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Alte Wunden
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eBook722 Seiten9 Stunden

Alte Wunden

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Über dieses E-Book

Der FBI-Profiler Pete Sullivan wird in der Zeit zurückversetzt, als sein ehemaliger Freund Dan Reagan plötzlich vor ihm steht und ihn um Hilfe bittet. Pete jagt ihn zum Teufel, da seine Wut auf Dan immer noch ungebrochen ist. Trotz seiner eindeutigen Ansage steht Dan am nächsten Morgen ohne einen seiner üblichen Leibwächter vor Petes Wohnung und gesteht, dass sein Sohn Alex entführt wurde. Pete spring über seinen Schatten, aber bei der folgenden Befragung verstrickt sich Dan in extreme Widersprüche und obwohl Pete mit Abstand der Beste seines Metiers ist, kann er diesmal zwischen Lüge und Wahrheit nicht unterscheiden. Als er dann endlich zu Zusammenhänge erkennt, ist es bereits viel zu spät, da Pete bereits wegen Doppelmord und Entführung auf jeder behördlichen Fahndungsliste steht.
Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, da der dubiose CIA-Agent Colin Macintosh alles daran setzt Pete zur Strecke zu bringen. Tod zur Strecke zu bringen.
SpracheDeutsch
HerausgeberTWENTYSIX
Erscheinungsdatum23. Okt. 2018
ISBN9783740720278
Alte Wunden
Autor

B. T. Gold

Die Autorin wurde im Dezember 11972 in München geboren, ist seit über zwanzig Jahren glücklich verheiratet und Mutter von erwachsenen Zwillingen. Dies ist mittlerweile ihr viertes veröffentliche Buch und ihr Debütroman "Ich finde dich" wurde zum Top-Titel bei Twentysix gekürt. Weitere Titel sind, Erinnerungslos und Treibgut.

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    Buchvorschau

    Alte Wunden - B. T. Gold

    34

    1

    Pete!"

    Alleinig der Klang dieser Stimme ließ mich mitten in der Bewegung erstarren, sodass der hinter mir Gehende hart gegen meine Schulter prallte.

    „Hey, pass doch auf" ging er mich an, rieb theatralisch seinen Oberarm und baute sich vor mir auf.

    „Sorry" murmelte ich schnell, da ich keinen Streit anfangen wollte und hob gleichzeitig meine Hände entschuldigen an.

    „Mein Fehler."

    Ich wählte wie erwartet die richtigen Worte um eine, wie auch immer geartete Auseinandersetzung zu vermeiden und der mir gegenüberstehende Mittdreißiger ging weiter. Seinem Kopfschütteln nach war er immer noch gereizt und ich fragte mich, was ihm heute wohl schon über die Leber gelaufen war, da dieses überaus aggressive Verhalten nicht unbedingt der Norm entsprach. Auch alle anderen Besucher umgingen mich mittlerweile, nahmen meinen Stillstand aber ruhig und gelassen hin, obwohl ich wie angewurzelt mittig in der Hauptdurchgangsschneise stehengeblieben war.

    „Geh einfach weiter" ermahnte mich meine innere Stimme und als ich im Begriff war diesen Rat zu beherzigen, hörte ich ihn erneut.

    „Pete! Pete Sullivan!"

    Meine Hand ballte sich wie automatisch zur Faust und ich versuchte meine Wut mit stummen Beruhigungsparolen zu unterdrücken. Leider gelang es mir nicht mehr und ich drehte mich langsam um. Zuerst sah ich ihn nicht, doch dann wurde ich in der Zeit zurückversetzt.

    Es war wie immer ein Kopf an Kopf Rennen unter uns Dreien, doch diesmal war Luke nicht zu schlagen und ich nahm den Fuß leicht vom Gas, da ich eine halbe Runde Vorsprung zu meinen Verfolgern besaß. Dan, der knapp vor mir, aber hinter Luke lag, dachte nicht daran und zwang seinen Wagen in die Ideallinie. Durch dieses harte Manöver blockierten kurz seine Reifen und er verlor erheblich an Geschwindigkeit. Zum Glück drosselte ich schon vorher das Tempo, da ich ihn sonst unter Garantie am Heck tuschiert hätte.

    „Blöder Idiot" schimpfte ich in mein Headset und nahm mir vor ihn nach dem Rennen zur Rede zu stellen, da er zum Einen durch diesen Fahrfehler unser beider Aus provozierte und zum Anderen keine Chance mehr hatte, denn Rennausgang zu verändern.

    „Ruhig Blut, Roadrunner" kam von meinem Teamkollegen Steffen, der in der Box saß und mich während des Rennes via Mikrophonkommunikation betreute.

    „Halte Abstand, konzentriere dich und bringe die letzte Runde einfach hinter dich. Es ist gelaufen und außerdem reicht dir ganz locker der Dritte."

    Steffen hatte Recht, meinem Saisonsieg stand eigentlich nichts mehr im Wege. Ich besaß so einen Punktevorsprung, dass ich in den letzten fünf Rennen die noch vor uns standen nur noch drei Punkte brauchte. Dies kam im schlechtesten Fall vier Totalausfällen und einem sechsten Platz gleich, was so gut wie unmöglich war. Lukes Sieg war nur noch Formsache und ich freute mich für ihn, da er um Platz zwei in der Jahresgesamtwertung kämpfte und er diese Punkte gut brauchen konnte. Für Dan hingegen war es gelaufen, da er anfänglich aufgrund eines neu konzipierten Motors mit erheblichen technischen Ausfällen kämpfte und somit meist vor Rennende zurück in die Box musste. Erst in den letzten acht Rennen konnte er das Potential seines Motors voll ausschöpfen und war wieder unter den ersten Sechs.

    Luke kam wie erwartet perfekt aus der Steilkurve und lenkte den Wagen routiniert in die letzte Linkskurve und ich merkte wie ich zu grinsen anfing. Er hatte es verdient, da er heute einfach die beste Performance von uns allen ablegte. Wir verstanden uns gut und waren nur in der Zeit des Rennens Rivalen. Luke war von allen allerdings mein stärkster Konkurrent, da wir uns fahrerisch ziemlich ähnlich waren. Intuition und Gefühl für die Strecken waren unsere Stärken, aber in diesem Jahr war mein Auto einfach das Bessere. Die unzähligen, schweißtreibenden, nervenzerreißenden und auch blutigen Arbeitsstunden in der Saisonpause hatten sich ausgezahlt. Jetzt war es nur noch eine letzte Schikane und das Rennen war gelaufen. Aber was ich jetzt sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Dan wollte nicht als Zweiter durchs Ziel und packte die Brechstange aus. Er versuchte Luke zu überholen, indem er ihn dazu zwang die Ideallinie zu verlassen. Normalerweise wäre dies kein Problem und auch legitim, aber in genau dieser Kurve gelang so ein Manöver nur, wenn ein Geschwindigkeitsüberschuss von mindestens fünfzehn Meilen bestand, da der zu Überholende sonst Gefahr lief einen Treffer im Scheitelpunkt zu kassieren, da dort die Kurve extrem stark einknickte. Jeder Fahrer wusste das und auch jeder war sich des Risikos bewusst. Dan hatte keinen Überschuss, er hatte gar nichts. Er hatte nur seinen übertriebenen Ehrgeiz. Wie gebannt starrte ich auf die beiden Wägen vor mir und hatte plötzlich das Gefühl, dass alles in Zeitlupe ablief. Luke war am Scheitelpunkt angekommen und trat auf die Bremse, Dan zog nach innen, fuhr auf Luke auf und nahm ihm somit den Radius um die Kurve ausfahren zu können. Lukes Wagen tuschierte seine Flanke, Autoteile wurden explosionsartig durch die Luft geschleudert, während beide Rennboliden ineinander verkeilt in Richtung der Seitenbegrenzung abdrifteten. Innerlich fing ich zu beten da, dass sie endlich stehenbleiben würden, aber mein Wunsch wurde nicht erhört. Sie drehten und drehten sich, bis Dans Wagen Lukes in die Streckenbegrenzung schob. Leider war der Winkel so dermaßen ungünstig, dass er diesen durchschlug und regelrecht abhob. Dan selbst schleuderte ins Kiesbett und wirbelte so viel Staub auf, dass ich im ersten Moment nichts mehr sehen konnte. Obwohl ich eine Notbremsung hinlegte und versuchte auszuweichen, fuhr ich über eines der herumliegenden Karbonteile. Mein Reifen platzte und ich drehte mich nun ebenfalls im Kreis. Nur durch geschicktes Gegenlenken bekam ich den Wagen wieder in den Griff und als ich aus der Staubwolke, die Dan durch seinen Ausritt aufwirbelte, fuhr und mit einem Ruck zum Stehen kam, schlug Lukes Wagen gerade frontal in der Boxenmauer ein und fing augenblicklich Feuer.

    „Luke!" hörte ich mich verzweifelt schreien und Steffen gab mir einige energische Anweisungen über mein Helmmikro.

    Ich verstand nur irgendwas mit, geht es dir gut und unbedingt sitzen bleiben, aber das konnte unmöglich sein Ernst sein. Lukes Wagen stand in Flammen und ich war ihm am Nächsten. So schnell es mir möglich war, schnallte ich mich ab und schälte mich über das Fenster aus dem Auto. Dann beugte ich mich wieder ins Wageninnere und griff nach dem kleinen Feuerlöscher, der sich in einer Verankerung auf Höhe des, in handelsüblichen Autos, Beifahrersitzes befand. Noch während ich rannte, riss ich mir den Helm und die Feuerschutzhaube vom Kopf und ließ alles achtlos auf den Boden fallen. Ich war noch nicht einmal auf zwanzig Meter an Lukes Auto herangekommen, als die Hitze so unerträglich wurde, dass ich das Gefühl hatte selbst in Flammen zu stehen. Ich versuchte es von allen Seiten, aber so sehr ich mich auch bemühte, ich hatte keine Chance und musste völlig machtlos mit ansehen wie Luke darin verbrannte.

    „Schön dich nach all den Jahren wiederzusehen" sagte er lächelnd, streckte mir seine Hand entgegen und meine Ohnmacht kam zurück.

    „Verpiss dich, oder ich hole das nach, was ich damals schon hätte tun sollen."

    Zumindest verschwand jetzt sein aufgesetztes Grinsen, da er sich anscheinend gerade bewusst darüber wurde, dass ich meine Drohung durchaus ernst meinte. Seine Hand hielt er mir jedoch weiterhin entgegen.

    „Pete bitte, es ist doch schon so viele Jahre her."

    „Für dich vielleicht."

    Endlich ließ er seine Hand fallen und vergrub diese regelrecht in seiner Hosentasche.

    „Ich bitte dich …"

    „Sei still!" ermahnte ich ihn und ging einen Schritt auf ihn zu.

    Für seinen Bodyguard anscheinend etwas zu schnell, da er sich schützend vor seinen Klienten stellte und mir mit einem eindeutigen Wink zu verstehen gab, keinen Schritt weiterzugehen.

    „Das ist so typisch für dich" schnaubte ich abschätzig.

    „Damals deine Anwälte und jetzt dieser Witz von Aufpasser."

    Diese Betitelung gefiel seinem Beschützer ganz und gar nicht, da ihm sein souveräner Gesichtsausdruck kurz entglitt und als ich ihn dann auch noch frech angrinste, konnte ich seinen Zorn fast spüren. Trotzdem blieb er stumm und ich machte einen weiteren Schritt auf Dan zu.

    Seinem Leibwächter kam dies gerade recht und er machte genau den Fehler, den ich provozierte. Er wollte mich zu Boden ringen, um seinen Auftraggeber zu schützen, doch er hatte mich vollkommen unterschätzt. Keine Sekunde später kniete er mit verdrehtem Handgelenk am Boden und fing schmerzlich zu stöhnen an.

    „Pfeif ihn zurück" zischte ich in Dans Richtung, als sein zweiter Bodyguard seinem Partner zu Hilfe kommen wollte.

    „Oder ich breche ihm die Hand."

    Ich verstärkte den Druck, sodass mein Opfer gepresst aufschrie und Dan machte eine fahrige Handbewegung in Richtung seines zweiten Aufpassers. Augenblicklich blieb er auf Distanz zu mir stehen, fixierte mich aber mit zorniger Miene.

    „Ich will keinen Stress. Aber wenn du es darauf anlegst, kannst du ihn haben."

    „Ich gehe, ok?"

    „Ist mir scheiß egal! Hauptsache du läufst mir nicht wieder über den Weg."

    Er nickte mir kurz zu und sah dann schuldbewusst in den Boden.

    Ich selbst wartete noch kurz, weil ich mir nicht sicher war ob er auch wirklich gehen würde. Aber als Dan keinen weiteren Versucht startete mit mir zu sprechen, ließ ich die Hand seines Beschützers wieder los. Augenblicklich umklammerte er sein Gelenk und erhob sich aus seiner knienden Position.

    „Sorry" entschuldigte ich mich bei ihm, als er sich, zusammen mit seinem Kollegen, mir in den Weg stellte.

    „Nichts für ungut" lenkte ich ein, streckte meine rechte Hand leicht zur Seite und mit meiner Linken zog ich mein Sakko ein Stück nach hinten. Als sie meine Marke sahen die am Hosenbund steckte, wichen sie irritiert zurück.

    „Aber ich kann es auf den Tod nicht ausstehen, dass Leute wie er …"

    Ich sah kurz zu Dan Reagan.

    „… hier das sagen haben. Noch dazu, wenn es solche Arschlöcher sind."

    Nachdem ich bereits die Aufmerksamkeit einiger Rennbesucher innehielt, entschloss ich mich es gut sein zu lassen.

    „Wenn sie Beschwerde einlegen wollen, wird ihr Boss garantiert wissen wohin sie sich wenden müssen. Aber jetzt meine Herren, werde ich meinen freien Tag genießen."

    Ohne auf eine Reaktion zu warten, drehte ich mich um und machte mich auf den Weg zu meinem Vater, mit dem ich in Box 4 verabredet war, aber Dan wollte es einfach nicht kapieren.

    „Pete bitte, ich brauche deine Hilfe."

    Ich ignorierte ihn und als ich gerade Box 3 passierte, stellte er sich mir in den Weg.

    „Hör mir zu, bitte hör mir nur eine Minute zu" bettelte er flehentlich und sein Gesichtsausdruck ging mir durch und durch.

    Ich kannte diesen gequälten und gleichermaßen hilflosen Ausdruck in den Augen nur zu gut, da ich ihn bereits viel zu oft sah. Dan hatte Angst, Angst um einen Menschen der ihm anscheinend wichtig war. Auch kannte er mich, diesen Event des letzten Rennens der Saison ließ ich mir nie entgegen und er hatte mir hier regelrecht aufgelauert, weil ich ihm zuhören sollte, als Profiler zuhören sollte. Trotzdem schüttelte ich meinen Kopf, drehte mich wortlos um und ging einfach weiter.

    „Es tut mir Leid. Es tut mir schrecklich leid und wenn du willst, gebe ich meinen schrecklichen Fehler hier und jetzt öffentlich zu."

    Seine überhebliche Ignoranz war zu viel. Ich blieb stehen und drehte mich zu ihm um.

    „Was gibst du zu? Das du ihn getötet hast?" schrie ich ihn an und einige Rennfans blieben entsetzt über meinen Ausbruch stehen.

    Auch seine beiden Personenschützer rührten sich keinen Millimeter von der Stelle. Es war fast so, als würden sie auf eine Erklärung ihres Klienten warten, da sie von meiner Enthüllung völlig überfahren waren. Ihr Mister Saubermann hatte gerade einen hässlichen Fleck mitten auf seiner blütenreinen Weste bekommen.

    „Es war ein Unfall, Pete. Ein schrecklicher Unfall."

    Ich schnaubte verächtlich auf.

    „Ein Unfall? Du weißt genau, dass das kein Unfall war. Also erspare mir die Scheiße, du gottverdammter Mistkerl."

    Einige Mechaniker aus Box 3 kamen heraus und sahen zwischen uns hin und her. Ein paar kannte ich noch aus meiner aktiven Zeit und als sich unsere Blicke kreuzten, nickten sie mir zu. Dan hingegen sah betreten zu Boden, da auch er einige wiedererkannte und ihrer Mimik nach, waren sie meiner Meinung. Obwohl es absolut nicht zu meiner Art gehörte auf jemanden einzutreten der bereits fertig war, setzte ich nach.

    „Du hast genau gewusst, dass Luke besser war und du hast auch gewusst wie gefährlich ein Überholmanöver an genau dieser Stelle ist, wenn man ohne Geschwindigkeitsüberschuss und ohne Ideallinie aus der gezogenen Steilkurve kommt. Du hattest beides nicht und du hast sogar die Warnungen ignoriert, die dir Steffen zugebrüllt hat, als er sich in deinen Funk gelockt hat."

    „Hat er nicht!" log er und meine Wut stieg ins Unermessliche.

    „Ich habe es gehört. Jedes einzelne Wort und dann hast du ihn gekauft, damit er vor Gericht seine Klappe hält."

    „Das wollte ich doch gar nicht."

    „Ach so? Wieso hast du es dann gemacht?"

    „Das war ich nicht!"

    Ohne Vorwarnung schlug ich zu und Dan torkelte ein paar Schritte zurück, schaffte es aber stehenzubleiben. Seine Wache die ich vorhin zu Boden gezwungen hatte, stellte sich schützend vor ihn und hob seine Hand beschwichtigend an. Er wusste nicht wie er mich aufhalten sollte, ohne wirklichen Ärger zu bekommen und ich signalisierte ihm, indem ich kurz meine Hände hoch hielt, dass ich nicht vorhatte seinem Schützling weiterhin körperlich anzugreifen. Verbal machte ich jedoch weiter, als Dan seinen Handrücken gegen seine linke Unterlippenseite presste, die stark blutete.

    „Sag nie wieder, dass du nichts getan hast. Denn du hast ganz genau gewusst was Big Daddy vorhat, oder etwa nicht?"

    „Du hast doch keine Ahnung wie das ist, so einen Vater …"

    „Halt die Klappe!" fiel ich ihm ins Wort.

    „Du bist immer noch das gleiche ignorante Arschloch wie damals.

    Also verpiss dich dahin zurück wo du hergekommen bist. Aber eines sage ich dir gleich, wage es nie mehr mich anzusprechen, geschweige denn mich um Hilfe zu bitten. Denn eher friert die Hölle zu!"

    Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und drehte mich ruckartig um. Das erschrockene Gesicht meines Vaters sprach Bände, als ich mit geballter Faust vor ihm stand und ich versuchte meine unsagbare Wut zu unterdrücken.

    „Entschuldige."

    Beschämt senkte ich meine Hand.

    „Es tut mir Leid, Dad. Ich wollte dich nicht erschrecken."

    Er nickte mir verständig zu.

    „Aber bei diesem …"

    „Lass es gut sein, Pete."

    Er sah kurz zu meinem ehemaligen Rennkollegen.

    „Ich denke du hast ihm deinen Standpunkt mehr als deutlich gezeigt und ich denke auch, dass dies hier nicht der richtige Ort ist, um das zu klären, oder aus der Welt zu räumen."

    Er sah auf meine Marke und dann in die umherstehende und schaulustige Menschenmenge. Einige von ihnen ließen sogar die Kamerafunktion ihrer Handys laufen. Mein Vater hatte Recht, ich war im Dienst, wie immer und Dans Vater verfügte über die Macht mich fertigzumachen, falls die Presse über diesen Vorfall Wind bekam. Ich konnte die Schlagzeilen förmlich lesen, hochrangiger FBI-Agent schlägt ohne ersichtlichen Grund unbescholtenen Sohn des Senators auf offener Straße blutig. Ich nickte meinem Vater zu und er ging langsam zu Dan.

    „Hallo Dan, wie geht es dir?"

    Er hielt ihm seine Hand hin, die er ergriff und kurz schüttelte.

    „Danke Stuart, es geht mir gut."

    „Schön Dan."

    Er legte ihm seine Hand auf die Schulter.

    „Es freut mich wirklich dich zu sehen, aber ich denke du solltest gehen. Es sind zu viele alte Wunden die du hier aufreißt."

    Dan sah noch einmal zu mir rüber und trat dann wortlos den Rückzug an. Mein Vater atmete tief durch und kam zu mir zurück.

    „Geht’s dir auch gut, mein Junge?"

    „Jetzt schon" log ich und auch das war nicht meine Art.

    Zum Glück rettete mich mein Handy, da mein Vater ganz genau wusste, dass es mir alles andere als gut ging. Ich wollte und konnte nur jetzt nicht darüber reden.

    Keine halbe Stunde später, betrat ich wütend das Büro meines Chefs und legte ohne Höflichkeitsfloskel sofort los.

    „Ich werde mich nicht entschuldigen, oder sonst irgendetwas in dieser Richtung tun!"

    Lars sah mich irritiert an.

    „Und es ist mir auch scheißegal, dass jeder Nachrichtensender die Story ausschlachten wird."

    „Jetzt halt mal die Luft an" stoppte er leicht gereizt meinen Wutanfall und setzte sich hin.

    „Welche Story und bei wem wirst du dich nicht entschuldigen?"

    fragte er kopfschüttelnd und ich brauste erneut auf.

    „Jetzt tu nicht so, du weißt doch ganz genau was los ist. Denn wieso hast du mich sonst hierher zitiert?"

    Ich stellte mich mit verschränkten Armen vor seinen Schreibtisch und er setzte sich aufrecht in seinen Stuhl.

    „Erstens, habe ich dich nicht hierher zitiert und wenn ich dies doch einmal tun sollte, dann hätte ich auch garantiert einen triftigen Grund dafür und das weißt du auch."

    Er sah mich mahnend an als ich etwas sagen wollte und sprach auch erst weiter als ich einlenkend aufstöhnte.

    „Und zweitens, geht mir deine Laune tierisch auf den Zeiger. Also sag mir gefälligst was mit dir los ist und warum du glaubst, dass du heute noch in den Nachrichten erscheinen wirst?"

    Lars war jetzt wirklich sauer auf mich und ich bemühte mich um einen ruhigeren Tonfall.

    „Sorry, ich bin heute wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden."

    Ich ließ mich auf den Stuhl vor seinem Bürotisch fallen.

    „Den Scheiß kannst du einem Anderem erzählen. Also, muss ich jetzt den Fernseher anschalten, oder sagst du mir freiwillig, was du schon wieder verbockt hast?"

    „Schon wieder verbockt? Was soll das denn heißen?" ging ich ihn erneut an und er atmete tief durch, da er nicht mit mir streiten wollte.

    „Ok, heute scheinen wir wohl etwas empfindlich zu sein. Also bitte ich dich als Freund mir zu sagen was zum Teufel hier los ist?

    Schon als ich dich vorhin angerufen habe, hast du mich angekackt, als wäre ich ein Laufbursche."

    „Sorry, ehrlich. Aber wenn ich nur seinen Namen höre, dann könnte ich kotzen."

    „Das habe ich mitbekommen und ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mir endlich erzählen würdest was passiert ist."

    Ich schüttelte den Kopf und rieb gleichzeitig meine Schläfen, da mir meine Kopfschmerzen gerade den Verstand raubten.

    „Brauchst du eine Tablette?" fragte mein Boss besorgt und ich winkte ab.

    „Ganz wie du willst. Kann ich dann jetzt davon ausgehen, dass du mir zuhörst? Denn vorhin konnte ich dir ja nicht einmal sagen, um was es überhaupt geht."

    „Es interessiert mich aber nicht!"

    Ich stand auf und Lars schlug mit der Hand auf den Tisch.

    „Setzt dich! Und zwar sofort!"

    Kiefermahlend sah ich ihn an und mein Boss wusste ganz genau, dass ich mit mir haderte seinen Befehl einfach zu ignorieren.

    „Pete bitte" lenkte er ein und gab mir mit einer Handbewegung zu verstehen mich wieder hinzusetzen.

    „Jetzt beruhige dich und höre mir zu."

    Ich verdrehte die Augen, nahm wieder Platz und Lars fing einfach an.

    „Senator Clint Reagan hat mich angerufen."

    „Das sagtest du schon und du kennst meine Meinung darüber!"

    „Verdammt Pete!" zischte er, da er schön langsam die Geduld mit mir verlor.

    „Jetzt halte endlich deine Klappe, denn ich habe absolut keine Ahnung warum du so ausflippst?"

    Ich schnaubte auf, aber aufgrund Lars Tonfalls sagte ich nichts dazu, da wir uns sonst garantiert heftig gestritten hätten.

    „Also, was ist jetzt, hörst du mir zu?"

    „Ja, ich höre dir zu."

    Ich setzte mich aufrecht hin und sah ihn direkt an.

    „Gut! Ich habe dich vorhin nur angerufen, weil Senator Reagan von mir wissen wollte, ob du noch hier arbeitest. Nicht weil ich dich hierher zitieren wollte. Ich wollte ja nicht mal dass du hier auftauchst, weil ich genau weiß, wie viel dir dieser Saisonabschluss bedeutet. Also Pete, warum bist du hier und warum regst du dich überhaupt so auf?"

    Lars nahm mir meine vorherige Wortwahl ziemlich übel und ich rückte aufgrund unserer Freundschaft mit der Sprache heraus.

    „Sein Sohn und ich sind uns nicht grün."

    „Nicht grün?"

    Er verdrehte die Augen.

    „Nette Umschreibung, aber ich denke zur Hölle fahren trifft es vermutlich besser, oder?"

    „So in etwa."

    „Erzählst du es mir?"

    Ich nickte und fing einfach an. Erst als ich fertig war, stellte er mir ein paar Fragen.

    „Was glaubst du will er nach all den Jahren von dir?"

    „Sicher bin ich mir nicht, aber ich denke, dass er meine Hilfe braucht und nachdem sich sein Vater eingeschaltet hat …"

    „Moment Pete" stoppte mich Lars, da meine Wut wieder zurückkam.

    „Er hat nur nachgefragt ob du noch in dieser Behörde arbeitest."

    Ich hob meine Hände leicht an.

    „Ja ist gut, ich bin ganz ruhig."

    Lars grinste leicht, da ich alles andere als gelassen war.

    „Ich denke Dan hat ein riesiges Problem an der Backe, da es ihn ziemlich hernimmt."

    „Warum denkst du das? Hat er irgendetwas gesagt?"

    „Nein, es war eher sein Gesichtsausdruck."

    Mein Freund kannte mich gut genug um zu wissen was ich damit meinte.

    „Klingt jetzt aber nicht so, als würdest du ihm deine Hilfe grundsätzlich verweigern."

    Ich atmete hörbar aus, legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und überlegte.

    Will ich ihm helfen? Diesem Mistkerl.

    „Ich weiß es nicht" antwortete ich ehrlich und sah ihn wieder an.

    „Ich weiß gerade überhaupt nichts mehr."

    Lars nickte verständig und sah mich besorgt an.

    „Brauchst du eine Auszeit?"

    Ich schüttelte den Kopf.

    „Nein, brauche ich nicht. Ehrlich Lars!" setzte ich nach, da er mich immer noch musterte.

    „Gut, ganz wie du meinst."

    Unser Gespräch verstummte für eine Weile und dann sprach Lars meine Befürchtung völlig unverblümt aus.

    „Was sag ich dem Senator, wenn er wieder anruft und mit dir sprechen will?"

    „Sag ihm, dass er mich mal kann."

    Ich stand auf, da ich plötzlich das Gefühl hatte keine Luft mehr zu bekommen.

    „Dan ist ein Bastard und ich weiß nicht ob er nur mit mir spielt, oder ob etwas Ernstes dahintersteckt" setzte ich erklärend nach, als mein Freund mich fragend ansah.

    „Wenn es wirklich wichtig ist, wird er vermutlich nicht locker lassen. Aber ich will, dass er weiß, dass es diesmal nur allein von ihm abhängt. Also soll gefälligst er entscheiden was ihm wichtig ist."

    Ich ging zur Türe und öffnete sie.

    „Wenn sein Vater die Strippen für ihn zieht, kündige ich lieber, bevor ich einen Finger krumm mache."

    „So einfach wie du dir das gerade vorstellst, wird es vermutlich nicht werden und das weißt du auch."

    Dieser Satz reichte mir, um wieder auf hundertachtzig zu sein.

    „Nein Lars!"

    Ich warf die Türe laut krachend zurück ins Schloss und drehte mich kiefermahlend zu meinem Boss um.

    „Ich werde garantiert nicht springen, wenn er schreit."

    „Pete, es ist der Senator und wenn er um offizielle Unterstützung oder Amtshilfe bittet, habe ich keine Wahl."

    „Du hast die Wahl vielleicht nicht. Ich aber schon."

    „Pete, jetzt lass uns doch einfach einmal abwarten was er als nächstes tut. Vielleicht ist ja auch gar nichts."

    „Nein Lars! Ich werde ihm garantiert nicht helfen. Da kündige ich ja lieber."

    „Hör auf so einen Scheiß zu reden. Deine Arbeit ist dein Leben."

    „Da hast du Recht. Aber bevor ich vor diesem Mistkerl noch einmal zu Kreuze krieche, gebe ich lieber alles auf."

    Ich zog meine Dienstmarke vom Hosenbund und warf diese zielsicher auf seinen Schreibtisch.

    „Ich bin, im Gegensatz zu vielen anderen Leuten, nicht käuflich.

    Und das weißt du auch ganz genau."

    Von Lars gelassener Ruhe war nichts mehr zu sehen, da er völlig entsetzt aufsprang.

    „Bist du jetzt irre? Was zum Teufel soll das?"

    Er griff nach meiner Marke und streckte sie mir entgegen.

    „Setzt dich sofort wieder hin und nimm dieses verdammte Ding zurück!"

    „Erst wenn du mir versprichst, mich da raus zu halten."

    Lars sah mich eindringlich an und nickte dann leicht. Diese von mir aufgezwungene Entscheidung würde ihm ziemlichen Ärger einbrocken.

    „Ich weiß, was ich von dir verlange. Und ich weiß auch, in was für Schwierigkeiten ich dich dadurch bringen kann, aber …"

    „Pete! Hör auf."

    Er kam auf mich zu und drückte mir meine Dienstmarke in die Hand.

    „Senator hin oder her. Ich bin das FBI, wollen wir doch mal sehen wer mehr Einfluss hat."

    Er grinste überheblich und ich fing zu lachen an.

    „Spuck´s aus! Was hast du mit Reagan am Laufen?"

    „Nichts!"

    Ich schlug ihm gegen die Schulter.

    „Lügner! Du freust dich ja direkt auf diese Auseinandersetzung.

    Also was läuft da?"

    „Es ist wirklich nichts."

    Ich legte meinen Kopf zur Seite und Lars gab sich geschlagen.

    „Na ja, zumindest nichts Konkretes."

    „Ich höre."

    „Ich habe ihn auf einer Spendengala kennengelernt und er meinte, dass der Senat über die Aufgaben des FBI´s entscheiden sollte."

    Ich lachte kopfschüttelnd über so viel Blödheit auf.

    „Wusste er wer du bist?"

    „Vermutlich nicht."

    „Großer Fehler, extrem großer Fehler."

    Lars zufriedenes Grinsen zog sich über sein komplettes Gesicht.

    „Ganz recht. Und jetzt würde ich ihm gerne zeigen wer ich bin und welche Macht ich tatsächlich habe."

    „Oh! So Kompetenzversessen kenne ich dich ja gar nicht."

    „Da färbt mein bester Freund wohl ab" schoss Lars grinsend zurück und ich wusste, dass er mich damit meinte.

    Unwillkürlich dachte ich an meinen ersten Fall unter seiner Leitung zurück. Wir suchten ein Kind, aber jede Spur verlief im Sand. Dann hatte ich endlich einen entscheidenden Hinweis, doch Lars war dies zu wenig. Ich flippte komplett aus, schlug ihn k.o.

    und zog mit einem Trupp los. Wir liefen direkt in eine Falle und nur durch extremes Glück kam damals keiner zu Schaden. Lars warf mich nur nicht raus, da ich das Kind am Ende in Händen hielt und ich als Held durch die Presse ging. Seit dem stand ich auf seiner Abschussliste, da ich für ihn eine tickende Zeitbombe war.

    Als dann Sofia, die Freundin von Dave, der wiederum der Freund meines damaligen einzigen Freundes Mike war, entführt wurde, preschte ich mal wieder drauf los. Leider wurde ich durch einen Toten gezwungen Lars mit ins Boot zu holen. Unsere Zusammenarbeit war schwierig, doch als ich lebensgefährlich verletzt wurde und Sofia die Zeit davonlief, wurden wir zu Freunden. Mittlerweile bin ich Sofias und Daves Trauzeuge, Mike und ich teilen uns die Patenschaft für ihren kleinen Racker Tommy und Lars ist nicht mehr nur mein Boss, sondern einer meiner besten Freunde. Auch ich habe mich sehr verändert. Meine Art war kühl, rational, direkt und emotionslos, doch die Suche nach Sofia hat mich eines besseren belehrt. Nicht nur dass sie mein Leben über ihres stellte und mich somit vor dem sicheren Tod bewahrte. Nein, sie hat mir erst gezeigt, was wirklich wichtig ist. Das Leben zu genießen und mit Freunden zu teilen.

    „Und was geht jetzt durch die Presse?" riss mich Lars aus meinen Gedanken und nachdem ich nicht gerne um den heißen Brei herumredete, gestand ich einfach.

    „Ich hatte mit Dan, kurz bevor du angerufen hast, eine ziemlich heftige Auseinandersetzung."

    Er stöhnte auf.

    „Unter Zeugen nehme ich an."

    Ich nickte.

    „Wie schlimm?"

    „Ersten Beschützer zu Boden gezwungen und den Zweiten mit der Androhung von Gewalt an seinem Partner in Schach gehalten."

    „Verdammt Pete! Was hast du dir nur dabei gedacht?"

    Kopfschüttelnd sah er mich an.

    „Nichts! Das war ja das Problem."

    „War´s das?"

    Seinem Gesichtsausdruck nach kannte er die Antwort schon.

    „Du bist ja noch blöder als ich dachte!"

    Er schlug mit der flachen Hand auf seinen Schreibtisch ein.

    „Wie schlimm?"

    „Ich hab ihm eine verpasst."

    Lars Kiefermuskeln spannten sich.

    „Gibt es verwendbares Material?"

    „Vermutlich."

    „Vermutlich?" zischte er und ich nickte.

    „Ja, es gibt verwendbares Material."

    Lars schloss die Augen und atmete hörbar aus.

    „Wie oft hast du zugeschlagen?"

    „Einmal."

    „Sicher Pete?"

    „Was ist denn das für eine Frage?" fauchte ich.

    „Eine ganz normale" fauchte er zurück und ich wurde hellhörig.

    „Wird das jetzt ein offizielles Verhör? Denn wenn ja, werde ich kein Wort mehr sagen. Boss!"

    „Nein!" schrie er mich völlig entnervt an, als ich die Chefkarte ausspielte.

    „Ich versuche deinen Arsch zu retten, verdammt nochmal. Denn wenn ich eine offizielle Sache daraus machen würde, dann würde ich meinen Freund vorher warnen und ihm auch dazu raten die Klappe zu halten!"

    Er fuhr sich kopfschüttelnd durch die Haare und ich vergeigte es innerhalb von nur ein paar Minuten gleich zwei Mal.

    „Tut mir leid, ehrlich Lars. Ich weiß auch nicht was gerade mit mir los ist. Ich weiß gerade nur, dass Dan mich für irgendetwas braucht und deshalb denke ich nicht, dass er vorhat mich mit diesen Bildern zu erpressen."

    „Bist du dir da sicher?"

    „Nein, sicher bin ich mir nicht. Aber Dan kennt mich und er weiß wie ich ticke."

    „Als ob überhaupt irgendjemand weiß wie du tickst?"

    Lars war sich über die Tragweite seiner Anschuldigung in dem Moment bewusst, als er diese ausgesprochen hatte.

    „Scheiße!" fluchte er lauthals.

    „Das ist jetzt völlig anders rübergekommen, als ich es sagen wollte. Ich wollte doch nur …"

    Er brach ab und stieß einen weiteren fäkalen Fluch aus. Dann stellte er sich direkt vor mich, legte seine Hand auf meine Schulter und sah mir direkt in die Augen.

    „Ich weiß wie du tickst und ich weiß auch wie weich und emotional du bist, wenn dich etwas berührt. Ich weiß aber auch wie weit du letzten Endes bereit bist zu gehen, wenn dir jemand in die Suppe spuckt. Also bitte ich dich als dein Freund, tu nichts was du hinterher bereuen könntest."

    „Ja, ist gut" beruhigte ich ihn, da er sich wirklich Sorgen machte, dass ich mich in ernsthafte Schwierigkeiten bringen könnte, wenn ich mich mit dem Senator anlegen würde.

    „Ich halte mich zurück."

    „Versprichst du es mir?"

    Ich überlegte kurz, da Lars mich mit dieser Frage an meiner Achillesferse packte. Er wusste genau, dass ich mich an meine Versprechen zu hundert Prozent gebunden fühle.

    „Ja, ich verspreche es" sagte ich aufrichtig und Lars nickte mir erleichtert zu.

    „Und ja, ich werde mir anhören was Dan zu sagen hat.

    Vorausgesetzt er kommt persönlich und lässt nicht wieder seinen Vater die Drecksarbeit machen. Mehr kann ich dir nicht versprechen, ok?"

    „Mehr kann und werde ich auch nicht von dir verlangen, Pete."

    „Danke."

    Er schüttelte den Kopf.

    „Nicht dafür mein Freund."

    Er ging zur Türe und öffnete diese.

    „Und jetzt hau ab und genieße deinen freien Tag."

    Mittlerweile bekam ich jede volle Stunde ein Foto auf mein Handy gepostet. Alle zeigten einen etwa zehn Jahre alten Jungen, nur die Personen an seiner Seite wechselten. Einmal war er alleine, dann mit, wie ich annahm seiner Mutter, oder einem seiner Freunde zu sehen. Immer wieder rief ich das Foto mit seiner Mutter auf, da es mich nicht mehr in Ruhe ließ. Keine Ahnung warum, aber ich starrte es mittlerweile alle fünf Minuten an. Um halb drei Uhr morgens beschloss ich es auszudrucken und seit dem sah ich es ununterbrochen an. Ich googelte nach Dan Reagan und fand ziemlich schnell heraus, dass er mit der Frau auf dem Foto seit drei Jahren verheiratet war. Über einen Sohn fand ich in den Socialmedien absolut gar nichts, was mich aber nicht verwunderte, da Leute in hochrangigen Positionen nicht gerne alles preisgaben, um ihre Familie vor dem Licht der Öffentlichkeit zu schützen.

    Obwohl der Junge absolut keine Ähnlichkeit mit Dan aufwies, ging ich einfach davon aus, dass er sein Sohn war, nahm mir aber vor, wenn ich morgen ins Büro ging, in der Datenbank für Geburten nachzuforschen. Seine Frau war für meinen Geschmack, was das Äußerliche betraf, eine absolute Schönheit, aber was mich an ihr am meisten faszinierte, waren ihre strahlend, schon fast leuchtenden braunen Augen. Sie zogen mich regelrecht in ihren Bann, obwohl es sich nur um ein Foto handelte. Ich legte meine Hände so über das Foto, das ich nur noch ihre Augen sehen konnte und da sah ich es. Es war nicht die Farbe, sondern vielmehr die Energie und Entschlossenheit die daraus sprühte.

    Als mein Telefon mit einem kurzen Brummen eine neue Nachricht signalisierte, sah ich auf meine Uhr. Es war Punkt sieben und ich schlief in dieser Nacht keine einzige Sekunde. Ich hatte mich ja nicht einmal umgezogen, geschweige denn gewaschen oder etwas gegessen. Geistesabwesend rief ich die Nachricht auf, doch diesmal war es kein Bild. Diesmal war es eine Textbotschaft.

    Hi Pete, dies ist mein elfjähriger Sohn. Er bedeutet mir einfach alles. Bitte hilf mir ihn wiederzufinden.

    Dan.

    „Scheiße!" fluchte ich laut und las die Nachricht erneut, da ich gar nicht glauben konnte, was ich soeben gelesen hatte und das Wort wiederzufinden brannte sich förmlich in mein Gehirn.

    Wie viel Zeit willst du Vollidiot noch verschwenden?, tippte ich energisch und sendete die Botschaft ohne irgendwelcher Höflichkeitsfloskeln an meinen alten Rennrivalen ab.

    Am liebsten hätte ich ihn für seine grenzenlose Dummheit und Ignoranz durch die Mangel gedreht. Achtundvierzig Stunden war die magische Hürde um bei vermissten Personen überhaupt noch eine reale Chance zu haben diese zu finden, beziehungsweise brauchbare Spuren zu bekommen. Dan vergeudete diese Zeit mit seinen Spielchen anstatt zu handeln.

    Wie kann er nur, wie kann er nur so dämlich sein und warum hat er nicht die Polizei verständigt?

    „Warum ich, verdammt nochmal!" schrie ich in den Raum, starrte erneut auf das Foto und dann auf mein Handy.

    Keine neuen Nachrichten. Energisch verließ ich mein Arbeitszimmer, ging in die Küche und knallte mein Handy auf den Küchentresen.

    „Du gottverdammter Vollidiot" schimpfte ich erneut und als ich gerade Lars verständigen wollte, um ihn von meiner Vermutung zu berichten, klingelte es an der Türe.

    Ich ignorierte es, doch es klingelte erneut und ich machte mich auf den Weg zur Wohnungstüre. Um diese Zeit konnten es nur Sofia und Dave sein, die mal wieder ganz spontan vorbeikamen, damit ich bei einem gemeinsamen Frühstück meinen Patenonkelverpflichtungen nachkommen konnte.

    „Tut mir leid, aber ich habe heute leider …"

    Ich verstummte mitten im Satz. Vor meiner Türe standen weder Sofia noch Dave. Es war Dan. Er sah unheimlich alt und grau aus und dem Zustand seiner Klamotten nach, musste er die Nacht in seinem Auto verbracht haben.

    „Kann ich reinkommen?" flüsterte er schon fast und ich trat wortlos zur Seite.

    Kaum dass er in meiner Wohnung stand, blieb er unsicher stehen und mir platzte der Kragen.

    „Warum ich, Dan? Geh zur Polizei und lass mich in Ruhe!"

    „Das kann ich nicht" kam leise und obwohl ich Mitleid mit ihm hatte, brachte ich meine Wut nicht unter Kontrolle.

    „Warum nicht?"

    „Weil Alex sonst tot ist!" schrie er plötzlich zurück und eine Träne rollte über seine Wange.

    „Wie lange ist er schon weg?" wollte ich etwas leiser wissen, aber bei seiner Antwort hätte ich ihm am liebsten den Hals umgedreht.

    „Zwei Tage? Die haben deinen Sohn schon seit zwei Tagen?"

    Er nickte und ich schlug aus einem Impuls heraus einfach zu.

    Diesmal ging er zu Boden, da er mit dieser Aktion von mir nicht rechnete und wenn ich ehrlich war, konnte ich es selbst nicht glauben. Dan lag bereits sprichwörtlich am Boden und ich hatte nichts Besseres zu tun, als nachzutreten.

    „Sie sagten, dass ich nichts unternehmen soll, wenn ich …"

    Er sprach den Satz nicht zu Ende. Auch blieb er einfach am Boden sitzen und ich ging ihn erneut an.

    „Steh auf!"

    Ich drehte mich um und machte mich auf den Weg in meine Küche. Keine fünf Sekunden später kam auch Dan betreten herein und meine mitfühlende Seite gewann die Oberhand.

    „Du siehst aus, als könntest du einen Kaffee vertragen."

    „Danke" kam leicht gequält und als ich zu ihm sah, erkannte ich, dass er schon wieder blutete.

    Ich traf ihn an der gleichen Stelle wie bereits auf der Rennbahn und ich riss eines der Abtrocktücher vom Haken.

    „Hier!"

    Er nahm es.

    „Der Kaffee braucht ein paar Minuten."

    Er nickte, lehnte sich gegen meine Arbeitsplatte und schloss müde seine Augen. Dan war völlig am Ende und wenn ich jetzt darüber nachdachte, sah er bei unserer Begegnung gestern Nachmittag auch nicht anders aus. Er hatte sich da nur besser im Griff.

    „Geh duschen" wies ich ihn an und gab ihm mit einem Wink zu verstehen nach oben zu gehen, da sich mein Bad und mein Schlafzimmer direkt unter dem Dach befanden.

    „Geht schon, danke."

    „Das war weder eine Bitte noch eine freundlich gemeinte Geste.

    Du bist fix und fertig und für unser Gespräch brauche ich dich hellwach. Also geh und höre endlich auf wertvolle Zeit zu verschwenden."

    „Danke Pete und es …"

    „Halt die Klappe" ging ich ihn schroff an, da ich seinen Dank nicht wollte.

    „Auch wenn ich dir helfe, ändert das rein gar nichts zwischen uns.

    Verstanden!"

    Er nickte und ging wie ein geprügelter Hund nach oben. Ich hingegen stützte mich mit beiden Händen an der Küchenanrichte ab und fluchte leise vor mich hin.

    Zwanzig Minuten später saßen wir uns an meinem Esstisch gegenüber und ich löcherte Dan mit den üblichen Routinefragen.

    Leider konnte er mir auf die Hälfte davon keine Antwort geben und ich flippte aus.

    „Weißt du überhaupt irgendetwas von deinem Sohn?"

    „Ja!" schrie er mich zu meiner Verwunderung an.

    „Ich weiß, dass ich …"

    Er stockte kurz.

    „Ich liebe ihn über alles, auch wenn ich nicht weiß was er an hatte, oder wie sein Tagesablauf von statten ging. Er bedeutet mir alles auf der Welt und ich würde auch alles für ihn tun."

    Er sah mir jetzt direkt in die Augen.

    „Ich liebe sie."

    „Sie?" fragte ich irritiert nach und Dan sah mich aus einem Zusammenspiel von Überraschung und grenzenloser Panik an.

    „Was?" tat er ahnungslos, nahm seinen Kaffeebecher in die Hand und bei mir schrillten bei dieser Geste sämtliche Alarmglocken.

    Lügner taten dies oft, sie brauchten eine imaginäre Barriere.

    Meistens wurden die Hände verschränkt, oder wie bei Dan etwas in die Hand genommen. Auch kam mir jetzt seine Textnachricht wieder in den Sinn, dies ist mein elfjähriger Sohn, nicht, dies ist mein elfjähriger Sohn Alex. Die meisten würden den Namen des Entführungsopfers nennen, um die persönliche Bindung zu ihm zu untermauern und um den Urinstinkt des Beschützens zu wecken.

    Dan hat dies nicht getan, obwohl er um unsere angespannte Situation wusste und unter allen Umständen meine Hilfe brauchte und auch wollte.

    „Du hast gerade sie gesagt."

    „Nein, habe ich nicht."

    Sich mit ihm zu streiten brachte in dieser Situation rein gar nichts, also überging ich seine Antwort und ging gleich in die Offensive.

    Ich wollte ihm die Möglichkeit geben zurück zu rudern, ohne das er sich dabei bloßstellen würde.

    „Verschweigst du mir irgendetwas um jemanden zu schützen, Dan?"

    Er schüttelte seinen Kopf, sah mich aber nicht an und eine schreckliche Vorahnung machte sich in mir breit.

    „Ist deine Frau auch entführt worden?"

    „Nein, ist sie nicht" kam schnell, für meine Begriffe viel zu schnell und mein anfängliches Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte verhärtete sich.

    „Wo ist sie eigentlich?" wollte ich argwöhnisch wissen, doch Dan spielte seine Rolle weiter.

    „Verreist."

    „Verreist?"

    Ich schnaubte auf.

    „Sorry, aber keine Mutter verreist, wenn ihr Kind entführt wurde?

    Also hör zu lügen auf!"

    Ich hatte diese Spielchen satt und sah Dan direkt in die Augen.

    „Ich habe es ihr noch nicht gesagt" flüsterte er und ich wusste, dass ich so nicht weiterkommen würde.

    Also spielte ich mit und mimte den Schockierten.

    „Sie weiß es nicht?"

    Er bestätigte seine Aussage mit einem Nicken, da er seine Lüge nicht auch noch hören wollte.

    „Und warum nicht?" fragte ich mitfühlend, doch er blieb stumm und ich schwenkte in die aggressive Verhörmethode um.

    Dan wollte wie immer die Brechstangenmethode und ich war bereit diese auszupacken. Frauen gestanden meist bei der einfühlenden oder verstehenden Art, Männer hingegen wollten es auf die harte Tour. Wie ich die Wahrheit letzten Endes herausbekam war mir völlig egal. Das Endresultat war wichtig.

    „Du elender Feigling" beschimpfte ich ihn.

    „Zuerst vergeudest du wertvolle Zeit, dann kannst du keine einzigen brauchbaren Information liefern und zu guter Letzt hast du nicht mal den Mut, der Frau die ihn geboren hat, zu sagen, dass euer Kind entführt wurde. Was für ein erbärmlicher Mann und Vater bist du eigentlich?"

    Ich sah wie er mit sich rang seine Beherrschung nicht zu verlieren, doch seine Gefühle gewannen die Oberhand und er schrie mich an.

    „Ich weiß nicht mehr, du arrogantes Arschloch!"

    Ich rechnete mit diesem Ausbruch, denn er war die logische Konsequenz auf meine Aktion und ich lehnte mich mit verschränkten Armen in meinem Stuhl zurück.

    „Raus!"

    Dan sah mich ungläubig an, da er gar nicht glauben konnte, dass es mir ernst war. Also wurde ich deutlicher.

    „Du sollst verschwinden und zwar jetzt sofort!"

    Dan schüttelte seinen Kopf und sah mich flehentlich an.

    „Pete bitte. Bitte tu das nicht."

    „Dann sag mir endlich die Wahrheit! Denn sonst bin ich raus!"

    „Wir sind getrennt, zufrieden!"

    Ich kochte mittlerweile vor Wut, da er immer noch log, dass sich die Balken bogen. Trotzdem blieb ich gespielt ruhig und tat weiterhin so als wäre mir alles egal.

    „Nein, bin ich nicht, denn das interessiert mich nicht. Mich interessiert was hier los ist. Der Rest ist mir scheißegal!"

    „Was soll ich machen, Pete? Bitte sag mir was ich machen soll, damit du mir hilfst?"

    „Du sollst mir die Wahrheit erzählen, sonst nichts."

    „Das tue ich doch."

    Am liebsten hätte ich ihn durch die Mangel gedreht und die Wahrheit aus ihm herausgeprügelt. Aber stattdessen gab ich ihm das Gefühl ihm helfen zu wollen.

    „Gut, ganz wie du meinst. Dann erinnere dich, egal an was.

    Hauptsache du gibst mir etwas, mit dem ich arbeiten kann."

    Dan ließ sich erleichtert auf seinen Stuhl zurückfallen und beugte sich nach vorne über.

    „Ich war für ihn zuständig" flüsterte er gequält und ich musste mich, aufgrund seine Kaltschnäuzigkeit mir weiterhin dieses Märchen vorzusetzen, schwer zusammenreißen.

    „Das interessiert mich nicht. Sag mir lieber wo du ihn zuletzt gesehen hast."

    „Abends im Haus. Ich habe ihn ins Bett gebracht."

    „Und dann?"

    „Nichts und dann. Ich hatte morgens einen wichtigen Termin im Büro …"

    Er brach ab, aber ich konnte mir auch so denken was er sagen wollte.

    „Hast du sonst noch irgendetwas was mir weiterhelfen könnte?"

    Seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, verstand er nicht auf was ich hinauswollte.

    „Lösegeldforderungen? Kontaktdaten? Irgendetwas was mit den Tätern in Verbindung gebracht werden könnte?"

    „Eine Telefonnummer, aber da geht keiner ran."

    Endlich etwas was nicht gelogen war und mit dem ich arbeiten konnte.

    „Her damit!"

    Er kramte sein Handy aus seiner Sakkotasche und streckt es mir entgegen.

    „Wo hast du diese Nummer her?" fragte ich, als ich über den Bildschirm wischte.

    „Als sie mich das erste Mal kontaktiert haben, ist sie auf dem Display erschienen."

    Das konnte nur ein Fake sein, denn so blöd war kein Entführer der es fertig brachte jemanden der unter Personenschutz stand zu kidnappen.

    „Ich habe die Nummer als Datei in den Nachrichten abgelegt.

    Ich fand sie und erkannte die Nummer sofort.

    „Das ist ein Münztelefon irgendwo in Washington."

    „Washington? Bist du dir da sicher?"

    „Denke schon."

    Ich machte mich auf den Weg in mein Arbeitszimmer und Dan folgte mir. Sofort setzte ich mich an den Rechner und lockte mich mit meinem Zugangscode in der FBI-Datenbank ein. Keine Minute später wusste ich über den genauen Standort des Telefons Bescheid und drehte den Monitor so, dass Dan mit hineinsehen konnte und sah ihn an. Ich wollte und musste seinen Gesichtsausdruck sehen.

    „Die haben dich von einem Münztelefon direkt am Busbahnhof von Bellevue Way angerufen. Kommt dir der Ort irgendwie bekannt vor, oder verbindest du damit irgendetwas?"

    „Nein, nichts. Warum?"

    Ich erkannte in seiner Mimik keine Lüge, trotzdem versuchte ich es noch einmal.

    „Mercer Slaugh Nature Park, sagt der dir irgendwas?"

    „Nein Pete, das sagt mir alles nichts."

    Er sagte zum ersten Mal die Wahrheit und ich setzte die Brechstange erneut an.

    „Gut, dann ruf deine Frau an. Vielleicht weiß sie ja etwas."

    „Meine Frau?"

    Dan war entsetzt und ich war mir jetzt hundertprozentig sicher. Es ging nicht um seinen Sohn, mit dem wollte er mich nur ködern. Es ging die ganze Zeit um seine Frau.

    „Rufst du sie jetzt an, ja oder nein?"

    „Nein Pete, ich rufe sie nicht an."

    „Gut, dann nicht."

    Ich stand auf.

    „Dann kannst du auch gehen."

    Ich erhob mich und als ich den Raum verlassen wollte, riss mich Dan am Oberarm haltend zu sich herum. Es war ein leichtes für mich seine Faust zuerst abzublocken, dann zur Seite hin wegzudrehen und zu guter Letzt seinen kompletten Arm auf dem Rücken zu fixieren. Mit einem schnellen Ruck drehte ich ihn in Richtung der Türe und presste ihn mit meinem ganzen Körpergewicht gegen die Wand.

    „So und jetzt will ich wissen was los ist. Und wehe du lügst mich noch ein einziges Mal an!"

    „Ich lüge nicht" zischte er und ich bog seinen Arm ein kleines Stück nach oben.

    Gequält stöhnte er auf und stellte sich automatisch auf seine Zehenspitzen um den Schmerz etwas erträglicher zu gestalten.

    „Entweder du packst jetzt aus, oder du kannst dir irgendeinen drittklassigen Profiler holen. Aber eines sage ich dir gleich, nach so einer langen Zeitspanne ist es für den so gut wie unmöglich sie wiederzufinden."

    Dan zuckte bei dem Wort sie fast unmerklich zusammen und diese kurze Reaktion reichte mir eigentlich vollkommen als Bestätigung für meine Vermutung aus, trotzdem wollte ich es von ihm persönlich hören. Ich wollte, dass er endlich mit offenen Karten spielte und mich nicht länger an der Nase herum führte.

    „Ich bin deine einzige Option und ich denke das weißt du auch."

    Ich ließ ihn wieder los und Dan umklammerte sofort seine schmerzende Schulter.

    „Ok, du hast Recht. Ich habe gelogen."

    „Warum?"

    Er antwortete nicht und ich wurde lauter.

    „Warum, Dan?"

    „Weil er es so wollte."

    Das war zu viel und ich tat das einzig Richtige in diesem Moment.

    Ich griff nach meiner Waffe, die in der Schublade meines Schreibtisches lag. Als Dan diese erkannte, hob er seine Hände beschützend vor seinen Körper und wich gleichzeitig einen Schritt zurück.

    „Nein! … Pete! … Bitte, tu das nicht!"

    Dan war mittlerweile leichenblass und völlig panisch. Er schien tatsächlich zu denken, dass ich ihn erschießen wollte und ich schüttelte verständnislos meinen Kopf. Wortlos drehte ich mich um und verließ das Zimmer.

    „Er dachte, dass du mir nur hilfst, wenn ich sagen würde, dass mein Kind entführt wurde" rief er mir flehentlich hinterher und ich blieb kopfschüttelnd stehen.

    „Du hast keinen Sohn, oder?"

    „Nein, habe ich nicht."

    Ich schnaubte auf. Zum Glück hatte ich Geldbörse, Handy und Autoschlüssel immer in der Hosen- oder Sakkotasche, denn wenn ich noch eine Sekunde länger mit diesem Abschaum von Mensch in meiner Wohnung verbringen müsste, dann wäre vermutlich genau das passiert, was Dan vorhin dachte und wovor mich Lars bei unserem letzten Gespräch so eindringlich warnte. Also tat ich das einzig Richtige und räumte das Feld. Am Vorbeigehen griff ich nach dem Foto, das immer noch auf der Arbeitsplatte meiner Küche lag und verließ meine Wohnung. Ich ignorierte den Aufzug und nahm die Treppe, indem ich immer zwei Stufen auf einmal nahm. Zum Glück war die Zugangstüre zur Tiefgarage nicht abgesperrt, denn Dan folgte mir. Wenn ich den Schlüssel hätte suchen müssen, dann wäre er mir, in meiner jetzigen emotional aufgeladenen Stimmung, eindeutig zu nahe gekommen. Diese Story wäre dann zweifelsfrei auf der Titelseite zu finden gewesen.

    Schon als ich meinen Wagen sah, aktivierte ich den Entriegelungsmechanismus an meiner Fernbedienung und sprang keine zwei Sekunden später in mein Auto. Gerade als ich den Motor startete, kam Dan angerannt und stellte sich direkt davor.

    „Ich kann dir das alles erklären" flehte er, doch ich schüttelte den Kopf und legte den Vorwärtsgang ein.

    „Geh, oder ich fahre dich über den Haufen!"

    Ich ließ die Kupplung kommen

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