Die Schlösser in Oberdiessbach
Von Jürg Schweizer, Armand Baeriswyl, Hans Braun und
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Buchvorschau
Die Schlösser in Oberdiessbach - Jürg Schweizer
Die Schweizerischen Kunstführer sind ein Produkt aus dem vielfältigen Angebot an Publikationen und Veranstaltungen der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK.
Die GSK dokumentiert, erforscht und vermittelt seit 1880 das baugeschichtliche Kulturerbe der Schweiz und trägt zu dessen langfristiger Erhaltung bei. Die Non-Profit-Organisation arbeitet in drei Landessprachen und ist Herausgeberin verschiedener Publikationen sowie einer Fachzeitschrift zu Architektur und dekorativer Kunst.
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Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK
Pavillonweg 2, 3012 Bern
Tel.: +41 (0)31 308 38 38, Fax: +41 (0)31 301 69 91
gsk@gsk.ch, www.gsk.ch
Herausgegeben mit der finanziellen Unterstützung von:
Umschlagseite vorn
Neues Schloss, Eingangsloggia.
Umschlagseite hinten
Der Ehrenhof wird gerahmt von zwei Pavillons, die rechte Trennmauer zum Garten und die Einfassungsmauer vorne fielen im frühen 19. Jh.
Umschlagklappe aussen
Saal im Obergeschoss, Goldledertapete.
Redaktion
Markus Andrea Schneider, lic. phil., GSK
Gestaltung
Pierre de Senarclens, visum design, Bern
E-Book-Herstellung
Zeilenwert GmbH, Rudolstadt
Abonnement
Jahresabonnement
CHF 98.– für 15 bis
20 Hefte
© Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Bern 2018
ISBN 978-3-03797-368-4
ISSN 2235-0632
Serie 104, Nr. 1033–1034
Jürg Schweizer
Barbara Studer Immenhauser · Hans Braun
Armand Baeriswyl · Georges Herzog
Die Schlösser in Oberdiessbach
Kanton Bern
Einführung
Oberdiessbach – Twingherrschaft mit hoher Gerichtsbarkeit
Die Burg Diessenberg
Das neue Herrschaftszentrum im Tal als spätmittelalterliches Schlösschen
Das Sässhaus und das Alte Schloss
Das Kornhaus
Das Neue Schloss
Der Bauherr Albrecht von Wattenwyl (1617–1671)
Vorstufen und Planungsphasen des Neuen Schlosses
Der Bauvorgang
Das Gesamtkonzept
Das Äussere
Das Innere
Grunddisposition – Erdgeschoss – Obergeschoss – Die Gemalte Stube – Der nördliche Flügel
Der Jahresablauf im Schloss im 17. und 18. Jahrhundert
Garten und Nebenbauten
Charlotte und Carl Emanuel von Wattenwyl
19. und 20. Jahrhundert: Vom Gutsherrn zum Selbstbewirtschafter
Das Pfarrhaus
Die Grabkapelle des Albrecht von Wattenwyl
Würdigung des Neuen Schlosses
Anhang
Eigentümertafel
Johann Adam Riediger, Ausschnitt aus dem Gesamtplan 1716 der Schlossgüter Oberdiessbach. Sehr präzise Darstellung der Schlösser, Gärten und Nebenbauten in Kavalierperspektive (SA).
Einführung
Gegenstand dieses Kunstführers sind die Burg Diessenberg und die Schlösser von Oberdiessbach. Alle sind Denkmäler einer der stolzesten ehemaligen Gerichts- bzw. Grundherrschaften des Alten Bern. Ihre Geschichte lässt sich bis ins frühe 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Oberdiessbach ist der im späten 19. Jahrhundert gebräuchlich gewordene Gemeindenamen; der Zusatz «Ober-» wurde gewählt, um den Ort vom gleichnamigen Dorf bei Büren an der Aare (BE) unterscheiden zu können, vorher hiess der Ort und damit auch die Herrschaft bloss Diessbach. Zunächst ist Diessbach aber der Name des von der Äschlenalp ins Tal der Chise sich ergiessenden Baches, an dem das Alte Schloss liegt; lautmalerisch erinnert der Name an das Sprudeln des Baches. Davon zu unterscheiden ist die Familie von Diesbach, deren Namen letztlich auf den Orts- und Bachnamen zurückgeht; die bedeutende, die eidgenössische Politik in den Burgunderkriegen mitbestimmende Familie hat im 15. Jahrhundert die Herrschaft erworben und sie hat sie bis ins mittlere 17. Jahrhundert halten können.
Noch länger ist die Eigentumskontinuität der Familie, die 1647 die Diesbach abgelöst hat: jene der Familie von Wattenwyl. Das Faktum ist besonders erstaunlich, weil die Schlösser samt den zugehörigen landwirtschaftlich genutzten Ländereien im Besitz der Familie geblieben sind, trotz des Umsturzes von 1798, der den Verlust der bisherigen Herrschaftseinkünfte nach sich gezogen hat, trotz des enormen Wandels, der in der Landwirtschaft seit dem 2. Weltkrieg eingetreten ist. War der Grossvater des heutigen Eigentümers, Eduard (1891–1978), ein Gutsherr, der die Landwirtschaft durch Meisterknecht und zahlreiche Angestellte betreiben liess, so wurde sein Sohn Charles (1927–2006) nun selbst zum Landwirt. Die Übernahme der Domänen 1994 durch die heutige Generation, durch Sigmund (geb. 1960) und Martine von Wattenwyl-Henry, ist in jeder Beziehung ein Glücksfall (s. S. 71). Die zwei Schlösser, die zahlreichen, zum Teil kaum nutzbaren Nebenbauten und Gärten waren, abgesehen von der Dachsanierung des Neuen Schlosses, in den letzten hundert Jahren nur behelfsmässig unterhalten worden: es bestand ein ganz erheblicher Nachholbedarf. Die neuen Eigentümer nahmen eine einmalige Restaurierungstätigkeit an die Hand, die in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege nachholte, was hundert Jahre lang unterlassen worden war. Beide Schlösser, auch zahlreiche Nebenbauten, wurden innen wie aussen, sorgsam vorbereitet, etappenweise restauriert. Auch die Gärten samt ihren kunstvollen Einfriedungen konnten wiederhergestellt werden; die 260 m lange Südallee, deren letzte Bäume in den 1970iger Jahren gefallen waren, wurde neu angepflanzt. Die Arbeiten sind getragen von hohem Verantwortungsbewusstsein der Bauherrschaft für das überlieferte Kulturgut, von deren nie erlahmenden Begeisterung und von sprichwörtlicher Tüchtigkeit. Das Guts- und Schlossherren-Ehepaar hat das Schloss umsichtig geöffnet, betreibt ohne ständige Angestellte den grossen Landwirtschaftsbetrieb und wirkt im Schloss, unterstützt durch die nächste Generation, als Concierge, Gärtner, Kulturvermittler und Cicerone.
Die bewundernswerten Anstrengungen gelten einem Kulturdenkmal von gesamtschweizerischer Bedeutung. In exemplarischer Weise kann man in Oberdiessbach die Entwicklung des Herrschaftshauses verfolgen. Das Alte Schloss zeigt, wie im Spätmittelalter eine unzugängliche Burg oben an der Falkenfluh im Tal durch ein hölzernes Sässhaus ersetzt wurde, das dann im 15. bis 17. Jahrhundert die Aufsteigerfamilie v. Diesbach zur Form eines Schlösschens samt gezinnter Wehrmauer ausbaute. Eine neue Ära eröffnete Albrecht von Wattenwyl (1617–1671), der im Dienst des französischen Königs reich geworden war. Nach intensiver Planungsphase liess er 1668–70 durch den neuenburgischen Architekten Jonas Favre (s. S. 87) das hochrepräsentative Neue Schloss erbauen, das nach seinem Tod sein Erbneffe Niklaus luxuriös ausbaute. Nach französischem Vorbild ist es, erstmals in der Schweiz, als offener Landsitz gestaltet und greift grossräumig in die Umgebung aus. Fassade, Treppenanlage, Raumverteilung und Ausstattung entsprechen neuen herrschaftlichen Anforderungen. In mancher Beziehung ist das Schloss der Initialbau für die barocke Profanarchitektur der tonangebenden Schicht im Ancien Regime.
Das Unternehmen, für diesen wichtigen Bestand einen umfassenden Kunstführer zu erarbeiten, ging von Sigmund und Martine von Wattenwyl aus. Ein spezialisiertes Autorenteam nahm sich den wichtigen archäologischen, historischen, familiengeschichtlichen und kunsthistorischen Fragen an. Der Schreibende hatte die Gelegenheit, wesentliche Bestände des umfassenden Schlossarchivs auszuwerten, unter anderem das einmalige Planarchiv. Zusammen mit den seit Jahren durch die denkmalpflegerische Tätigkeit ermöglichten Bauuntersuchungen ergab sich ein weitgehend neues Bild der Baugeschichte und der architekturhistorischen Bedeutung dieser durch glückliche Umstände wunderbar erhaltenen Monumentengruppe in ihrer massgeschneiderten Umgebung.
JS