Parker demaskiert die Wanze: Butler Parker 193 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Lady Agatha war in ihrem Element. Sie saß am Steuer ihres Land-Rover und demonstrierte ihr einmaliges Können. Von Straßenverkehrsregeln schien die ältere Dame noch nie in ihrem Leben gehört zu haben. Sie ging davon aus, daß nur sie allein das Recht der Vorfahrt besaß, und sorgte auf diese Art und Weise für Notbremsungen am laufenden Band. Butler Parkers innere Verfassung war wesentlich gedämpfter. Er saß neben seiner Herrin und stemmte sich mit beiden Beinen gegen das Bodenbrett. Er rechnete jeden Augenblick mit einem Zusammenstoß und bewunderte insgeheim die Reaktionsschnelligkeit der Londoner Autofahrer und auch gewisse Wortschöpfungen, die manchmal deutlich zu hören waren. Die irritierten oder geschockten Fahrer brüllten wüste Flüche in Richtung Land-Rover. »Man muß sich stets der Verkehrslage anpassen, Mister Parker«, dozierte Agatha Simpson. Sie hatte das sechzigste Lebensjahr überschritten, machte aber trotzdem einen energischen und munteren Eindruck. Sie war groß und stattlich, seit vielen Jahren Witwe, immens vermögend und mit dem Blut- und Geldadel der Insel eng verschwistert und verschwägert. Ihr Hobby war das Aufklären von Kriminalfällen. Und Lady Simpson hatte das Glück, daß sie immer wieder mit solchen Fällen konfrontiert wurde. Sie schien kriminelle anzuziehen wie der Magnet die Eisenfeilspäne ... »Mylady beherrschen den Land-Rover wieder mal in einer Art, die man nur als meisterhaft bezeichnen kann«, lautete Parkers Antwort. »Darf man sich erlauben, Mylady, auf die kommende Kreuzung zu verweisen?« »Natürlich dürfen Sie, Mister Parker«, gab sie wohlwollend zurück.
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Parker demaskiert die Wanze - Günter Dönges
Butler Parker
– 193 –
Parker demaskiert die Wanze
Günter Dönges
Lady Agatha war in ihrem Element.
Sie saß am Steuer ihres Land-Rover und demonstrierte ihr einmaliges Können. Von Straßenverkehrsregeln schien die ältere Dame noch nie in ihrem Leben gehört zu haben. Sie ging davon aus, daß nur sie allein das Recht der Vorfahrt besaß, und sorgte auf diese Art und Weise für Notbremsungen am laufenden Band.
Butler Parkers innere Verfassung war wesentlich gedämpfter. Er saß neben seiner Herrin und stemmte sich mit beiden Beinen gegen das Bodenbrett. Er rechnete jeden Augenblick mit einem Zusammenstoß und bewunderte insgeheim die Reaktionsschnelligkeit der Londoner Autofahrer und auch gewisse Wortschöpfungen, die manchmal deutlich zu hören waren. Die irritierten oder geschockten Fahrer brüllten wüste Flüche in Richtung Land-Rover.
»Man muß sich stets der Verkehrslage anpassen, Mister Parker«, dozierte Agatha Simpson. Sie hatte das sechzigste Lebensjahr überschritten, machte aber trotzdem einen energischen und munteren Eindruck. Sie war groß und stattlich, seit vielen Jahren Witwe, immens vermögend und mit dem Blut- und Geldadel der Insel eng verschwistert und verschwägert. Ihr Hobby war das Aufklären von Kriminalfällen. Und Lady Simpson hatte das Glück, daß sie immer wieder mit solchen Fällen konfrontiert wurde. Sie schien kriminelle anzuziehen wie der Magnet die Eisenfeilspäne ...
»Mylady beherrschen den Land-Rover wieder mal in einer Art, die man nur als meisterhaft bezeichnen kann«, lautete Parkers Antwort. »Darf man sich erlauben, Mylady, auf die kommende Kreuzung zu verweisen?«
»Natürlich dürfen Sie, Mister Parker«, gab sie wohlwollend zurück. »Aber ich habe sie natürlich längst gesehen. Schauen Sie mal, wie unentschlossen die Fahrer sind.«
»Wahrscheinlich läßt man eine gewisse Vorsicht walten, Mylady.«
»Lächerlich, Mister Parker«, mokierte sie sich. »Man hat nur keinen Mut, die Initiative zu ergreifen. Nun, ich werde wieder mal ein Beispiel geben.«
»Mylady pflegen stets besondere Akzente zu setzen«, erwiderte Josuah Parker und machte sich innerlich auf einen Massenzusammenstoß gefaßt. Er holte sicherheitshalber tief Luft und harrte der Dinge, die mit Sicherheit kommen mußten. Die ältere Dame hatte inzwischen Gas gegeben und näherte sich dem Getümmel auf der Kreuzung. Dabei betätigte sie ausgiebig das Signalhorn und machte auf sich aufmerksam.
Josuah Parker war Fatalist, was sein Zusammenleben mit Lady Agatha betraf. Als hochherrschaftlicher englischer Butler ließ er sich grundsätzlich nicht aus der Ruhe bringen. Würde und Höflichkeit in allen Lebenslagen zeichneten diesen Mann aus, dessen Gesicht glatt und ausdruckslos war wie das eines professionellen Pokerspielers.
Es grenzte an ein kleines Wunder, als der Land-Rover die mehr als belebte Kreuzung erreichte. Nachdem Lady Agatha einige Wagen leicht gestreift und zur Seite geboxt hatte, fand sie tatsächlich einen Weg und überquerte die Kreuzung. Verzweifelte Autofahrer, die um den Lack ihrer Wagen fürchteten, wichen blitzschnell aus und bekreuzigten sich anschließend, sofern sie nicht gerade der anglikanischen Kirche angehörten. Andere wieder stießen blutrünstige Verwünschungen aus oder hupten ihren Zorn einfach ins Freie.
»Ich hoffe, Mister Parker, Sie haben einiges gelernt«, meinte Lady Agatha, als sie wieder freie Bahn hatte.
»Mylady werden sicher mit einigen Anzeigen rechnen müssen«, fürchtete Josuah Parker, der sich langsam entspannte.
»Unsinn, Mister Parker! Und wenn, dann werde ich durch sämtliche Instanzen gehen. Ist es noch weit bis zum Ziel?«
»Nur noch einige Querstraßen, Mylady«, erwiderte Parker. »Darf meine Wenigkeit übrigens darauf verweisen, daß Mylady von einem möglicherweise aufgebrachten Fahrer verfolgt werden?«
»Ich werde diesen Lümmel sofort zur Rede stellen.« Sie absolvierte ohne jede Vorankündigung eine Vollbremsung. Der Mann am Steuer des nachkommenden Wagens wurde völlig überrascht und setzte die Stoßstange seines Gefährts gegen die schwarze Stoßstange des Land-Rover. Das ausgesprochen häßliche Knirschen von Metall und Glasbruch war daraufhin zu hören.
Mylady stieg aus und brachte ihren perlenbestickten Pompadour in leichte Schwingung. Sie näherte sich dem Autofahrer, der seinerseits ausgestiegen war und sich den an sich leichten Schaden betrachtete, dann hochblickte, und Lady Agatha in ihrer majestätischen Erscheinung erblickte.
»Ent... Entschuldigung«, stotterte er leicht betreten.
»Das möchte ich aber auch gehört haben, junger Mann«, raunzte die ältere Dame. »Sie benehmen sich ja wie ein Rowdy. Haben Sie mich eben nicht auf der Kreuzung behindert?«
»Entschuldigung«, wiederholte der beeindruckte Fahrer. Dann stieg er schleunigst in seinen Wagen, setzte ein Stück zurück und fuhr davon. Er zog förmlich den Kopf ein, als er Agatha Simpson passierte.
»Es wäre ja gelacht, wenn man eine hilflose Dame angreifen wollte«, sagte sie und nahm wieder am Steuer Platz. »Ich nehme doch nun wirklich Rücksicht, wo ich nur kann, nicht wahr?«
»Meine Wenigkeit würde sich niemals die Freiheit nehmen, Mylady zu widersprechen«, lautete Parkers Antwort. Er war ein durch nichts zu erschütternder Butler.
*
»Mylady könnten bereits ins Haus gehen, während meine Wenigkeit einen passenden Parkplatz sucht«, schlug Josuah Parker vor, als das Ziel der Fahrt erreicht wurde. Er und Lady Agatha befanden sich in einer stillen Seitenstraße im Stadtteil Chelsea.
»Dort ist doch ein Parkplatz«, stellte die ältere Dame fest. »Er genügt mir völlig, Mister Parker.«
»Er ist vielleicht ein wenig unzureichend, Mylady.« Parker hatte ihn bereits abgeschätzt und fürchtete weiteren Flurschaden, falls Agatha Simpson einparken wollte.
Der Raum zwischen einem Kastenlieferwagen und einer nicht gerade billigen Jaguar-Limousine war begrenzt.
»Sie können ja aussteigen und mich einwinken«, gab sie zurück, »notwendig ist es natürlich nicht.«
Parker stieg aus und baute sich vor dem Heck des Kastenlieferwagens auf. Lady Agatha übersah jedoch großzügig die Handzeichen ihres Butlers und bohrte sich mit dem Bug des Land-Rovers entschlossen in die wirklich kleine Lücke. Da Parker sich im letzten Moment auf den Gehweg rettete, hatte Lady Agatha die Gelegenheit, den Kastenlieferwagen nachhaltig zu deformieren. Der Butler hörte im Wageninneren das Scheppern von Glas- und Porzellanwaren, das von einer Art dumpfem Fall begleitet wurde.
»Sie sollten winken und nicht springen, Mister Parker«, war Agatha Simpsons vorwurfsvolle Stimme zu vernehmen. »Machen Sie jetzt weiter, sonst komme ich noch zu spät.«
Sie winkte ausgesprochen huldvoll und strebte dem nahen Hauseingang zu, wo sie bereits von ihrer Gastgeberin erwartet wurde. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis die passionierte Detektivin sich vom Ort des peinlichen Geschehens entfernt hatte.
Josuah Parker klemmte eine seiner Visitenkarten in die zweigeteilte hintere Ladetür, setzte sich dann ans Steuer des Land-Rover, stieß vorsichtig zurück und parkte den Wagen schließlich weiter unten in einer Querstraße. Als er zurückkehrte, sah er gerade noch, wie der Kastenlieferwagen Fahrt aufnahm. Als er die Straßenecke passierte, merkte sich Parker das Kennzeichen. Für ihn war es selbstverständlich, daß dieser Schaden möglichst umgehend reguliert würde.
Erstaunlich war es allerdings schon, daß der Fahrer des Kastenlieferwagens ohne weiteres davongefahren war. Vorn im Fahrerhaus war er mit Sicherheit nicht gewesen, wie der Butler mit schnellem Blick festgestellt hatte. Er mußte den Wagen bestiegen haben, als Parker den Land-Rover in der Seitenstraße abgestellt hatte. Dabei hatte dieser Fahrer wohl gar nicht mitbekommen, daß sein Wagen demoliert worden war. Darauf wies Parker hin, als man anderthalb Stunden später nach Shepherd’s Market zurückfuhr, wo Myladys zweistöckiges Fachwerkhaus stand.
»Er wird die kleinen Schrammen schon noch bemerken«, sagte Agatha Simpson wegwerfend. »Sie glauben doch wohl nicht, daß ich ihn per Zeitungsanzeige suchen werde, oder?«
»Im Kastenaufbau des erwähnten Ford-Transit, Mylady, dürfte einiges zu Bruch gegangen sein«, antwortete der Butler.
»Sie zerbrechen sich wieder mal anderer Leute Kopf, Mister Parker.«
»Vor Antritt der Fahrt hätte dieser Fahrer sich vergewissern müssen, ob sein Wagen auch in Ordnung ist«, meinte sie. »Ich werde diesen Zwischenfall vergessen.«
»Falls er ein Angestellter ist, Mylady, könnte er gewisse Schwierigkeiten bekommen.«
»Sie meinen also, ich, Lady Simpson, müßte zahlen, obwohl Sie mich falsch eingewinkt haben?« Helle Empörung war in ihrer Stimme. Sie schien die Welt nicht mehr zu verstehen.
»Meine bescheidene Wenigkeit wird selbstverständlich die Regulierung der Kosten übernehmen, Mylady.« Josuah Parker kannte die intensive Sparsamkeit seiner Herrin, die mit dem Geiz eng verschwistert war.
»Ein guter Vorschlag, Mister Parker.« Sie nickte erfreut. »Das läßt sich hören. Sie wissen ja, daß ich mit jedem Penny rechnen muß.«
»Mylady bewegen sich, finanziell gesehen, am Rand des Existenzminimums«, stellte Parker höflich klar.
»Nun übertreiben Sie nicht gleich.« Mißtrauen stahl sich in ihre