Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Leben nach dem Tod: Josephus im Kontext antiker Geschichtsschreibung
Leben nach dem Tod: Josephus im Kontext antiker Geschichtsschreibung
Leben nach dem Tod: Josephus im Kontext antiker Geschichtsschreibung
eBook267 Seiten3 Stunden

Leben nach dem Tod: Josephus im Kontext antiker Geschichtsschreibung

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Über das Leben nach dem Tod bei dem jüdischen Historiker Flavius Josephus (1. Jh. n.Chr.) existiert ein breites Spektrum an Literatur. Eine Studie, in der die entsprechenden Textpassagen umfassend mit jenen anderer jüdischer, vor allem aber griechisch-römischer Geschichtswerke (5. Jh. v. – 2. Jh. n.Chr.) verglichen werden, steht aber noch aus. Sören Swoboda füllt diese Forschungslücke auf Basis vollständiger Textstellensammlungen und zieht aus einer solchen Gegenüberstellung Schlüsse hinsichtlich der Intentionen der beiden Historiographien des Josephus. Dabei nimmt er auch ausführlich Stellung zur Adressatenfrage.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Juni 2019
ISBN9783460510760
Leben nach dem Tod: Josephus im Kontext antiker Geschichtsschreibung

Ähnlich wie Leben nach dem Tod

Titel in dieser Serie (9)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Christentum für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Leben nach dem Tod

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Leben nach dem Tod - Sören Swoboda

    Literaturverzeichnis

    Kapitel 1

    Einführung

    Zur Eschatologie bei Josephus existiert inzwischen eine Fülle an Literatur.⁶ Der in diesen Arbeiten vielfältig zutage tretende Wechsel der Blickrichtung – weg von der Frage nach den Jenseitsvorstellungen im Judentum um die Zeitenwende, hin zu Josephus’ eigener Eschatologie – steht dabei im engen Zusammenhang mit der allgemeinen Hinwendung zu ihm als Autor, das heißt zu seiner Biographie, seinen Überzeugungen sowie der Gestalt seiner Werke im Kontext antiker Geschichtsschreibung. Spätestens seit den Arbeiten Masons⁷ steht dabei die Kommunikationssituation, mit speziellem Augenmerk auf die Intentionen des jüdischen Historikers, im Fokus der Forschung.⁸

    In diesem Fahrwasser verortet sich auch meine Monographie „Tod und Sterben im Krieg bei Josephus von 2014, die entsprechend ihres Untertitels die „Intentionen von Bellum und Antiquitates im Kontext griechisch-römischer Historiographie herausarbeitet⁹ und eine überarbeitete Version meiner Dissertation¹⁰ darstellt. Dass die Intentionen dieser Geschichtswerke des Josephus eng mit ihrem Platz in der antiken Geschichtsschreibung verknüpft sind, ist sowohl methodischer Ausgangspunkt als auch ein zentrales Ergebnis jener publizierten Studie, die in Kapitel 6 eine umfassende Stellungnahme zu beiden Themenbereichen bietet. Wegen der herausgehobenen Relevanz dieser Ergebnisse für vorliegendes Buch sei hier eine Zusammenfassung aus dieser Studie zitiert:¹¹

    „Trotz ihrer vielfältigen formalen Nähe sowohl zur griechischen als auch lateinischen Geschichtsschreibung unterscheiden sich Bellum und Antiquitates nicht nur im Blick auf die Kommunikationssituation und ihren religiösen Charakter von dem, was zu ihrer Abfassungszeit hinsichtlich nichtbiographischer Geschichtswerke üblich war, sondern auch nicht unwesentlich, teils sogar grundlegend, im Blick auf die Thematisierung und Darstellung von Tod und Sterben im Krieg, die Josephus ungewöhnlich stark instrumentalisiert, um seine im Kontext antiker nichtjüdischer Geschichtsschreibung noch ungewöhnlicheren Intentionen zu verfolgen.

    Konkret lässt sich zeigen, dass beide, Bellum und Antiquitates, zwar auf je unterschiedliche, aber vergleichsweise ausgeprägte Weise Elemente einer rhetorischen Historiographie aufweisen, teils verbunden mit Merkmalen einer moralisierenden und psychologisierenden Geschichtsschreibung nach den Regeln von Lob und Tadel, die insbesondere in den Antiquitates sowie der Herodesdarstellung des Bellum Züge antiker Biographien zeigt. Obwohl sich beide Werke darüber hinaus – erneut auf je unterschiedliche Weise – stark an einer pragmatischen Geschichtsschreibung orientieren, durchbrechen sie hauptsächlich hinsichtlich ihrer religiösen Inhalte, das Bellum zudem hinsichtlich seiner dramatisierendemotionalisierenden Darstellungsweise diese in der Tradition des Polybios stehende Form historiographischer Berichterstattung:

    Die auffallend emotionalisierenden und dramatisierenden, insbesondere äußerst grausamen Todesdarstellungen des Bellum, die das über die Juden gekommene Leid möglichst plastisch abzubilden suchen, rücken das Werk, das sich eigentlich in vielerlei Hinsicht an Polybios’ Historien anlehnt, in die Nähe einer Form antiker Geschichtsschreibung, die gerade dieser Historiker am heftigsten kritisiert und man sich bemüht, als ‚tragisch‘, ‚peripatetisch‘ oder ‚pathetisch‘ zu bezeichnen. Auch wenn die jüngere Forschung in Bezug auf diese mit Recht ablehnt, von einer festen Textgattung zu sprechen, ihre Ursprünge umstritten sind und man vielen Historikern, z. B. Tacitus und Livius, ja selbst Polybios, derlei emotionalisierende, dramatisierende usw. Merkmale zuspricht, gilt: Die erwähnten Elemente sind bei Josephus anzutreffen und erfuhren aller Wahrscheinlichkeit nach zumindest in der bei ihm auszumachenden Ausprägung in Bezug auf ein nichtbiographisches Geschichtswerk im 1. Jh. n. Chr. in der Regel Ablehnung. Die Antiquitates hingegen sind diesbezüglich deutlich nüchterner konzipiert, bauen allerdings den schon im Bellum vielfältig präsenten und im Kontext griechisch-römischer Historiographie gänzlich ungewöhnlichen religiösen, theologischen, teils auch philosophischen Inhalt als Hauptgegenstand bzw. Grundkonzeption des Werkes weiter aus, was Josephus’ opus magnum jedoch allenfalls am Rande in die Nähe einer ‚tragischen‘ Geschichtsschreibung rückt bzw. über diese hinaus in die Nähe einer mythischen Historiographie, die mit Beginn der griechischen Klassik, soviel wir wissen, eigentlich allein Charakteristikum orientalischer historiographischer Werke war. Der Einfluss dieser orientalischen, konkret: israelitisch-jüdischen Tradition auf die Antiquitates ist schon im Blick auf ihre Quellen und deren Verarbeitung kaum zu leugnen, doch allein die Intentionen und die Kommunikationssituation des Werkes fordern, es nicht nur vom ersten und zweiten Makkabäerbuch abzugrenzen, sondern ihm allgemein eine Sonderstellung einzuräumen. Obzwar noch weitere Parallelen zu den Geschichtswerken des Berossos und Manetho sowie in deren Folge zu bestimmten jüdischen Historikern zu rekonstruieren sind, reichen die erhaltenen Fragmente dieser Autoren für einen aussagekräftigen Vergleich nicht aus. Vor allem aber ist eine diesbezügliche Zuordnung zu einseitig, obgleich Sterlings Begriff ‚apologetic historiography‘¹² einige zentrale Elemente der Antiquitates durchaus treffend umschreibt, diese auch bei besagten Autoren konstitutiv sein mögen und Sterling nicht von ‚Textgattung‘, sondern ‚genre‘ spricht.

    Nimmt man hinzu, dass die Antiquitates zweifelsfrei in vielerlei Hinsicht nach dem Vorbild der Römischen Geschichte des Dionysios von Halikarnassos gestaltet wurden, das Bellum neben einer wie auch immer näher zu beschreibenden biblisch-prophetischen Historiographie seine Vorläufer im τύχη-Konzept¹³ sowie den apologetischen Bestandteilen der Historien des Polybios erkennt, und dass in beiden Werken unter anderem der Einfluss von Thukydides unübersehbar ist, wird klar, dass eine Zuordnung zu bestimmten, mehr oder weniger festen Formen antiker Historiographie im Blick auf das Bellum und die Antiquitates noch stärker zum Scheitern verurteilt ist, als es für griechisch-römische Geschichtswerke ab spätestens dem 1. Jh. v. Chr. ohnehin der Fall ist. Eine solche Zuordnung gelingt allenfalls hinsichtlich konkreter Elemente. Beide Werke erweisen sich als von verschiedenen Autoren, Werken und Formen antiker bzw. orientalischer Geschichtsschreibung beeinflusst."¹⁴

    „Hinsichtlich der Werk intentionen weisen die Ergebnisse […] auf Folgendes hin: Das Bellum erweist sich als vergleichsweise komplexes Gebilde: als eine aus der Not und verschiedensten, teils im Dunkeln bleibenden Gründen entstandene Schilderung des Jüdischen Krieges, die der Autor auch, sogar in erster Linie nutzt, um Nichtjuden das ganze Ausmaß des über die Juden gekommenen Leides vor Augen zu führen – ein Leid, das sich durch die Katastrophe des Jüdischen Krieges über ein an sich edles, bewundernswertes (vor allem tapferes und todesmutiges), von punktuellen Widersachern gereiztes, letztlich von einer Minderheit zum Aufstand gedrängtes und derentwegen von ihrem Gott gestraftes Volk ergossen hat. Vieles deutet darauf hin, dass dies mit dem Ziel geschieht, im Leser Mitleid zu wecken – kein Mitleid gegenüber Schwachen, sondern im Sinne der Erkenntnis, das unrechtmäßig in der Kritik stehende Volk der Juden habe nunmehr genug gelitten […] Brillant gelingt es also dem Autor, zwei zentrale Aussagen des Werkes in diese Hauptintention zu integrieren, die nur in der skizzierten Zuordnung zu dieser Hauptintention adäquat verständlich zu machen sind: 1. Nur eine Minderheit der Juden sowie punktuelle Anfeindungen von römischer und griechischer Seite sind für den Ausbruch des Krieges verantwortlich zu machen. 2. Die Niederlage ist als göttliche Strafe für die Sünden jener jüdischen Minderheit zu interpretieren. Ausschließlich im Blick auf diese beiden zentralen, aber doch untergeordneten Intentionen trägt das Bellum apologetischen Charakter. Darüber hinaus nutzt das Werk angesichts der für den Autor unsicheren Lebensumstände in Rom die Gelegenheit, einerseits die Flavier (insbesondere Titus) positiv zu skizzieren, andererseits sein eigenes, in der Kritik stehendes Überlaufen zu verteidigen. Das Bellum verbindet somit geschickt dramatisierende und emotionalisierende Elemente mit apologetischen, die in erster Linie das Volk der Juden als Ganzes, aber auch Josephus selbst betreffen.

    Die Antiquitates hingegen wenden sich – womöglich aufgrund der Distanz zum Kriegsgeschehen und negativer Erfahrungen im Blick auf die Reaktionen zum Erstlingswerk – vom Pathos des Bellum ab, sind aber andererseits Ausdruck eines sogar noch gewachsenen Selbstbewusstseins, Nichtjuden mit religiösen Belangen als Hauptgegenständen eines Geschichtswerkes zu konfrontieren: Anlässlich nicht abreißender antijüdischer Anfeindungen im weitesten Sinne verfasst Josephus mit der nötigen Ruhe einer verbesserten Lebenssituation und einer reflektierteren Geschichtstheologie eine umfassendere Darstellung der jüdischen Geschichte, die er als Ganze einem einzigen Anliegen widmet und unterordnet: Er will Nichtjuden die ἀρετή seines Volkes¹⁵ sowie die Erhabenheit von dessen Religion und Gesetz nahe bringen, unter anderem indem er den jüdischen Gott als richtenden Lenker des Welt- und Menschengeschicks vorstellt. Obwohl das Werk ebenfalls apologetische Züge trägt, die allerdings nicht spezifisch fokussiert sind auf die Frage nach den Verantwortlichen für den Kriegsausbruch, ist es vor allem aufgrund seiner Ausrichtung, in Tradition zur legendarischen Septuagintaentstehung dem Leser nützlich sein zu wollen (indem es ihn zur Tugend führt), keinesfalls im Blick auf seinen Grundcharakter als apologetisch oder gar als Apologie zu klassifizieren. Obzwar es mit hoher Wahrscheinlichkeit das Judentum zu verteidigen sucht, tritt es nur untergeordnet als ein solches Werk auf. Insofern hängt eine Klassifizierung der Antiquitates als ‚apologetisch‘ entscheidend davon ab, ob man ein Werk – unpräzise formuliert – aufgrund seines Anliegens und Zieles oder aber seines Erscheinungsbildes als ‚apologetisch‘ definiert.

    Während das emotional geladene Bellum also ein Szenario entwirft, das nicht unwesentlich an die Emotionen der Leser anzuknüpfen sucht, liegt uns in den Antiquitates ein zwar inhaltlich ebenso ungewöhnliches, doch deutlich nüchterneres Werk des 1. Jh. n. Chr. vor, das die ‚Sache der Juden‘ grundlegender bedenkt und im Blick auf den Leser weniger emotionalisiert als argumentiert bzw. geschichtliche Ereignisse darbietet, die diese Argumentationen stützen. Beiden Werken geht es letztlich im weitesten Sinne um die Verteidigung des Judentums bzw. die Verbesserung der Lebensumstände der Juden, doch nur bei den Antiquitates ist dies strukturiertes Programm, wobei entsprechend des […] Gesagten präzisiert werden muss: Ihrem Grundcharakter nach treten die Antiquitates nicht als apologetisches Werk auf, aber sie verfolgen apologetische Ziele. Die Fragen, wen genau beide Werke im Blick haben und was genau sie sich durch ihre Darstellungen erhoffen, erweisen sich […] als allenfalls zweitrangig. Entscheidend ist allein, dass sich beide in erster Linie an Nichtjuden wenden. Anzuraten ist aber, zwischen intendierten, erwarteten und tatsächlichen Lesern zu unterscheiden und auch begrifflich der Tatsache Rechnung zu tragen, dass keine dieser Gruppen als homogene Einheit gedacht werden darf. Im Blick auf die textpragmatische Ausrichtung von Bellum und Antiquitates bietet es sich an, nicht von ‚Adressaten‘ oder ‚Lesern‘ zu sprechen, sondern ‚intendierten Hauptadressaten‘.

    Neben Josephus’ Rechtfertigungen seiner ungewöhnlich emotionalisierend-dramatisierenden Berichterstattung in Bell V 20 und VI 199 f, vor allem aber I 9.11 f […] erweist sich insbesondere Ant VIII 127–129 als Schlüsseltext für das Verständnis der Intentionen von Bellum und Antiquitates – ein Text, dessen Gewicht die Josephus-Forschung bislang übersehen hat und auf den mit Nachdruck hinzuweisen ist".¹⁶

    Der diesen Ergebnissen zugrunde liegenden Annahme von Nichtjuden als intendierte Hauptadressaten wird in Kap. 5/2.1.1 nachgegangen.¹⁷ Eine detaillierte Beweisführung, die gegen Juden als eigentliche Zielgruppe von Bellum und Antiquitates spricht, ist aus meiner Sicht notwendig – und sei es nur, um dem allgemeinen Konsens durch ein Zusammentragen von Indizien Standfestigkeit zu verleihen. Von der Adressatenfrage jedenfalls hängt ab, wie die konkrete Gestalt der Berichterstattung im Bellum und in den Antiquitates zu interpretieren ist.

    Im Kern bestätigt vorliegendes Buch Teile der oben zitierten Ergebnisse jener Monographie. Einen engeren Fokus legend, lenkt sie den Blick auf diejenigen Textbelege in Josephus’ Bellum und Antiquitates, in denen in Bezug auf im Krieg Sterbende bzw. allgemein in Bezug auf Tod und Sterben im Rahmen kriegerischen Geschehens das Leben nach dem Tod thematisiert wird. Besonders, aber nicht ausschließlich, sei dabei die Frage bedacht, ob damit verknüpfte Vorstellungen einen Einfluss auf Menschen im Blick auf ihren Tod bzw. ihr Sterben ausüben – und wenn ja, welchen. Wie sich zeigen wird, sind die Texte bei Josephus, in denen Jenseitiges angesprochen wird, im Kontext griechisch-römischer Historiographie außergewöhnlich und Träger spezifischer Werkintentionen. Sie sind so bemerkenswert, dass sie eine eigene monographische Untersuchung rechtfertigen. Die Analyse dieser Textpassagen untermauert konkret, dass es Josephus nicht nebensächlich daran gelegen ist, nichtjüdischen Lesern das Volk der Juden als edel und bewundernswert vorzustellen. Vor allem skizziert er deren Eschatologie als Ausdruck ihres bewundernswerten Glaubens und deren damit verbundene Motivation für Todesbereitschaft als jüdische Tugend.¹⁸ Das betrifft im Wesentlichen auch diejenigen Textstellen, die zwar eschatologische Themen verarbeiten, nicht aber im aufgezeigten Fokus mit „Tod und Sterben im Krieg" verbunden sind. Wo es der Zielrichtung der Arbeit besonders dienlich ist, werden auch sie zur Sprache kommen. Im Blick auf das Bellum – hier finden sich alle relevanten Textbelege innerhalb von Kriegsdarstellungen – wiederum dienen diese Teilziele entsprechend des oben in Petit gefassten Zitats im Zusammenspiel mit anderen Intentionen nicht unwesentlich dazu, bei nichtjüdischen Lesern Mitleid zu wecken. Gemeint ist ein Mitleid im Sinne der intendierten Erkenntnis, dass ein edles, bewundernswertes und mehrheitlich unverschuldet ins Verderben geratenes Volk nunmehr genug gelitten habe.¹⁹

    Die methodischen Grundüberzeugungen, welche die vorliegende Studie lenken, sind die folgenden:²⁰

    1. Das Thema „Tod und Sterben im Krieg" als zentraler Gegenstand der griechisch-römischen Historiographie, allem voran des Bellum, eignet sich besonders, um sich Josephus’ Intentionen zu nähern, weil er es im besonderen Maße für seine Ziele instrumentalisiert. Auch mit Blick auf eschatologische Fragestellungen ist für Josephus der Verwendungszweck des Themenfeldes entscheidender Anlass, sich innerhalb seiner Werke dazu zu äußern – weniger der Wunsch, möglichst sachgemäß im Sinne heutiger ‚Regeln‘ der Geschichtsschreibung über jüdischen Jenseitsglauben oder eigene diesbezügliche Positionen zu informieren.

    2. Die großflächige, breit angelegte Analyse einer Vielzahl kleinerer Bemerkungen zu diesem Thema vermag seine Intentionen besser zu erhellen, als das Zentrum der Betrachtung auf zentrale Aussagen z. B. der Proömien zu legen. Vielmehr sollte man dem Gesamteindruck nachspüren, den der Leser durch die Lektüre des ganzen Berichts gewinnt. Eine vollständige Auflistung und zusammenführende Interpretation aller Textstellen birgt große Chancen.

    3. Anhand des Vergleiches der mit Tod und Sterben im Krieg verbundenen Themen bei Josephus mit deren Behandlung in griechisch-römischen Geschichtswerken werden die Konturen seiner Intentionen besonders sichtbar: In nahezu allen Bereichen und auf fast allen Ebenen hebt er sich von seinen nichtjüdischen ‚Kollegen‘ ab. Die Befunde zusammengeführt, lässt sich zudem plausibel begründen, weshalb er sich an welchen Stellen von jenen unterscheidet.

    4. Nicht nur der Vergleich mit zeitgenössischen Werken und Historiographien vor Josephus (ab 5. Jh. v. Chr.), sondern auch mit jenen der Jahrhunderte danach (untersucht: bis 1. Hälfte 3. Jh. n. Chr.) birgt Potential für das Verständnis von Bellum und Antiquitates, da ‚Konventionen‘ nachwirken. So oder so sind des Umfangs antiker Geschichtswerke wegen umfassende Vergleiche mit Josephus ebenso selten²¹ wie nötig. Im vollständigen Erfassen des Materials zum Thema „Das Leben nach dem Tode" in jenen Werken erkennt vorliegendes Buch daher ein für aufbauende Studien verschiedenster Disziplinen hilfreiches Nebenziel. Ausblickartig werden in Kapitel 7 deshalb nach der Ergebnisformulierung konkret auch mögliche Impulse der Studie für die neutestamentliche Forschung, insbesondere das lukanische Doppelwerk, angerissen. Hauptziel sind aber textpragmatische Schlussfolgerungen, die sich aus dem Vergleich entsprechender Stellen in der griechisch-römischen Historiographie mit jenen bei Josephus ergeben und die Thesen meiner früheren Publikationen bestätigen.

    Die oben drittgenannte methodische Richtschnur resultierte nicht wenig aus der Feststellung, dass ein solcher Vergleich auf Basis einer vollständigen Auflistung von Textbelegen zu eschatologischen Themen besonders markante Unterschiede zutage förderte. In der griechisch-römischen Historiographie sind Nachttodvorstellungen so selten greifbar, dass in Kapitel 2 mit Ausnahme der zahlreicheren Stellen bei Diodor alle Belege – vollständig also auch jene, die außerhalb von Kriegsdarstellungen lokalisiert sind – zumindest kurz Erwähnung finden können. Dieser Weitwinkel ermöglicht es, die für die Fragestellung vorliegenden Buches wesentlichen Texte besser im Blick auf sein Hauptziel interpretieren und einordnen zu können. Konkret untersucht auch diese Studie auf Grundlage einer vollständigen Lektüre alle griechischen wie lateinischen Geschichtswerke vom 5. Jh. v. Chr. – 2./3. Jh. n. Chr., die nichtbiographischen Charakter tragen und nicht allein fragmentarisch überliefert sind. Eine nähere Begründung dieser Quellenauswahl, die neun griechisch und sechs lateinisch schreibende Autoren umfasst, wäre ebenso redundant wie eine erneute Einführung in jene Autoren und ihre Werke.²² Was Josephus anbelangt, so finden in Kapitel 4 sämtliche auch außerhalb von Kriegsdarstellungen lokalisierte Textstellen wenigstens in Form bündelnder Aussagen oder vollständiger Textstellenlisten in den Fußnoten Erwähnung. Das dient der adäquaten Einordnung derjenigen Passagen, die Tod und Sterben im Krieg betreffen. Ob und wie darüber hinaus näher auf sie eingegangen wird, hängt insofern mit ihrer Relevanz für die Kernfragen vorliegenden Buches zusammen. Ein Gesamtblick auf das Thema „Eschatologie bei Josephus" jedenfalls ist methodisch wie inhaltlich gefordert.

    Nachdem Kapitel 2 in chronologischer Reihung griechische (2.1), dann lateinische Geschichtswerke (2.2) thematisiert, wendet sich Kapitel 3 vor der ausführlicheren Erhebung, Analyse und Interpretation der Textstellen bei Josephus (Kapitel 4) der vorangehenden jüdischen Historiographie zu.²³ Ein textpragmatischer Vergleich des Befundes hinsichtlich der nichtjüdischen Geschichtswerke mit dem von Bellum und Antiquitates (Kapitel 5) bündelt die Einzelergebnisse zunächst mit Blick auf Grundlinien, ‚Konventionen‘ und Besonderheiten spezifischer Autoren sowie mittels der Kontextualisierung in die (Thematisierung von) Eschatologie bei Römern wie Griechen (v. a. Kap. 5/1). Als Hauptziel

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1