Engagement und Skandal: Ein Gespräch
()
Über dieses E-Book
Der Band enthält Josef Bierbichlers Rede anläßlich der Preisverleihung im Parktheater von Bensheim sowie ein Gespräch, das Bierbichler, Schlingensief und der Berliner Journalist Harald Martenstein im April in Berlin führten, und einen Essay über Schlingensiefs (Partei-) Theater von Diedrich Diederichsen.
Ähnlich wie Engagement und Skandal
Ähnliche E-Books
Christian Grashof. Kam, sah und stolperte: Gespräche mit Hans-Dieter Schütt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer leere Raum: The Empty Space Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die Erotik des Verrats: Fünf Gespräche mit Hans-Dieter Schütt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHarry Piel sitzt am Nil: Über Schmähkritik und Unflätigkeit im öffentlichen Raum Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenOSTERMEIER Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAm liebsten hätten sie veganes Theater: Frank Castorf - Peter Laudenbach. Interviews 1996–2017 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Zwei-Klassik-Gesellschaft: Wie wir unsere Musikkultur retten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen»Ich kann's nicht lassen«: Rührendes und Gerührtes. Mit einer Laudatio von Michael Niavarani Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMarcel Cremer und die Agora: Ein Lesebuch zum Theater der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWege übers Land und durch die Zeiten: Gespräche mit Hans-Dieter Schütt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWozu Theater? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRepublik Castorf: Die Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz seit 1992 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen»Die Mörder sitzen in der Oper!«: Erkundungen zu einer unzeitgemäßen Kunst Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLob des Realismus – Die Debatte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFremde Leidenschaften Oper: Das Theater der Wiederholung I Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUm Volk und Geist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHamburgische Dramaturgie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRadikal jung 2020: Das Festival für junge Regie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFünfzig Jahre Düsseldorfer Schauspielhaus: 1970 bis 2020 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTheater_Stadt_Politik: Von Konstanz in die Welt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAchtung Satire!: Österreichische Musikzeitschrift 03/2017 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Lachen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchauspieler außer sich: Exponiertheit und performative Kunst. Eine feminine Recherche Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTheater entwickeln und planen: Kulturpolitische Konzeptionen zur Reform der Darstellenden Künste Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Nationaltheater des Neuen Deutschlands. Eine Reformschrift Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTSCHEPLANOWA: backstage Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Deutschen und ihr Theater: Kleine Geschichte der »moralischen Anstalt« - oder: Ist das Theater überfordert? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Stimme erheben: Über Kultur, Politik und Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Hase im Rausch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHÜBNER: backstage Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Darstellende Künste für Sie
Rebecca Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Der Hexenhammer: Ein Werk zur Legitimation der Hexenverfolgung, das der Dominikaner Heinrich Kramer (lat. Henricus Institoris) im Jahre 1486 veröffentlichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGerman Reader, Level 1 Beginners (A1): Mein wunderbares Lokal: German Reader, #2 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLexikon der Symbole und Archetypen für die Traumdeutung Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Schauspielen - Ausbildung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Frau ohne Schatten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWilliam Shakespeare - Dramatiker der Welt: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEmotionsgeladene Monologe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJane Eyre Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenExposee, Treatment und Konzept Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDramaturgie im Autorenfilm: Erzählmuster des sozialrealistischen Arthouse-Kinos Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2 (Golden Deer Classics) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDu wolltest deine Sterne: Sylvia Plath und Ted Hughes Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Klänge in Bewegung: Spurensuchen in Choreografie und Performance. Jahrbuch TanzForschung 2017 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnglizismen und andere "Fremdwords" deutsch erklärt: Über 1000 aktuelle Begriffe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Räuber Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPARSIFAL: Die Legende um den Heiligen Gral Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Star-Trek-Chronik - Teil 2: Star Trek: Raumschiff Enterprise: Die ganze Geschichte über die Abenteuer von Captain Kirk und seiner Crew Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTheater ist kontrollierter Wahnsinn: Ein Reader. Texte zum Theater Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Beste von William Shakespeare / The Best of William Shakespeare - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) / Bilingual edition (German-English): Hamlet + Romeo und Julia + König Lear + Ein Sommernachtstraum + Macbeth + Der Sturm + Othello + Wie es euch gefällt + Julius Cäsar + Viel Lärm um Nichts + Der Widerspenstigen Zähmung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGöttliche Komödie Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5154 Sonette (Nachdichtung von / Translated by Max Josef Wolff) / Sonnets - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) / Bilingual edition (German-English) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWoyzeck: Drama Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRudolf Nurejew: Die Biographie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFilmverrückter und Serienjunkie: Stars, Filme und Serien Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie letzten Tage der Menschheit: Tragödie in 5 Akten mit Vorspiel und Epilog Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5
Rezensionen für Engagement und Skandal
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Engagement und Skandal - Christoph Schlingensief
1998.
Josef Bierbichler
Ohne die Fähigkeit, der Gesellschaft immer wieder Wut- oder Schmerzensschreie zu entlocken, kann Theater einpacken
Im März 1998 erhielt der Schauspieler Josef Bierbichler den Gertrud-Eysoldt-Ring 1997. Die mit 20 000 DM verbundene Ehrung ist der höchstdotierte Schauspielerpreis im deutschsprachigen Raum und wird auf Vorschlag der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste vergeben. Bierbichler bekam den Ring unter anderem für seine Darstellung des Kasimir in Horváths KASIMIR UND KAROLINE (Regie: Christoph Marthaler).
Im Folgenden seine Rede anläßlich der Preisverleihung im Parktheater von Bensheim in vollständigem Wortlaut:
Ich bedanke mich bei der Stadt Bensheim für das Preisgeld, ich danke der Akademie der Darstellenden Künste für den kunstvoll gearbeiteten Ring, und ich bedanke mich bei der dreiköpfigen Jury für ihre Entscheidung zu meinen Gunsten. Insgesamt danke ich allen für alles. Ich habe lange genug Bauernarbeit gemacht, um zu wissen, daß Ernten mehr Mühe macht als Säen. Da bin ich vielleicht nicht eitel genug. So bin ich jetzt hier, um einen nicht unbeträchtlichen Geldbetrag in Empfang zu nehmen, und dieser Geldbetrag scheint so etwas wie die Mitgift für die eigentliche Zeremonie, den Ringtausch, zu sein. Ich stehe vor der Vermählung mit der Stadt Bensheim und vor der Akademie der Darstellenden Künste als der Kupplerin. Aber weder die Stadt noch ich wissen, ob wir uns überhaupt mögen, und da beginnen die Mühen des Erntens.
Im Schreiben des Bürgermeisters, Herrn Stolle, in dem er mich zum Preis beglückwünschte, werde ich auch mit einem offenbar zentralen Bestimmungssatz des Preisstifters Ringelband vertraut gemacht, »daß mit diesem Preis das Ansehen des Schauspielerstandes, das durch Skandale zweitklassiger Vertreter herabgewürdigt wird, gehoben werden soll«.
Jeder Orden ist ein Fangstrick, das weiß ich nicht als Erster, und viele Spitzfindigkeiten sind schon erdacht worden, um der Schlinge wenigstens verbal auszukommen. Aber in diesem Fall muß ich die Einladung des Bürgermeisters so lesen, daß mit dem Glückwunsch auch eine gewisse Verhaltensempfehlung gegeben wird. Und dazu mag ich ein paar Sätze sagen.
Letztes Wochenende hat einer der diesjährigen Juroren, Professor Everding, in München ein Symposium organisiert, bei dem die Frage diskutiert wurde: »Gewalt, Blut und Sperma: Darf Theater alles?« Ein paar skandalöse Fachleute waren geladen und anwesend, von Hochhuth über Kresnik zu Schleef, und nur der momentan skandalöseste – Schlingensief – blieb aus. Jeder der genannten Herren darf als erstklassiger Vertreter seines Fachs gesehen werden, und jeder der Herren hat mindestens einmal in seinem Berufsleben für ein Bühnenereignis gesorgt, das danach unter dem Begriff »Skandal« diskutiert wurde. Laut MÜNCHNER ABENDZEITUNG vom 2. März 1998 kam die Gesprächsrunde, an der auch noch einige andere Herren beteiligt waren, zu mehreren, aber in etwa gleich lautenden Schlüssen: daß politisches Theater heute in Deutschland absolut keine Chance mehr habe; daß es keine Tabus mehr gibt; in einer entgöttlichten Welt kann man alles sagen; die Grenzen sind dem persönlichen Schamgefühl überlassen. Und auch Prof. Everding kam zu dem Schluß, daß die Verrichtung der Notdurft auf einer Bühne dann doch vollzogen werden sollte, »wenn das Stück dramaturgisch ohne Haufen nicht weitergeht«, und erinnerte sich damit seiner wilden Phantasie während der eigenen Studentenzeit.
Ich erzähle Ihnen das, weil das Gesprächsergebnis den Schluß nahelegt, daß es gar nicht mehr darum geht, ob Theater Skandale erzeugen darf, sondern darum, daß es das ganz offenbar gar nicht mehr kann. Da aber widerspreche ich den in der Diskussion genannten Ursachen.
Die Selbstzensur der meisten Theaterleute unter dem immer größer werdenden finanziellen Druck auf die Theaterhaushalte hat sich mittlerweile ganz offenbar so hoch entwickelt, daß die Geistesschärfe mehr und mehr verkümmert, die nötig wäre, den immer dicker werdenden gesellschaftlichen Panzer zu durchstechen, um einen Aufschrei auszulösen. Aber ohne die Fähigkeit, der Gesellschaft immer wieder Wut- oder Schmerzensschreie zu entlocken, kann Theater, das sag’ ich aus tiefer Überzeugung, einpacken. Das agoniehafte Verharren finden Sie in allen Wohnzimmern vor den Fernsehern. Wenn dieses halbtote Dahindämmern auch noch die Theaterreihen füllt, sollten wir uns verabschieden. Wenn Empörung und Wut nur noch im gesellschaftlichen Konsens entstehen, anstatt ihn zu spalten und so Grundlage für kontroverse Auseinandersetzungen zu sein, dann wissen wir, daß auch das letzte Refugium für alltäglichen öffentlichen Streit und bewußter Konsensverweigerung von der kapitalistischen Konsumkrake leergesaugt ist. Wenn wir auch anfangen, uns zu verbiegen, um geliebt und geduldet zu sein, so wie Politiker das mittlerweile bis zur Unkenntlichkeit machen, um gewählt zu werden, dann hat Demokratie wirklich keine Funktion mehr.
Wenn dann auch noch die Theaterkritik, die sich bisher insgesamt als zuverlässige Verteidigerin des Theaters als – sagen wir es einfach mal so – moralische Anstalt erwiesen hat, einer so aufregenden, weil unterhaltsamen und schmerzhaften Neudeutung der FLEDERMAUS durch Castorf im Hamburger Schauspielhaus in einer fast bösartig wirkenden Einhelligkeit die Anerkennung versagt, dann ist auch noch die letzte Lobby