verträumten Pensionen. Wenn dort Hoteliers unter Palmen wandeln und offenbar nichts Besseres zu tun haben, als sich in das Liebesleben ihrer Gäste einzumischen, kichert er leise. Manchmal schlüpft er mit ins Bett und hält dich noch eine Weile wach, bis du in seinen Armen selig einschlummerst.
Inzwischen pflegt ihr eine dieser modernen Beziehungen, die man „on-off nennt, oder „stand-by
. Wenn man den anderen braucht, weil man etwas Spaß haben will oder Trost möchte, ist er da. Für den Traum ist das ok, er macht das mit. Schließlich pflegt er noch andere Beziehungen, das macht es ihm leicht.
Doch wie das so ist mit offenen Beziehungen: Eines Tages kommt der Punkt, wo man erkennt, dass es Liebe ist – oder zu banal, um sich weiter zu treffen. Und dann willst du plötzlich mehr. Möchtest was Festes, Ernstes. Aus dem Traum soll Realität werden! Da guckt der Traum etwas erschrocken aus der Wäsche, so wie der Frosch, den die Prinzessin plötzlich doch küssen will, nachdem sie sich so lange zierte. „Ok, sagt er dann entschlossen, kneift die Augen zusammen und spitzt den Mund: „Küss mich!
Und hier beginnt die Geschichte.
10 gute Gründe,
ein Hotel zu eröffnen
Erstens: Der Eintritt ist frei!
Das Schöne am Traum vom eigenen Hotel: Jeder darf ihn träumen, ohne Spott zu ernten! Hotelier wird man nämlich sehr viel einfacher als, sagen wir, Profifußballer, Prinzessin oder Bestseller-Autor. Man braucht weder ein besonderes Talent, noch jahrelanges Training oder ein paar Millionen auf dem Konto. Das Hotelbusiness ist ideal für Quereinsteiger und Menschen mit unruhigen Lebensläufen.
Und wer hat nicht schon alles ein Hotel eröffnet! Abba-Sänger Benny Andersson betreibt das „Hotel Rival in Stockholm, Fußball-Gott Cristiano Ronaldo das „CR7
auf Madeira. Auch die früheren Berufe legendärer Hoteliers sind bemerkenswert: Tischler hat Lorenz Adlon einst gelernt, Eduard Sacher war Konditor. In diesem Buch wird ein Binnenschiffer aus Hamburg erzählen, wie er seinen Beruf an den Nagel hängte, um ein Hotel für Hunde und seine Halter zu eröffnen und eine Bankerin aus Frankfurt, wie sie ein Yoga-Hotel gründete. „Jeder Mensch ist ein Hotelier", möchte man in Abwandlung von Joseph Beuys da sagen. Und es stimmt: Kaum ein Beruf ist so leicht zu ergreifen wie der des Hoteliers. Man muss eigentlich nur die Ärmel hochkrempeln.
Allerdings: Ein bisschen sollte man schon mitbringen. „Eine gewisse Begabung und ein besonderes Flair brauche man, erklärte sein Patron dem jungen César Ritz (1850-1918) nach dessen erstem Lehrjahr im „Hotel Couronne et Poste
in Brig, um ihm im selben Atemzug zu bescheinigen: „Die gehen dir vollkommen ab! Aus dir wird nie etwas in der Hotellerie! Die Geschichte sollte den Patron eines Besseren belehren. Nach seinem Rausschmiss ging der Bauernsohn aus dem Wallis nach Paris, wo er sich innerhalb kürzester Zeit vom Schuhputzer zum gefragtesten Kellner der Stadt hochschuftete. Sein Geheimnis war nicht allein seine Schnelligkeit: Er beobachtete seine Gäste genau und merkte sich deren Vorlieben, um sie später ungefragt damit zu überraschen – etwa dass Edward, Prince of Wales, sein Steak gut durchgebraten mochte, nach dem Essen eine leichte Havanna wünschte und den Wiener Walzer liebte. Mit seiner Aufmerksamkeit begeisterte er nicht nur den späteren britischen König (der ihn irgendwann nur noch zugeraunt haben soll: „Mein lieber César, Sie wissen besser, was mir schmeckt, als ich selbst. Stellen Sie mir ein Menü zusammen, das mir Freude macht.
), sondern zum Beispiel auch den alten Oberst Alphons Pfyffer. Dieser engagierte Ritz als Hoteldirektor seines Hotels „National in Luzern und ließ ihn mit seinem Vermögen anstellen, was der für richtig hielt. Ritz, der inzwischen nur zu gut wusste, was die reichen Leute liebten, machte das Hotel zu einem der besten in Europa und übernahm daraufhin weitere Direktorenposten in London, Aix-les-Bains, Rom, Frankfurt, Wiesbaden, Biarritz und Paris. Zuweilen managte er mehr als zehn Häuser gleichzeitig – darunter die besten Adressen Europas. 1897 schuf er mit dem ersten Hotel, das seinen Namen trug, dem „Ritz
in Paris am Place Vendôme, sein Meisterwerk – und erfand damit mal eben die moderne Hotellerie. „Hotelier der Könige und König der Hoteliers", nannte ihn der damalige Prince of Wales. Und wie einen König behandelte Ritz jeden seiner Gäste. Das war seine Philosophie.
Keine Frage: Ritz hatte drauf, was wir die 4 M’s nennen: „Man muss Menschen mögen! Diese Eigenschaft sollte wirklich jeder mitbringen, der in der Hotellerie glücklich und erfolgreich werden will. Klingt einfach, sagen Sie? Tut das nicht jeder? Nun, es sagen auch viele, sie seien tierlieb – bis die dicke Spinne auf die Picknickdecke krabbelt. Auch die Menschenliebe kommt schnell an ihre Grenzen: etwa wenn der Hotelgast nach einer kräftezehrenden Anreise glaubt, er müsste seinen Frust am Rezeptionisten auslassen. Dabei steht der selbst schon 12 Stunden auf den Beinen und sein Nervenkostüm ist so dünn wie ein Negligé von Victoria Secret. Dann heißt es: Verständnis haben für den Gast, sich in ihn einfühlen. Oder einmal tief durchatmen und an Ritz denken, der stets zu sagen pflegte: „Der Gast hat immer recht.
Dann erübrigt sich jede Diskussion. Die vier M’s gelten übrigens nicht nur für die Gäste, sondern auch den Mitarbeitern gegenüber. Im laufenden Hotelbetrieb geht es schon mal sehr stressig zu, schnell passieren Fehler. Wer dann Verständnis zeigt, statt aus der Haut zu fahren, hat die Situation im Griff.
Zu den vier M‘s gesellt sich noch ein fünftes: Mut braucht man! Natürlich. Ohne Mut geht keine Existenzgründung! Was sonst noch von Vorteil ist, fasst folgende Checkliste zusammen. Also: Hand aufs Herz und tief in sich hineingehorcht: Tauge ich zum Hotelier?
Checkpoint
Fast überall mit „Ja geantwortet? Glückwunsch, weiter geht’s! Es sind noch einige „nein
dabei? Nun, was nicht ist, kann ja noch werden. Siehe Ritz.
Zweitens: Eine eigene Welt!
Wann hat man schon mal die Chance, seine eigene Welt zu erschaffen? Wenn man nicht zufällig Filmregisseur, Romanautor oder der Diktator eines abgeschotteten Landes ist, sieht es in der Regel schlecht damit aus. Es sei denn, man wird Hotelier: Denn dann gestaltet man sie nämlich tatsächlich – seine eigene kleine Welt. Und setzt sich selbst an deren Spitze.
Wer nun ruft, das sei vermessen und ein Hotel nichts weiter als ein Haus mit Zimmern und einer Lobby, sollte mal kurz ins Bücherregal schauen. Vielleicht steht dort „Menschen im Hotel von Vicky Baum aus dem Jahr 1929 oder „Hotel Savoy
von Joseph Roth aus dem Jahr 1924. Hier bildet jeweils ein Hotel den Rahmen für Dramen, bietet der Mikrokosmos mit seinen eigenen Regeln, Hierarchien und den ständig wechselnden Protagonisten Stoff für ganze Romane. Vicky Baums Roman um die alternde Ballettdiva Grusinskaya wurde so erfolgreich, dass Hollywood ihn mit Greta Garbo verfilmte. Später griff die Autorin, die für die