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Zerstört - Angst ohne Ausweg: Nachfolger zu Different - Minas Hölle
Zerstört - Angst ohne Ausweg: Nachfolger zu Different - Minas Hölle
Zerstört - Angst ohne Ausweg: Nachfolger zu Different - Minas Hölle
eBook266 Seiten4 Stunden

Zerstört - Angst ohne Ausweg: Nachfolger zu Different - Minas Hölle

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Über dieses E-Book

Die zufällige Entdeckung, im Keller eines neu eröffneten Instituts – ein alter Schutzbunker aus dem 2. Weltkrieg – sehr gut erhalten, lässt die Herzen dreier Freunde höherschlagen. Sie bauen ihn heimlich aus, um dort eine wilde Partyszene zu organisieren – doch es kommt ganz anders.

Aylin, die Freundin Ellas, verschwindet spurlos und wird Tage später in einem Tümpel tot aufgefunden. Das Mädchen wurde auf brutalste Art misshandelt und vergewaltigt. Ellas Vater gerät unter Verdacht.

Ella heiratet ihre große Liebe Max und noch während sie auf Hochzeitsreisen im Ausland sind, verschwinden immer wieder junge Mädchen und Frauen in Berlin. Max wird nach seiner Wiederkehr in den Strudel der Grausamkeit hineingezogen und muss trotz Gegenwehr mitmachen, da sein Chef, um sein grausames Geheimnis weiß.

Lucy, die jüngere Schwester Ellas, verschwindet kurz nach ihrem vierzehnten Geburtstag und ihre Familie zerbricht fast an den Sorgen um sie.

Knapp ein Jahr später adoptieren Max und Ella einen kleinen Jungen und ihr Glück scheint perfekt zu sein, wären da nicht aufkommende Zweifel seitens Ella … Kommissar Christian Abt ermittelt und bringt immer mehr Licht in das Dunkel.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum14. Nov. 2019
ISBN9783748720645
Zerstört - Angst ohne Ausweg: Nachfolger zu Different - Minas Hölle

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    Buchvorschau

    Zerstört - Angst ohne Ausweg - Lina George

    .

    »Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln:

    erstens durch Nachdenken, das ist der edelste,

    zweitens durch Nachahmen, das ist der leichteste,

    und drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.«

    Konfuzius, chinesischer Philosoph

    vermutlich von 551 v. Chr. bis 479 v. Chr., laut Wikipedia

    Ella

    Ella kam gerade nach Hause und warf ihren Schulrucksack wie immer in die Ecke, da hörte sie ein Geräusch aus dem Badezimmer. Vorsichtig stellte sie den Rucksack auf die erste Stufe der Treppe und klopfte zaghaft an. »Mama? Bist du da drin?« Sie hörte, wie einige Sachen umgestoßen wurden und dann vernahm sie die Stimme ihrer Mutter: »Ja Ella, ich komme gleich raus.« Nach wenigen Minuten drehte sich der Schlüssel im Schloss, die Tür ging auf und Martha stand vor ihr. Marthas Gesicht war rot vor Aufregung, sie war verlegen und stammelte nur einzelne Wörter, die für Ella keinen Sinn ergaben. Deshalb fragte Ella eindringlich: »Alles Okay mit dir Mama?« Martha umarmte ihre Tochter und zog sie einfach mit sich in die Küche. Plötzlich fiel ihr etwas aus der Hand. Es sah aus wie ein Kugelschreiber, doch dann er kannte Ella, was es wirklich war – ein Schwangerschaftstest. Sie bückte sich und hob ihn mit nur zwei Fingern auf. »Mama? Das darf doch nicht wahr sein … du bist schwanger? Du willst doch nicht etwa in deinem Alter noch einmal ein Kind bekommen?« Mit einer entschuldigenden Mine stand Martha vor ihr und sagte nur: »Doch! Es scheint so zu sein.« Ella dreht sich um und rannte in ihr Zimmer. Die Tür flog krachend zu und laute Musik dröhnte durchs Haus. Unbeholfen stand Ellas Mutter da und sagte ganz leise: »Nicht so laut, die Musik bitte, mein Kind.« Sie seufzte, denn schon seit Monaten gerieten Mutter und Tochter immer öfter wegen Kleinigkeiten aneinander, und nun noch diese Reaktion. Es würde nicht einfach werden, doch sie hoffte, dass sich Ellas Einstellung mit der Zeit ändern würde. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass Werner gleich heimkommen würde. Ein Lächeln flog über ihr Gesicht. ›Was er wohl dazu sagen wird?‹ Ihre Gedanken waren bei dem Baby, welches in ihrem Bauch heranwuchs und sicher das Leben ihrer gesamten Familie verändern würde. ›So viele Jahre wünschten sie sich noch ein Kind, nie hatte es geklappt und jetzt, so kurz vor ihrem vierzigsten Geburtstag, geschah das unglaubliche – sie war noch einmal schwanger‹, dachte sie und bereitete weiter das Abendessen vor. Leise summte sie ein Wiegenlied, als Werner das Haus betrat, und noch einen Moment in der Tür stehen blieb, weil er die Melodie erkannte – es war das Wiegenlied, welches Martha Ella immer vorgesungen hatte. Werner bemerkte schon seit einiger Zeit, dass sich seine Frau veränderte, sie wurde immer hübscher, strahlte irgendwie von innen heraus. Still stand er da und beobachtete sie. Vorsichtig ging er auf Martha zu, nahm sie in die Arme und flüsterte: »Was hast du für ein Geheimnis? Heraus mit der Sprache.« Vorsichtig wanderte seine Hand auf ihren Bauch. Martha drehte sich um und schaute ihm in die Augen. »Es ist wahr, wir erwarten ein Kind. Und bevor du Bedenken äußerst, ich fühle mich fantastisch.« Werner grinste und sagte: »Wir können es also doch noch?« Sie hatten beide nicht bemerkt, dass Ella dazugekommen war, die rollte nur mit den Augen, als sie ihre Eltern innig küssend beieinander sah. »Ihr solltet euch was schämen, in eurem Alter. Was ist eigentlich mit mir? Mich fragt keiner, ob ich das Kind überhaupt will.« Die Eltern sahen erst sich und dann ihre Tochter an. Werner ging auf Ella zu, nahm sie bei der Schulter und sagte schmunzelnd: »Wir werden dich wohl weggeben müssen, jetzt wo wir ein neues Kind bekommen. Das siehst du doch ein, oder?« Ella presste die Lippen zusammen und wurde rot vor Wut. Sie atmete sehr schnell und brüllte los: »Dann macht es doch.« Wieder rannte sie davon, dieses Mal verließ sie das Haus. Martha sah Werner vorwurfsvoll an. »War das jetzt nötig?« Ellas Vater zog sich die Jacke über und lief ihr hinterher, doch seine Tochter war nicht mehr zu sehen. Gemeinsam beschlossen sie mit ihr zu reden, sie sollte sich nicht ausgegrenzt fühlen und sich der Liebe ihrer Eltern immer sicher sein. Martha kannte ihre Tochter genau und war überzeugt, dass sie Ella besänftigen und zusammen mit ihr Pläne für die Zukunft schmieden konnten.

    Ella lief zum Treffpunkt ihrer Clique. Sie saß bei ihren Freunden, war ziemlich still, sah unglücklich und bedrückt aus. Das fiel natürlich auf und alle wollten wissen, was denn los sei. Sie berichtete davon, was sich zu Hause ereignet hatte, redete sich ihren Kummer von der Seele und erwähnte auch, dass sie dieses Kind jetzt schon nicht mag.

    »Was? Deine Eltern wollen dir jetzt noch ein Kleinkind aufs Auge drücken?«

    »Ja und stell dir vor, mein Herr Vater, ließ noch so einen blöden Spruch ab, wie das sie mich jetzt weggeben müssten. Das sagt doch schon alles. Ab jetzt zählt nur noch dieser Quälgeist.«

    »Tolle Aussichten! Das will aber noch nichts heißen Ella. In dem Alter kommen oft Fehlgeburten vor und die Frauen verlieren ihre Kinder.« Nachdenklich sah Ella ihre Freundin an. »Meinst du?« Trotz ihrer Wut kam ihr das dann doch etwas krass vor und sie sah schon die Tränen ihrer Mutter. Nein das wollte sie auch nicht. Kurz darauf wechselten sie das Thema und wandten sich den verschiedenen Jungs zu, für die sie schwärmten. Ella war schon vierzehn und ihre Freundin Aylin wurde es in wenigen Wochen. Beide träumten von der perfekten großen Liebe und sinnierten über das Verhalten der männlichen Mitglieder ihrer Clique. Karlo war fünfzehn und Tim vierzehn, doch benahmen sie sich in den Augen der Mädchen, wie kleine Kinder. Für Ella stand fest, dass sie einen Mann haben wollte, der schon etwas älter und erfahrener als sie war. Schnell vergaß sie die Probleme, die sie quälten, als Tim die Musik lauter stellte und Aylin zum Tanz aufforderte. Sie alberten eine Weile herum, hatten Spaß und lachten viel. Nach einer Stunde gingen die Straßenlaternen an und auch wenn es ihr nicht gefiel, Ella musste sich auf den Heimweg machen. Sie verabschiedete sich von den anderen und ging langsam in Richtung ihres Elternhauses.

    Ein junger Mann, der schon eine Weile auf einer Parkbank in der Nähe der Clique saß, stand auf und ging in die gleiche Richtung. Jetzt erst nahm Ella ihn wahr. Mehrmals schaute sie sich nach ihm um, doch er schien keine Bedrohung darzustellen. Der Mann packte während des Gehens sein Buch ein, worin er gelesen hatte, beschleunigte seinen Schritt und lief plötzlich neben ihr. »Entschuldige bitte. Ich habe gehört, was ihr hier gerade besprochen habt. Wie alt ist denn deine Mutter?« Misstrauisch fragte Ella: »Was geht sie das an?«

    »Nun, ich habe aus deinen Worten herausgehört, dass du keinen Bock auf ein Geschwisterchen hast.«

    »Und? Was soll ich jetzt machen?« Er machte eine galante Verbeugung und meinte: »Lass es doch auf dich zukommen. Freue dich mit deinen Eltern und hilf deiner Mutter. In wenigen Jahren kommt dein Traumprinz und du verlässt das Elternhaus.«

    »Tolle Idee. Wer bist du eigentlich?«

    »Oh, Entschuldigung. Mein Name ist Max.« Bei den Worten verbeugte er sich nochmals und Ella musste lachen. Mit einem verschmitzten Lächeln sah er sie an und fand sie wunderschön. »Darf ich fragen, wie alt sie sind junge Dame?« Ella schluckte kurz und antwortete: »Sechzehn fast siebzehn.« Gleichzeitig hoffte sie, dass er ihre Lüge nicht durchschaute. »Nun denn, darf ich Sie noch ein Stück ihres Weges begleiten?« Mit einer erneuten tiefen Verbeugung sprach er diesen Satz zu Ende, nahm ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. Ella legte sich fast hin vor Lachen und stieg in dieses Spiel mit ein. »Gewiss der Herr. Ich wäre entzückt, wenn sie dies tun würden« Max reichte ihr den Arm und sie hakte sich unter. Vergnügt gingen beide gemeinsam bis zu ihrem Elternhaus. Sie standen noch einige Minuten davor, sprachen miteinander und Max konnte seine Augen nicht von Ella lassen. Sie hatte etwas tief in ihm berührt. Er fühlte noch immer ihre kleine Hand auf seinem Arm, als er ging. Er wusste, dass sie ihn angelogen hatte, bezüglich ihres Alters, doch interessierte es ihn wenig. Sie war noch ein Backfisch, aber jetzt schon eine Schönheit. Er fand sie keck, dachte noch oft an diesem Abend an sie und musste dabei lächeln.

    Ella ging sofort zu ihren Eltern, denn sie hatte das Bedürfnis mit ihnen zu reden. Die Eltern waren froh, über den schnellen Sinneswandel ihrer Tochter, es war ein langes und vertrauensvolles Gespräch. Letztendlich war alles gut und sie freuten sich nun alle drei gemeinsam auf das Baby. Ella gab ihren Eltern dann noch einen Kuss und ging in ihr Zimmer. Die Wochen und Monate vergingen und der Bauch ihrer Mutter wuchs unaufhörlich. Martha stand eines Tages im Flur und schrie laut. Vater und Tochter waren ziemlich erschrocken und liefen sofort zu ihr. Doch Martha lachte herzlich. Sie stand da, mit der Hand auf dem Bauch und sagte: »Es hat sich soeben bewegt.« Werner wollte es auch spüren, legte freudig seine Hand auf den Bauch seiner Frau, doch da blieb das Baby still. Etwas enttäuscht war er da schon, wurde aber von Frau und Tochter getröstet. Ella war glücklich, wie harmonisch es jetzt in ihrer Familie zuging. Ihre Einstellungsänderung verdankte sie Max, wenn sie an ihn dachte, dann schlug ihr Herz schneller und sie wünschte sich, ihn wiederzusehen. Doch er war nicht mehr in den Park gekommen.

    In der Schule lief alles normal und ihre Leistungen waren sehr gut. Kurz vor ihrem fünfzehnten Geburtstag plante die Klassenlehrerin einen Bildungsausflug in ein Krankenhaus. Sie sollten den Arbeitsalltag eines Klinikbetriebs kennenlernen. Die ganze Klasse stand erwartungsvoll vor dem Krankenhaus und wartete darauf, dass sie vom Klinikleiter Herrn Ahmann begrüßt wurden. Die Lehrerin war erstaunt, wie diszipliniert ihre Schülerinnen und Schüler waren, als der Herr ihnen die Regeln für eine Führung mit auf den Weg gab und sie dann in die Obhut einer jungen Frau empfahl, ehe er sich verabschiedete. Frau Hopf würde für die nächsten Stunden ihre Begleitperson sein, sie durch das Haus führen und auch ihre Fragen beantworten. Aylin stand bei Ella und flüsterte ihr gerade zu, dass sie Krankenhäuser nicht mochte, da durchfuhr es Ella wie ein Blitz. Sie sah Max, er ging am Haupteingang vorbei. Ella wollte am liebsten losrennen und ihm um den Hals fallen, doch sie hielt inne. Verstehen konnte sie diese Gefühle nicht, die so stark in ihr waren. Ihr wurde ganz heiß und sie wurde rot. Aylin bemerkte das sofort und wollte wissen, was denn mit ihr los sei? »Nichts, rein gar nichts.« Ella nahm keinen Blick von Max, bis er hinter der nächsten Ecke verschwand. »Mir ist nur warm.« Tief atmete sie ein und ließ die Luft mit einem leichten Seufzer wieder raus. Aylin verstand nichts und Ella war nicht danach ihr etwas zu erklären. Endlich ging es los. Frau Hopf führte sie durch das Krankenhaus. Den Schülern wurde bewusst, welche immense Arbeit im Hintergrund ablief und wie viel Personal nötig war, damit alle Patienten, entsprechend ihrer Krankheiten und ihres Genesungszustandes, gut versorgt waren. Besonders beeindruckt, waren die Jugendlichen, von den technischen Abteilungen. MRT, CTG und Röntgen. Noch nie hatten sie einen so direkten Blick hinter die Kulissen werfen können und die Mitarbeiter der verschiedenen Abteilungen gaben sich sehr viel Mühe ihnen alles genau zu erklären und auf die vielen Fragen zu antworten. Sogar Ella hörte aufmerksam zu und stellte Fragen, dabei vergaß sie fast die Begegnung mit Max. Jedoch wurde sie überrascht, als die Führung beendet war und er plötzlich vor ihr stand. Er sah von oben auf sie herab und sagte nur: »Na du?« Ellas Gesicht färbte sich tiefrot und es war ihr irgendwie peinlich, da alle es sehen konnten. Lächelnd begrüßte er Frau Hopf und ging mit ihr davon. Jetzt grub sich ein eigenartiges Gefühl in ihrer Magengegend in den Vordergrund. ›Was wollte er mit dieser Frau Hopf?‹, dachte sie. Es war keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn Aylin plapperte sie von der Seite voll und kurz darauf verließ die gesamte Klasse das Krankenhaus. Voller Überschwang erzählte sie abends ihren Eltern von diesem aufregenden Tag, nur das mit Max sparte sie aus.

    Immer wieder träumte sie von ihm, sah seine dunklen Augen und jedes Mal, wenn er sich zu ihr beugte, um sie zu küssen, wachte sie auf. Sie war verliebt, ein wunderschönes Gefühl, welches sie bis in die Zehenspitzen erfasste – Schmetterlinge im Bauch. Fröhlich stand sie auf und machte sich für die Schule fertig. Als sie die Treppe hinunterlief, hörte sie seltsame Geräusche aus der Küche und dann ging schon die Tür auf. Ihr Vater flitzte an ihr vorbei und rannte sie beinahe um. Nur kurz hielt er inne und sagte: »Das Baby kommt. Ich muss … Nein zuerst muss ich …?« Er blieb stehen und fuhr sich verstört durch die Haare. »Hallo Ella.« Aus der Küche rief ihre Mutter ihm nach: »Werner, holst du nun das Auto aus der Garage und meine Tasche von oben?« Sie klang genervt. Werner stand mit erhobenem Zeigefinger da und murmelte vor sich hin: »Das war es, was ich wollte.« Ella bot an, die Tasche zu holen und er sollte sich um das Auto kümmern. Jetzt lief alles reibungslos. Gleich darauf war sie bei ihrer Mutter und half ihr aufzustehen. Unter Schmerzen setzte sie einen Schritt vor den anderen. Ella stützte sie. »Mama, sind es schlimme Schmerzen?« Gerade hatte Martha wieder eine Wehe und musste deshalb stehen bleiben. »Ach Kind, wir Frauen halten das schon aus. Immerhin dürfen wir ein Leben auf die Welt bringen.« Ella verließ sich auf die Worte ihrer Mutter, doch unheimlich war es ihr schon. Wenige Minuten später waren sie alle drei unterwegs ins Krankenhaus. Ella durfte heute die Schule schwänzen, denn sie hätte sowieso nichts mitbekommen. Werner wollte noch in der Schule anrufen und Bescheid sagen. Im Krankenhaus angekommen ging alles sehr schnell. Nach einer Stunde war es soweit. Ella hörte das Schreien eines Babys und schon ging die Tür auf. »Komm rein und begrüße deine Schwester.« Ihr erster Blick ging zu ihrer Mutter. Sie sah erschöpft aus, aber strahlte glücklich übers ganze Gesicht. Auf Zehenspitzen schlich Ella zum Bett und sah das Baby. Ihr wurde plötzlich so warm ums Herz und sie wusste, dass sie ihre jüngere Schwester für immer lieben würde. Mit verschränkten Armen stand Werner auf der anderen Seite des Bettes und sagte: »Darf ich vorstellen, deine Schwester Lucy.« Ella beugte sich zu ihr runter und sagte nur: »Cool.« Danach sah sie zu ihren Eltern und meinte: » Der Name ist auch toll und sie ist so süüüüß.« Kurz darauf verabschiedeten sich Werner und Ella von Martha und fuhren nach Hause. Im Auto bestürmte sie ihren Vater mit vielen Fragen. Werner freute sich über Ellas Begeisterung und war froh, dass sie ihre anfängliche Abneigung gegen das Baby vergessen hatte.

    Die Wochen vergingen und das Leben mit dem Baby im Haus, war eine totale Umstellung und ging nicht spurlos an allen vorbei. Mutter war immer müde, Vater war gestresst und Ella liebte ihre kleine Schwester inzwischen abgöttisch und ging viel mit ihr spazieren. Es machte ihr auch nichts aus, dass sich jetzt alles um Lucy drehte. Sie ging in ihrer Rolle als große Schwester völlig auf.

    Heute war ein wundervoller Tag und gleich nach Erledigung ihrer Schulaufgaben, fuhr Ella mit Lucy im Kinderwagen spazieren und ging zum Spielplatz des Parks, wo ihre Freunde auf sie schon warteten. Martha sah ihr stolz hinterher und freute sich auf ein paar Minuten Ruhe, die ihr nun vergönnt waren. Aylin begrüßte Ella freundlich und war begeistert, dass sie ihre Schwester zum Treffpunkt mitbrachte, doch die Jungs maulten ein wenig und zogen sie auf, dass sie nun das Kindermädchen für ihre Schwester war. Doch Ella machte sich nichts daraus und die dummen Sprüche erreichten ihr Innerstes nicht – Jungs eben – die konnten gar nicht anders.

    Irgendwie hatte Ella das Gefühl, dass dieses Schuljahr schneller herumging als die anderen. Zu Hause lief alles prima und Lucy wuchs heran.

    Aylin und die Traditionen

    Es verging kein Tag, an dem Lucy nicht im Mittelpunkt der Familie stand. Sie konnte inzwischen schon sitzen, krabbeln und sabberte sich den ganzen Tag voll. Martha war die meiste Zeit damit beschäftigt, die Kleine umzuziehen und Wäsche zu waschen. Erschöpft saß sie am Küchentisch und stützte den Kopf auf. »Mama, alles in Ordnung?« Sie wunderte sich über den Sinneswandel ihrer Tochter. Sie hatte nicht gehört, dass Ella von der Schule zurück war. »Oh Ella, entschuldige, es gibt heute nichts zu essen, ich habe es nicht geschafft. Gehst Du jetzt mit Lucy raus, dann könnte ich mich …?«

    »Nein, du weißt doch, heute ist Aylins Geburtstag und ich bin eingeladen bei Familie Duman«. Martha atmete tief durch und erinnerte sich, dass es schon seit Tagen feststand, dass ihre Große heute zu Aylins Geburtstagsfeier ging. Sie erhob sich und gab Ella einen leichten Kuss auf die Lippen und wünschte ihr viel Spaß, dann ging sie mit schweren Schritten die Treppe rauf. Ihre Mutter tat ihr leid, doch so war es nun mal mit einem Baby. Die Arbeit riss nie ab. Etwas ratlos und mit einem schlechten Gewissen machte sie sich für den Besuch bei ihrer Freundin fertig, nahm das Geschenk und rief nach oben: »Mama ich gehe dann. Ich bin pünktlich zurück.« Ohne auf die Antwort zu warten, war sie schon zur Tür hinaus. Mit dem Bus fuhr sie fünf Stationen, bis zu dem Mehrfamilienhaus, in welchem Familie Duman wohnte. Vor dem Haus lungerte eine Gruppe junger Kerle herum. Als sie Ella sahen, schauten sie diese ganz eigenartig an und machten sie mit dummen Sprüchen an. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, ihr war mulmig und sie war kurz davor umzudrehen und zu verschwinden. Einer dieser Burschen stand hinter Ella, als sie sich umdrehte und versperrte ihr den Weg. Plötzlich griff er nach ihrer Hand und wollte sie an sich heranziehen, doch dann hielt ihn eine tiefe Männerstimme davon ab. Ella verstand die Worte nicht, doch die Kerle verzogen sich schneller, als sie bis drei zählen konnte. Vor ihr standen Aylin und ihr Vater, der sehr besorgt aussah. »Haben sie dir etwas getan?« Ella schüttelte stumm ihren Kopf. Aylin umarmte ihre Freundin und nahm sie bei der Hand. Gemeinsam betraten sie das Haus und erst in der Wohnung fand Ella ihre Stimme wieder. Nochmals wollte der Vater wissen, ob alles in Ordnung mit ihr war. Er sah sie sehr prüfend an. »Danke, es geht mir gut.«

    »Dein Vater hätte Dich herbringen sollen. Hier sollte kein deutsches Mädchen allein herumlaufen.«

    Er setzte sich an den großen Tisch im Wohnzimmer und unterhielt sich mit den anderen Gästen in seiner Landessprache. Jetzt erst kam Ella dazu ihrer Freundin zu gratulieren und ihr das Geschenk zu überreichen. Aylins Mutter stand bei ihnen und lächelte. Neugierig öffnete Aylin das Geschenk und staunte nicht schlecht. Es war ein Buch und eine CD ihres Lieblingsinterpreten. Sie bedankte sich erfreut und fragte ihre Mutter, ob sie in ihr Zimmer gehen durften. Diese nickte und schnell verschwanden die Mädchen. Kaum war die Tür hinter ihnen geschlossen, da umarmte Aylin ihre Freundin nochmals und bedankte sich ganz herzlich für dieses schöne Geschenk. Dieses Buch wünschte sie sich schon sehr lange, doch es war teuer, sie konnte es sich nicht leisten dafür Geld auszugeben Ella meinte nur: »Meine Eltern haben etwas dazugegeben. Ich soll dich auch ganz lieb von ihnen grüßen.« Die beiden setzten sich auf den Fußboden, hörten Musik und sahen gemeinsam das Buch an. Es war ein Fotobuch der wichtigsten und schönsten Bauwerke der Welt. Aylin interessierte sich sehr für Architektur. Sie konnte sogar, ohne vorher den Text zu lesen, das Baujahr einiger Gebäude benennen. Vorsichtig und liebevoll strich sich über manche Fotos, so als würde sie, auf diese Weise, diese Gebäude berühren. »Eines Tages wirst Du diese Gebäude sehen und sie Dir genau anschauen können.«

    »Nur wenn Du mitkommst.«

    »Hm Architektur ist nicht so mein Ding.« Die Mädchen mussten lachen. Die Tür ging auf und ein junger Mann kam herein und redete mit Aylin in ihrer türkischen Muttersprache, sodass Ella nicht verstand, worum es ging. Aylin räumte daraufhin sofort das Buch weg, schaltete die Musik aus und bat Ella mitzukommen. Sie wurden schon erwartet, denn die Familie hatte die Tafel festlich gedeckt und bat nun Aylins Gäste zum gemeinsamen Essen. Ella fühlte sich nicht besonders wohl hier, es war alles so fremd für sie und ihre Freundin saß inmitten ihrer Familie und wirkte niedergeschlagen. Die Familienmitglieder hielten

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