Eine Fee namens Johnny
Von Anke Höhl-Kayser und Alexandra Fröb
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Über dieses E-Book
Gemeinsam mit ihrem Fee-er erlebt Merret verzauberte Abenteuer in der Wuppertaler Schwebebahn, im Weltraum und im Meer. Auf Sylt wartet Merrets größte Herausforderung: Die Okeaniden, ein geheimnisvolles Meeresvolk, bitten sie um Hilfe. Sie sind von der Vernichtung bedroht. Kann die schwache Merret mit den Eulenaugen die Okeaniden retten?
Anke Höhl-Kayser
Anke Höhl-Kayser (Jahrgang 1962) studierte Literaturwissenschaft mit Abschluss M.A. und arbeitet hauptberuflich als Lektorin. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Wuppertal. Sie schreibt seit 2009 in unterschiedlichen Genres (Fantasy, Jugendbuch, Science-Fiction, Lyrik, heitere Literatur). Einige ihrer Kurzgeschichten wurden mit Preisen ausgezeichnet.
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Buchvorschau
Eine Fee namens Johnny - Anke Höhl-Kayser
Frauke
1. Ein Tag wie jeder andere?
Merret stellte ihren Schulrucksack eine Spur zu heftig auf den Tisch. Sie biss die Zähne zusammen. Sie musste jetzt unbedingt ein cooles Gesicht machen! Aber die Tränen bahnten sich einen Weg von tief unten, und sie konnte sie nicht mehr zurückhalten. Sie legte ihre Arme um den Rucksack, steckte ihr Gesicht in die Öffnung und schluchzte so leise wie möglich drauflos.
Niemand sollte sehen, dass es dem blöden Silas wieder gelungen war, sie zum Heulen zu bringen!
Der dicke Silas und sein Freund Olli ärgerten Merret dauernd. Die Gründe fürs Ärgern waren dermaßen dämlich, und Merret ärgerte sich über sich selbst, dass sie sich immer wieder darüber aufregte.
Silas und Olli sagten Sachen wie:
»Du hast Eulenaugen!«
»Du kannst dich überhaupt nicht wehren!«
»Du bist so blöd in Mathe!«
»Du siehst aus wie ein Zwerg!«
»Merret ist ein doofer Name, der klingt wie ein Jungenname!«
Manches davon stimmte halt. Merret war tatsächlich klein für jemand, der elf Jahre alt war und in die vierte Grundschulklasse ging. Sie hatte keine Ahnung vom Raufen oder Hauen, weil zu Hause nur mit Worten gestritten wurde. Merret konnte auch nicht so laut brüllen wie die anderen Kinder. Deshalb hörte niemand auf sie.
Merret konnte sehr schlecht sehen. Seit sie drei war, trug sie eine Brille, und das linke Auge wurde mit schicken Pflastern abgeklebt. Das war nichts Schlimmes, es lag nur daran, dass Merret stark auf dem rechten Auge schielte. Das gesunde Auge bekam die Pflaster drauf, damit das andere »sehen lernte«. Dazu ging Merret einmal im Monat in eine Sehschule. Dort wurde nicht, wie sie anfangs gedacht hatte, ihr schwaches Auge von Lehrern unterrichtet, sondern es wurde geprüft, ob Merret beim Sehen Fortschritte gemacht hatte. Inzwischen konnte Merret dank ihrer Brille beinahe so gut sehen wie alle anderen auch, und das Pflasterkleben sollte zum Wechsel auf die weiterführende Schule auch enden. Aber sie brauchte für manche Dinge länger Zeit als andere Kinder in ihrem Alter.
Der Rucksack war fertig gepackt. Die meisten anderen Kinder hatten den Klassenraum schon verlassen. Merrets Tränen versiegten, und sie wischte sich schnell mit einem Taschentuch das Gesicht ab. Niemand hatte etwas bemerkt.
Frau Heyder, die noch ihre Unterlagen ordnete, winkte Merret fröhlich zu.
»Ich wünsche dir einen schönen Nachmittag«, sagte sie.
Von draußen hörte Merret Olli hämisch lachen. Sie ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten.
In diesem Moment wehte hinter ihr der blaue Vorhang ganz hoch auf. Frau Heyder und Merret zuckten beide zusammen.
»Du meine Güte«, sagte Frau Heyder. »Das muss aber sehr windig sein da draußen. Das Fenster ist doch nur einen Spaltbreit offen!«
Merret ging durch das Treppenhaus nach unten. Die meisten Schüler waren schon weg. Auf dem Schulhof machten die Kinder des Ganztags ihre Pause.
Unten vor der Tür wartete Mama. Sie schien hellsehen zu können.
»Hattest du einen schlechten Tag, Merret?«
Merret war fest entschlossen, den Ärger nicht zuzugeben.
»Ach nein«, sagte sie achselzuckend. »Die haben mich nur ein bisschen geärgert.«
An den hochgezogenen Augenbrauen sah Merret, dass sie ihre Mutter nicht täuschen konnte.
»Wieder wegen Mathe?«, wollte Mama wissen.
Merret guckte auf den Boden. Mathe war ihre Schwachstelle.
Sie bekam Nachhilfe bei einer sehr netten Lehrerin, aber die Zahlen machten ihr einen Riesenschrecken. Sie wurden immer größer, je länger man zur Schule ging. In der ersten Klasse war es ja noch überschaubar gewesen, aber dann! Inzwischen gab es nicht nur Zahlen mit unendlich vielen Nullen, sondern auch Zahlen hinter einem Komma. Gehörten Kommas nicht eigentlich in den Deutschunterricht? Und wer konnte sagen, was in Mathe noch auf sie wartete!
»Denk einfach dran, wie gut du in Deutsch bist«, sagte Mama. »Du kannst am besten lesen von allen Kindern in deiner Klasse.«
Ja, wenn das Silas und Olli nur mal interessieren würde!
Merret sah über den Schulhof und entdeckte Ollis türkisblaues T-Shirt beim Klettergerüst. Die beiden schauten zu ihr und Mama rüber, sie hatten ihre Tornister geöffnet und alles um sich herum verstreut.
»Chaoten«, brummte Merret vor sich hin. Kein Wunder, dass Silas und Olli in Mathe nicht besser waren als sie und in Deutsch viel schlechter.
»Merret ist ein Jungenname«, blökte Silas und schaukelte am Seil im Klettergerüst hin und her. Dass Merrets Mama dabei war, störte ihn gar nicht. Er streckte ihnen beiden die Zunge raus.
»Jetzt reicht es aber«, murmelte Mama und ging geradewegs auf die beiden zu.
Merret ergriff panisch ihre Hand.
»Nicht, Mama, das hat keinen Zweck, komm, lass uns gehen«, flehte sie.
Aber Mama hörte nicht.
Silas und Olli sahen ihr herausfordernd entgegen. Sie hatten nicht die geringste Angst. Merret dafür umso mehr. Mamas Eingreifen machte alles nur noch schlimmer.
»Könnt ihr mir mal sagen, was für ein Problem ihr eigentlich mit Merret habt?«, fragte Mama die beiden Jungs ruhig.
Silas grinste spöttisch.
»Gar keins«, antwortete er. »Merret hat nur ein Problem mit uns.«
»Merrets Name kommt aus dem Friesischen«, erklärte Mama ruhig. »Es ist die alte norddeutsche Form von Marie. So ungewöhnlich ist der Name also gar nicht. Ihr habt Kinder in der Klasse, die viel ungewöhnlichere und fremdartiger klingende Namen haben, und die ärgert ihr ja auch nicht. Es wäre schön, wenn ihr nun auch Merret in Ruhe lassen würdet.«
Silas und Olli nickten eifrig und grinsten beide von einem Ohr zum anderen.
»Na klar«, antwortete Olli, »machen wir doch. Wir haben das nur nicht gewusst, das mit dem Frieschissen.«
Er tat so, als habe er sich versprochen, und entschuldigte sich, aber Merret wusste es besser.
Als Mama und Merret ihnen den Rücken zuwandten, lachten die beiden ihnen hinterher.
»Na, das hat ja nicht gerade viel geholfen«, bemerkte Mama. »Ich muss unbedingt noch mal mit Frau Heyder sprechen.«
Sie sah ganz traurig aus. »Süße, als Papa und ich uns entschieden haben, dir und Sönke eure friesischen Namen zu geben, war das für uns eine Erinnerung an die Zeit, als wir uns auf Sylt ineinander verliebt haben. Ich hätte niemals gedacht, dass du irgendwann einmal darunter leiden musst. Vielleicht war es keine gute Idee, schließlich leben wir nicht an der Nordseeküste, wo sicher mehr Kinder solche Namen kennen. Es tut mir so leid.«
»Muss es nicht, Mama«, antwortete Merret mit Nachdruck. »Ich mag meinen Namen. Gerade, weil niemand sonst so heißt. Ich fühle mich ja auch anders als andere.«
Mama strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Du bist etwas ganz Besonderes. So selten und einzigartig wie eine Sternschnuppe am Nachthimmel. Wenn man sie sieht, darf man sich etwas wünschen, und es geht in Erfüllung.«
Auf einmal waren Merret Silas und Olli egal. In diesem Jahr würde es besser werden. Merret wechselte von der Grundschule auf eine Gesamtschule. Sie freute sich sehr darauf. Dann war sie die beiden Quälgeister los.
»Je älter du wirst, desto leichter wird es dir fallen, Ellbogen zu entwickeln und dich nicht mehr in die Ecke drücken zu lassen«, hatte Frau Heyder gesagt.
Je näher Merret ihrem Zuhause kam, desto besser konnte sie sich das vorstellen. Der Schulkummer blieb hinter ihr zurück. Merret freute sich auf den Nachmittag.
»Ich hab Hunger. Was gibt es zu essen?«
»Ich habe Pizza gemacht. Es musste schnell gehen, denn heute Nachmittag haben wir einen Termin mit Freddie beim Tierarzt.«
Familienhund Freddie bellte schon, als sie die Haustür aufschlossen. Er hüpfte wie wild um sie herum und wollte gestreichelt werden. Er war ein bildhübscher weißbrauner Beagle, den die Eltern aus dem Tierheim geholt hatten, als Merret fünf Jahre alt gewesen war. Sie konnte sich an ein Leben ohne ihn gar nicht erinnern.
Als sie noch klein war, hatte Merret viel Blödsinn mit Freddie gemacht. Zum Beispiel hatte sie ihm ein Diadem ins Haar gesteckt. Und Mama erzählte gern die Geschichte mit dem Lippenstift: »Ich wollte meinen Lipgloss benutzen, aber er war voller Hundehaare. Da habe ich Merret gefragt, woher das wohl käme. Merret sagte: Mama, Freddie wollte auch mal schöne Lippen haben.«
Freddie liebte es, wenn Merret ihn zu sich holte. Merret durfte ihn sogar als Kopfkissen benutzen. Freddie sprang auf ihr Bett, und Merret lehnte sich mit ihrem Kopf an seinen Rücken, las ein Buch und genoss den Rhythmus seines Atems und seine Wärme.
Seit einiger Zeit aber stimmte irgendetwas mit Freddie nicht. Er wirkte unbeholfen, und manchmal stieß er mit dem Kopf gegen den Tisch oder den Türrahmen.
Wenn Merret Freddie so wie jetzt herumhüpfen sah, war sie eigentlich ganz beruhigt. Es konnte doch nichts Schlimmes sein.
»Muss er wirklich zum Tierarzt, Mama? Er sieht doch ganz munter aus!«
»Ja, aber wir wollen lieber nachschauen lassen, warum er manchmal so schlecht sieht«, antwortete Merrets Mutter.
»Na gut, dann gehe ich mit, wenn du nachher zum Tierarzt musst«, sagte Merret.
Mama nickte.
»Gut, mach das. Gleich nach dem Mittagessen machen wir uns auf den Weg.«
Als Merret schon am Tisch saß und sich die selbst gemachte Pizza in den Mund stopfte, kam Sönke nach Hause.
Sönke war zwei Jahre älter als Merret und ging schon aufs Gymnasium. Sönke ärgerte Merret auch oft, aber das war anders als mit Silas und Olli. Bei Sönke fühlte sie sich nicht unterlegen, sondern konnte mit ihm streiten, dass die Fetzen flogen. Mama und Papa fanden das nicht immer schön, aber Merret genoss es.
Der Stress mit Silas und Olli kam Merret wieder in den Sinn. Um den abzubauen, war ein Streit mit ihrem Bruder gerade richtig: »Heute möchte ich an deinem Computer spielen. Er ist der einzige Computer, auf dem mein Spiel läuft.«
Sönke knallte seinen Schulrucksack in die Ecke.
»Geht’s noch? Sonst hast du keine Wünsche?«
Sein Gesicht verfärbte sich dunkel, und seine fast schwarzen Augen wurden riesengroß. Fast standen ihm die Haare zu Berge.
»Ich bin gerade aus der Schule gekommen«, fuhr er sie wütend an. »Das ist mein Computer. Ich habe gleich noch jede Menge Hausaufgaben!«
»Na, das ist doch super – wenn du Hausaufgaben hast, kannst du eh nicht Computer spielen!«
»Denkst du! Ich lass dich nicht an meinen Computer!«
»Lässt du doch! Lässt du doch!«
Merret wusste: Wenn sie kreischte, fiel ihrem Bruder keine ruhige Erwiderung mehr ein. Beide standen einander gegenüber und brüllten sich an.
»He, ihr zwei! Schluss jetzt«, rief Mama dazwischen. »Denkt ihr bei eurem Geschrei auch mal an Freddie? Gleich haben wir eh einen Tierarzttermin. Du wolltest doch mitgehen, Merret. Zum Computerspielen bleibt heute Abend noch Zeit. Jetzt wird erst mal gegessen!«
Merret atmete tief durch. Sie fühlte sich nach dem Gekreisch gleich viel besser. Sönke setzte sich und aß seine Pizza, und sie unterhielten sich, als wäre gar nichts gewesen.
Nach dem Essen machten sie sich alle zusammen auf den Weg.
Bis zur Tierarztpraxis waren es nur zehn Minuten zu Fuß. Freddie wusste schon auf halbem Weg genau, wohin es ging, und sträubte sich gegen die Leine. Merret, Sönke und Mama hatten alle Mühe, ihn zu beruhigen, bis sie schließlich an dem alten Fachwerkhaus angekommen waren.
Mama meldete Freddie an der Rezeption an. Sönke und Merret setzten sich schon mal ins Wartezimmer. Sönke hielt