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More than Fashion
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eBook1.098 Seiten1 Stunde

More than Fashion

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Über dieses E-Book

Dies ist kein scheiß Modebuch. Mode ist etwas Vergängliches, hält meist nicht länger als einen Sommer. Selbst die uninspiriertesten Punkmitläufer haben es meist länger als eine Modeperiode durchgehalten. Andersrum möchte ich sagen: Wer Punk für Mode hält, hat das Wichtigste nicht verstanden.
SpracheDeutsch
HerausgeberHirnkost
Erscheinungsdatum15. Nov. 2018
ISBN9783947380206
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    Buchvorschau

    More than Fashion - Tim Hackemack

    MARCO

    Die Kutte ist die Erinnerung an meine beste Zeit. Alles habe ich selber gemacht, auch gemalt – hatte ja damals fast alle Kutten in Bremen gemacht. Daher war mein Spitzname Kutte, irgendwann ist daraus Kutter geworden. Was Black Flag angeht, war doch alles nach 1982 absolut scheiße. Fußballstollen habe ich an den Ärmel gemacht, weil viele Mega-Nieten hatten. Da wollte ich gegenhalten. Wir Bremen-Nord-Punx waren damals berüchtigt. An das Ticket fürs Schwarzfahren kann ich mich nicht erinnern, bezahlt habe ich es aber sicher nicht. Meine Jacke könnte ich niemals wegschmeißen, auch wenn ich heutzutage nicht mehr reinpasse und selbst meine Arme länger geworden sind! Ende der Neunzigerjahre habe ich die Kutte gegen eine viel leichtere Bomberjacke eingetauscht. Damals hatte es dann auch gleich Klick gemacht: Kein Wunder, dass wir die Fascho-Glatzen so selten gekriegt haben. Unsere Jacken mit den zig Nieten waren viel zu schwer.

    NICOLE

    Meine erste Jacke war noch aus Leder, ich hatte sie aus irgendeinem Onlineshop für Punkklamotten. Da hatte ich meine Jacke noch nicht mit Aufnähern oder Kritzeleien verziert, nur ein paar Buttons. Ich war einfach noch nicht so mutig, mit meinen Klamotten wirklich aufzufallen. Damals war ich auch noch eher in der Gothic-Szene unterwegs, die mittlerweile so gar nicht mehr meins ist. Ich kam dann irgendwann durch die Riot-Grrrl-Bewegung, meine politische Einstellung und Bekannte zum Punk und fühle mich alleine schon wegen der Leute und ihrer Einstellung dort sehr wohl. Meine Kunstlederjacke habe ich mir geholt, weil sie günstig war und mir einfach besser gefiel als die schwere Lederjacke. Erst später habe ich entschieden, vegan zu leben, aber da passte das Kunstleder ja sehr gut. Gekauft habe ich die Jacke bei einem bekannten Kaffeeröster. Mittlerweile versuche ich mir meine Klamotten nur noch gebraucht im Internet, bei Kleidertauschpartys, aus Giveboxen etc. zu organisieren oder sogar aus dem Müll zu retten. Einfach weil ich dieses menschenausbeuterische „Fast-Fashion"-Phänomen nicht unterstützen möchte, es günstiger und umweltfreundlicher ist. Eines Tages nagte eins meiner Kaninchen ein großes Loch in den Kragen der Jacke, was ich dann mit Stoffresten einer alten grünen Tagesdecke reparierte. Diese Decke hängt noch heute umgenäht zu Vorhängen an meinem Fenster. Die ersten Aufnäher, die auf meiner Jacke landeten, waren der mit den Augenball-Pflanzen und der Siouxsie-Sioux-Backpatch, was vorher ein zu klein bestelltes Shirt war. Der Blogging-Aufnäher ist im Stil von Aufnähern, die Pfadfinder für besondere Leistungen bekommen. Und da ich über zehn Jahre gebloggt habe, hat eine Bekannte mir den mal geschenkt. Der Darth-Vader-Aufnäher ist auf meiner Jacke, weil ich Star Wars liebe. Ich bin halt auch ein Geek. Deswegen ist auf einer meiner Westen auch ein Dalek genäht. Da ich Feministin bin und ich Bands wie Bikini Kill, L7, Bratmobile, Respect my Fist und andere Riot-Grrrl-Bands liebe, habe ich irgendwann mal eine Art „Themenweste" gebastelt. Der Catwoman-Backpatch ist wie der Kragen meiner Jacke auch so ein wiederverwendetes Teil: Ursprünglich war es ein Shirt, das ich mir als Teenager gekauft hatte, dann diente das Motiv als Aufnäher auf einer Tasche und nun als Backpatch. Ich liebe es, Dinge wiederzuverwenden und meine Sachen selbst zu gestalten. Deswegen sind auch etliche meiner Aufnäher selbst gemacht. Entweder mit Spezialstoff einfach ausgedruckt oder mit Schablonen und Stoffmalfarbe hergestellt. Ansonsten kaufe ich die meisten Aufnäher auf Konzerten und Soli-Veranstaltungen.

    KATHRIN

    Ich habe die Jacke von meiner Schwester geerbt, als ich 15 war. Damals war sie noch blau und ich hab sie mit der Hand rot gefärbt. Die Aufnäher sind bis auf einen von Bands, die ich mag, die ich auch fast alle persönlich kenne. Der eine ist das Zeichen der Kampfgruppen der DDR von der Uniformjacke meines Vaters, damals eher als Provokation angebracht. Die Jacke bedeutet mir unheimlich viel, sie repräsentiert mein Leben! Ich ziehe sie auch nicht mehr so oft an, weil ich Angst habe, sie zu verlieren, und sie fällt schon seit geraumer Zeit auseinander. Ich habe sie schon mehrmals repariert. Ich habe sie 33 Jahre, und alles, was darauf ist, ist ein Stück Lebensweg, auch das Bild von Suicidal Supermarket Trolleys. Ich hatte sie an Altweiber mit in der Schule, und meine Mitschüler waren geschockt, dass meine Jacke wesentlich älter ist als sie.

    MAX

    Ich fand Kutten schon immer faszinierend. Für mich gehört das zu einer Szene, die die normale Gesellschaft ablehnt. Inspiration hatte ich durch andere Kutten und viele neue, gute Bands. Meine eigene Weste hab ich dann, ganz klassisch für diese Zeit, bei Amazon bestellt und mir die Aufnäher und Anstecker auf Konzerten geholt und selber aufgenäht, das gehört dazu. Heute wird es ja leider immer weniger, da sich die Punkszene halt auch verändert. Umso cooler finde ich es, wenn die Leute ihre Kutten weitertragen. Außerhalb der Punkszene scheint es da aber auch einen Trend zu geben. Anscheinend ist es „in", mit Aufnähern rumzulaufen. Schau dir nur die Schaufenster bei H&M und den Kram an!

    TURBOJUGEND

    Die erste Turbojugend entstand 1996 in Hamburg (Turbojugend St. Pauli). Gründungsmitglied war unter anderem Bela B. Momentan gibt es ja schon eine dritte Generation von Turbojugenden. In Rostock sind wir das. Viele von den Alten feiern das auch ziemlich ab, dass es wieder eine gibt. Es gab vorher eine Turbojugend, der Präsident von denen hat sich aber um nichts mehr gekümmert, und so haben wir das halt 2015 übernommen. Dafür mussten wir uns aber an den sogenannten Jugendwart wenden und die Situation klären. Die haben dann noch mal versucht, den alten Präsidenten zu erreichen, und als das nicht klappte, konnten wir loslegen. Die Jugendwarte kümmern sich weltweit um alle Chapter, und da gibt es eine ganze Menge, circa 2.053. Eine Person kann aber auch Mitglied von mehreren Chapters sein. Um eine Kutte zu bekommen, musst du in einem Chapter aufgenommen werden, dann fügt der Präsident dich auf der Homepage deinem Chapter hinzu. Erst danach kann eine Kutte für dich bestellt werden. Die Jacke kannst du dir dann direkt auf den Leib schneidern lassen. Du kannst dir dann auch aussuchen, ob du eine Jeansweste oder Jeansjacke haben willst. Die Gestaltung ist auch vollkommen dir selbst überlassen, ausgenommen sind Biker-Chapter oder rassistischer Kram. Nichts was andere Leute beleidigt oder verletzt. Es soll eine positive Geschichte sein. Da jedes Chapter weltweit seine eigenen Aufnäher oder Buttons hat, tauschen wir halt mit den anderen, so behält man einander in guter Erinnerung. Wenn sich Chapter auflösen, ist man nicht automatisch Mitglied auf Lebenszeit. Sollte ein Chapter längere Zeit inaktiv sein, wird durch die Jugendwarte geklärt, ob noch Interesse daran besteht, Mitglied der Turbojugend-Familie zu sein. Sicherlich fliegt man nicht grundlos aus der Turbojugend, jedoch wird besonderer Wert auf das Miteinander gelegt. Rassistische, diskriminierende Äußerungen können ein Grund dafür sein, aus der Turbojugend geschmissen zu werden. Man kann es also als eine große Familie sehen, die einen gemeinsamen Nenner hat: Musik. Einmal im Jahr finden auch die Weltturbojugendtage in Hamburg statt und da trifft man wirklich Leute aus der ganzen Welt. Turbonegro spielen dann meist auch und das ganze Wochenende beinhaltet viel Liebe, Glitzer und Alkohol.

    Wir sind ein kleines Chapter mit fünf Personen. Größere Chapter haben aber auch nicht mehr als 50 Mitglieder. Mehr werden aus logistischen Gründen nicht aufgenommen, da auch Treffen und weitere Veranstaltungen übers ganze Jahr verteilt stattfinden. Besonders wichtig zu erwähnen ist, dass man seine Kutte nicht waschen darf. Wenn du sie vollgekotzt hast, darfst du mit ihr in einen See gehen, dich duschen oder gegebenenfalls eine Bürste benutzen, um sie zu reinigen. Aber das war es dann auch. Ansonsten kannst du ein Wunderbäumchen dranhängen. Ein Geheimtipp bei schlimmerer Verschmutzung ist, sie mit Febreze einzusprühen und dann ein paar Tage in die Tiefkühltruhe zu stecken. Nach dem Trocknen ist sie wieder wie neu, zumindest was den Geruch angeht.

    SASCHA

    Die alte Kutte hab ich

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