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Barfuß ist das Leben schöner: Roman
Barfuß ist das Leben schöner: Roman
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eBook220 Seiten3 Stunden

Barfuß ist das Leben schöner: Roman

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Über dieses E-Book

Dass nicht jedes "Es war einmal ..." mit "Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende." enden muss, beschreibt Elice Falk in ihrem neuesten Roman "Barfuß ist das Leben schöner". Das biografische Werk schildert die Geschichte einer Frau, deren vermeintliches Märchen in einem schmerzhaften Albtraum endet. Denn nach neunzehn Ehejahren und drei gemeinsamen Kindern zieht Elices einstiger Prinz als erzürnter Ritter in die Schlacht gegen sie: ein bitterlicher Rosenkrieg entsteht, der alle Beteiligten schwer verwundet zurücklässt.

"Barfuß ist das Leben schöner" erzählt von einer Liebe und ihrem Untergang; aber auch von der Chance, endlich zu sich selbst zu finden. Denn erst, wenn man erkennt, dass das Leben kein Märchen ist, findet man zum wahrhaftigen Glück.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. Mai 2018
ISBN9783828034358
Barfuß ist das Leben schöner: Roman

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    Buchvorschau

    Barfuß ist das Leben schöner - Elice Falk

    Inhaltsverzeichnis

    „Jede Frau ist eine Prinzessin!"

    Der Neuanfang …

    Wäre Aschenputtel so etwas mit ihrem Prinzen auch passiert?

    Es war einmal …

    Hinfallen – aufstehen – Krone richten – weitergehen!

    „Jede Frau ist eine Prinzessin!"

    Diesen bekannten Satz eines uns (fast) allen bekannten Modezaren hat sicherlich jede Frau schon einmal gehört. Aber stimmt das auch? Möchte überhaupt jede Frau eine Prinzessin sein? Gibt es eine Frau auf der Welt, die nicht auf den Prinzen mit weißem Pferd wartet? Ja, ich glaube, die gibt es, aber ich zähle definitiv nicht dazu, so viel steht fest.

    Ich habe auf den Prinzen gewartet. Schon als kleines Mädchen träumte ich von einem gut aussehenden, jungen, sportlichen, mir jeden Wunsch von den Augen ablesenden Mann, der dazu auch noch auf einem weißen Pferd dahergaloppiert und mich rettet … wovor auch immer, ganz egal, Hauptsache retten.

    Und der Prinz kam, zumindest dachte ich das damals. Allerdings nicht hocherhobenen Hauptes auf einem Pferderücken sitzend, sondern mit einer alten Kreidler Florett, an der ständig der Bowdenzug riss. „Träume sind Schäume, heißt es im Volksmund, und ich kann dem nicht widersprechen. Vielleicht kommt daher meine Vorliebe für den Film „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, welchen ich mir jährlich immer wieder um die Weihnachtszeit anschaue. Das Schöne daran ist, dass der Film täglich auf verschiedenen Sendern läuft und ich jedes Mal aufs Neue davon begeistert bin, ihn mir dann auch mehrmals anschaue und insgeheim immer noch den Wunsch verspüre, die schöne Prinzessin zu sein, welcher der Schuh passt (das könnte sogar hinhauen, weil ich selbst auch eine Puppenschuhgröße von gerade mal 36 habe).

    Schuhe! Womit wir beim Thema wären … Welche Frau kennt das nicht?

    Streit zu Hause mit dem Partner

    Streit mit den Kindern

    Streit mit der Schwiegermutter

    Da hilft nur noch eins: shoppen gehen.

    Allein oder mit der besten Freundin – das ist in diesem Fall völlig egal, denn der Frustkauf geht so oder so in die Hose. Wenn es keine Klamotten geworden sind, die eh einen Tag später wieder umgetauscht werden müssen, weil Frau in ihrer Frustration ein Kleid in Größe 36 gekauft hat, obwohl sie genau weiß, dass Größe 40 seit langer Zeit ihre zweitbeste Freundin ist, dann sind es zu guter Letzt doch Schuhe geworden! So schlendert Frau durch die Abteilungen und landet am Ende, wie von Zauberhand geführt, in der Schuhabteilung.

    Und da steht er … der schönste Schuh der Welt. Den muss Frau einfach anprobieren. Eine unverbindliche Frage an die Verkäuferin, ob es den noch in der passenden Größe gibt, ist ja wohl erlaubt. Und siehe da, die Größe ist noch vorhanden. (Was für ein Glück – oder Unglück – je nachdem, aus welchem Blickwinkel das betrachtet wird.) Hm, na ja … einmal kurz anprobieren kostet ja noch nichts – und schon sitzt er am Fuß. Der Schuh sitzt perfekt. Er veredelt das Bein einer Frau, welches sie in langen Jeanshosen versteckt, damit ja niemand merkt, dass vor lauter Wassereinlagerungen kein Knöchel mehr zu sehen ist. Der Knöchel, oder anders ausgedrückt „Wöchel" – ehemals ein Knöchel, der eine scheinbar dauerhafte Verbindung mit der Wade eingegangen ist – lässt sich allenfalls nur noch erahnen, weil er anatomisch gesehen dort nun mal seinen Platz hat. Die wohlklingenden Worte der Verkäuferin, dass der Schuh einzigartig an uns aussieht, trüben zudem unsere Sinne und verleiten uns dazu, diesen ach so wundervoll, gut sitzenden, farblich zur Kleidung abgestimmten, ein kleines Vermögen kostenden Schuh zu kaufen. Ob Aschenbrödel auch so schöne Schuhe hat? Die Frage verschieben wir auf später.

    Und damit nimmt das Unheil seinen Lauf!

    Um den Schuh sicher nach Hause zu transportieren, kommt er in einen, wie ich immer finde, viel zu großen Schuhkarton. Eben weil es der weltbeste Schuh ist, wie uns die Verkäuferin ja auch mit Nachdruck versichert hat. Jetzt noch eine große Plastiktüte, blickdicht bitte, und schon wird der kleine Anflug eines schlechten Gewissens erfolgreich ignoriert.

    Die Verkäuferin ist überaus freundlich, freut sich auf unseren nächsten Besuch und hält sogar noch die Tür auf. Schon beim Verlassen des Geschäfts ist er wieder da, der kleine Teufel in Form eines schlechten Gewissens. Doch auch diesmal hat er keine Chance.

    Zu Hause angekommen, wird erst einmal ein gutes Versteck für den weltbesten Schuh gesucht. Mit der Frage „Wie erkläre ich es meinem Mann/Partner?" beschäftigt sich Frau erst einmal noch nicht. Die Euphorie hat noch die Oberhand. Doch wohin jetzt mit dem Karton? Unters Bett? NEIN, zu eng, der große Karton passt nicht drunter. In den Kleiderschrank? NEIN, da fällt er sofort auf. In den Keller? NEIN, der beste Schuh der Welt hat einen besseren Ort verdient. Raus aus dem Karton und unter die anderen Schuhe gemischt? NEIN, da bekommt er vielleicht Kratzer, noch ehe er überhaupt getragen wurde. Du meine Güte, noch nicht einmal eine halbe Stunde im Haus und schon macht der Schuh Ärger. So hat sich Frau das nicht vorgestellt …

    Selbst ein, na ja, sagen wir mal „fast normaler Schuhkauf löst Stress aus. Im ersten Moment macht er die Frau glücklich (an dieser Stelle möchte ich noch einmal deutlich machen, dass es sicherlich auch Männer gibt, die Frust-Schuhkauf kennen, also bitte nicht böse sein, wenn ich die Männer jetzt nicht so ausdrücklich erwähne). Kaum ist Frau aus dem ersten Glückstaumel erwacht, macht der WELTBESTE SCHUH schon Ärger, dabei hat Frau ihn noch nicht einmal getragen. Sie ist immer noch in der „So-’n-Mist-wo-verstecke-ich-ihn-denn jetzt-mal-Phase. Nun stellt sich doch die Frage: Warum ist das mit dem schlechten Gewissen so?

    (Ich behaupte, dass die Mehrheit der Frauen dieser Welt, seit Entstehung der Evolution, ausschließlich für das Wohl der Familie gesorgt hat. Die Frauen haben dabei den Blick auf ihre eigenen Bedürfnisse verloren bzw. es wurde ihnen nicht erlaubt, den Blick auf sich selbst zu richten. Welches kleine Mädchen wurde oder wird in dem Glauben erzogen, dass es richtig ist, gut für sich selbst zu sorgen? Ist es nicht vielmehr so, dass den eigenen Müttern, Großmüttern, Urgroßmüttern das Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen wurde? Lassen wir jetzt mal die kulturellen und religiösen Hintergründe außer Acht. Heutzutage hat sich zwar vieles geändert, dennoch ist ein auf sich selbst gerichteter Blick bei vielen Frauen der Nährboden für ein schlechtes Gewissen.

    In so manchen meiner Gespräche mit der älteren Generation, ob Mann oder Frau, wurde eines sehr deutlich: Die Frauen sind den Männern vielleicht körperlich unterlegen, dennoch ist die Frau das eigentlich stärkere Geschlecht. Denken Sie nur mal an die Trümmerfrauen nach dem Krieg 1945/46. Sie befreiten deutsche und österreichische Städte von den Trümmern zerbombter Gebäude und schufen somit eine Grundvoraussetzung für den Fortbestand der Innenstädte. Nebenher waren sie für ihre oftmals vaterlosen Kinder verantwortlich und zogen diese auf. Eine außerordentlich starke Leistung, wie ich finde.)

    Ich selbst habe kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich mir neue Schuhe kaufe. Hatte ich früher aber, ich kenne dieses Gefühl. Ich habe auch erst lernen müssen, auf meine eigenen Bedürfnisse zu achten. Es war ein langer, mitunter schmerzhafter und steiniger Weg, aber es hat sich gelohnt, ihn zu gehen.

    Der Neuanfang …

    Mein eigenes Leben geriet zu einem Zeitpunkt aus den Fugen, als ich dachte, dass nichts und niemand daran rütteln könne. Mein Leben schien perfekt, nach außen hin! Mann (er war der Prinz), Kinder, Hunde, Haus, Urlaube. Doch in mir brodelte es schon sehr lange. Auch ich war auf der Suche nach Wertschätzung, Aufmerksamkeit, Achtung und Liebe. Es ist nicht so, dass ich das alles nicht hatte, doch hatten mein Mann und ich unterschiedliche Auffassungen und seine Werte entsprachen irgendwann nicht mehr den meinigen.

    Das Bild vom Prinzen bekam Risse. Immer häufiger gab es Streit. Immer heftiger wurden die Machtkämpfe innerhalb der Partnerschaft, die so viel Kraft erforderten, dass ich es irgendwann einfach nicht mehr aushielt und die Situation verließ … in eine völlig unsichere Zukunft. Doch all das war besser als der goldene Käfig, in dem ich saß. Ich ließ mein altes Leben hinter mir und begann ein neues. Ich gab all meine Sicherheit, finanziell wie auch materiell, auf, um mich ins Ungewisse zu begeben. Ich verließ meinen Mann. Die Entscheidung, mich zu trennen, kam nicht von jetzt auf gleich. Ich brauchte Jahre dafür, um den Mut aufzubringen, diesen Schritt zu wagen.

    (Ich selbst wurde von meinen Eltern sehr behütet und liebevoll aufgezogen. In unserer Familie wurde nicht vor uns Kindern gestritten. Für mich war die Welt in Ordnung, so wie es mir vorgelebt wurde. Gab es irgendwelche Schwierigkeiten, egal in welcher Form, wurde das von mir ferngehalten. Ich brauchte mich nie selbst zu behaupten, wenn es schwierig wurde. Das regelten meine Eltern oder meine Brüder für mich. Dementsprechend habe ich das niemals gelernt. Wurde es dennoch mal schwierig, sagte meine Mutter immer zu mir: „Kind, was sollen denn die Leute denken? Du hältst das aus!" Ein Glaubenssatz, der mich in meiner Kindheit geprägt hat und mit dem ich mich viele Jahre im Erwachsenenalter herumplagen musste, da ich es noch nicht besser wusste.)

    Nun aber wartete auf mich ein neues, unbekanntes Abenteuer.

    Leidtragende dieser Wandlung waren, leider Gottes, die Kinder. Als ich mich trennte und aus dem gemeinsamen Haus auszog, nahm ich zunächst alle drei mit. Für meinen ältesten Sohn und meine jüngste Tochter stellte sich gar nicht die Frage, bei ihrem Vater zu bleiben. Für meine mittlere Tochter Luisa schon, denn sie wollte in Ralping wohnen bleiben und nicht in die Stadt ziehen. Luisa kam nicht gut mit der Trennung zurecht und das Verhältnis zwischen ihr und mir wurde immer angespannter. Infolgedessen ging sie nach kurzer Zeit zu ihrem Vater Jan zurück. Eine Entscheidung, die Folgen hatte.

    Was auf die Trennung folgte, war ein Rosenkrieg der ganz besonderen Art. Zwei Jahre unerbittlicher Streit, ausgefochten ohne viel Worte, nur mit Taten – Kommunikation zwischen meinem Noch-Ehemann und mir war nicht möglich. Das machte das Ganze nicht wirklich einfacher. Im Gegenteil, es verkomplizierte alles.

    Das Märchen war vorbei. Aus dem Schloss wurde schlussendlich ein Gefängnis, aus dem ich ausbrach. Der Prinz wurde zum Ritter und zog in die Schlacht gegen mich. Aus der liebreizenden Prinzessin wurde eine zänkische Frau, die sich zur Wehr setzte. Sieger gab es nicht. Außer vielleicht die Anwälte, die allzeit bereit waren, jeglichen Streit zwischen den Parteien zu schüren, mit der Aussicht auf viel Geld, versteht sich.

    Das alles kostete mich enorme Kraft. Depressive Verstimmungen und körperliche Beschwerden wurden ständige Begleiter durch meinen Tag. Zweifel und Selbstvorwürfe suchten immer wieder meine Gedanken heim. Ich konnte kaum eine Nacht mehr durchschlafen, hatte Albträume, Zukunftsängste. Es gab Tage, an denen war es so schlimm, dass ich dachte, ich stürze mich aus dem Fenster (ich wohnte im 2. Stockwerk). Meine Freundin sagte dann immer: „Das bringt nichts, ist nicht hoch genug. Das tut nur weh, also lass es bleiben." Hätte ich sie nicht an meiner Seite gehabt, ich glaube, ich hätte es doch mal probiert.

    Ich hatte eine Phase in meinem Leben erreicht, mit der ich völlig überfordert war. Niemals zuvor war ich an einem Punkt angekommen, an dem ich weder ein noch aus wusste. Ich hatte kein Ziel mehr vor Augen, plötzlich musste ich mich mit allen möglichen Behörden bezüglich des Umzuges in einen anderen Landkreis herumschlagen, wurde mit Dingen konfrontiert, die mir bis dato fremd gewesen waren, auch mit dem Jugendamt, da nichts geregelt war, was Luisa anging. Sollte das der Preis für meinen Weggang gewesen sein? Wollte ich diesen Preis zahlen, oder war er viel zu hoch? Hatte ich mich überschätzt? Konnte ich es wirklich mit den Kindern allein schaffen? Sollte ich reumütig zurückkehren in mein altes Leben?

    NEIN!!!!! Das wollte ich auf keinen Fall. Ich wollte nie mehr von meinem Partner abhängig sein, der mich weder respektierte noch achtete oder wertschätzte, so, wie ich war.

    Also begann ich nachzudenken, was denn nun mein Ziel war. Was wollte ich mit meinem jetzigen Leben anfangen? Wo lag meine Stärke? Was konnte ich gut, was gar nicht? Worauf hatte ich Lust? Es war die Suche nach einem neuen Lebenssinn. Als Jugendliche wollte ich immer Hebamme oder Chirurgin werden. Ich hatte von jeher Interesse an der Medizin. Leider war es mir nicht vergönnt, einen solchen Beruf auszuüben.

    (Meine Eltern hielten das damals für nicht sinnvoll, da schon mein Bruder diese Laufbahn einschlug. Meine Mutter glaubte außerdem, dass ich solch einer schweren körperlichen Arbeit, wie Patienten aus den Betten zu helfen, nicht gewachsen sei. Da ich schon mit 15 Jahren die Schule beendet hatte (ich wurde einen Monat nach meinem sechsten Geburtstag eingeschult), hätte ich sowieso noch zwei Jahre überbrücken müssen, bevor ich die Ausbildung zur Hebamme antreten durfte. Also entschied sie, dass ich Friseurin werden sollte. Ja richtig, meine Mutter hatte entschieden. Ich wurde nicht gefragt. Meine Eltern regelten ja von jeher immer alles für mich, und da ich es nicht kannte, mich erfolgreich zu wehren, war es, trotz meines Einspruchs, gemachte Sache. Ich bekam einen Ausbildungsplatz in Moldenau als Friseurin. Ich habe es gehasst, ich wollte keine Haare schneiden. Ich wollte mich nicht mit Dauerwellen und Haarefärben auseinandersetzen. Frisuren waren mir völlig gleichgültig. Diskussionen zu Hause wurden mit dem Argument entkräftet, dass meine Mutter auch immer Friseurin werden wollte, aber nicht durfte. Damals, in Zeiten des Krieges, hatte sie einfach nicht die Möglichkeit dazu gehabt. Und da nun schon mein Bruder die Richtung Medizin einschlug, hatte ich die „Chance", Friseurin zu werden. Das nämlich wäre der zweite Berufswunsch meiner Mutter gewesen, doch auch das durfte sie nicht werden. Sie wurde Buchhalterin. Also hatte nun ich die Möglichkeit, ihren Traum zu verwirklichen, und da ich es nie gelernt hatte, NEIN zu sagen, wurde ich Friseurin. Anfangs wehrte ich mich mit Händen und Füßen, eckte bei der Ausbilderin, den Kollegen und allen Lehrern an und verweigerte nicht selten die gestellten Aufgaben. Irgendwann wurde jedoch ersichtlich, dass ich großes Talent zum Schneiden und Stylen hatte. Ich gab meinen Widerstand auf und ergab mich in mein Schicksal. Ich absolvierte eine dreijährige Ausbildung und beendete sie mit einem sehr guten Abschluss. Obwohl ich in meinem Beruf sehr gut war, hatte ich trotzdem nie wirklich Lust dazu. Es erfüllte mich einfach nicht. Ich wollte nach wie vor mit Menschen arbeiten, denen ich sinnvoll helfen konnte.)

    Es war mühselig, über all das nachzudenken. Konnte ich es wagen, in meinem Alter noch mal eine Ausbildung als Hebamme zu absolvieren? Oder gar Chirurgin zu werden? Jetzt noch? Wann wäre ich dann mit allem fertig? Würde die Welt da draußen ausgerechnet auf mich, bis dahin alte Frau, warten? Das waren die Gedanken, die mich täglich beschäftigten. Alternativ entschied ich mich für eine Ausbildung zur Heilpraktikerin.

    Ich hatte das Gefühl, dass ich es trotz meiner Kinder, der Scheidung, dem Sorgerechtsstreit um meine Tochter und allem Ballast, der mich belastete, schaffen würde. Der Wille jedenfalls war da. Nach mehr als einem halben Jahr brach ich die Ausbildung dann ab. Der Rosenkrieg zwischen meinem Mann und mir und das zusätzliche Gezerre um unsere Tochter (mittlerweile gab es einen Jungendhelfer, dessen Aufgabe es war, zwischen Jan und Luisa in Ralping und mir, Lucas und Anna in Moldenau zu vermitteln) kostete mich zu viel Kraft. Ich konnte mich nicht auf beides konzentrieren. Ich brach die Ausbildung erst einmal ab, mit dem Hintergedanken, sie zu beenden, sobald ich meine privaten Dinge geregelt hatte. Ich wollte mich jetzt voll und ganz auf meine Kinder konzentrieren, für sie da sein, auch für meine Tochter, mit welcher ich nun schon seit Monaten keinen Kontakt mehr hatte. Das allerdings zog sich wie ein Gummiband und ich verlor die Heilpraktiker-Ausbildung aus den Augen. Zufrieden war ich mit der Situation allerdings nicht. Ein neuer Plan musste her. Nächtelanges Grübeln, taglanges Brainstorming, Ideenfindung immer und überall, Internetrecherche, Gespräche mit Freunden und vieles mehr brachten mich schlussendlich doch noch auf den Weg zu meinem neuen Ziel. Ich entschloss mich zu einer Personalcoach-Ausbildung. Mein Interesse an der Arbeit mit Menschen war nach wie vor vorhanden, ich hatte genug Empathie für dieses Berufsfeld und Freude an etwas Neuem sowieso. Also absolvierte ich eine Ausbildung zum zertifizierten Personalcoach/psychologischen Berater.

    Die Ausbildung zum Coach erforderte natürlich wieder viel Kraft. War es doch eine absolute Selbstreflexion. Ich wurde mit mir selbst und meiner Kindheit konfrontiert. Mit Dingen, die ich ganz tief in mir vergraben hatte. Dinge, an die sich mein Bewusstsein nicht mehr erinnern konnte. Durch die Arbeit mit meinen Kommilitonen (wir übten sehr viel miteinander) kamen Dinge aus meinem Unterbewusstsein ans Licht, die mich oftmals schier verzweifeln ließen.

    Es gab Tage, da wollte ich alles hinschmeißen, wollte mich nicht mit diesen Themen auseinandersetzen. Zu schmerzlich war die Selbsterkenntnis, dass nicht die anderen an meinem Schicksal schuld waren, sondern dass es vielmehr mit mir selbst zu tun hatte. Nach einem ganz besonders anstrengenden Seminarwochenende lag ich erschöpft in der Wanne und fing an zu weinen. Ich konnte nicht wieder aufhören. Meine Gedanken schlugen Purzelbäume, die Erkenntnis, dass ich meine Tochter, die beim Vater lebte, mental loslassen musste, wenn ich mit der Situation Frieden schließen wollte, brachte mich fast um den Verstand. Welche Mutter oder welcher Vater möchte in einer solch prekären Situation schon loslassen? Man fühlt sich schuldig, glaubt, das eigene Kind im Stich zu lassen. Dass es der richtige Weg ist, um am Ende doch ein Happy End zu erleben, erscheint einem nicht sinnvoll.

    Ich weinte stundenlang. Die Tränen nahmen kein Ende, fast so, als wäre ein Staudamm geöffnet worden. Ich weinte aus Verzweiflung darüber, zu glauben, mein Kind verloren zu haben. Ich weinte, weil ich keine Hoffnung hatte, Luisa jemals wieder in meine Arme schließen zu können. Ich weinte, weil ich mir selbst so sehr leidtat und weil ich mich als Opfer sah. Irgendwann schaffte ich es, mich aus der Badewanne ins Bett zu schleppen, um vor lauter Erschöpfung einzuschlafen. Am nächsten Tag erzählte ich von meinem abendlichen Erlebnis innerhalb der Peergroup und fühlte mich irgendwie erleichtert. Der Druck, der mir monatelang die Luft zum Atmen genommen hatte, war raus.

    In den darauffolgenden Wochen und Monaten klärte ich viele Konflikte mit mir selbst und mit den vermeintlich bösen anderen. Aber ein Konflikt blieb. Nämlich der mit meinem Mann. Mittlerweile Exmann, wir waren zwischenzeitlich geschieden worden. Ich war noch immer voller Groll und Wut und konnte nicht verstehen, wie es so weit

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