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Blaue Wundertüte Griechenland: Eine Liebe fürs Leben
Blaue Wundertüte Griechenland: Eine Liebe fürs Leben
Blaue Wundertüte Griechenland: Eine Liebe fürs Leben
eBook387 Seiten4 Stunden

Blaue Wundertüte Griechenland: Eine Liebe fürs Leben

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Über dieses E-Book

Überraschendes Griechenland, Land voller Wunder!

Griechenland entzückt, irritiert, verwundert, erschreckt, begeistert, ärgert und fasziniert.

Liebe macht nicht blind, sondern sehend. Die griechische Lebensart und die Besonderheiten Griechenlands werden vorgestellt - subjektiv erlebt, aber dennoch sicher typisch.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum14. Aug. 2018
ISBN9783752808490
Blaue Wundertüte Griechenland: Eine Liebe fürs Leben
Autor

Hiltrud Koch

Hiltrud Koch Nomen est Omen. Kochen als kreativer Prozess fördert Ideen. Wenn man jahrzehntelang täglich kocht, für die Familie, für Freundinnen und Freunde, kleine und große Runden, kommen Erfahrung und Intuition zusammen. Kulinarische Anregungen auf Reisen und bodenständige Zutaten ergeben überraschende Kombinationen.

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    Buchvorschau

    Blaue Wundertüte Griechenland - Hiltrud Koch

    Blue Note

    Blau angelaufen

    I feel blue

    Ach Griechenland, ich liebe dich!

    Für alle Freunde Griechenlands

    und unsere griechischen Freunde

    Inhalt

    GRIECHENLAND - WUNDERTÜTE IN BLAU

    I OREA ELLAS - SCHÖNES HELLAS

    Großherzige Gastlichkeit

    Service im Reisebüro

    Geht nicht!? Gibt's nicht!

    Kafenion und Café

    Oinokafepantopoleion

    Schatten-Genuss: Drossia

    Griechisch, die schwerste Sprache der Welt!

    Dolce far niente auf Griechisch

    Straßentheater

    Zauberhaft!

    Platzkonzert in Olymbos

    Der Inselmaler

    Griechische Mütter

    Wie soll das Kind denn heißen?

    Bei Nonnen und Mönchen zu Besuch

    DRAMA, FIASKO, KATASTROPHE

    Ti na kanoume!

    Liebe für das ganze Leben?

    Winzige Insel

    Mein Dorf, meine Insel, mein Leben

    Trügerische Inselidylle

    Wir sind doch Flüchtlinge!

    Europa liegt ganz woanders

    Greek Statistics

    Apodixi= Quittung. Eine neue Vokabel

    Alters Armut -Insel-Elend

    Wohin mit dem Müll?

    Nationalfeiertag im Doppelpack

    Schwere Arbeit auf der Post

    Streiks und Demos

    Beim Arzt

    Griechen in Görlitz

    Deutsche Schuld und griechische Schulden

    Flüchtlingselend

    Christina Retsina

    The Times They Are a-Changin'

    KRISENGESPRÄCHE

    Erzählungen eines griechisch - deutschen Ausgewanderten

    Ein leidender Arzt

    Mentalitätsfragen

    Die Krise ist in der Mittelschicht angekommen

    Anarchistische Kriseninterpretation

    Tapfer in der Mea Culpa-Phase

    FESTE UND FEIERN

    Keine Könige am 6. Januar... aber viel, viel Wasser

    Kretisches Fest in Athen

    Kathara Deftera, Rosenmontag in Athen

    Kali Sarakosti! Gute Fastenzeit!

    Ostervorbereitungen

    Osternacht in Athen

    Ostern, Feier des Lebens

    Big Fat Greek Wedding

    Eine griechisch-orthodoxe Taufe

    Ungewöhnliche Taufe

    Setzt euch zu uns!

    ESSEN, TRINKEN, GENIESSEN

    Wasser des Lebens

    Fai! Iss!

    Unser Olivenöl, das beste der Welt!

    Ouzo? Passt immer!

    Dioskouri: Zwei, die zusammengehören wie Ouzo mit Mezedes

    Genuss für Auge und Gaumen im Akropolismuseum

    I Oraia Ellas

    ManiMani

    To Steki tou Ilia, ein Platz zum Essen und zum Sein

    To Afthereto, Der Illegale kocht ganz legal

    KLEINE INSELN

    Ägäis-Kreuzfahrt mit Fähren

    Gavdos, Insel zwischen Europa und Afrika

    Kea im Winter

    Anafi, das Original

    Das Original übertrifft alles! Eine perfekte Bilderbuch-Kykladeninsel!

    Chalki, Rhodos' kleine Schwester

    Iraklia - Eine Aufgabe für Heraklis

    Schinoussa - Hartnäckige Insel(sehn)sucht

    Serifos - Bröckelnde Schönheit

    Sikinos - Ereignisreiche Ereignislosigkeit

    NACHWORT

    Griechenland - Wundertüte in Blau

    Griechenland überrascht. Selbst wenn man glaubt, es einigermaßen zu kennen, stellt man verwundert fest, dass es anders ist als gedacht.

    Die Klischees stimmen - so wie alle immer irgendwie zutreffen: Immer gibt es einen wahren Kern. Und wie alle Schablonen erfassen sie nur die Oberfläche.

    Die griechische Wundertüte ist prall gefüllt mit Geschenken für den Gast. Immer ein

    Hauptgewinn, nie eine Niete. Immer ist ein liebenswertes Präsent enthalten für diejenigen, die es zu würdigen wissen.

    Ein Blaues Wunder, das ist das Meer! So blau! Tiefblau. Dieses typisch griechische Blau der Ägäis und des Ionischen Meeres spiegelt sich in der blau-weiß gestreiften Flagge, in Fenster- und Türrahmen, Kirchenkuppeln, Tischen und Stühlen - unzweifelhaft auf Kalenderblättern und in der Werbung. Weiß und Blau, ein Klischee. Doch es trifft zu. Blau ist die typisch griechische Farbe. Es gibt auch Gegenden mit roten Dächern und grünen Türen. Es gibt nicht nur weiß gekalkte Würfelhäuser, sondern auch solche aus grauen Bruchsteinen oder aus Beton, mit Sattel- oder Tonnendach. Die Städte wirken grau-weiß bleich, auch typisch.

    Griechenland ist so wenig mit den Kykladen identisch wie Deutschland mit Bayern, auch wenn Ausländer sich das so vorstellen.

    Griechenland bedeutet Vielfalt!

    Wunderbar: Die Landschaft, das Meer, die Inseln, das flirrende Grün der Oliven, die Musik, das Bergland, die Gegenwart der Antike, die Klöster und Kirchen, der blaue Himmel, das blaue, blaue Meer, vor allem aber die warmherzigen, Menschen. Ihre Lust am Leben, an Gemeinsamkeit, Freude am lustvollen Streiten, am Improvisieren beeindrucken. Ihre Hilfsbereitschaft und Offenheit für die Fremden berühren mich und allem voran ihre Lebenskunst, der Mut, trotz bedrückender äußerer Umstände nicht zu verzweifeln.

    Ein Land voller Wunder! Tiefe, lebendige Gläubigkeit erlebt der Gast in Kirchen und Klöstern, bei religiösen Festen wie weltlichen Feiern, die ohne Segen eines Popen nicht auskommen. Die Heiligenlegenden sind für die Gläubigen geglaubte Realität. Mit Wundern zu rechnen ist in Griechenland nicht absonderlich. Wunder geschehen im Alltag. Man kann sie selbst herbeirufen, durch Rituale, auch durch Gebete. Mythen trösten. Sie erklären seit jeher die Welt, mitunter auch die Politik. Man möchte daran glauben, dass sich die Probleme wunderbarer Weise auflösen.

    Wenn alle rationalen Erklärungen versagen, hilft ihnen die Formel, dass Griechen eben anders sind als der Rest der Europäer. Sie haben tatsächlich viele ihrer Eigenarten bewahrt. Sie sind zweifelsfrei konstitutiver Teil von Europa, möchten es manchmal aber doch lieber nicht sein.

    Wunderlich sind manche tief eingewurzelten Gewohnheiten und Einstellungen, auch das Selbstbild vieler Griechen. Verwunderlich sind ihre gängigen Theorien zur Erklärung der Situation und der Krise, die ihr Leben so verändert hat.

    Unbeschwert fühlen sich die Menschen nicht, schon nicht vor, erst recht nicht während der Krise.

    I feel blue - dafür gibt es keine direkte Entsprechung im Griechischen, sehr wohl aber das melancholische Gefühl. Die Lieder sind nicht immer fröhlich. Der Rembetiko wird auch Griechischer Blues genannt. Aber, o Wunder, die trüben Momente halten nicht lange an. Immer wieder blitzen Witz und Optimismus auf. Eτσι Είναι Η Ζωή, Etsi Einai I Zoi, so ist das Leben! Eine bunte Wundertüte. Man weiß nie, was man bekommt. Aber alle wissen: Ganz schlecht kann es nicht kommen. Es ist ja keine Niete im Spiel.

    Griechenland, meine Liebe fürs Leben.

    Kein Wunder!

    I Oraia Ellas - Schönes Hellas

    Großherzige Gastlichkeit

    Griechische Gastlichkeit, die Orientierung auf den Fremden, das Zurückstellen eigener Bedürfnisse und Befindlichkeiten zugunsten des Gastes, erleben wir immer und überall.

    1.

    Gerade im kleinen Hotel angekommen, plagt uns großer Durst. Mein Mann fragt an der Rezeption, ob man hier in der Nähe ein kaltes Bier kaufen kann. Da bekommt er eine große Dose gereicht. Ein Geschenk! betont die Wirtin. Und weil man unbedingt was dazu essen muss, gibt es dazu noch ein Tellerchen sehr leckeren Käse von der Insel, aromatisch und würzig, ohne Schärfe.

    2.

    Die Kombination von Kaffee und Kuchen in einem Café, die bei uns üblich ist, hat in Griechenland Seltenheitswert. Es ist aber überhaupt kein Problem, sich in der Konditorei ein süßes Stück zu kaufen und in die Café-Bar mitzunehmen. Der Kellner bringt von sich aus sofort Teller, kleine Gabeln und Servierten. Kali orexi!, guten Appetit.

    3.

    Ich flitze eilig los, um etwas zum Frühstück einzukaufen. Der Bäcker kommt mit bemehlter Schürze und Teig an den Händen aus der Backstube. Das Brot ist noch nicht fertig, auch sonst noch nichts Frisches.

    Im Supermarkt nebenan suche ich Bananen aus und Joghurt mit Honig. Als ich zahlen will, finde ich in meinem Portemonnaie nur kleine Münzen. Wie blöd, ich habe vorher nicht rein geguckt, habe also nicht genügend Geld dabei, jedenfalls reicht es nicht! Wie peinlich! Die Frau an der Kasse zählt meine Barschaft aus meiner Hand zusammen, es fehlen 60 ct. Ich will die Bananen zurück legen, so wie es bei uns üblich wäre. Ah, lassen Sie, behalten Sie das Obst. Das Geld reicht, endaxi!

    Als ich später das Restgeld mit Dank vorbei bringe, drückt mir die Frau an der Kasse noch schnell einen Schokoriegel in die Hand. Keine Widerrede, ein Geschenk!

    4.

    Im Hotel haben wir gerade eingecheckt, da lädt der Chef uns zu einem Glas Orangensaft ein. Der Wirt nimmt unsern Kreta-Reiseführer in die Hand und schlägt das Kapitel über die kretische Küche auf. Das Foto ist in seiner Hotelküche aufgenommen. Dies ist seine Frau, der dort er selbst, zeigt er stolz.

    Ob ich mal in die Küche gehen will? Das wäre doch bestimmt interessant für mich. Er begleitet mich wie auf einer Museumsrundtour. Er zeigt auf ein Glas mit Kirschen in Sirup. Oh, ich erkenne auf Anhieb To Gliko tou Koutaliou und kann es störungsfrei aussprechen. Das müssen wir dann aber auch probieren! Er holt kleine Joghurtschälchen aus dem Kühlschrank und kleckert reichlich Sirup darüber. Seine Tochter füllt gerade Käsefladen nach dem Rezept seiner Mutter. Die müssen wir probieren, unbedingt. Er bringt uns einen Teller davon an den Tisch. Wir wollten eigentlich noch los zum Mittagessen, aber das hat sich nun erledigt.

    5.

    Viele Treppen abwärts zur Bucht. Gleich am ersten Tag auf der Insel laufen wir früh morgens runter zum Strand. Weicher Sand, sauberes, warmes Wasser. Wir schwimmen lange im ruhigen Meer. Herrlich! Auch der Blick auf die Berge, die Palmen, einfach schön. Frühstück? Das wäre jetzt das Richtige. Da ist ja eine Strandtaverne! Schade, wir haben kein Geld mit an den Strand genommen. Kein Problem auf einer kleinen Insel. Kein Geld dabei? Macht nichts! Ihr kommt doch abends wieder, sagt Margarita. Vertrauen und unser Wort gelten was, auch wenn uns hier keiner kennt. Sie bereitet schon das Essen für den Tag in der Taverne vor, sie hat eigentlich noch nicht geöffnet. Aber sie kocht für uns Kaffee, bringt Omeletta me Feta und Jaourti me Meli, das ideale griechische Frühstück. Dazu genießen wir den Meerblick von der Terrasse mit den Blechpötten voller Geranien.

    Selbstverständlich kommen wir abends wieder. Gibt es denn einen besseren Ort für den Sonnenuntergang?

    6.

    Mein Mann sucht einen besonders hübschen Ort, den er auf seiner letzten Fahrt entdeckt hat. Wo war der? Wie hieß der nur? Er vermutet Pikris. Den Ort finden wir, es ist aber ein anderer als der erwartete. Egal, dieses Dorf ist auch sehr schön. Wir haben Mühe, nach Pikris rein zu fahren, so eng sind die Straßen, einfach nicht für Autos geschaffen. Enge Torbögen, Stadttore, burgenartige Gemäuer. Man kann es nicht fassen, dass es so was Urtümliches nur wenige Kilometer oberhalb der Strandzone gibt.

    Wir laufen ein paar Treppenstufen zum Kafenion runter und plaudern mit dem Wirt, der mittags gerade seine Stühle ins Lokal zurück stellen will, weil ja doch keiner mehr vorbei kommt, wie er aus Erfahrung weiß. Wieso sprechen Sie denn Griechisch? fragt der Alte. Die richtige Antwort lautet: Weil wir Griechenland und die Griechen lieben! Er stellt uns zum Kaffee seine Keksdose hin. Als ich die Schönheit seines Orangenbaums bewundere, bringt er uns eine Apfelsine auf einem Tellerchen und ein scharfes Messer dazu.

    Kostas, der Besitzer des kleinen Lokals, bewirtet uns herzlich. Er hat Zeit. Wir erfahren viel über die Situation auf dem Land. Nun leben nur noch 50 Einwohner im Dorf, vor wenigen Jahren waren es 200 bis 300. Die jungen Leute zieht es runter an die Küste, so wie seine Tochter, die einen Touristenladen betreibt, oder sie wandern aus in die großen Städte wie Athen oder gehen gleich ins Ausland wie sein Sohn, der in England lebt. Er selbst hat 18 Jahre in Holland und Deutschland gearbeitet.

    Er holt drei Gläschen und eine Flasche Raki und stößt mit uns an.

    Wenn wir in 10 Jahren wiederkämen, denken wir, ist das Dorf völlig verlassen, es hat in der Enge keine Zukunft. Kostas kann in seiner Taverne kein Geld verdienen. Er arbeitet zusätzlich als Wanderführer auf der Strecke zwischen dem Kloster Arkadi und der Küste.

    Die Landschaft mit den Olivenhainen, dem gelb blühenden Ginster und den weiten Blicken auf die Küste ist wunderschön, aber bei diesen schmalen und schlechten Straßen wie Feldwegen braucht man einfach zu lange bis zur Arbeit im Strandort. Das Dorf liegt entzückend an einer tiefen grünen Schlucht. Aber wer kann hier schon leben?

    Wir kaufen unserm Wirt eine Flasche Raki ab, damit er heute noch wenigstens etwas verdient. Die kleine Plastikwasserflasche füllt Kostas frisch ab. Stolz überreicht er uns sein Produkt. Wir trinken normalerweise keinen Schnaps, aber wir kriegen die Flasche schon irgendwann leer. Wir erwarten in den nächsten Tagen ja griechische Freunde.

    7.

    Nach einer längeren Wanderung kehren wir in einem Kafenion in einem kretischen Dorf ein. Ein alter Herr legt dem Wirt, mit einer Kopfbewegung auf uns, das Geld für unseren Kaffee auf das Tablett. Wir sind erschrocken. Der Alte sieht nicht gerade danach aus, als ob er etwas zu verschenken hätte. Er kennt uns nicht, hat uns noch nie gesehen. Ihr seid Fremde, also Gäste, meint er, als wir uns bedanken und ihn unsererseits einladen möchten. Das kommt ja gar nicht infrage. Da hat er seinen Stolz.

    Wir kommen ins Gespräch. Sein Dorf hat unter der deutschen Besatzung sehr gelitten. Die brutalen Aktionen gegen die Zivilbevölkerung sind nicht vergessen. Wir sind peinlich berührt, welche Verheerung in deutschem Namen angerichtet wurde. Wir schämen uns auch, dass Deutschland sich mit juristischen Spitzfindigkeiten aus der Verantwortung für deutsche Untaten winden möchte. Es war Krieg! versucht der Alte die Gräuel zu relativieren. Das mindert nicht die deutsche Schuld. Wir fühlen uns erneut beschämt, dass dieser Mann, der mit seiner Familie und dem ganzen Dorf unter der deutschen Besatzung leiden musste, uns deutschen Touristen so großherzig begegnet.

    Service im Reisebüro

    In einem Reisebüro in Rhodos wollen wir uns nach den Fähren zu den nächsten kleinen Inseln erkundigen, die im Internet nicht zu ermitteln waren. Ehe wir umständlich im Hafen recherchieren, fragen wir doch einfach mal bei Gregory nach. Der wurde uns von unserer Wirtin als kompetenter, versierter Berater empfohlen.

    Die Stunde, die wir dort verbringen, ist eine Kostbarkeit. Die Begegnung mit Gregory, dem Besitzer des kleinen Reisebüros, dem Typ des quicken, liebenswürdigen und dennoch geschäftstüchtigen Griechen, ist in jeder Hinsicht typisch.

    Ehe wir zum Geschäftlichen kommen, hat Gregory schon viel über uns erfahren. Er fragt nach unseren Vorstellungen und Erfahrungen, damit er uns etwas Passendes empfehlen kann. Er sucht für uns alle möglichen Fährverbindungen heraus, sucht Alternativen, berät über Details und kennt sich bestens aus. Zwischendurch bedient er, ohne den Faden zu verlieren, eine Reihe anderer Kunden, die nur mal eben kurze Auskünfte haben wollen.

    Ja, brauchen wir nicht auch Unterkünfte? Wir lassen es normalerweise darauf ankommen und suchen vor Ort spontan, was in Griechenland meist gut klappt. Gregory empfiehlt dieses oder jenes Haus. Er kennt sie alle, vor allem die Vermieter. Er ruft für uns überall an, in der Mehrheit Frauen (agapi mou, koukla mou, asteraki mou...), hält dabei ein eigentlich unverbindliches, aber zugewandtes Schwätzchen. Er vergisst nicht zu erwähnen, was für Freunde des Griechentums und der Griechen wir seien, dass wir in Athen wohnen und etwas Griechisch sprechen.

    Er verhandelt für uns ums Frühstück, verdreht die Augen, wie gut das Frühstück dort jeweils sei, zuckt mit Augen und Schultern, wenn es nicht inbegriffen ist, und handelt für uns passable Preise aus. Bei jeder Unterkunft ruft er begeistert: Das ist da so schön, da wollen Sie nie wieder weg! Da sind wir aber gespannt! Der kennt unser Nomadenblut ja nicht... Mehrere Unterkünfte sind bereits ausgebucht. Es gibt halt keine größeren Kapazitäten auf den kleinen Inseln. Natürlich könnten wir auch selbst überall anrufen, aber wozu? Soll Gregory doch profitieren von unserer Bequemlichkeit. Er macht einen guten Job.

    Zwischendurch kommt eine Nachbarin mit einer Schachtel süßer Kuchen vorbei. Sie gibt eine Runde aus. Sie ist gerade Oma geworden, das vierte Enkelkind, endlich ein kleines Mädchen. Wie soll es denn heißen? Sie schmilzt dahin: Anastasia, so wie ich selbst! Endlich!

    Eine Kundin mit sehr tiefem Ausschnitt braucht eine Auskunft. Gregory, mein Mann, der Pope - die Blicke der Männer heften sich auf die gleiche Stelle. Als der Pope sieht, dass ich schmunzele, meint er trocken: Wir sind halt Männer! Immer wieder kommen Freunde von Gregory auf ein Schwätzchen vorbei und wundern sich, dass wir immer noch hier sind. Na, und wie gern! Hier sind wir aufgenommen in die griechische Gastfreundlichkeit und Lebenskunst.

    Geht nicht!? Gibt's nicht!

    Schwierigkeiten sind dazu da, gelöst zu werden, oft nur anders, als wir Deutsche das erwarten Wenn es so nicht geht, dann eben anders. Auf jeden Fall wird einem geholfen. Griechen lassen uns nie im Stich. Sie verwenden alle Kreativität darauf, für den Fremden das Unmögliche möglich zu machen. Was offiziell nicht funktioniert, wird durch persönliche Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit ausgeglichen. In Griechenland sind wir immer auf der sicheren Seite, sicher wie in Abrahams Schoß.

    Wir können bei unserm Einzug in die Athener Wohnung tagelang keinen Strom bekommen, da wir noch keine Steuernummer haben. Aber da wird ein Kabel aus dem Erdgeschoss außen an der Hauswand entlang über drei Balkons hoch bis in den dritten Stock verlegt. Über ein weit verzweigtes Netz von Verlängerungsschnüren werden wir in die Lage versetzt, Kaffee zu kochen, die Akkus aufzuladen oder die Waschmaschine in Gang zu bringen. Na bitte!

    Unser neuer Ventilator macht Probleme. Er gibt bei jeder Runde ein hörbares Klack von sich. Dabei kriegen wir nachts kein Auge zu. Wir sind drauf und dran, das Ding wieder abzuschrauben und im Laden zu reklamieren. Unser Handwerker, der uns bei den elektrischen Anschlüssen hilft, schüttelt weise sein Haupt. Nein, das bringt nichts, jeder andere Ventilator wird auch Laut geben. Der nächste Fan wird vielleicht klackklackklackklack klack machen, da sei man nie sicher.

    Er will es mal auf seine Weise probieren. Erstmal gucken und horchen. Wir stehen zu dritt unter dem Gerät und lauschen gespannt. Ja, da ist eine Unwucht drin, so wie bei Autorädern. Am besten beschwert man eine Stelle mit einem kleinen Magneten, dann hören wir ja, ob es nützt. Ich opfere einen Magneten von unserer neuen Zettelwand. Der wird an verschiedenen Stellen ausprobiert. Der Ventilator schnurrt und klackt. Haben Sie eine Wäscheklammer? Gerade frisch erworben, noch unbenutzt. Eine davon wird nacheinander an die verschiedenen Flügel geklammert. Maschine an, lauschen. Na? Immer noch! Beim vierten Versuch klappt es. Ja, es ist still. Nur der Wind säuselt sanft und kräuselig. Ahhh, angenehm.

    Nun fährt die Wäscheklammer bei großer Hitze nachts Karussell. Eine Klammer am Luftquirl. Wen stört es?

    Ein 48-stündiger Streik der Fähren ist seit Tagen angekündigt worden. Bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne? Weniger das, eher überhaupt eine andere Politik. Also überwiegend diffuse Streikziele. Ok. Damit müssen wir in Griechenland immer rechnen. Weder Donnerstag noch Freitag geht es weiter. Denken wir. Im Büro erkundigen wir uns, wann wir wohl zur nächsten Insel kommen können. Eigentlich nicht, jedenfalls nicht auf dem üblichen Wege. Macht nichts! Donnerstag und Freitag fährt die kleine Skopelitis! Die gehört einer privaten Gesellschaft. Die fährt!

    Taxistreik in Athen. U-Bahn und S-Bahn streiken ebenfalls. Ach so, Generalstreik, schon wieder! Generalstreik, das bedeutet aber nicht, dass gar nichts geht! Der Flughafen wird z.B. heute nicht bestreikt. Wie kommt man zum Flughafen? Macht nichts! Frag einen Taxifahrer, der fährt dich mit dem Privatauto hin. Dann sind ihm die Kollegen nicht böse, das Gesicht bleibt gewahrt, er verdient wenigstens etwas Geld und du kommst pünktlich und bequem zum Ziel. So ist jedem geholfen.

    Das Hotel schließt pünktlich zum 1.Oktober zur Winterpause. Schade, drei Tage länger wären wir gern noch geblieben. Unsere Fähre geht erst am Sonntag. Sollen wir umziehen? Bleibt ruhig noch, wir müssen sowieso noch alles winterfest machen. Kein Problem!.

    Wir wollen von Naxos nach Serifos mit der Fähre fahren. An einem Tag ist das, wie wir den Plänen entnehmen können, nicht zu schaffen. Die Fährpläne sind eindeutig gegen uns. Die Anschluss-Fähre ab Paros ist schon weg, wenn wir dort ankommen.

    Damit haben wir nicht gerechnet. Was tun? Wir grübeln und überlegen. Da gibt es wirklich keine Chance, eigentlich.

    Ist es euch wirklich wichtig? Hm, hm, der Herr im Reisebüro denkt und denkt. Kein Problem, meint der pfiffige Angestellte. Dann nehmt eben den Ausflugsdampfer nach Paros. Der fährt sehr früh los, nach Naoussa. Das könnt ihr schaffen. Ja, und wie kommen wir in der halben Stunde von da auf die andere Seite der Insel, zum Hafen von Parikia? Von dort fährt doch die Fähre nach Serifos ab. Kein Problem. Ich bestelle euch einen Wagen. Und wenn der Ausflugsdampfer Verspätung hat? Das passiert nicht. Ich habe die schon angerufen, die wissen Bescheid! Keine Sorge! Wenn nicht, kommt her, dann gebe ich euch das Geld zurück!

    Alles klappt! Nachmittags sind wir auf Serifos.

    Das Leihauto sollen wir zu einer Zeit abgeben, zu der das Büro schon geschlossen hat. Ja, wirklich, ihr könnt bis abends den Wagen behalten. Den brauche ich vor morgen nicht. Wem sollen wir die Schlüssel geben? Stellt das Auto da hinten hin, legt die Schlüssel unter die Fußmatte. Macht nichts.

    Kein Joghurt mit Honig zu haben? Die Bedienung im Café bedauert. Honig hat sie, aber keinen Joghurt. Bestellen wir halt etwas anderes, auch gut. Hier sitzen wir gemütlich, ein schöner Platz.

    Nach einer Viertelstunde kommt sie im Triumphmarsch die Straße hoch, in der Hand zwei Töpfchen Joghurt! Sie musste warten, bis der Dorfladen öffnet! Oriste! Bitte! Joghurt mit Honig!

    Kafenion und Café

    Das traditionelle Kafenion ist eine Männergesellschaft. Ein Wohnzimmer für ältere Herren. Ein kahler weiß gestrichener Raum, manchmal leicht schmuddelig, Neonröhren, einfache Holztische, Stühle mit geflochtenem Strohsitz, vielleicht eine Bierwerbung oder ein Fotokalender als Raumdekoration. Ein eiserner Ofen sorgt im Winter mit weit durch den Raum gezogenem Ofenrohr für ein wenig Wärme. Ein Fernsehschirm ist wichtig, nicht nur zur Übertragung von Fußballspielen oder für Nachrichten. Oft läuft der Apparat ohne Unterlass.

    Kaffee oder Bier, Raki, Tsipouro oder Ouzo, man trinkt etwas, kann sich aber auch ganz trocken einfach zu den anderen setzen. Die Kneipe als Wohnzimmer des Dorfes oder Stadtteils, Nachrichten- und Ideenbörse, Spielsalon und Wärmestube.

    Kleine Gruppen spielen Karten, sicher geht es um Geld. Würfel klackern gegen die Mitte des zusammenklappbaren Spielkastens mit den aufgemalten Zacken, wenn Freunde zusammen Tavli spielen, das Spiel, das bei uns Backgammon heißt. Hier fehlt es in keinem ordentlichen Kafenion. Die meiste Zeit des Jahres sitzen die Männer aber draußen vor der Tür. Da kann man rauchen. Man schweigt, guckt, wer vorbei kommt, was die anderen im Dorf treiben und freut sich, wenn Gäste was zu erzählen haben. Manchmal kommen auch erhitzte Debatten auf.

    Auf einer größeren Insel haben wir erlebt, dass die Kafenia nach Parteirichtungen besucht werden. Auf der einen Seite der Platia sitzen die Linken, auf der anderen die Rechten in ihren Stammlokalen. Einer stand auf, näherte sich dem anderen Lager, warf eine provokante These in den Raum und zog eilig erhobenen Hauptes ab. Na, das kann man doch nicht auf sich sitzen lassen! Nach kurzem Gemurmel und einem Vorschlag, was zu erwidern sei, ging einer der Herren rüber und schoss der Gegenseite aber mal gewaltig seine Replik an den Kopf. Hin und her, hin und her, immer lauter, immer heftiger. Ehe es zu einem größeren Streit ausartete und vielleicht in Gewalt mündete, haben wir uns abgesetzt.

    Touristinnen werden im Kafenion geduldet, ganz klar. Gastfreundschaft ist heilig. Einheimische Frauen haben wir sehr, sehr selten dort angetroffen.

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