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Israel neu entdecken: Touren durch das Heilige Land
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eBook276 Seiten3 Stunden

Israel neu entdecken: Touren durch das Heilige Land

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Über dieses E-Book

Die Journalistin Gretel Rieber, die viele Jahre für den WDR und den Deutschlandfunk gearbeitet hat, besuchte in ihrem Lieblingsreiseland Israel neben den üblichen Touristenattraktionen vor allem weniger bekannte Orte.
Sie reiste z.B. zu den üppig grünen Quellen des Jordan, zum Berg Hermon und zu den Sumpfseen im Hula-Tal mit ihrer überwältigenden Vogelvielfalt. Sie folgte den Spuren des Wirkens Jesu in der Bibel, entdeckte für sich den geheimnisvollen Steinkreis auf dem Golan, den ersten Kibbutz des Landes und viele andere selten genannte Orte, wie die Ruinen einer Festung im Arava-Tal. Sie nahm Teil am bunten jüdischen Pilgerfest Lag BaOmer in den Bergen Galiläas und durchstreifte die älteste Stadt Israels, das legendäre Jaffa, vor dessen Küste der biblische Jonas angeblich von einem riesigen Fisch verschluckt wurde.
Aus dem umfangreichen Material über ihre zahlreichen Touren im Heiligen Land, zwischen Meer und Bergen, Wasser und Wüste, entstand dieses besondere Reisebuch als Anregung für eigene Entdeckungen versteckter Plätze und fröhlicher Feste, die es so nur im wunderbaren, widersprüchlichen Land Israel gibt.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum16. Okt. 2019
ISBN9783966331432
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    Buchvorschau

    Israel neu entdecken - Gretel Rieber

    Vorwort

    Dieses ganz persönliche Reisebuch beruht auf meinen eigenen Erfahrungen und Entdeckungen in „Eretz Israel, dem Land Israel, aus den letzten beiden Jahrzehnten. Es ist kein konventioneller Reiseführer, obwohl es durchaus viele „zeitlose Informationen und Tipps für Touristen enthält.

    Mein erster Eindruck von diesem uralten und sehr modernen Land war überwältigend und hat mich über 20 Jahre lang nicht mehr losgelassen, ich habe es immer wieder besucht, darüber in Zeitungen und Magazinen, vor allem aber im Hörfunk (WDR, DLF) darüber berichtet. Natürlich hat sich im Laufe dieser Zeit einiges verändert, doch das Wesentliche blieb, auch wenn ein paar der Leute, die ich in diesen Jahren getroffen haben und die mir ihr Land gezeigt haben, inzwischen verstorben sind. Eine amerikanische Jüdin, die in Jerusalem wohnt und die ich Jahre zuvor auf einer griechischen Insel kennengelernt hatte, hatte mich immer wieder gedrängt, sie und Israel zu besuchen. Ich habe lange gezögert, weil ich mir ein von Krieg, Raketenbeschuss und Attentaten bedrohtes Land vorstellte, ein bedrücktes trauriges Land, so wie es leider oft in den Medien gezeigt wird. Doch dann beschloss ich, für den Westdeutschen Rundfunk über die Aktionen der jungen deutschen freiwilligen Helfer der Aktion Sühnezeichen zu berichten. Gleich am Tag meiner Ankunft hatte ich, wie könnte es anders sein, in Jerusalem ein ganz besonderes Erlebnis.

    Ich habe meine Freundin Carol Ann angerufen und sie bestand darauf, dass ich sofort zu ihr in die Hebron Straße komme, eine Straße, die hinausführt aus der Stadt, nach Bethlehem, das damals noch problemlos, ohne irgendwelche Sperren zu besuchen war. Das hat sich allerdings seitdem völlig verändert, nachdem die palästinensischen Attentate dazu geführt hatten, dass die israelische Regierung einen Grenzzaun und im Umkreis von Jerusalem einen Schutzwall errichtete. Meinen Einwand an diesem allerersten Tag, ich sei gerade erst angekommen und hätte noch nicht einmal geduscht, ließ Carol Ann nicht gelten. Also bestellte ich ein Taxi, wir fuhren an der osmanischen Stadtmauer vorbei, der Anblick des vom Nachmittagslicht golden gefärbten Jerusalem-Steins ist atemberaubend, wie nicht aus dieser Welt. Vor ihrer kleinen, verwinkelten Erdgeschoss-Wohnung, die sie gerade renovierte, stieg Carol Ann farbbekleckst zu mir ins Taxi, wir bogen links ab, fuhren einen leichten Hang hinauf. Später erfuhr ich, dass dieser kleine Teil von Jerusalem eigentlich Niemandsland ist und bis zu einer endgültigen Friedensregelung zwischen den Palästinensern und Israel von der UN verwaltet wird.

    Oben auf der Haas Promenade stiegen wir aus, vor mir breitete sich die Altstadt aus mit der vergoldeten Kuppel des Felsendoms, dem Ort, wo Abraham seinen Sohn Isaac opfern sollte und später der erste jüdische Tempel errichtet wurde, wo Mohammed mit seinem Pferd zu Besuch in den Himmel geritten ist. Nördlich der mauerumgürteten Altstadt sah ich den Garten Gethsemane mit seinen vielen alten Ölbäumen und darüber den Ölberg mit dem schier unendlichen jüdischen Gräberfeld. Dort befand sich auch das Grab der deutsch-jüdischen Dichterin Else Lasker-Schüler, bis im Unabhängigkeitskrieg 1948 Jordanien die Altstadt besetzte und viele der Grabsteine, auch den von ihrem Grab, herausbrechen ließ und als Straßenpflaster für seine Panzer benutzte. Else Lasker-Schülers Gebeine wurden nach 1967, nachdem die Israelis Jerusalem zurückerobert hatten, zusammen mit anderen obdachlos gewordenen Gebeinen, in einem gemeinsamen Grab auf dem Ölberg erneut beigesetzt.

    Im Westen schimmerte weiß die Neustadt mit dem berühmten King-David-Hotel, wo Staatsmänner und Könige abzusteigen pflegen. Dahinter, außer Sicht, das Hohe Gericht und die Knesset, das Parlament Israels. Den westlichen Horizont bekränzten damals wie heute helle Neubauten auf den Hügeln, die Jerusalem umgeben.

    Plötzlich setzte Glockengeläut ein und von den Minaretten der Altstadt erklang der Ruf der Muezzins. Nur die Juden hörte man hier oben nicht, obwohl sie sonst nicht gerade leise zu sein pflegen.

    Die Ränder der dicken weißen Wolken im Himmelsblau leuchteten in rötlichem Gold und es hätte mich kaum gewundert, wenn Engel dahinter aufgetaucht wären und die Posaunen geblasen hätten.

    Mir fielen Zeilen aus einem Gedicht von Else-Lasker Schüler ein:

    „Ich suche allerlanden eine Stadt, die einen Engel vor der Pforte hat…"

    Den Engel habe ich dann später tatsächlich gefunden, eine moderne geflügelte Statue vor dem Löwentor, von dem aus man die griechisch-orthodoxe Kirche von Maria Himmelfahrt und den Garten Gethsemane besuchen kann.

    Trotz der zweiten Intifada, den beiden Libanonkriegen und vieler Selbstmordanschläge palästinensischer Terroristen auch auf Cafés, die ich gerne besuche, bin ich immer wieder in dieses umkämpfte Land gekommen, habe versteckte Orte und frohe Feste besucht, die bei den meisten Touristen kaum bekannt sind, die aber jede Anstrengung lohnen, sie per Leihwagen oder öffentlichen, sehr preiswerten Verkehrsmitteln, also mit Bus oder Bahn, zu besuchen. 

    Dieses Buch möchte Anregung für Sie sein, das „verborgene Israel selbst zu entdecken. Dabei geholfen haben mir u.a. Tipps von Freunden, die hervorragenden Artikel im englischsprachigen Magazin „Eretz, sehr informative deutschsprachige und mit sehr guten Fotos illustrierte Hefte, auch  das von dem deutschen Korrespondenten Ulrich Sahm herausgegebene digitale Magazin „ILI-News und das von evangelischen Christen veröffentlichte Digitalmagazin „ICEJ, vor allem aber meine eigene Neugier.

    Schalom und gute Reise! 

    Gretel Rieber

    Widmung:

    Ohne die Hilfe und Unterstützung meiner Freunde in Israel, Juden und Christen, Moslems, Drusen, Ahmadiyyas und Anhänger der Bahai-Religion, wäre das Buch über das Land, das mir im Laufe der vergangenen 30 Jahre zur zweiten Heimat wurde, nicht möglich gewesen, ihnen allen gilt mein besonderer Dank, vor allem Carol Ann und Michael.

    Kapitel 1

    Am Grunde der Zeiten –

    die Quellen des Jordan

    Die Sonne geht über den Edombergen am gegenüberliegenden, jordanischen Ufer auf und färbt das Tote Meer zart rosa, das Wasser des Salzmeeres, Jam ha Melach, wie es auf Hebräisch heißt. So früh am Tag sind die Edomberge am jordanischen Ufer nur ein hellgrauer Hauch, das Wasser ein glatter Spiegel. Die Sonne malt einen silbern glitzernden Keil aufs Wasser. Das Tote Meer ist sehr lebendig, es kennt viele Farben, ein helles Smaragdgrün, Türkis, Hellblau, Indigo, Ocker, Orange und Rosa, manchmal ist es schwarzblau mit wütenden Wellen. Dazwischen schimmern weiße Salzbrocken, Stege und Inseln aus Salz, von Salz verkrustete Äste am Strand. Nachts wird das Salzmeer tiefschwarz. Am jordanischen Ufer leuchtet die Lichterkette von Ansiedlungen. Im Westen bauen sich die Wüstenberge auf, auch sie ändern die Farbe, von hellgelb über gelbbraun und blassrosa zu schwarz.

    Vor Jahrzehnten war ich das erste Mal hier am israelische Ufer des Toten Meeres, damals hatte der See noch mehr Wasser, seither wird das Ufer jedes Jahr ein Stück breiter, eine bräunlich-gelbe Schlammwüste, tiefe Löcher tun sich auf, tiefrot, blau, grün oder gelb, je nach den Mineralien, die das einsickernde Quellwasser mit sich bringt, das die Salzkruste des Bodens auflöst. Das sieht schön aus, ist aber gefährlich, die Schlucklöcher oder, wie man hier sagt, die Sinkholes, verschlucken urplötzlich, meist ohne vorherige Warnung Gebäude, bedrohen die Überlandstraße Nr. 90, die vom äußersten nördlichen Rand des Landes, von der Grenze zum Libanon bis zur ägyptischen Grenze im Süden führt. Unterhalb des wunderschönen botanischen Gartens des Kibbutz Ein Gedi wuchsen damals noch Palmen auf einem kleinen Hügel direkt am See und darunter waren Wohnwagen geparkt, in denen man preiswert übernachten konnte. Die Palmen sind gestorben, die Wohnwagen längst entfernt, auch das Restaurant am öffentlichen Badestrand gibt es nicht mehr, die Sinkholes, diese tückischen Schlucklöcher, haben alles vernichtet. 

    In ein paar Jahrzehnten wird es das Tote Meer vielleicht gar nicht mehr geben, denn es fließt immer weniger Wasser vom Jordan in den Kinneret, dessen Wasserspiegel trotz des regenreichen Winters 2019 immer noch bedenklich nahe der roten Linie liegt. Israel und Jordanien, mit dem vor Jahrzehnten ein Friedens- und Wasservertrag geschlossen wurde, entnehmen dem Jordan zu viel Wasser, das sie allerdings dringend für die Landwirtschaft brauchen.

    Die Straße Nr. 90 führt mich von den Sodom Bergen und dem Kurort Ein Bokek in Richtung Norden am Toten Meer entlang, vorbei an Masada, Ein Gedi und Qumran, an Jericho, an Beit Shean mit den großartigen antiken Ruinen, vorbei am See Genezareth, an Tiberias, bis zum Ende der Straße Nr. 90, wo Israel an den Libanon grenzt, damals noch eine ruhige Grenze mit lebhaftem kleinen Grenzverkehr. Auch das hat sich leider geändert.

    Im Jahr 1993 bin ich auf dieser Straße zum ersten Mal in Richtung Norden gefahren, habe immer wieder Halt gemacht, habe großartige Landschaften, archäologische Kleinode, imposante Ausgrabungen, seltene Tiere, Pflanzen und Menschen verschiedener Religionen mit ihren oft fast unglaublichen Geschichten entdeckt. Spurensuche, vor allem jenseits der Touristenpfade. Es war in dem Jahr, als sich in Washington Rabin und Arafat die Hände reichten und nicht nur ich an den herbeigesehnten Frieden im Heiligen Land glaubte. Seither gab es jedoch die zweite Intifada, Selbstmordattentate, neue Kriege, Bedrohung durch die Raketen von Saddam Hussein, später durch die Raketen aus Gaza, die auf Tel Aviv und Jerusalem gerichtet waren.

    Doch ich bin jedes Jahr wieder hierhergekommen, fasziniert von diesem Land, das seit Jahrtausenden umkämpft, besetzt und wieder verlassen wurde von Ägypten, Assyrien, Babylonien, Persien, Rom, den Mamelucken, von Mohammedanern und Kreuzrittern, beherrscht vom osmanischen Reich und von den Engländern, Geburtsstätte des Judentums und des Christentums, Heimat des drittheiligsten Ortes des Islam.

    Eine Weile begleitet die Straße Nr. 90 auch den Jordan, diesen legendären Fluss, der mehr Geschichte als Wasser führt, wie Shimon Peres einmal sagte. Gespeist von drei größeren und vielen kleinen Quellflüsschen, ist es ein schmaler Fluss, wild und ungebärdig zu Beginn, dann sanft und träge, bis er im Kinneret, den wir den See Genezareth nennen, verströmt und schmutzig braun wieder verlässt. Viele sind enttäuscht, wenn sie ihn zum ersten Mal sehen. Das soll der Jordan sein? Der Heilige Fluss, Fluss der Verheißung, der Taufe Jesu? Dieses bescheidene Rinnsal?

    Bevor ich die Quellgebiete des Jordans, wo der Fluss noch jung und wild ist, durchwandere, fahre ich über die Abhänge des Golan hinauf zur Nimrodfestung. Es sind nur wenige Touristen in der wuchtigen Burganlage im Nordosten Israels, am Hang des Golan, zu Füßen des Berges Hermon, den die Araber „Bärtiger Greis" nennen. Die Burg mit ihren eindrucksvollen Türmen und Mauern, den düsteren Verliesen und Geheimgängen und einer monumentalen in Stein gemeißelten arabischen Inschrift, die den Mameluckenfürst Sultan Baybars lobpreist, galt lange als Kreuzfahrerfestung. Inzwischen aber weiß man, dass die Festung einen rein arabischen Ursprung hat.

    Über Nimrod, König von Babylon und Assur, heißt es in der Genesis: „Dieser wurde der erste Held auf der Erde. Er war ein tüchtiger Jäger vor dem Herrn." Diesen Bibelspruch las ich auf einer großen Informationstafel, bevor ich das Burggelände betrat. Weil er auch ein Rebell gegen Gott war, geben fromme Juden ihren Söhnen keinesfalls den Namen Nimrod, aber ich habe jedoch im Laufe der Jahre eine ganze Reihe von sehr netten Nimrods getroffen, und in Tel Aviv sogar ein Schuhgeschäft mit diesem Namen entdeckt!

    Die Nimrod Festung wurde wahrscheinlich zu Beginn des 13. Jahrhunderts zur Sicherung der wichtigen Handels- und Heerstraße nach Damaskus von dem moslemischen Herrscher El Malik El-Aziz Uthman erbaut, von dem Mamelucken-Sultan Baybars erweitert und dann 1260 von mongolischen Reiterscharen erobert. Später diente sie verschiedenen moslemischen Herrschern als Gefängnis mit Verliesen, die mich jetzt noch schaudern lassen.

    Es ist still hier oben, außer gelegentlichen Vogelrufen und dem Wind ist nichts zu hören, Sträucher und wilde Blumen wuchern aus den Mauern. Es fällt mir leicht, mich Jahre zurück zu träumen. Doch was sind hier am Jordan schon tausend Jahre, hier gelten ganz andere Zeitdimensionen.

    Die Erde gelangte hier im Jordangraben an ihren tiefsten Punkt, vor 20 Millionen Jahren, am Grunde der Zeiten, als hier der afrikanisch-arabische Grabenbruch entstand und wo vor 900 000 Jahren schon Urmenschen lebten.

    Von einem der wuchtigen quadratischen Wachttürme der Festung schaue ich hinunter in die dichten grünen Quellgebiete des Jordans und ins Hula Tal, das einstmals ein Sumpf war, in den fünfziger Jahren trockengelegt, später dann zum Teil renaturiert wurde und heute wieder unzähligen Zugvögeln Rastplatz und Futterstelle auf ihrer Reise nach Afrika bietet, wo wieder Büffel grasen und Schilf wächst.

    Ich fahre von der Nimrod-Festung weiter hinauf und erreiche ein großes Drusen-Dorf. Hier kann man wunderschöne gewebte Teppiche und Decken kaufen, hervorragend speisen, und es werden auch Ferienzimmer angeboten. Auf Hebräisch heißen sie „zimmerim, Mehrzahl von „zimmer, ein Überbleibsel der deutschen Sprache, welche die ehemals deutschen Juden, die „Jeckes", ins Land gebracht hatten.

    Drusen gehören einer arabischen Religionsgemeinschaft an, die im 11. Jahrhundert in Ägypten als Abspaltung vom Islam entstand, dort verfolgt wurde und deren Anhänger daraufhin nach Norden flohen. Sie leben in Syrien, im Libanon und eben auch im Norden Israels. Es sind patriotische israelische Staatsbürger, dienen in Armee und Polizei, sind im Parlament vertreten, haben Richter und Regierungsmitglieder gestellt. 

    In zahlreichen Kurven geht es hinauf zum Fuß des Hermon, mit seinen 2814 Metern der höchste Berg im Mittleren Osten, seine südliche Flanke trennt Israel von Syrien und dem Libanon. Im Winter ist der Berg schneebedeckt, auf der israelischen Seite ein beliebtes Skigebiet. Eine Gondelbahn bringt mich hinauf auf den Berg. Von hier aus kann man bei klarem Wetter Damaskus erahnen. Der hebräische Name Hermon stammt von der althebräischen Wurzel herm „abgesondert, heilig". Der Berg war, auch den Kanaanitern, der ursprünglichen Bevölkerung des Landes, heilig, hier hatte ihr Gott Baal ein Heiligtum. Die Griechen widmeten den Berg dann dem Gott Pan, dem Gott der Hirten, der Musik und der Unterhaltung.

    König Jeroboam, der erste König Israels, ließ ein goldenes Kalb errichten am Dan, einem der Quellflüsse des Jordan, der am Fuße des Hermon entspringt. Er definierte das Land Israel, Eretz Israel, als das Land zwischen dem heiligen Ort Dan im Norden und Beer Sheba im Süden. Die Christen erklärten den Berg Hermon zum Ort der Transfiguration Jesu und die Drusen schließlich errichteten ihre wichtigste religiöse Akademie am südlichen Fuße des Berges.

    Und dieser so überaus heilige Berg ist der Geburtsort des ebenso heiligen Jordan. Der Name „Jordan kommt vermutlich vom hebräischen Jored Dan, also „der von Dan herabsteigt, vom Gebiet eines der 12 biblischen Stämme, benannt nach einem Sohn Jakobs. 

    Einer der drei wichtigen Quellflüsse des Jordan, der am Fuße des Hermon-Gebirges entspringt, ist der Banyas. Der Name ist abgeleitet vom griechischen Paneas, denn hier an der Quelle gab es seit der hellenistischen Zeit ein bedeutendes Heiligtum des griechischen Hirtengottes Pan, dessen Verehrung den älteren heidnischen Baals Kult abgelöst hatte. Pan war der bocksfüßige arkadische Gott der Schafhirten, er lebte auf den Bergen Griechenlands, tanzte mit den Nymphen, sang und spielte auf seiner Flöte. Überall im griechischen Reich wurden ihm zu Ehren Heiligtümer errichtet, auch hier an der Banyas-Quelle am Fuße des Hermon, denn bekanntlich herrschten auch die Griechen eine Weile im Gebiet der Hebräer.

    Die nahe gelegene griechische Stadt nannten die Griechen ebenfalls Paneas. Der israelische König Herodes der Große ließ sie ausbauen, sein Sohn Philippus machte sie zu einer bedeutenden Verwaltungsmetropole und gab ihr den neuen römischen Namen Caesarea Philippi. 

    Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn? Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes! Jesus sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona... Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben... .

    (aus dem Matthäus-Evangelium).

    Auf meinem Weg durch den üppig grünen Naturpark mit mediterranen Bäumen und Sträuchern, mit zahlreichen griechischen und römischen Ruinen, treffe ich Andreas Wagner, Studienleiter des Programms „Studium in Israel", das deutsche Theologiestudenten für ein Jahr an die Hebräische Universität nach Jerusalem bringt. Er erzählt mir, dass er mit seinen Studenten Banyas und den See Genezareth besucht. Ich frage ihn, ob diese Stätten für ihn und seine Studenten heilig sind.

    „Was heißt heilig?", antwortet er. „Wie heilig ist denn das Heilige Land? Heilig ist der, der den Menschen das Leben gegeben hat, aber Steine, Länder sollte man nie heilig nennen. Dies hier ist ein wunderbarer Ort, der einen durchaus an Deutschland erinnert, mit den Bäumen und dem vielen Wasser, das ist das erste, was man hier wahrnimmt, die schöne Landschaft, die Natur, den See Genezareth, der wunderschön in der Landschaft liegt, 

    und gleichzeitig eben doch auch eine Anschauung für die neutestamentlichen Geschichten ist. Man kann es sich vorstellen, es füllt die biblischen Geschichten mit Farbe."

    Der Banyas-Park ist ein sehr beliebtes Ausflugsziel auch bei israelischen Touristen. Familien, Paare und Gruppen wandern zur Grotte des Pan, bewundern die Reste des Pan-Tempels, wo der Kult der tanzenden Ziegen gefeiert wurde, die Ruinen der Gerichtsstätte der Nemesis, der griechischen Göttin der Gerechtigkeit und der Rache. Die Tafeln mit den Erläuterungen sind dreisprachig: Hebräisch, Arabisch und Englisch, wie übrigens alle Straßen- und Ortsnamen in Israel. Gelegentlich - an den Badestränden des Toten Meeres zum Beispiel - kommt noch Amharisch dazu, die Sprache der äthiopischen Juden oder immer öfter auch Russisch. Über eine Million der fast neun Millionen Israelis sind Russen, die in den letzten Jahrzehnten eingewandert sind.

    Die künstlich angelegten Teiche, in denen das ungestüme Wasser des jungen Banyas vorübergehend zur Ruhe kommt, sind je nach Jahreszeit bekränzt von Weideröschen, Ehrenpreis, Hyazinthen, Lupinen, Alpenveilchen. Jetzt im Herbst finde ich Krokusse, Narzissen und blasse Herbstzeitlose. Ich wandere von der Pan-Grotte entlang des Banyas Flüsschens, das laut tobt, sprudelt und quirlt, zum 10 Meter hohen Wasserfall, dessen Lautstärke die des kleinen Flusses mit Leichtigkeit übertrifft. Eichen, Silberpappeln, Weiden, riesige Platanen, Johannisbrotbäume und echter Lorbeer, aber auch Überbleibsel von früheren Anpflanzungen wie Granatapfelbäume, Oliven und Feigen, sperren die Sonne fast gänzlich aus. Am Weg liegt eine Wassermühle, die vor einigen Jahrhunderten errichtet wurde und bis 1986 in Betrieb war, Produktionsstätte und Treffpunkt für die Bauern der Umgebung. 

    Es riecht dort immer noch ein bisschen muffig nach Mehl und leicht säuerlich nach Olivenöl, das hier ebenfalls gepresst wurde.

    Während der Banyas-Park ein beliebtes Ausflugsziel ist, ist das benachbarte Quellgebiet des Dan selbst an Wochenenden fast menschenleer. Hier haben sich schon vor 7000 Jahren Menschen niedergelassen und zu ihren Göttern gebetet. Unter einem Baldachin aus Pistazien, Oliven, Lorbeer- und Maulbeerbäumen, Akazien, Johannisbrot, Eichen, Christusdorn, Myrten, Platanen und Syrischer Eiche führt ein schattiger, einsamer Pfad über große Kiesel mitten durch das Quellwasser des Dan. Ich muss aufpassen, wohin ich meine Füße setze. 

    Sie werden aber dennoch nass, was mich nicht stört, so poetisch und verwunschen ist dieser nasse Pfad. Es rauscht, murmelt, rieselt und gluckert, oft verschwindet der Dan hinter Schilf, unter Farn und Brombeerhecken, dann wieder stürzt er in kleinen Wasserfällen von grün überwucherten Felsen. Ein Teil dieses Weges heißt „Paradise", Paradies, ein treffender Name für diese grün wuchernde Pflanzenüppigkeit, diese Überfülle an lebensspendendem Wasser.

    Hier, im Quellgebiet des Dan, befand sich die Stadt Laish, von der die Bibel spricht, die Hauptstadt des Stammes Dan, die Stadt von König Jeroboam, der sich gegen die Alleinherrschaft von Juda auflehnte. Er konkurrierte mit den Herrschern und mit den Hohepriestern Jerusalems, errichtete

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