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Was tief im Wald geschah - Ein Schweden-Krimi
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Was tief im Wald geschah - Ein Schweden-Krimi
eBook396 Seiten6 Stunden

Was tief im Wald geschah - Ein Schweden-Krimi

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Über dieses E-Book

Ein spannender Krimi für alle Schwedenfans!Nordschweden im September: Bei einem Schulausflug wird ein 15-jähriger Junge durch einen Schuss aus einem Jagdgewehr getötet. War es ein tragischer Unfall oder ein heimtückischer Mord? Die Jagdsaison ist noch nicht eröffnet, abgefeuerte Schüsse sind daher eher eine Seltenheit. Siv Dahlin, die in der Nähe war, als der Schuss fiel, kann den Anblick des toten Jugendlichen nicht vergessen. Etwas macht sie misstrauisch, und sie beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Doch ihre Nachforschungen bringen Ergebnisse zu Tage, die sie in das unmittelbare Visier des Gegners leitet... "Aino Trosell gehört ganz klar zur schwedischen Krimi-Elite" - Svenska Dagbladet"Dieser Krimi ist einmalig. Die Heldin: eine Frau mittleren Alters, von Beruf Altenpflegerin und begeistert von Tanzmusik. Hier treffen keine Superfrauen auf Serienkiller, es gibt keine Stereotypen, sondern Menschen aus Fleisch und Blut." - Örnsköldsviks Allehanda-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum11. Nov. 2019
ISBN9788726344196
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    Buchvorschau

    Was tief im Wald geschah - Ein Schweden-Krimi - Aino Trosell

    www.egmont.com

    I

    was hast du an jenem morgen gedacht? Geht man an dem Tag, an dem man beschlossen hat, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen, wie immer seinen Angelegenheiten nach?

    Hast du sogar in Ruhe gefrühstückt?

    Du hättest alles abblasen können. Hättest dir sagen können, dass die Idee genauso krank war, wie sie nun einmal war, und das Leben hätte weitergehen können – zur Not ohne dich. Ohne deinen Schlag in die Menge hinein, ohne dein Entsetzen, deinen Tod, deine verbissene Destruktivität. Ohne dich hätte der Morgen nicht diesen düsteren Nachklang gehabt.

    Der Septembermorgen war sonnig und klar, der Himmel weit und die Luft ein wenig kühl, als sie vor der Zentralschule in den Bus stiegen, um an diesem einzigen Wandertag vor dem Winter ins Gebirge zu fahren.

    Nur zwei Lehrer begleiteten sie, der Rest hatte Studientag zum Thema neue Benotung, bereits zum x-ten Mal – Experten müssen auch leben. Stattdessen waren ein paar Angehörige dabei, das hatte die Schule zur Bedingung gemacht. Eine Mutter hatte sich die Stunden von ihrem Job im Arbeitsamt frei genommen, sie redete sich ein, sie sei überarbeitet und brauche eine Pause. Das Arbeitsamt war einer der größten Arbeitgeber am Ort und die Schufterei dort wahrhaftig vergleichbar mit jeder echten Knochenmühle. Das sagte zumindest diese Mutter.

    Der Vater eines anderen Kindes hingegen war arbeitslos, weshalb ihm nicht sofort eine gute Ausrede einfiel, als der Elternvertreter überraschend anrief und fragte, ob er mitfahren könne. Jetzt, als er hier im Bus saß, war er froh, keine Wahl gehabt zu haben, denn was hätte er an diesem strahlenden Herbsttag wohl sonst getan – vermutlich wie gewöhnlich vor dem Computer gehockt und zu viel gegessen.

    Die Tante eines Schülers ließ ihre Damenmodeboutique bis sechzehn Uhr zu, es kamen ja doch nur wenige Kunden, und sie hatte das Gefühl, ihrem Neffen würde ihre Anwesenheit guttun, auch wenn der Junge selbst das Gegenteil behauptete. Vielleicht wurde er ja gemobbt, sie wusste es nicht genau. Seine Mutter konnte man vergessen und der Junge konnte einem leidtun, fand diese Tante und fühlte sich ein bisschen anarchistisch – an einem normalen Werktag den Laden zu schließen, da würden die Leute reden. Aber an jenem Tag, wenn sie die Konsequenzen der düsteren Botschaft ihrer Jahresbilanz zog, da würden sie wirklich was kriegen, worauf sie sich stürzen konnten. Falls diese Tante auch noch andere Gründe hatte, mit in die Berge zu fahren, schwieg sie sich darüber aus, und das sogar sich selbst gegenüber.

    Die meisten anderen hatten keine Wahl, sondern nahmen gezwungenermaßen und pflichtgemäß teil. Ist man fünfzehn Jahre alt, sind die Gefühle gewaltig, während alles andere Handlungsspielraum und Blickfeld nur begrenzt, sodass man ständig um sich schlagen muss, den Fleck frei schlagen muss, auf dem man sich gerade befindet. Und man ist allein. Trotz der Kumpel, der Kumpel auf Leben und Tod, für die man alles tun würde und die auch alles erfahren, fast alles . . .

    Es hatte massiven Widerstand gegeben, Scheiße, schon wieder Wandertag, verdammt überflüssig und total sinnlos und öde, aber jetzt sitzen sie hier, und der Bus lässt Alcatraz hinter sich, und überall sieht man nur fröhliche junge Gesichter, nicht mal vor Müdigkeit hängt jemand schlapp herum, obwohl es erst halb neun Uhr morgens ist. Nein, einfach nur Lebensfreude, Lebenslust, Blicke und Lachen wie elektrische Schläge heizen die Stimmung, die schon gut ist, immer mehr auf.

    Plötzlich Freiheit, aromatische klare Luft, die Fahrt geht das Tal hinauf nach Norden, das Wasser im Västerdalälven leuchtet blau, der Himmel in hellerem Blau, und die Natur trägt ein elegantes rostgelbbraunes Gewand, immer noch mit einem leichten Anflug von Grün. Die roten Höfe mit ihren großen Wirtschaftsgebäuden, die Geschichte des Gehöfts erkennbar an einem mausgrauen kleinen Wohnhaus, das zwar hatte stehen bleiben dürfen, aber ersetzt worden war durch ein größeres winterfestes Haus mit Balkon und einem Obergeschoss, das noch später hinzugefügt worden war.

    Der weiße Finger der Kirche von Lima zeigt direkt hinauf ins Licht, und nach Süden liegen die Gräber vor dem letzten großen Gericht in der Sonne. Der Verkehr ist minimal, der Bus saust an den Dörfern vorbei – Skålmo, Husom und Berga –, der jeweilige Dorfkern am Ende einer Abzweigung. Auf jedem einzelnen Hof sind Veranda oder Vortreppe verglast und abgedichtet worden – höchst adäquate Baumaßnahmen, denn Winterkälte und Mückenhölle folgen dicht aufeinander, ganz zu schweigen von den Kriebelmücken.

    Der ältere Sportlehrer Linjo Sven löst den Blick von der schönen Tallandschaft, schließlich ist er im Dienst, und da bemüht er sich nun ein gemeinsames Lied anzustimmen, in seiner Jugend haben sie stets gesungen, aber da verläuft wirklich die Grenze – nur Stöhnen und Augenverdrehen, der ist schon immer so ein Idiot gewesen. Nett allerdings. Ja, nett, aber wahnsinnig beknackt, und was krächzt er da jetzt? Hier sind junge frische Kräfte? Was ist denn das für ein alter Rockabillyquatsch? Hab nie davon gehört, geschweige je gesungen. Wenn wir einfach die Klappe halten, wird er schon wieder aufhören. Aber nichts da. Dafür kommt Axel Svensson, der jüngere Sportlehrer, Linjo Sven zu Hilfe und legt los mit »Offenes Land« – erzählt mir nicht, dass ihr dieses Lied nicht kennt. Also Axel – »nahe am Meer« – wo’s hier doch bloß Wald gibt, meine Oma hat das Meer überhaupt noch nie gesehen, nur im Fernsehen. Können wir das nicht lassen, oder dreht mal Mix Megapol im Radio ordentlich auf, dann singen wir mit, Ehrenwort.

    Worauf sie zischend Büchsen öffnen, Energiedrinks und Cola, dazu gibt’s kalte Würstchen, auch kalte Pizza und natürlich Süßes, dieser ewige Hunger. Axel Svensson wendet den Blick ab, schaut weg, weit weg, jetzt riecht es im ganzen Bus nach Pizza.

    Einsame Höfe, völlig intakt verlassen, so wie sie zu Beginn des vorigen Jahrhunderts aussahen, man hat einfach alles stehen lassen und ein Stück weiter weg was Neues gebaut, der Vorrat an Holz war schließlich groß, und noch immer kann man darauf verzichten, an die Geschäftsleute im Gebirge zu verhökern, der Grundstückspreis kann eigentlich nur raufgehen. Diese verlassenen Höfe verkünden still, hier gibt’s keine Eile, was gewesen ist, ist gewesen, und nichts weiß man schließlich über das, was kommen wird, am besten man wartet ab, und zwar in aller Ruhe.

    Aber, was weiß man schon. Es hat schließlich gebrannt. Hat oft gebrannt, allerdings dort, wo Leute wohnten und lebten, nie auf einem verlassenen Hof, nur immer bei den neuen Häusern. Sie sind wie eine offene Wunde, diese viel zu häufigen Brände, der Bus kriecht jetzt vorbei an der leeren Luft, dort, wo früher der Berghof stand, gibt es nichts mehr. Die Brände von Lima haben etwas Gespenstisches, doch in dem fröhlichen Chaos des Busses sorgt die leere Luft, da, wo das Feuer wütete, nur für zusätzliche Spannung. Die Stimmung steigt nach dem Versuch der Lehrer mit dem gemeinsamen Singen wieder an – Himmel, wie alt sind die Typen eigentlich, sollten sie nicht bald in Rente gehen?

    Zwei wahrhaft passionierte und nette Lehrer setzen sich wieder auf ihre Plätze, um den Naturkräften im Bus ihren Lauf zu lassen, und schon bald nehmen Stimmengewirr, Lachen und Scherzen wieder zu, ebenso wie kleine Flirts und Kontaktaufnahmen, bei denen die Beteiligten selbst nicht immer ganz sicher sind, ob sie tatsächlich stattfinden oder nur ein Ergebnis ihres Wunschdenkens sind, freie Fantasien, ausgelöst von heftigen Hormonattacken, und immer besteht die Gefahr, sich zu verraten, sich zu demütigen. Sie trauen sich auch nicht, es klar zu zeigen oder auszusprechen, obwohl Kicki oder Stefan oder Andreas oder Pilla wirklich zurücklinsen, ja, fast die ganze Zeit. Doch was weiß man schon. Blamieren tut man sich ohnehin, aber deshalb muss man das Schicksal ja nicht noch weiter herausfordern und zugeben, wie es tief drinnen bei einem tatsächlich aussieht, wo alles gärt und drängt und spannt, Gefühle das alles, nur leidlich gezügelt.

    Die große Sägewerksanlage von Fiskarheden sendet ihren frischen Duft direkt hinein in den Bus, und die nette Tante bekommt einen Blick vom Neffen Sammy, der Austausch erfolgt blitzschnell, doch sie schafft es, ihn anzulächeln und freut sich, dass er sich irgendwie freut, weil sie mitgefahren ist, und dass er es nicht lästig findet. Fiskarheden macht sie ebenfalls froh, weil es mit dem Betrieb so gut läuft, bei anderen hier geht es geradewegs den Bach hinunter, Konkurse gab es mehr als Neugründungen, falls da überhaupt welche waren. Sie weiß, wovon sie spricht, hat selbst so einiges erlebt.

    Verglichen mit dem grazilen Finger von Limas Kirche ist der Kirchturm von Transtrand nur ein stummer Daumen, die Bergrücken darüber umhüllt eine Wolke, die wie eine Mütze festsitzt, ein zotteliger Fellschlapphut zum Schutz der Glatze.

    Kleine solitäre Inseln mitten im Treiben, ohne Kontakt zu den Mitschülern, doch nicht wirklich gemobbt. Mats zum Beispiel, dessen persönliche Betreuerin ihm genau erklärt, was passieren wird, wenn sie dort ankommen. Sie hofft insgeheim, dass alles auch tatsächlich so abläuft, denn sonst gibt es Probleme, Zoff und viele komplizierte Fragen für den in Bezug auf sein Innenleben Behinderten, der die Dinge ganz wörtlich nimmt.

    Noch immer, obwohl es bereits Herbst ist, hat man Mats eine Betreuerin zugestanden, ein gesetzlich verbrieftes Recht, gewährt von dem vorausschauenden Bevormundungsstaat. Darüber denkt die Betreuerin nach. Und obwohl sie so jung ist, stellt sie dort auf dem weichen Bussitz ihre eigenen Überlegungen an. Und kommt zu dem Schluss, dass man vielleicht doch nicht alles nur mit Geld messen kann. Dass es auch andere Maßstäbe gibt, vielleicht zum Teil von der alten Staatsmacht angelegt. Die alte Staatsmacht, die bestimmt auch gewusst hat, dass es billiger wäre, ihn in irgendeinem Heim unterzubringen, zusammengepfercht mit ebenso Behinderten, dann hätte man gespart. Alle hätten damit Geld gespart. Doch mal abgesehen davon, wie der Junge sich dabei gefühlt hätte, wie hätte sich wohl seine Mutter gefühlt, ja, und all die anderen, die Bescheid wussten? Unter der alten Staatsmacht war man imstande zu erkennen, dass es möglicherweise andere Werte gibt als jene, die sich in Kronen und Euro messen lassen. Man konnte diese Erkenntnis auch in Taten umsetzen, und deshalb ist sie, die Betreuerin, noch immer hier, obwohl der Sitz angefangen hat zu wackeln. Er ist weich, wackelt aber, bestimmt hat sich eine Schraube gelöst und ist in all dem Müll dort auf dem Fußboden gelandet.

    Auch Sammy ist so ein Einzelgänger, allerdings ohne Behinderung, nicht innerlich noch äußerlich, es hat sich einfach so ergeben. Er wird nicht wirklich gemobbt, ist nur einsam, ungeheuer einsam. Er ist ruhig und still und versucht sich nicht aufzuspielen wie die anderen Burschen, und keiner weiß, was dieser Junge denkt, doch was schlimmer ist: Es interessiert auch keinen. Doch seine Tante sitzt da ein paar Reihen hinter ihm, und sie freut sich über seine neue Jacke, die sie dank ihrer tüchtigen Großhändler billig und in bester Qualität erstehen konnte. Er hat sie an diesem Morgen bekommen und sofort angezogen, und es scheint ihm auch nichts auszumachen, dass sie genau so eine Jacke trägt. Das Problem ist nur, dass die Mode noch nicht bis hierher vorgedrungen ist. In Stockholm wäre diese Jacke an einem Tag wie diesem Spitze gewesen und hätte gewiss viele beifällige und bewundernde Kommentare ausgelöst. Doch seine Mitschüler haben geschwiegen, sie haben nichts bemerkt, eine rote Jacke, die sie nie zuvor gesehen haben, na und? Ein halbes oder ein Jahr später wird diese Jacke auch hier in der hintersten Provinz der letzte Schrei sein, doch da ist Sammy schon lange tot und die blutige Jacke, aufgeschnitten von den Sanitätern, ist inspiziert, weggeworfen und verbrannt worden, und keinerlei Maßnahmen der Welt können Sammy wieder lebendig machen.

    Als die Steigung zur Hälfte überwunden war, brach plötzlich Nebel über sie herein, der Bus fuhr direkt in die Wolke, die das gesamte Bergmassiv umhüllte. Es war, als hätte jemand tausend Feuer angezündet und dann mit feuchtem Moormoos nachgelegt, sodass völlig grauer, beinahe undurchdringlicher Rauch aufstieg. Der Busfahrer konnte jedoch die weißen Linien auf der neu angelegten breiten Bergstraße noch erkennen und lenkte das Fahrzeug sicher zuerst an der Sälenstugan, dann am Lindvallen und dem Högfjällhotel, am Ende schließlich an Tandådalen und am Hundfjället vorbei. Irgendwo dort bog er nach rechts ab, und das letzte Stück war die Straße zwar asphaltiert, jedoch schmal und kurvenreich, und diverse Wegweiser zeigten in alle Richtungen zu den merkwürdigsten Orten – Ferienhaussiedlungen, von denen Sälen-Bewohner des alten Schlages bestimmt noch nie gehört hatten.

    Bei der Ferienhausanlage von Myrflodammen hielt der Bus endlich an, und die Schüler sprangen alle gleichzeitig, wie durch eine gemeinsame Feder bewegt, auf, eine Kakophonie von Stimmen erklang, aber Linjo Sven ließ seinen Bass ertönen: Alle setzen sich! Setzt euch! Erst muss ich noch ein paar Worte sagen, solange ihr zwischen diesen vier Wänden versammelt seid. Hört jetzt zu! Lasst euch nicht einfallen, abhandenzukommen oder euch zu verlaufen, hört ihr, was ich sage? Hat jeder Karte und Kompass dabei? Hoch damit!

    Ein Wald von Karten und Kompassen wuchs in Sekundenschnelle in die Höhe, wankte und schwankte in wilden, warmen Brisen, zeigte, hier gab es junge frische Kräfte, niemand würde abhandenkommen. Aber weg, das wollten sie so schnell wie möglich, richtig weit weg von der Welt der Erwachsenen, weg von diesen scharfen Augen und großen Ohren, weg wollten sie, in kleinen Gruppen. Lediglich die Einzelgänger und vielleicht ein paar andere – brave Mädchen – sahen irgendeinen Sinn darin, sich an die Erzieher zu halten, an die Erwachsenen, Eltern beiderlei Geschlechts oder an die Tante: Tschüss, wir hauen jetzt ab – lass mich durch – pass auf – ich war vor dir – aua, hör auf zu kneifen – das war der da – wer hat das gemacht – schon wieder der – komm jetzt, Linda –, komm jetzt, Jonas – ha, ich bin zuerst da – loslassen, sag ich, hör auf zu rempeln – ha, du bist Letzter.

    Linjo Sven und sein Kollege Axel schwammen sozusagen an den Wänden entlang, als sich die Flut der zukünftigen Generation durch die Türen ergoss. Die Blicke, die sich die beiden zuwarfen, zeigten lediglich Verwunderung und die übliche Resignation: Ja, was soll man machen. Aber sie sind so süß.

    Der jüngere Sportlehrer legte dann einen Schritt zu, eilte an dem Schwarm lärmender, gerade erst konfirmierter Kinder vorbei, behielt sich einfach das Recht vor, die Führung zu übernehmen und an der Spitze zu gehen.

    Linjo Sven ließ sich nach hinten zurückfallen, um die Langsamen, die Faulen und jene aufzufangen, die ihre Karte nicht lesen konnten, trotz des ganzen Eintrichterns im Klassenzimmer und auch in den Wäldern nahe der Schule, manche wollten es einfach nicht kapieren, da war es das Beste, wenn er als Letzter ging. Ziemlich weit hinten befanden sich auch die Arbeitsamtmutter, die Modeboutiquetante und der arbeitslose Vater, denn es war weiß Gott schwer, bei dem Tempo der jungen Leute mitzuhalten. Woher das wohl kam – all diese Eile, der Antrieb, der Wunsch, sich Hals über Kopf in die graue Suppe zu stürzen, um sich mit Hilfe von Karte und Kompass Punkt für Punkt vorwärtszuarbeiten, weshalb diese plötzliche Hast, die die meisten fast rennen ließ? Die Antwort war einfach, begann mit einem großen E und hieß Erlebnisbad. Der Besuch desselben in Tandådalen war das Finale und die Belohnung für diese Bergwanderung. Je schneller sie die Aufgabe lösten, desto mehr Zeit würden sie dort verbringen – im Strömungskanal und den wohligen Whirlpools und dem Becken, dessen einer Teil im Freien lag, sodass das Wasser in der kalten Luft dampfte. Dann brauchte man nur zu tauchen, und schwuppdiwupp befand man sich wieder drinnen und ließ sich erneut vom Strom mitreißen, spielte, man würde ertrinken und werde von der Flut weggetragen, ja, das waren die Stunden, auf die man sich freute, doch erst galt es, hier auf der Hochebene den Myrflodammen im halben Galopp zu umrunden.

    Nichts war zu sehen, nur der direkt vor ihnen liegende Pfad, der Nebel hüllte alles andere ein, ließ es unwirklich erscheinen, als befände man sich auf dem Mars oder im Kongo, das war spannend und angenehm schaurig, man war ja mit so vielen anderen hier, nichts Gefährliches konnte passieren, dennoch gab es Platz zum Träumen und für starke Gefühle. Noch immer unablässiges Lachen, Scherzen und Flirten, zum Spaß die Dame seines Herzens angerempelt, sodass sie hinfiel und er also gezwungen war, ihr aus dem Moorloch aufzuhelfen, aber ach, wie schwierig das doch war, er musste selbst in die Knie gehen, sie einfangen, hochziehen, sie um die Schultern fassen, dann um die Taille, und sie lachte die ganze Zeit. Er begriff. Wurde rot und blass, wusste nicht mehr, was er tun sollte, er wollte sie umarmen, aber bekam Angst und ließ los. Ihr Lachen verschwand mit den Worten: Bist du völlig . . ., und dann war das Märchen für diesmal zu Ende. Mit fünfzehn ist man gefangen, Gnade gibt es nie, man fällt und tut sich ständig weh, aber gerade an diesem Tag sollte das Leben sie allesamt lehren, was wirkliches Fallen ist, und bevor die Dunkelheit über sie hereinbrach, würden sie alle im freien Fall in die neue furchtbare Erkenntnis stürzen, dass die Lebensflamme brennt, dass sie brennt, doch wenn sie gelöscht ist, dann ist sie es für immer. Dann kann keine Macht der Welt sie wieder entflammen. So lebendig wie Sammy gewesen war, so schrecklich würden die Phantomschmerzen werden, die er hinterließ, denn hinterher verstand wirklich jeder, dass auch er genau wie sie alle gewesen war. Weshalb war er dann eigentlich immer allein gewesen? Wenn sie es ungeschehen machen könnten, würden sie ihn in ihren Kreis aufnehmen, mit ihm zusammen sein, ihm Wärme, Kameradschaft, ja Zärtlichkeit erweisen, alles wäre möglich.

    Bis plötzlich einfach nichts mehr möglich war.

    Mit lauter, militärischer Stimme befahl Axel Svensson am Abfluss des Myrflodammen Halt zu machen. Weitere kurze Instruktionen: Es nütze nichts zu hetzen, falls man sich vom Erlebnisbad verlocken ließe. Nein, jene, die zuerst wieder zur Rasthütte dort hinten zurückkehrten, sollten hineingehen und Feuer machen, damit die später Ankommenden sich zum Aufwärmen ans offene Feuer setzen und ihren Kakao trinken könnten.

    »Kakao« – der Lehrer konnte überhaupt nicht verstehen, warum alle plötzlich oben im Nebel Gott zu erblicken meinten. Dann eben heiße Schokolade, verdeutlichte er und erhielt ein Grinsen zur Antwort, alle hatten Dosen mit Energiedrinks oder Wasser dabei, keiner eine Thermosflasche, das war out, aber davon hatte Axel keine Ahnung. Das wird fett gemütlich, dort hinterher am Feuer zu sitzen, erwiderte einer gedankenverloren, und Axel stolperte wie üblich über dieses Modewort, das jetzt auch die Sprache der heimischen Jugend mehr und mehr verpestete. Jetzt dürft ihr Fetten euch mal ein bisschen bewegen, sagte er in einem dummen Versuch zu scherzen, doch kein Grinsen war die Reaktion, nur böse Blicke, immer traf er daneben. Folgt dem Pfad, rief er, ihr könnt euch nicht verlaufen, wenn ihr dem Pfad und den roten Markierungen folgt, oben auf dem Kungsleden richtet ihr euch nach den gelben, bleibt zusammen, das geht schon klar.

    Die Ehrgeizigen studierten die Karte und dann den Nebel um sich herum. Links, nach Norden, müssten Lägerdalsfjället und Syndalskläppen liegen, Flatfjället im Süden und direkt vor ihnen im Osten das jetzt unsichtbare Öjskogsfjället. In der Ferne erklang rhythmisches Hundegebell.

    Draußen auf dem Moor war ein Schild im Nebel auszumachen: Achtung dünnes Eis! Sie lachten. Und kapierten, dass dies für die Schneeskooter im Winter galt. Ganz in der Nähe entdeckten sie einen Pfahl mit Wegweisern in Blau, der Text darauf in Weiß, die in alle Richtungen zeigten: Kläppenskjulet 2,5, Syndalen 3,5, Tandådalen 4. Sie gingen ein Stück, um kurz einen Blick in die Rasthütte zu werfen, sie sollten zwar weiter, aber das hier war auch cool. Da drinnen war es kalt, kälter als draußen, und auf einem Bord fand einer der Jungen irisches Lammfrikassé in einer Folienverpackung. Das würden sie vielleicht kochen können, wenn sie zurückkamen, sollten vielleicht die Mädchen zum Essen einladen. Mit Red Bull dazu. Das Gästebuch war nur ein einfacher Ringhefter, es fing an der erst kurz zurückliegenden Jahrhundertwende an, sie lasen laut daraus vor und machten ihre Späße, hört euch das an, erster Oktober Zweitausend: »Es war wie immer schön hier. Wir sprangen von Grasbüschel zu Grasbüschel. Um nicht nass zu werden und Schnupfen zu kriegen. Ich hatte die neugekaufte blaue Familienmütze auf, und unsere zweistündige Tour um den Myrflodammen war herrlich und erfrischend. Gruß Cecilia, Felicia und Nora aus Dänemark.« Oder das hier vom Januar: »Danke für die gemütliche Hütte, wo man seinen mitgebrachten Proviant verspeisen konnte. Bosse ist heiß, und mir geht es großartig.«

    Was? Hier? Mitten im Winter?

    Sie erstickten fast vor Lachen.

    Brennholz und Späne zum Anzünden lagen bereit. Sie wussten, dass sie für neues Holz würden sorgen müssen, wenn sie Feuer machten, Axel würde nicht eher Ruhe geben. Es gab einen Topf und einen Kaffeekessel, der Topf war für das irische Lammfrikassé. An der Wand lasen sie den Hinweis, die Hütte so zu verlassen, wie sie sie selber vorzufinden wünschten. Na, jedenfalls nicht so. Sondern bullig warm, den Tisch gedeckt mit Pizza und Cola und in dem nicht vorhandenen Recorder ein fettes Video. Yes, warum nicht, schließlich gibt’s ja Autobatterien, man könnte irgendwen bitten und dann hier übernachten, sich ’nen fett gemütlichen Abend machen. In ihren Köpfen malten sie sich aus mit wem.

    Draußen war es mächtig hell, wenn man aus dem Dunkel der Hütte kam. Sie sehnten sich danach, hierher zurückzukehren und sich ans Feuer zu setzen. Blieben am Myrflodammen stehen und blickten auf das Gewässer. Man konnte nicht sehr weit sehen, das Ganze wirkte eher wie ein großer Sumpf, aber vermutlich gab es dort draußen offenes Wasser ebenso wie hier dicht am Damm, wo das Wasser tief war, sehr tief, wie tief? Der Wasserfall war imposant. Unter ihnen, wo der Fluss über die Steine hüpfte, flog irgendein Vogel hin und her, ab und zu saß er mitten im Strom, dann wieder drehte er eine rasche Runde, blitzschnell und kraftvoll. Ständig nasse Füße, bemerkte einer lakonisch. Und, wie’s aussieht, ganz freiwillig. Sie fanden den Vogel schön, aber natürlich sagte das keiner.

    Jetzt war Gekicher und Geschrei zu hören. Sie erstarrten kaum merklich, die Mädels kamen. Sie mussten den Unterstand am Syndalskläppen vor ihnen erreichen, um sich verstecken und ihnen einen Schreck einjagen zu können. Wie Schatten glitten sie über die Brücke, unter ihren Füßen brauste lärmend und mit gewaltigem Tempo der Anfang eines der Zuflüsse zum Großen Tandån. Einer setzte bei seinem Nachbarn zum Kopf-Hüftschwung an, aber nur zum Spaß, wäre ja ein Ding, wenn jemand hier ins Wasser klatschte.

    Jetzt drängte sich Axel wieder an ihnen vorbei, um auf dem Pfad, der am Myrflodammen entlang nach Nordosten verlief, die Führung zu übernehmen. Sie stapften durch dichten, hohen Tannenwald, wo der Nebel sich irgendwie nicht durchsetzen konnte, aber sobald ein kleiner Keil des Moors überquert werden musste, war wieder alles weiß und obendrein morastig, doch waren Stege quer über die unzähligen kleinen Zuflüsse zum Myrflon gelegt, wie das Moor bestimmt hieß, bevor es den Damm gab.

    Hinter ein paar Büschen versteckt lag alter angetauter Schnee, den ersten Schneefall hatte es bereits gegeben, und als sie auf die nächste sumpfige Lichtung im hohen Wald hinauskamen, spürten sie hin und wieder ein Knirschen unter den Füßen. In der Nacht hatte es sogar gefroren, der Winter lauerte zwischen den Bergen, und kleinere Tümpel waren noch immer von einer dünnen Eishaut bedeckt. Aber die Aufgabe war viel zu einfach, der Pfad ganz deutlich erkennbar, also setzten einige ihre Kopfhörer auf und warfen den CD-Player an, Axel wusste nicht, was er sagen sollte, war das nun erlaubt oder verboten, er wusste es wirklich nicht, zog es daher vor zu schweigen, zumal das junge Volk sich verstreut hatte und die eine Gruppe nicht wusste, was die andere tat.

    Aber für die Sicherheit war absolut gesorgt. Da der Handyempfang nicht überall garantiert war, hatte jeder Lehrer ein Jagdfunkgerät, also ein Walkie-Talkie, ausgeliehen, sodass sie in Kontakt bleiben konnten zwischen den verschiedenen Gruppen des Rudels, das sich sofort aufgeteilt hatte, mit diesen ehrgeizigen Jungs an der Spitze, einem Trupp irgendwo in der Mitte und ganz hinten schließlich einer Schar von Nachzüglern, einschließlich der meisten Erwachsenen und natürlich Linjo Sven, der sich umsichtig eventueller wundgescheuerter Füße oder anderer Probleme annehmen würde.

    Sven war wütend oder zumindest verärgert über den Nebel. Als er vor ein paar Tagen hier oben war, hatte die Sonne geschienen, und er hatte sich vorgestellt, was es für einen herrlichen Ausflugstag geben würde. Stattdessen sah man kaum die Hand vor Augen. Die Kinder schienen sich in diesem Lützennebel aber genauso wohl zu fühlen, vielleicht phantasierten sie sich irgendwelchen Blödsinn zusammen. Auf den Stegen war von dem übergeschwappten Wasser Eis zurückgeblieben, und es fehlte nur noch, dass sich einer die Knochen brach, aber im Rucksack hatte er alles, was man in dem Fall benötigte. Also konnten sie sich seinetwegen die Knochen brechen, sich verletzen und den Kopf einschlagen, er hatte das ganze Arsenal an notwendiger Sanitätsausrüstung dabei und obendrein noch den Kurs dazu absolviert, also konnten sich alle sicher fühlen, und das tat Linjo Sven selbst auch.

    Das tat er. Wie naiv. Erst im Nachhinein begriff er, wie lächerlich das von ihm gewesen war.

    Im Tross hatte man es jetzt aufgegeben, die anderen einzuholen, um mit ihnen Schritt zu halten. Man fühlte sich wohl, dort, wo man war, ein paar Jugendliche plapperten oder hörten den Erwachsenen zu, die von diesem und jenem und von Dingen redeten, die ihnen gerade einfielen. Ein Biberpaar hielt zurzeit die ganze Gemeinde und das Hauptdorf Grönland in Atem, es war vom Fluss hochgewandert und drohte nun den Bach aufzustauen und eine Überschwemmung hervorzurufen. Aber guter Rat war nicht teuer, keiner war sich zu fein, um mitzureden, selbst der Gemeindevorsitzende hatte der Presse ein Interview zu der Frage gegeben, wie man sich gegenüber unwillkommenen Bibern verhielt, seine Ratschläge waren handfest und beruhten auf solider Erfahrung. Ja, die große Sensation der Woche waren die Biber. Und das, obwohl Rosengrens die Produktion verlagert, die Gerberei Konkurs angemeldet und die Wohnungsbaugesellschaft von Malung mehrere Millionen Kronen an ausgebliebenen Mieten in den leerstehenden Mietshäusern eingebüßt hatte, die, wenn nichts geschah, bald abgerissen werden müssten.

    Linjo Sven wird jetzt von Axel angefunkt, der ungefähr auf halbem Weg zum Unterstand am Syndalskläppen ist, bisher sei alles unter Kontrolle und weiter hinten sehe er die Meute, also den größeren Pulk Schüler, sie trabten vorwärts, alles im grünen Bereich, over, klick, und das Gerät zurückgesteckt in die Hülle.

    Die Inhaberin der Modeboutique hat den Schritt beschleunigt, um zu ihrem Neffen aufzuschließen, aber der hat es bemerkt und noch einen Zahn zugelegt, um sich nicht total zu blamieren, und jetzt hat er Glück. Ein paar andere Jungs lassen ihn zwischen sich, und der Pfad ist schmal. Sie ziehen davon, und Marlene – so heißt die Tante – verliert jetzt den Kontakt zu ihm, doch ist sie nur froh, als sie sieht, dass die anderen ihn wie Kumpels zwischen sich nehmen, dann ist ihre Fürsorge ja nicht vonnöten, es steht anscheinend überhaupt nicht so schlimm um den Jungen, wie sie geglaubt hat.

    Die Ersten haben jetzt den Unterstand erreicht. Ein Schild verkündet, dass sie sich in 710 Meter über dem Meeresspiegel befinden und dass die Landesregierung den Unterstand verwaltet. Er ist mit Bänken, Tischen und Brennholz ausgestattet, und die Besichtigung ist schnell erledigt, die Kohleinschriften sind frisch, kein bisschen einfallsreich, nein, nur Datum und Namen. Enttäuscht warten sie dort, während Axel umkehrt, um der Hauptgruppe entgegenzugehen. Aus Langeweile schlendern sie durch die Gegend. Finden auf der Nordseite im Frost Spuren von Schneehühnern und kommentieren die Ameisenhaufen, die spitz und überhaupt nicht so abgerundet sind wie zu Hause, vielleicht hat das Moorgebiet ja seinen Namen nach ihnen, verdammt, braucht der lange, wie lahm sind die denn. Hat er gesagt, wir sollen Feuer machen? Jetzt hören sie einen Hund ganz in der Nähe, anhaltendes Gebell, ein Drever oder Jämthund, erklärt einer, der sich auskennt, hoffentlich kommt der hierher.

    Der große Pulk hat sich aufgelöst und zerstreut, und Axel wirft das Funkgerät an, um sich erneut bei Sven zu melden, will hören, wie es dort hinten steht. Doch noch bevor er eine Nachricht durchgeben kann, hört er in seinem Gerät deutlich jemanden sagen: Ich sehe ihn, jetzt läuft er, ich folge ihm, habe ihn im Visier. Vergiss es, antwortet ein anderer, und dann sind Lachsalven zu hören, klingen metallisch im Funkgerät, plötzlich ein Schuss, ein Zischen, ein Pfeifen, eine Kugel, zweifellos eine Kugel, die da dicht an Axel Svensson vorbeipfeift, durch die Äste kracht. Er wirft sich ins Moos, schreit direkt ins Gerät: Verdammt!, aber niemand scheint ihn zu hören, das Gespräch geht einfach weiter, er hat ihre Frequenz hereinbekommen, begreift er, aber er kann sie nicht erreichen. Jetzt läuft er gebückt umher und schreit: ALLE SOFORT ZURÜCK ZUM BUS! SOFORT! WIEDER ZURÜCK!

    Mädchen und Jungen stehen ratlos da, in Lebensgefahr. Verdammt, gehorcht jetzt, zurück zum Bus! Wir sind in eine Elchjagd geraten. Obwohl es viel zu früh dafür ist. Rennt jetzt und sagt allen, wir gehen zurück! Verstanden?

    Da kracht es wieder, von der anderen Seite des Moors, jetzt hören die am nächsten Stehenden eine Kugel dicht vorbeizischen, und alle fangen an zu schreien, rennen, dann der dritte Schuss, alle fliehen in wilder Panik. Auch Axel Svensson würde das am liebsten tun. Aber Verantwortung und Pflichtgefühl siegen, also flieht er in die andere Richtung, im Zickzack zwischen den Bäumen entlang, schreit, fühlt Blutgeschmack im Mund, rennt wie in Watte, stundenlang, so kommt es ihm vor, doch schon bald erreicht er den Unterstand, wo die Gruppe der mit offenem Mund dastehenden Jungen den Befehl erhält, wieder zurückzugehen. Nicht über Syndalens Sennhütten und den Kungsleden, wie gesagt worden war, sondern direkt zurück und im Schutz des Waldes. Sie seien in eine Elchjagd geraten, von der niemand wusste, zurück zum Bus!

    Alle begreifen, dass es ernst ist, und gehorchen umgehend. Die Schüsse hatte man gehört, aber gedacht, sie stammten von einer weiter entfernten Entenjagd, der Schall sei einfach zwischen den Bergen zurückgeworfen worden. Sie haben von der anderen Seite des Moores geschossen, keucht Axel Svensson, das hätte richtig schlimm ausgehen können. Direkt zum Bus jetzt und dann ins Bad!

    . . . It’s a rich man’s game no matter what they call it . . . use your mind and they never give you credit . . . what a way to make a living . . . working nine to five . . . Wow – ein Seidendeckbett in Weiß fliegt zur Decke hoch wie ein Fallschirm, während Radio Dalarna Dolly Parton spielt und ich zwischen dem De Luxe-Bett und der ebensolchen wundervoll weißen Aussicht tanzend die Kissen schüttle. Was für ein Glück ich mit diesem Nebenjob habe, die Personalchefin des Hotels hatte kalte Füße, ein schlechtes Gewissen bekommen und mir Tipps gegeben,

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