Wege zur fühlenden Wahrnehmung: Die Belehrung der Sinne
Von Georg Kühlewind und Andreas Neider
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Über dieses E-Book
In sieben Kapiteln beschreibt der Autor unsere Sinneserfahrungen so, dass dem Leser die darin verborgenen Vorgänge mehr und mehr bewusst werden. Das achte Kapitel schlägt dann einen konsequenten Übungsweg vor, den jeder gehen kann, dem es um einen anderen Umgang mit seinen Sinnen zu tun ist.
Eine auch für Anfänger gut zugängliche Einführung in die Meditation in der für Kühlewind charakteristischen Form, die heute vielleicht als besonders aktuell und in höchstem Maße inspirierend empfunden werden kann.
Georg Kühlewind
Georg Kühlewind (6. März 1924 – 15. Januar 2006, Budapest) wurde nach dem Studium der Klassischen Philologie und danach der Chemie Professor für physikalische Chemie. Er ließ sich vorzeitig emeritieren, um sich ganz der Geistesforschung zu widmen und hielt weltweit Kurse und Vorträge zu Fragen der Erkenntniswissenschaft und der Meditation. Sein Werk ist auf Deutsch fast vollständig im Verlag Freies Geistesleben erschienen. 2022 erschein zudem seine Biografie ›Georg Kühlewind. Diener des Logos‹, verfasst von seinem Freund und Weggefährten Laszlo Böszörmenyi.
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Buchvorschau
Wege zur fühlenden Wahrnehmung - Georg Kühlewind
Georg Kühlewind
Wege zur fühlenden
Wahrnehmung
Die Belehrung der Sinne
Georg Kühlewind wurde am 6. März 1924 in Budapest geboren. Mit etwa 40 Jahren hat er sich entschlossen, von vorne anzufangen und den geistigen Schulungsweg neu aufzubauen. Mit 55 ließ er sich von seinem Lehrstuhl für Physikalische Chemie an der TU Budapest pensionieren und widmete sich seither ausschließlich der Geistesforschung. Er hat über 20 Bücher geschrieben und weltweit unzählige Vorträge und Seminare gehalten zu Themen wie der Bewusstseinsschulung, der Psychologie, der Pädagogik, der Sprachwissenschaft und der Christologie. Georg Kühlewind ist am 15. Januar 2006 gestorben.
Inhalt
Vorwort zur Neuausgabe
von Andreas Neider
Vorwort
1. Über die Begrifflichkeit beim Wahrnehmen
2. Die Sprache und die Sinne
3. Die Entstehung des Weltbildes
4. Der Pendelschlag der Aufmerksamkeit
5. Wahrnehmen, Nachahmen, Hervorbringen
6. Über die Sinne und ihre Belehrung
7. Die Gestaltung der Wahrnehmungsübungen
8. Wahrnehmungsübungen
1) Einfaches Wahrnehmen
Vergleichendes Wahrnehmen von menschengeschaffenen und Naturdingen
2) Vorstellen
3) Zentrale Übung
4) Das negative Bild
5) Das Vergleichen von zwei Gegenständen
6) Das Fühlen von Qualitäten
7) Das Wirklichkeitsgefühl
8) Das Fühlen der Idee
9) Der Wille des Gegenstandes
Nachwort
Anhang I – XIV
Anmerkungen
Vorwort zur Neuausgabe
Georg Kühlewind war ein Meister des Denkens und Wahrnehmens und damit auch ein Meister der Meditation, die beides vereint. Aber er war auf diesem Gebiet auch ein absoluter Pionier, ein Erkunder von spirituellen Wegen, ein Wegbereiter in bislang unbekannte Gefilde des Denkens und Wahrnehmens.
1990, als die erste Auflage des vorliegenden Buches unter dem Titel Die Belehrung der Sinne erschien, war er praktisch noch der Einzige, der die in Rudolf Steiners Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten enthaltenen Wahrnehmungsmeditationen, wie zum Beispiel «Blühen und Welken» oder die «Samenkornübung», als Grundübungen der Meditation so ernst nahm, dass er diesen für Ungeübte sehr anspruchsvollen Meditationen einen ganzen Kanon von propädeutischen Wahrnehmungsübungen voranstellte.
Doch 1990 war damit außer in den von ihm selbst geleiteten Übungsseminaren für die meisten Leser noch wenig anzufangen. Zu tief hatte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts in anthroposophischen Kreisen die Meinung festgesetzt, dass man über Meditation und meditative Erfahrungen nicht sprechen dürfe und dass diese nur im stillen Kämmerlein und keinesfalls gemeinsam zu erarbeiten seien.
Kühlewind hatte mit diesen Vorurteilen bereits seit dem Beginn seiner spirituellen Lehrtätigkeit im Westen in den Siebziger- und Achtzigerjahren aufgeräumt. Er stellte viele seiner meditativen Übungen in seinen Büchern dar und übte diese dann mit den Teilnehmern seiner Seminare, oft über Jahre hinweg mit demselben, sich mehr und mehr verdichtenden Personenkreis. So bildeten sich im Laufe dieser Jahrzehnte überall in Europa, aber auch in den USA meditativ übende Gruppen, die sich ab und an auf größeren öffentlichen Tagungen auch zu größeren Kreisen erweiterten.
Das vorliegende Buch ist dezidiert auf die von Steiner entwickelten Wahrnehmungsmeditationen* hin orientiert. Und Kühlewind wäre nicht Kühlewind, wenn er dem von ihm selbst entwickelten Übungskanon nicht eine in ihrer Tiefe einmalige Darstellung des menschlichen Erkennens und seiner Entwicklung vor allem beim kleinen Kinde vorangestellt hätte.
Hierbei berücksichtigt er praktisch das gesamte, äußerst umfangreiche erkenntnistheoretische und auf die Sinneslehre bezogene Werk Rudolf Steiners. In der für ihn typischen, auf das Notwendige reduzierten, knappen Form entfaltet Kühlewind in den ersten sechs Kapiteln die anthroposophische Erkenntnis- und Sinneslehre und ergänzt diese im Anhang durch weiterführende Hinweise, vor allem aber durch ausführliche Hinweise auf die betreffenden Stellen im Werk Steiners, wobei er in absoluter Gründlichkeit praktisch keine Stelle ausgelassen hat.
Und hierin zeigt sich die wahre Meisterschaft Kühlewinds. Es werden nicht einfach nur ein paar Übungen angegeben, sondern diese werden erkenntnistheoretisch solchermaßen gründlich fundiert, dass der Übende, der sich der Mühe dieses Studiums unterzieht, in seiner Übungspraxis auf einem sehr soliden Fundament aufbauen kann.
Nicht um ein schnelles Erlangen von Hellsichtigkeit also, wie es in der heute vielerorts geübten Form der Wahrnehmungsmeditation Usus geworden ist, geht es Kühlewind, wie übrigens auch Steiner natürlich nicht, sondern um ein stufenweise, Schritt für Schritt sorgsam sich erweiterndes Bewusstsein des eigenen Denk- und Wahrnehmungsvermögens. Denn das ist die große Lehre, die uns Georg Kühlewind hinterlassen hat: Es geht nicht um ein schnell zu erwerbendes Hellsehen, sondern um eine grundlegende Gesundung unseres Bewusstseins, das in seiner Alltäglichkeit als letztlich erkrankt angesehen werden muss.
Die Gesundung kann, so Kühlewinds tiefe Überzeugung, vor allem dadurch erfolgen, dass wir unser Wahrnehmen reinigen und zu einem «reinen Wahrnehmen» weiterentwickeln. Ein «fühlendes Wahrnehmen» hat Georg Kühlewind diese neue Art des Wahrnehmens genannt. Wo dabei aber die Grenze zwischen dem Sinnlichen, vielmehr dem scheinbar «Sinnlichen» und dem Übersinnlichen verläuft, das möge der aufmerksame Leser nun anhand des vorliegenden Buches selbst erkunden.
Die vorliegende Neuveröffentlichung erscheint bezeichnenderweise genau 100 Jahre nach jenem Vortragszyklus Rudolf Steiners, in dem er die hier behandelte Thematik eines «reinen Wahrnehmens» in einmaliger Weise dargestellt und als einen «Licht-Seelen-Prozess» bezeichnet hat.* Dieser «neue Yoga-Wille», ein Atmen der Seele nicht mehr in der Luft, wie beim indischen Yoga, sondern im Licht, mit den Sinnen, den Steiner 1919 anregen wollte, ist heute, in einer Zeit, in der das natürliche Wahrnehmen mit allen unseren Sinnen durch virtuelle Medien und Computerbildschirme immer mehr zurückgedrängt wird, so aktuell wie nie zuvor. Insofern darf man dieser Neuveröffentlichung von Georg Kühlewinds Pionierleistung eine möglichst weite Verbreitung wünschen.
* Eine Zusammenstellung dieser Wahrnehmungsmeditationen Rudolf Steiners findet sich in dem kleinen Band Andacht und Achtsamkeit – Stufen des Wahrnehmens, hrsg. von Andreas Neider, Basel 2014.
* Vgl. dazu den Vortrag vom 30.11. 1919 in Die Sendung Michaels, GA 194.
Vorwort
Dieses Büchlein ist um der Übungen willen geschrieben worden. Der Teil, den man den theoretischen nennen könnte, die ersten sieben Kapitel, erscheint im Verhältnis zum Übungsteil (achtes Kapitel) lang. Der Übungsteil jedoch ist so gedacht, dass der Lesende die Übungen wirklich macht: Dann wird dieses Kapitel schon lang genug! Außerdem stammt der «theoretische» Teil größtenteils aus den Erfahrungen an und mit den Übungen. Er musste ihnen vorausgehen, damit man weiß, warum die Übungen auf die beschriebene Weise gestaltet sind. Hoffentlich lässt sich die Wahrheit der «Theorie» auch dann einsehen, wenn man die Übungen noch nicht gemacht hat. «Theorie» und «theoretisch» stehen in Anführungszeichen, weil sie viel eher Empirie, Erfahrung sind und keineswegs deduziert, also «theoretisch» bloß im Vergleich mit den Übungen.
Die Bewusstseinsschulung und innerhalb ihrer die Wahrnehmungsschulung geht von der untersten rationalen Ebene des Bewusstseins aus. Das ist möglich, weil dieses Bewusstsein aus seiner überbewussten Quelle lebt und als Bewusstseinsseele auf sich blicken kann. Das Bewusstsein beginnt beim Säugling mit dem Fühlen. Es ist ein Fühlen ohne Gliederung, Erinnern, Ideenwahrnehmen und nicht ichhaft. Der Weg in Richtung der Ratio bringt durch die Sprache die logoshafte, ichhafte Gliederung, die Begrifflichkeit in immer differenziertere Form und auf immer niedrigere Stufen, was aber zugleich ein Austrocknen des Fühlens im Wahrnehmen zur Folge hat. Die Schulung baut auf diese Errungenschaften auf, sie ist aber bestrebt, sie auf höhere Ebenen zu führen und zu erweitern: als lebendige, fühlende, wollende Begriffe und entsprechende Gliederungen in der Welt, als eine Ich-bin-Erfahrung, die sich nicht auf den physischen Organismus stützt. Damit wird die Wahrnehmung belebt, fühlend und vernimmt das Wollen der Natur.
Da die Übungen von elementaren Erfahrungen am Wahrnehmen ausgehen und durchaus empirisch auseinander folgen, setzt sich der Verfasser mit keinen anderen Beschreibungen des Wahrnehmens oder mit irgendeiner Sinneslehre auseinander: Der Leser kann selber alles Beschriebene kontrollieren. Der so genannte theoretische Teil ist im völligen Einklang mit den Ansichten Rudolf Steiners über die Sinne und das Wahrnehmen. Die Übungen selbst sind als Hinführung zu den mehr fortgeschrittenen Wahrnehmungsmeditationen aufzufassen, die man in Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? findet, z.B. «Blühen und Welken» (Kap.: «Stufen der