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Sword Art Online – Fairy Dance – Light Novel 03
Sword Art Online – Fairy Dance – Light Novel 03
Sword Art Online – Fairy Dance – Light Novel 03
eBook286 Seiten3 Stunden

Sword Art Online – Fairy Dance – Light Novel 03

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Über dieses E-Book

Kirito kehrt aus dem tödlichen Battle-MMORPG Sword Art Online in die Wirklichkeit zurück. Er macht sich auf den Weg zu seiner Partnerin und Freundin Asuna. Doch die ist noch nicht wieder aus diesem albtraumhaften Spiel zurückgekommen. Ratlosigkeit und Verzweiflung übermannen Kirito. Sein einziger Anhaltspunkt ist eine rätselhafte Bilddatei, auf der Asuna in Elfengestalt in einem Vogelkäfig zu sehen ist. Wie es scheint, ist sie in einem Hightech-VRMMO namens ALfheim Online gefangen. Um Asuna zu retten, stürzt sich Kirito in ALO, wo sich die Spieler als fliegende Elfen tummeln.
SpracheDeutsch
HerausgeberTOKYOPOP Verlag
Erscheinungsdatum19. Mai 2018
ISBN9783842049383
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    Buchvorschau

    Sword Art Online – Fairy Dance – Light Novel 03 - Tamako Nakamura

    2024.

    1

    Klack, klock.

    Das Geräusch eines hölzernen Schaukelstuhls auf der Veranda.

    Das sanfte Sonnenlicht des Spätherbsts fällt durch die Wipfel der Zypressen. Eine leichte Brise weht über den fernen See her.

    Sie schlummert mit der Wange an meiner Brust, mit ruhigen Atemzügen.

    Die goldenen Stunden voller Frieden plätschern dahin.

    Klack, klock.

    Beim Schaukeln streiche ich sanft über ihre kastanienbraunen Haare. Im Schlaf beginnt sie leicht zu lächeln.

    Auf der Wiese des Vorgartens spielt eine Gruppe junger Eichhörnchen. In der Küche köchelt brodelnd ein Eintopf. Ich wünschte, diese freundliche Welt mit dem kleinen Haus im Herzen des Waldes würde ewig währen. Doch ich weiß bereits, dass dieser Wunsch nicht erfüllt werden wird.

    Klack, klock.

    Mit jedem Knarren des Stuhls fällt ein weiteres Korn des Sands der Zeit.

    Wie um mich dagegen zu wehren, versuche ich, das Mädchen an meiner Brust mit aller Kraft an mich zu ziehen.

    Doch meine Arme greifen ins Leere.

    Überrascht reiße ich die Augen auf. Eben noch hatten sich unsere Körper berührt, und plötzlich ist sie wie eine Täuschung spurlos verschwunden. Ich richte mich auf und sehe mich um.

    Wie bei einem Bühneneffekt verdunkeln sich die Farben des Sonnenuntergangs zusehends. Die heranschleichende Dunkelheit färbt den Wald tiefschwarz.

    Ich stehe im kalten Wind und rufe ihren Namen.

    Keine Antwort. Weder im Garten, aus dem die Eichhörnchen nun verschwunden sind, noch in der Küche hinter mir ist sie zu sehen.

    Ehe ich mich’s versehe, wird die gesamte Umgebung des Hauses von der Dunkelheit verschluckt. Wie aus Papier fallen die Möbel und Wände des kleinen Hauses flatternd zu Boden und verschwinden. Schließlich bleiben nur ich und der Schaukelstuhl in der Finsternis zurück. Obwohl niemand mehr darin sitzt, schaukelt der Stuhl unverändert weiter.

    Klack, klock.

    Klack, klock.

    Ich schließe die Augen, halte mir die Ohren zu und rufe nach Leibeskräften ihren Namen.

    Meine Stimme hatte so real geklungen, dass ich mir auch nach dem Aufwachen nicht sicher war, ob ich nur im Traum oder auch tatsächlich geschrien hatte.

    Ich blieb im Bett liegen und ließ die Augen noch einen Moment geschlossen, um zum Anfang des Traums zurückzukehren. Doch schließlich gab ich auf und öffnete die Lider einen Spalt.

    Mein Blick fiel nicht auf weiße Krankenhauswände, sondern die schmalen Leisten einer Holztäfelung. Die Bettauflage war nicht aus Gelschaum, sondern eine Matratze, die mit einem Baumwolllaken bezogen war. In meinem Arm steckte keine Infusionsnadel.

    Dies war das Zimmer meines wirklichen Selbst, Kazuto Kirigaya.

    Ich stand auf und sah mich um. Das zwölf Quadratmeter große Zimmer hatte einen heutzutage seltenen Holzboden. Die einzigen Möbel waren ein schlichter Computertisch, ein Wandregal und das Metallbett, auf dem ich gerade saß.

    Auf dem mittleren Regalbrett lag ein Helm in verblasstem Dunkelblau. Dieses Gerät namens »NerveGear« war ein VR-Interface vom Full-Dive-Typ und hatte mich für zwei Jahre an die virtuelle Welt gefesselt. Am Ende eines langen und harten Kampfes wurde ich von dieser Maschine befreit und konnte wieder so wie jetzt die wirkliche Welt sehen, berühren und fühlen.

    Ja, ich war zurückgekehrt.

    Doch das Mädchen, das mit mir sein Schwert geschwungen und mir am nächsten gestanden hatte ...

    Ich blinzelte einmal fest, wandte meinen Blick vom NerveGear ab und stand auf. Ich sah flüchtig in den Spiegel, der an der Wand gegenüber vom Bett hing. Das eingebettete LCD-Panel zeigte über meinem Kopf das Datum und die Uhrzeit an.

    Sonntag, der 19. Januar 2025, 7:15 Uhr.

    Es waren bereits zwei Monate seit meiner Rückkehr in die wirkliche Welt vergangen, aber ich konnte mich noch immer nicht an mein eigenes Aussehen gewöhnen. Der frühere Schwertkämpfer Kirito und der jetzige Kazuto Kirigaya hätten im Wesentlichen die gleiche Erscheinung haben sollen, aber da ich mein verlorenes Körpergewicht noch nicht ganz zurückerlangt hatte, war mein dürrer Körper unter dem T-Shirt ziemlich schwächlich.

    Im Spiegel bemerkte ich auf meinen Wangen zwei glitzernde Spuren von Tränen und wischte sie mit der rechten Hand fort.

    »Ich bin eine totale Heulsuse geworden ... Asuna«, murmelte ich und ging zu dem großen Fenster an der Südseite des Zimmers. Ich öffnete mit beiden Händen die Vorhänge weit, und das gedämpfte Licht des Wintermorgens färbte das Zimmer in einem blassen Gelb.

    Suguha Kirigaya lief mit einem angenehm knirschenden Geräusch über den Raureif im Garten.

    Der Schnee, der neulich gefallen war, war bereits fast vollständig geschmolzen, doch die Morgenluft war Mitte Januar immer noch schneidend kalt.

    Sie blieb am Rand des zugefrorenen Teichs stehen und lehnte ihr Bambusschwert an den Stamm einer Schwarzkiefer. Sie tat einen tiefen Atemzug, um die letzten Reste der Schläfrigkeit aus ihrem Körper zu vertreiben, legte beide Hände auf die Knie und begann mit ihren Beugeübungen.

    Langsam lockerte sie die Muskeln ihres ganzen Körpers, der noch nicht ganz wach war. Als ihre Zehenspitzen, Achillessehnen und Waden nach und nach durchblutet wurden, entstand ein prickelndes Gefühl.

    Als sie ihre verschränkten Hände nach unten streckte und ihre Hüfte in einem Zug beugte, hielt Suguha plötzlich inne. Ihre vornübergebeugte Gestalt spiegelte sich auf der glatten Eisschicht, die sich an diesem Morgen auf dem Teich gebildet hatte.

    Ihre bläulich schwarzen Haare waren über den Augenbrauen und den Schultern kurz geschnitten. Die ebenso schwarzen, vollen Augenbrauen und die großen, entschlossenen Augen darunter gaben dem Mädchen im Eis eine jungenhafte Ausstrahlung. Die traditionelle Trainingskleidung aus weißer Jacke und schwarzem Hakama verstärkte diesen Eindruck nur noch mehr.

    Wir beide sehen uns wirklich nicht ähnlich ...

    In letzter Zeit kam ihr dieser Gedanke häufig. Sie dachte jedes Mal daran, wenn sie ihr Gesicht im Badezimmer oder im Spiegel im Flur sah. Es war nicht so, dass sie ihr Aussehen nicht mochte, sie hatte sich sonst nie viel darum gekümmert, doch seit ihr Bruder Kazuto wieder zu Hause war, hatte sie unbewusst begonnen, sich mit ihm zu vergleichen.

    Es ist sinnlos, darüber nachzudenken.

    Sie schüttelte energisch den Kopf und fuhr mit ihren Übungen fort.

    Nach Beenden ihrer Dehnübungen nahm sie das Bambusschwert auf, das an der Schwarzkiefer lehnte. Die vielen Jahre der Benutzung hatten es ihr so vertraut gemacht, dass es sich perfekt in ihre Hand schmiegte, als sie es jetzt ergriff. Sie machte sich gerade und nahm die Kendo-Grundstellung ein.

    Einen Moment lang brachte sie in dieser Position ihre Atmung unter Kontrolle – und schlug dann schwungvoll mit dem erhobenen Bambusschwert nach vorn. Aufgeschreckt von dem Sirren, das die Morgenluft zerschnitt, flogen ein paar Spatzen in den Baumwipfeln über ihr auf.

    Das Zuhause der Kirigayas war ein altmodisches japanisches Haus, das in einem Teil einer ehemaligen Burgstadt im Süden Saitamas stand, in dem besonders alte Gebäude erhalten geblieben waren. Ihr Familienzweig konnte weit zurückverfolgt werden und Suguhas Großvater, der vor vier Jahren verstorben war, war ein strenger und konservativer Mann gewesen.

    Er war für viele Jahre im Polizeidienst und in seiner Jugend als Kendo-Kämpfer berühmt gewesen. Er hatte gehofft, dass sein einziger Sohn, Suguhas Vater, den gleichen Weg einschlagen würde. Zwar trainierte ihr Vater noch bis zur Highschool, ging dann aber kurzerhand für ein Auslandsstudium nach Amerika, wo er dann eine Anstellung bei einer ausländischen Wertpapierfirma fand. Nach seiner Versetzung in die japanische Zweigniederlassung lernte er ihre Mutter Midori kennen und sie heirateten. Doch da er auch weiterhin regelmäßig über den Pazifik reisen musste, wandte sich der Ehrgeiz des Großvaters Suguha und dem ein Jahr älteren Kazuto zu.

    Suguha und ihr Bruder wurden in einem nahe gelegenen Dojo angemeldet, als sie in die Grundschule kamen. Vielleicht beeinflusst durch die Arbeit ihrer Mutter als Redakteurin eines Computermagazins, liebte ihr Bruder die Tastatur mehr als das Bambusschwert und gab Kendo nach zwei Jahren wieder auf. Obwohl Suguha nur als Begleitung ihres Bruders eingetreten war, sagte Kendo ihr aus irgendeinem Grund mehr zu, und sie trainierte auch nach dem Tod ihres Großvaters weiter.

    Suguha war jetzt fünfzehn Jahre alt. Letztes Jahr war sie beim letzten Turnier der Mittelschule bis zur Landesspitze aufgestiegen und hatte durch eine Empfehlung ab dem kommenden Frühling einen Platz an einer angesehenen Highschool erhalten.

    Jedoch ...

    Früher hatte sie nie Zweifel an ihrem Weg gehabt. Sie liebte Kendo, und mehr als alles andere machte es sie glücklich, die Erwartungen ihres Umfelds zu erfüllen.

    Doch seit ihr Bruder vor zwei Jahren in diesen Vorfall verwickelt worden war, der ganz Japan erschüttert hatte, hatte sie etwas ins Wanken gebracht. Man könnte es Reue nennen. Das Bedauern darüber, dass sie sich nicht bemüht hatte, die tiefe Kluft zu überbrücken, die zwischen ihnen entstanden war, als Suguha sieben Jahre alt gewesen war und ihr Bruder Kendo aufgegeben hatte.

    Nachdem er das Bambusschwert niedergelegt hatte, war er so vernarrt in seinen Computer gewesen, als müsste er einen großen Durst stillen. Als Grundschüler baute er sich selbst Rechner aus Einzelteilen zusammen und schrieb unter Anleitung ihrer Mutter erste Programme. Für Suguha klang das, was er erzählte, wie eine Fremdsprache.

    Natürlich lernte auch Suguha in der Schule einen Computer zu bedienen und hatte einen kleinen Rechner in ihrem Zimmer stehen. Doch den nutzte sie höchstens für den Austausch von E-Mails oder das Surfen im Internet, die Welt ihres Bruders konnte sie nicht begreifen. Besonders befremdeten sie die Netzwerk-RPGs, die ihn so fesselten. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, sich maskiert mit einem ebenso maskierten Gegenüber vertraut zu unterhalten.

    Als sie noch ganz klein gewesen waren, hatten sich Suguha und ihr Bruder so nahegestanden, dass selbst ihre Freunde neidisch gewesen waren. Nachdem ihr Bruder in diese weit entfernte Welt verschwunden war, hatte sie sich voll und ganz dem Kendo gewidmet, um die Einsamkeit auszufüllen. Je mehr sie sich darin vertieft hatte, desto größer war die Distanz zwischen ihnen geworden. Tag für Tag redeten sie weniger miteinander, und irgendwann war es zur Normalität geworden.

    Doch im Grunde ihres Herzens fühlte sie sich immer einsam. Sie wollte mehr mit ihm reden. Sie wollte die Welt ihres Bruders verstehen, und sie wollte, dass er ihr bei ihren Wettkämpfen zusah.

    Aber bevor sie diesen Gefühlen Worte verleihen konnte, kam es zu diesem Vorfall.

    Ein Albtraum mit dem Titel »Sword Art Online«. Zehntausend junge Menschen saßen in ganz Japan in einem elektronischen Gefängnis fest und lagen in einem langen Schlaf.

    Ihr Bruder wurde in ein großes Krankenhaus in Saitama eingeliefert. Es war an dem Tag passiert, als sie ihn zum ersten Mal dort besuchte.

    Als sie ihren komatösen Bruder auf dem Bett liegen sah, mit etlichen Leitungen verbunden und dem unheilvollen Helm auf dem Kopf, weinte Suguha so heftig wie noch nie in ihrem Leben. Sie klammerte sich an ihn und schluchzte laut.

    Vielleicht würde sie nie wieder mit ihm sprechen können. Warum hatte sie sich nur nicht schon früher bemüht, die Distanz zwischen ihnen zu überwinden? Es wäre keineswegs schwierig gewesen, sie hätte es schaffen können.

    Zu jener Zeit begann sie ernsthaft, den Sinn und ihre Motivation, mit Kendo weiterzumachen, infrage zu stellen. Aber sosehr sie sich auch den Kopf zerbrach, sie fand keine Antwort. Suguha wurde erst vierzehn und dann fünfzehn Jahre alt, ohne ihrem Bruder begegnen zu können. Sie wechselte auf die Highschool, was ihr ein Empfehlungsschreiben ermöglicht hatte. Trotzdem hörte sie nie auf zu zweifeln, ob sie diesen Weg wirklich weiterverfolgen sollte.

    Wenn ihr Bruder zurück wäre, wollte sie endlich viel mit ihm reden. Sie würde ihm ihre Sorgen und Zweifel anvertrauen, und er würde ihr einen Rat geben. Zu diesem Entschluss war Suguha gekommen, und dann war vor zwei Monaten ein Wunder geschehen. Ihr Bruder hatte aus eigener Kraft den Bann gebrochen und war zurückgekehrt.

    Doch zu diesem Zeitpunkt war ihre Beziehung grundlegend verändert gewesen. Denn ihre Mutter Midori hatte ihr die Wahrheit offenbart, dass Kazuto nicht ihr echter Bruder, sondern ihr Cousin war.

    Da ihr Vater Minetaka ein Einzelkind und Midoris einzige Schwester jung verstorben war, hatte Suguha bis dahin nie einen Cousin gehabt. Auch wenn sie nun auf einmal erfahren hatte, dass Kazuto das Kind ihrer Tante war, verstand sie dieses Gefühl von Distanz nicht. Einerseits fühlte es sich so an, als hätte er sich endlos weit von ihr entfernt, andererseits schien alles irgendwie unverändert. Sie konnte ihre Beziehung zu Kazuto noch immer nicht in Worte fassen.

    Nein ... Eines hat sich geändert ...

    Während sie das zu sich selbst murmelte, schwang sie ihr Bambusschwert scharf nach unten, wie um den Gedankenfluss abzuschneiden.

    Als sie ihr festes Programm beendet hatte, stand die Morgensonne ein gutes Stück höher. Während sie sich den Schweiß von der Stirn wischte, senkte sie das Bambusschwert und drehte sich um ...

    »Ah ...« Sobald Suguhas Augen auf das Haus fielen, hielt sie inne.

    Unbemerkt hatte Kazuto in einem Trainingsanzug auf der Veranda Platz genommen und sah zu ihr herüber. Als sich ihre Blickte trafen, grinste er. »Guten Morgen.« Mit diesen Worten warf er ihr eine kleine Flasche Mineralwasser zu.

    Suguha fing sie mit der linken Hand auf und sagte: »G... Guten Morgen. Also wirklich, sag doch einen Ton, wenn du mir zusiehst.«

    »Na ja, du warst so konzentriert bei der Sache.«

    »Überhaupt nicht. Es ist schon zur Gewohnheit geworden ...«

    Heimlich freute sie sich darüber, dass sie nach den zwei Monaten wieder ganz natürlich solche Gespräche führen konnten. Sie setzte sich ein kleines Stück entfernt von ihm hin. Sie lehnte das Bambusschwert an die Veranda, schraubte den Verschluss der Flasche ab und führte sie an ihren Mund. Das Wasser rann angenehm kühl durch ihren erhitzten Körper.

    »Verstehe, du hast die ganze Zeit weiter trainiert ...« Kazuto ergriff ihr Bambusschwert und schwang es leicht im Sitzen. Dann legte er den Kopf zur Seite. »Wie leicht es ist ...«

    »Was?« Suguha nahm die Flasche vom Mund und warf Kazuto einen Blick zu. »Das ist Flachrohrbambus, das ist eigentlich ziemlich schwer. Ungefähr fünfzig Gramm schwerer als eines aus Carbon.«

    »Oh, okay. Also ... vielleicht liegt es an meiner Vorstellung ... oder am Vergleich.« Plötzlich schnappte sich Kazuto ihre Flasche und trank das restliche Wasser aus. »Ah ...«

    Unbewusst waren ihre Wangen heiß geworden. Um es zu überspielen, zog sie einen Schmollmund. »Verglichen womit denn?«

    Ohne darauf zu antworten, stellte Kazuto die leere Flasche auf die Veranda und stand auf. »Hey, wollen wir es mal versuchen?«

    »Versuchen ... du meinst, kämpfen?« Suguha sah verblüfft zu Kazuto hoch.

    »Genau.« Obwohl er doch angeblich kein Interesse an Kendo hatte, nickte Kazuto wie selbstverständlich.

    »Mit richtiger Schutzausrüstung ...?«

    »Hmm, wir könnten zwar kurz vor den Treffern abstoppen ... aber ich will dir nicht wehtun. Wir haben doch noch Großvaters Ausrüstung, lass uns ins Dojo gehen.«

    Sie vergaß ihre anfängliche Verwirrung, warum er gerade jetzt davon anfing, und lächelte unwillkürlich.

    »Hat der feine Herr nicht ziemlich lange Pause gemacht? Ich bin unter den besten acht und du meinst, du hast eine Chance gegen mich? Außerdem ...«

    Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. »Fühlst du dich schon kräftig genug dafür ...? Du solltest es nicht übertreiben ...«

    »He he, ich zeig dir mal, was meine tägliche Physiotherapie im Fitnessstudio gebracht hat.«

    Grinsend machte Kazuto sich auf den Weg zur Rückseite des Hauses. Suguha beeilte sich, ihm zu folgen.

    Das Anwesen der Kirigayas lag auf einem verschwenderisch großen Grundstück und verfügte über ein kleines, aber feines Dojo an der Ostseite des Hauptgebäudes. Da ihr Großvater in seinem Testament verfügt hatte, dass es nicht abgerissen werden dürfe, und Suguha es für ihr tägliches Training benutzte, war es auch gut gepflegt worden.

    Die beiden traten barfuß ins Dojo ein, verbeugten sich leicht und begannen mit den Vorbereitungen. Glücklicherweise hatte der Großvater eine ähnliche Statur wie Kazuto gehabt, und die herausgesuchte Schutzausrüstung war zwar alt, schien ihm aber zu passen. Gleichzeitig verknoteten sie die Bänder ihres Kopfschutzes und begaben sich in die Mitte des Dojos. Noch einmal verbeugten sie sich.

    Suguha stand aus der Hocke auf und nahm mit ihrem Lieblingsbambusschwert die Grundstellung ein. Ihr Gegenüber Kazuto dagegen ...

    »W... Was machst du denn da, Brüderchen?« Als sie Kazutos Haltung sah, brach sie unwillkürlich in Lachen aus. Man konnte es nur als urkomisch beschreiben. Er stand seitwärts, den linken Fuß nach vorne geschoben, duckte sich und hielt das Bambusschwert in seiner rechten Hand so weit herunter, dass dessen Spitze fast den Boden berührte. Seine linke Hand schien derweil nur leicht auf dem Schwertgriff zu liegen.

    »Wenn jetzt ein Richter hier wäre, würdest du richtig Ärger kriegen.«

    »Macht doch nichts, das ist mein eigener Stil.«

    Suguha seufzte innerlich und nahm erneut die Stellung ein. Kazuto stellte die Füße noch weiter auseinander und senkte seinen Schwerpunkt.

    Um einen Treffer auf seinem ungeschützten Kopf zu landen, belastete sie ihr hinteres Bein, stutzte dann aber. Kazutos Stellung war zwar absurd, sah aber irgendwie seltsam gut aus. Er hatte zwar überall Stellen ohne Deckung, trotzdem hatte sie das Gefühl, als könne sie nicht einfach drauflosschlagen. Es schien, als hätte er diesen Stil lange Zeit eingeübt.

    Doch das konnte nicht sein. Kazuto hatte nur die zwei Jahre seines siebten und achten Lebensjahrs ein Bambusschwert gehalten und sollte in dieser Zeit nur die elementarsten Grundlagen erlernt haben. Als hätte Kazuto ihre Verwirrung durchschaut, setzte er sich plötzlich in Bewegung. Er bewegte sich in geduckter Haltung, als würde er gleiten, während sein Bambusschwert nach rechts oben schoss. Es war keine verblüffende Geschwindigkeit, aber er hatte ihre momentane Unachtsamkeit ausgenutzt, also bewegte sie sich reflexartig. Sie wich nach rechts aus und ...

    »Teee!«

    Sie ließ ihr Bambusschwert auf Kazutos linken Armprotektor herabsausen. Ihr Timing sollte perfekt gewesen sein, doch Suguhas Schlag zerschnitt seltsamerweise nur die Luft.

    Es war ein unglaubliches Ausweichmanöver. Kazuto löste seine linke Hand vom Griff und zog sie an seinen Körper. Wie war so etwas möglich? Das Bambusschwert in seiner rechten Hand schnellte auf die verdatterte Suguha zu. Sie drehte den Kopf und wich hastig aus.

    Sobald die beiden die Positionen getauscht und wieder Abstand gewonnen hatten und sich erneut einander zuwandten, war Suguhas Bewusstsein wie ausgewechselt. Im ganzen Körper spürte sie eine angenehme Anspannung, als würde ihr Blut kochen. Dieses Mal war es Suguha, die zum Angriff überging. Ihre besondere Stärke, das »Kotemen«* ...

    Doch diesmal parierte Kazuto ihren Angriff sauber. Er zog seine Arme zurück, drehte seinen Körper und ließ Suguhas Bambusschwert um Haaresbreite an sich vorbeisausen. Suguha war vollkommen verblüfft. Sie war in ihrem Kendo-Klub für ihre schnellen Angriffe bekannt, und sie konnte sich nicht erinnern, dass jemals jemand so geschickt einem ihrer Serienangriffe ausgewichen war.

    Jetzt machte Suguha Ernst und griff stürmisch an. In atemberaubender Geschwindigkeit stieß sie unablässig mit ihrer Schwertspitze zu. Doch Kazuto wich Angriff für Angriffaus. Den Bewegungen seiner Augen hinter der Maske nach zu urteilen, musste man annehmen, dass er all ihre Angriffe durchschaute.

    *Angriffstechnik im Kendo mit zwei aufeinanderfolgenden Schlägen auf »kote«

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