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Leben ist Tango: Tangoenergetik für den Alltag. Innehalten - Ausrichten - Vertrauen
Leben ist Tango: Tangoenergetik für den Alltag. Innehalten - Ausrichten - Vertrauen
Leben ist Tango: Tangoenergetik für den Alltag. Innehalten - Ausrichten - Vertrauen
eBook460 Seiten5 Stunden

Leben ist Tango: Tangoenergetik für den Alltag. Innehalten - Ausrichten - Vertrauen

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Über dieses E-Book

Berührend, stimmig, echt!
Wer würde das nicht gerne erleben - in jeder Beziehung!
Die Einladung: in gutem Kontakt mit sich selber zu sein, körperspürend, bewusst, authentisch. Von hier aus können wir uns als wache Lebenskünstler aufrichtig verbinden, unsere Beziehungen glaubwürdig, erlebnisoffen und kreativ gestalten, in unserem persönlichen Umfeld und weltweit - wie der bewegende und berührende Tango.
Seine Essenz, die "Tangoenergetik", kann uns wohlwollend und präsent durch alle Lebenslagen führen. Leben ist Tango - wir tanzen es sowieso schon, und das Leben tanzt mit uns.
Darüber erzählt dieses Buch: lebendig und ermutigend, mit Interviews, Geschichten, Alltagsbeispielen, Erlebtem aus aller Welt, kleinen philosophischen und poetischen Ausflügen, Fragestellungen und konkreten Anregungen. Es trifft den Nerv der Zeit - und unserer Sehnsucht. Wie wäre es, wenn wir uns als GmbH verstehen: als Gemeinschaft mit berührender Haltung?

Die Autorin schreibt aus einer wertschätzenden, warmherzigen Sichtweise, sachkompetent, aber auch spielerisch und humorvoll. Ihr Herzensanliegen ist, kleine und große Menschen in ihrer Einzigartigkeit und Würde zu sehen. Gemeinsam innezuhalten, um sich danach wieder ausrichten und vertrauensvoll aufrichten zu können. Es beglückt sie, wenn sich auch in matten Augen wieder bejahender Glanz, ein neues Strahlen und das Lachen von Lebensfreude Bahn brechen. Wenn wir alle dem Klang unseres wunderbaren Planeten folgen, auf dessen Parkett wir tanzen. "Darf ich bitten?"
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Sept. 2019
ISBN9783982063683
Leben ist Tango: Tangoenergetik für den Alltag. Innehalten - Ausrichten - Vertrauen

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    Buchvorschau

    Leben ist Tango - Martina Hoppe-Großhennig

    hoch!

    IDIE EINLADUNG: DER TANGO MIT MIR

    EINE GUTE BEZIEHUNG ZU MIR SELBST: JA – ICH

    „Alles wirkliche Leben ist Begegnung."

    Martin Buber

    Der jüdische Philosoph Martin Buber brachte es wie kein anderer auf den Punkt: Das Ich wird am Du zum bewussten Ich. Um beim Anderen anzukommen, muss ich ganz bei mir gewesen sein, und von hier bei mir zum anderen ausgehen; um mich selbst zu erkennen, brauche ich Beziehung. Eine Wechselbeziehung.

    Unermüdlich mahnend und ermunternd sprach und schrieb er von dem, was im Tango wie im Leben von zentraler Bedeutung ist: Das Ankommen bei sich selbst, das Anerkennen dessen, was war und ist, um vom gegenwärtigen Standort aus würdig und aufrecht in Beziehung zu gehen. Martin Buber wusste, wovon er sprach, war er doch 1938 dem Nazi-Deutschland entkommen und zeitlebens – auch interkontinental – unterwegs, als migrierender Menschenlehrer, der in sich selbst beheimatet war.

    Auch wir sind heute unterwegs, auch unser Leben ist ein „Wandern" von einem Ort zum anderen, von einer Begegnung zur nächsten. Können wir uns ganz mitnehmen, mit allem bei uns sein? Für viele Menschen wird unsere gesammelte Präsenz ein Präsent sein. Uns selbst machen wir damit das größte Geschenk.

    1.

    DER FLÜCHTLING IN UNS DARF HEIMAT FINDEN

    Wir erinnern uns, dass der argentinische Tango aus dem Erleben und den Qualitäten von Migranten, Geflüchteten und Ankömmlingen entstanden ist, ja seinerseits selbst zum Migrationskünstler geworden ist, der um den Globus zieht und immer wieder an neuen Orten auf dem Boden der Tatsachen ankommt und Wurzeln schlägt, um sich zu beheimaten.

    In mir ist die Frage aufgetaucht, ob der Tango, der uns „auf den Pott setzt, sprich aufs reale Parkett des Hier und Jetzt, in seinem kollektiven Gedächtnis ein Wissen von Weggehen und Ankommen, von persönlicher Verwurzelung und Kontaktbereitschaft, vom würdigen Aufrichten und Verbinden über Musik und Bewegung gespeichert hat. Diese „Echos seiner Vergangenheit können wir – aus tangoenergetischer Sicht – in vielen seiner Elemente und Themen finden und sie wie ermutigende, anregende Geschenke zu uns nehmen: das Zentrieren im eigenen Körperzuhause, das absichtsvolle Gehen, die Lust an verbindender Berührung, das körpersprachliche Kommunizieren und die gemeinsame Hingabe an den Fluss der Lebensmusik.

    Nicht nur der Tango hat eine Flüchtlings- und Migrationsgeschichte, sondern die Menschheit seit Urzeiten. Und auch in Deutschland ist es nicht allzu lange her, dass wir entweder selbst auf der Flucht waren oder Andere, Vertriebene, Fremde klaglos beheimatet haben. Die „Flüchtlingsthematik sitzt uns – kollektiv wie familiär – in den Knochen und ist wieder sichtbar, brandaktuell, sehr konkret, gesellschaftlich und medial bedeutsam. Sie berührt und bewegt uns in die eine oder andere Richtung. Migration, ein sachlicher Begriff dafür, dass hier Menschen aus Not oder Sehnsucht nach einem besseren, würdigen Leben unterwegs sind, findet weltweit auf Erden statt und schreit zum Himmel. Haben wir persönlich vielleicht mehr damit zu tun, als wir gerade vor Augen sehen? Vermutlich kennen auch Sie in dieser Hinsicht Erzählungen von Bekannten oder aus Ihrem eigenen „Familienskript. Bücher, Filme und Forschung befassen sich zunehmend mit der unbewussten Weitergabe transgenerationaler Traumata und ihren möglichen Folgen.

    Auch wenn wir auf diese größeren Zusammenhänge hier nicht weiter eingehen können, gibt es doch möglicherweise einen kleinen Flüchtling in uns selber, dem die Lebensrealität wenig erträglich scheint oder der glatt Nein sagt zum Kontakt mit der Realität, wie sie ist – aus Not, zum Schutz, aus Sehnsucht oder Angst. Kein Wunder gerade in Zeiten, da einigen der Boden unter den Füßen wegzurutschen scheint, andere als Jobnomaden unterwegs sind, viele entmutigt oder erschöpft im Jetlag von multipler Überforderung durch Arbeit und Familie hängen oder gebannt sind von digitalen Welten und existentiellen oder gesundheitlichen Sorgen. Mal fühlt es sich wie ein zerreißender Spagat an, mal wie dissoziative Spaltung. Dann sind wir zwar da, aber nicht hier. Wir sind zwar körperlich anwesend, aber nicht ganz bei uns angekommen, zuhause. Der kleine Flüchtling ist woanders unterwegs. Er hat einen Teil unserer Energie mitgenommen und lässt uns nicht voll präsent sein, irgendwie fehlt uns was. Grund genug, ihn aufzuspüren, wahrzunehmen, sich ihm zuzuwenden, um ihn in seiner Not verstehen zu können, und ihm dann wie im Tango einladend und bejahend die Arme zu öffnen. Eigentlich möchte er bei uns sein, sich integrieren, seinen Platz einnehmen und mit uns tanzen.

    „Endlich bin ich bei mir zuhause angekommen! Und doch heißt es immer wieder hier und jetzt: Mich ganz einsammeln!" Ein Satz, den ich öfter höre, der im Hintergrund von langer Suche, Unruhe und Weglaufen vor sich selber erzählt und nun erleichtert, glücklich und zufrieden ausgesprochen wird.

    TANGOENERGETIK IM ALLTAG

    Er: „Wie oft bin ich zum Tango geflüchtet vor dem Stress im Job, vor den dauernden Erwartungen meiner Frau und Kinder, zur Ablenkung von diesen blöden Grübeleien, dass noch was anderes für mein Leben hochdrängt. Beim Tanzen kam ich ganz bei mir an, spürte meinen Körper wieder und mich selbst, musste einfach präsent sein. Und wie? Erstmal mich ‚einkriegen‘, einsammeln, was unterwegs weggeflutscht war, mir selbst Anker sein, dann geht das Aufrichten wie von alleine. Das ist jetzt meine heimliche Übung in Beruf und Familie, erstmal mich einzufangen und all meines zu sehen und zu sammeln. Das gibt mir Kraft im Alltag, auch andere merken, wie ich jetzt wirklich ganz hier bin."

    Sie: „Tangotanzen war immer ein geduldetes und auch bewundertes Argument, weil es so gesund und erotisch sei oder ist. Aber ehrlich gesagt bin ich oft genug dahin geflüchtet, bloß weg vom Stress in Schule und Familie. Aber ich bin auch vor mir selbst geflohen, Selbstwert und Lebenslust im Keller. Mich selbst spürte ich gar nicht mehr, erst wieder beim Tango. Da konnte ich wieder ankommen bei mir. Und ich habe den Flüchtling in mir erkannt mit seinen Bedürfnissen und Strategien, diesen netten kleinen Kerl, der nur das Richtige für sich braucht. Wenn er sich jetzt meldet, um Tschüss zu sagen, nehme ich ihn gedanklich an meine Hand oder in mich hinein. Stark! Ich kann jetzt ganz bei mir sein, zu mir stehen. Ich habe das Gefühl, mich zunehmend in mir zu beheimaten, sage ich mal so. Nervenkostüm ist ruhiger, ich bin stabiler und flexibler geworden, oft wie geborgen in mir, zufriedener, das sagen mir sogar einige, schön!"

    Die meisten gehen Tango tanzen, weil es ein wunderbares Freizeitvergnügen ist. Wie ein Mehrkomponentenkleber verbindet er sehr viele erfreuliche Aspekte miteinander: soziale, sportliche, musikalische, bewegende, berührende, gesunde, kommunikative, kreative, heitere, spielerische und unzählige weitere mehr. Nicht wenige erkennen jedoch auch, dass ihre Tangolust aus unterschiedlichen Gründen zu Flucht und Sucht geworden ist.

    Nach meiner Beobachtung im Umfeld geschieht dies eher phasenweise. Flüchten ist ja nicht nur ein Schutzmechanismus vor Überforderung beispielsweise, sondern auch eine oft kreative Kompetenz. Und eine Flucht in den Tango setzt uns höchst freundlich genau dort wieder ab, von wo wir flüchten wollten, nämlich in den gegenwärtigen Moment und Kontext samt unserer sinnlichen Körperwahrnehmung. Aus tangoenergetischer Sicht ist dies eine ermutigende, aufrichtende und bewusst machende Selbsterfahrung, die Lust auf mehr Körperpräsenz im Alltag macht.

    Für den Tango mit uns selbst können wir uns interessiert und bewertungsfrei Fragen stellen: Sind wir gerne in uns zuhause, wirklich jetzt ganz bei uns selbst angekommen, bejahend, in Frieden? Gibt es in uns möglicherweise einen kleinen Flüchtling, der abhaut, wegläuft, sich versteckt, in die „innere Emigration geht oder die Flucht nach vorn antritt, wenn die Situation oder Begegnung als zu „brenzlig erlebt wird, der Kontakt mit der Realität in Beziehung oder Beruf nicht gefühlt werden möchte? Der dann beispielsweise in Schweigen, stillen Trübsinn, Verpflichtungen, Ablenkungen, Aktionismus, übermäßigen Sport, Spiele, Shoppen, Sex, Selbstoptimierungssucht, auch in virtuelle Welten oder in spirituelle Dauersuche abdriftet?

    Erkennen können wir diesen unbewussten Vorgang häufig daran, dass sich auch Lebensfreude, Vitalität, inneres Gleichgewicht und präsente Lebendigkeit verflüchtigen. Der kleine Flüchtling nimmt ja viel Energie mit, die uns dann nicht mehr zur Verfügung steht. Wenn wir dies bemerken, etwa auch an Müdigkeit oder geistiger, emotionaler Abwesenheit, können wir interessiert nach dem geflüchteten Teil Ausschau halten, ihn namentlich bezeichnen und ihn wieder zum Tanz mit dem Jetzt einladen – wie im Tango mal in weiter, mal in enger Umarmung, genauso, wie es stimmig ist.

    Wir können freundlich, wohlwollend oder einfach wertschätzend für seine Bewegungen sein. Er hat es schon früher gut gemeint mit uns, wollte Wesentliches in uns, in manchen Situationen gar unsere Würde schützen und retten. Er bringt uns sogar sehr belebende Erfahrungen mit nach Hause, die er gewonnen hat.

    Finden Sie selbst heraus, ob es beispielsweise sein Improvisationsgeschick, seine Kreativität und spielerische Fährtensuche ist oder sein Spürsinn, sein ausgefeiltes Frühwarnsystem für Bedürfniserfüllung, seine Fähigkeit, Abstand zu nehmen und nicht dauerhaft zur Verfügung zu stehen, und überhaupt seine Lust, voll und ganz zu leben! Er ist auch Sie!

    Manchmal ist es klug und gesund, sich Situationen bewusst zu entziehen, oft auch nur vorübergehend, um sich angesichts eines inneren oder äußeren Aufruhrs in Stille zu klären und wieder zu zentrieren. Wie oft habe ich einen „Gang um den Block" mit versprochener Rückkehr gemacht oder kurzzeitig den Raum verlassen, als es tobte und toste in mir und um mich herum! Es war die mir mögliche Verantwortung und Antwort. Ich kam gesammelt, geklärt und lösungsoffen zurück aufs häusliche Parkett, hatte mir nur vorher einen intimen Tango mit mir selbst erlaubt.

    Weggehen ist sehr oft nicht flüchten, sondern auch einfach mutig seinen Weg gehen: Neues ausprobieren, Grenzen dehnen, die Welt kennenlernen, durchaus auch Ausbildungsabbrüche wagen, der Sehnsucht des Herzens folgen oder sich vom ständig juckenden, ungelebten Potential endlich hinziehen lassen, wohin man wirklich gehört. Das fällt oft nicht leicht, weil es kritisch und gerne warnend beäugt wird. Jedoch grenzt es an Selbstverleugnung, wenn wir dem „Ruf des Lebens", dem persönlichen Wirkungsdrang, dem gefühlten inneren Auftrag oder Wunschziel nicht folgen, vermeidend fliehen, egal in welcher Altersphase. Es wird uns einholen. Und den kleinen Flüchtling, der mahnend und schon langsam kränkelnd, gelangweilt, unzufrieden ums innere Feuer herumtanzt, heimholen. Er kann uns mit seiner Fackel den Weg dorthin zeigen, wo wir im Element sind, um gemeinsam begeistert einen erfüllten Lebenstango aufs Parkett zu bringen.

    Vielleicht haben Sie diese kurzen oder langen Phasen schon hinter sich, stecken mitten drin oder spüren, dass für diesen Lebensabschnitt noch etwas ans Licht drängt. Dann schenken Sie dieser oft flüchtigen Regung freundliche Aufmerksamkeit und geben ihr gastfreundlich Heimat.

    Es mag auch sein, dass Sie die innere Flüchtlingsthematik befremdet. Aber eine Wachheit dafür hat uns die Evolution mitgegeben. Wir können heute unsere Sichtweise von bedrohter Sicherheit zu Bereicherung ändern oder erweitern, ob es nun um den inneren, fremd erscheinenden „Flüchtling" geht, um die kollektive oder um die aktuell gesellschaftliche Thematik.

    Im wahrsten Sinne einleuchtend ist mir folgender Satz, auch wenn er nur zur Sorte „Poesiealbum für Erwachsene gehört: „Wer in sich selbst beheimatet ist, kann anderen eine Heimat geben.

    ANREGUNG

    Nehmen Sie sich freundlich und bewertungsfrei im Alltag Zeit, Ihrem inneren Flüchtling, sollten Sie einen entdecken oder wahrhaben wollen, „auf die Schliche" zu kommen. Sie könnten sich aus Interesse auf Spurensuche begeben, denn er ist naturgemäß gewieft. Welchen Situationen entzieht er sich gerne oder gewohnheitsmäßig und wie?

    Sobald Sie ein flüchtendes Verhaltensmuster, meist in Beziehungssituationen, bemerken, ermöglichen Sie sich eine bewusste Wahl: „Flüchten oder Standhalten". Spüren Sie spontan durch, was Ihnen und der Situation guttut, was Kraft und Lebendigkeit aufbaut oder Sie eher runterfährt. Denn der kleine Flüchtling braucht und verbraucht Ihre Energie.

    Spannend die Frage: Wie macht er das? Ihre Antwort zeigt Ihnen Fähigkeiten, die Sie für sich auch in anderen Situationen mutig und konstruktiv einsetzen können: Beispielsweise Kreativität, Improvisation, Bescheidenheit, Schweigen, Wortgewandtheit oder Selbstfürsorge … .

    Ob Sie ihn an die lange Leine, an die Hand oder in die Arme nehmen und ihn gar beheimaten, also integrieren möchten, wie auch immer ist er Teil Ihrer Vitalität und Ihr Sensor für Wahrnehmung grundlegender Bedürfnisse. Akzeptanz und Würdigung tun ihm und Ihnen gut. Ebenso der Satz von Kurt Tucholsky, einfach als Motto genommen: „Es tut so wohl, auch einmal Ja zu sagen."

    2. ICH BIN EINZIGARTIG – EIN TANZSCHRITT DES LEBENS

    FEUER UND FLAMME FÜR EINZIGARTIGKEIT: MEIN TANGO-TATTOO

    Es muss wohl Ende der 80er oder Anfang der 90er Jahre gewesen sein – in einer großen Berliner Tanzschule. War es der traditionelle Tanz in den Mai oder ein Abschlussball aller Kurse vom Walzer über englisch benamte Tänze wie Swing, Jive, Disco-Fox, Blues bis zum kubanisch hüftschwingenden Rumba oder Chachacha? Wir hatten Choreografien und Tanzfolgen gelernt, wieder vergessen und erneut trainiert und nun war einfach Tanzen angesagt, allerdings mit den mehr oder weniger „verordneten", eingeübten und bei den Damen bitteschön zu erinnernden Schrittfolgen. Auch nett und erfreulich, besonders mit den Freunden! Und dennoch, als ich zufällig vom Nachbartisch hörte, dass in einem anderen Raum im Hause argentinischer Tango getanzt würde, hielt es mich nicht mehr auf dem Platz. Ich wollte diesen für mich neuen Tanz mit seinem so speziellen und faszinierenden Namen einfach mal sehen und seine Musik kennenlernen.

    Meine spontane, ungebremste Neugier zog die Freunde und meinen Tanzpartner unmittelbar mit. Im etwas schummrigen Raum schlängelte ich mich am Rand entlang mit meinem Partner zur hinteren langen Fensterfront durch, wollte ins dichte Geschehen näher eintauchen. Die Freunde blieben an der Tür mit den vielen Zuschauern stehen. Ich betrachtete die Tanzenden, wollte mich hineinspüren und staunte gleich beim ersten Eindruck: Alle hatten eine aufrechte, ja fast würdevolle Haltung, schienen ihre volle Größe zu tanzen, einige ruhig bewegt, andere meditativ. Die Musik: Ein langsamer Rhythmus zum emotionalen Gesang einer ausdrucksstarken Männerstimme. Betrachtend staunte ich: Mal ließ sie ein Bein fliegen, mal malte er einen großen Kreis mit seinem Fuß, während einige Paare nur gingen, andere sich drehten. Sie machte mal was anderes als er und trotzdem blieben sie beieinander, lauschend, in Rhythmus und Zuwendung verbunden, welch ein Zauber! Ich war bis ins Mark fasziniert. Das war nicht nur großartig, sondern einzigartig! Keiner artig! Keiner Standard! Ob sie oder er, für sich einzigartig und dann auch als Paar! Und bei gleicher Musik tanzten alle so unterschiedlich, wie sie die Musik deuteten. Nichts ähnelte sich, Basisregeln schien es zu geben, aber jedes Paar tanzte seinen eigenen Tango. Nicht choreografiert, nicht „replizierbar", nicht

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