Kinder-Dorf-Momente
Von Anja Martens
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Über dieses E-Book
Bei einem Besuch im Dorf ihrer Kindheit, als die Erinnerungen mit aller Macht auf sie einstürmten, begab sie sich auf die Suche nach ihren Wurzeln. Nach Träumen und Traditionen. Es entstanden die warmherzig, humorvoll und doch tiefgründig geschriebenen Kinder-Dorf-Momente, die einladen, mit auf eine Reise in die Vergangenheit zu gehen.
Anja Martens
Anja Martens, a trained nurse and mother of five, experienced her childhood in Saxony-Anhalt in the 1970s. Old film footage and a visit to her home village brought back long-forgotten memories and ultimately led to her first book "Kinder-Dorf-Momente" (Children's Village Moments). After her second book "Gestrandet" about life in Schleswig-Holstein, her first non-autobiographical book is now published, in which she accompanies Shumba on her way to herself through her sensitive writing style and at the same time takes her readers on a moving and very personal journey into the history of Zimbabwe.
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Buchvorschau
Kinder-Dorf-Momente - Anja Martens
Für Mutti, die in ihrer Kittelschürze stets ein Taschentuch für mich bereit hielt und für Vati, der für uns den Riesen Monkeponkedu lebendig werden ließ.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Heimkehr
Das Haus an der Ecke
Hände
Spinnstunden
Schwestern
Gerüche
Westbesuch
Die Lügenbank
Das Haus Nr. 7
Der Ernst des Lebens
Russendisco
Die Bremserin
Geheimnisse
Der erste Geiger
Sitten und Bräuche
Kindheits- Soundtrack
Nachbarn und Besuche
Vorwort
Alles beginnt mit einer Fahrt der Autorin, die heute hauptberuflich als Krankenschwester im Norden Schleswig-Holsteins arbeitet, durch eine weiße Winterlandschaft. Zurück in ihre Heimat in Sachsen-Anhalt, in das Dorf ihrer Kindheit. Es wird eine Reise in eine Welt, wo die Uhren noch anders ticken, wo die Zeit zum Teil stehen geblieben scheint. Aber gleichzeitig jedes Haus, jeder Winkel Erinnerungen weckt. Schönes, Lustiges und auch Trauriges lebt so wieder auf.
Anja Martens, selbst fünffache Mutter, denkt an ihre Familie, in der sie eine behütete und vielfältige Kindheit erlebte. An Freundschaften, die bis heute Bestand haben und sie erinnert sich an Gerüche und Melodien, die alle mit bestimmten Momenten ihres Lebens verknüpft sind. In warmen Worten versteht es Anja Martens, die Leser mit auf ihre Reise in die Vergangenheit zu nehmen. Sie in eine Zeit zu entführen, als in den 70er Jahren, in Naundorf bei Wittenberg, noch niemand an einen Fall der Mauer zu denken wagte. Liebevoll erweckt die 51-Jährige die Bewohner des Dorfes zum Leben und lässt in kleinen Anekdoten den Leser zu ihren Mitbewohnern werden.
Ulrike Gawande
Heimkehr
Fahrt durch die weiße Winterlandschaft. Reise in eine andere Welt. Hier ticken die Uhren noch anders, keine Räumfahrzeuge weit und breit. Das Auto schleicht vorsichtig auf verschneiten Straßen, vorbei an Lüttchenseyda. Ich halte die Luft an, hier fuhr ich jedes Jahr zu meiner Schulfreundin Heidrun zum Geburtstag, deren Lieblingsblumen Pantoffel-blumen waren und wo wir „Viereckenraten spielten. Ihr Pony hieß Ute und wir ritten zu dritt auf dem armen Tier, wollten
Pippi Langstrumpf", Tommy und Annika sein....Wir fahren weiter, durch Seyda. Hier wartete ich oft an der Feuerwache auf den Schulbus.
Die Wände der Feuerwache waren vollgeschrieben mit Begriffen, die ich erst viele Jahre später verstand.
Sofort ist der Gummigeruch des Busses in meiner Nase. Ich möchte halten an unserer alten Schule. Vati biegt ab in die kleine Gasse und plötzlich steht sie da, versteckt, eingezäunt, altehrwürdig. Ich kann einen kleinen Blick auf den Schulhof erhaschen.
Es scheint mir alles so gegenwärtig, so nah. Sehe mich mit meinen Schulfreundinnen Gummitwist oder „Himmel und Hölle" spielen.
Im Sommer wurden die Außentemperaturen genauestens beobachtet, da wir Kinder alle sehnsüchtig auf „Hitze-frei hofften. Die erste Erdbeertorte am 17.Juni, dem Geburtstag meiner Schwester, gab es etwas früher durch „Hitzefrei
! Ich schieße ein paar Fotos und werfe einen Blick auf die Kirche neben der Schule. Hier rauchten die größeren Jungs heimlich und fühlten sich erwachsen. Ich steige ein und kurze Zeit später sehe ich das Schild Naundorf 2 km
. Mir wird warm ums Herz, Birken säumen die Straße. Ich steige am Ortseingangsschild aus, während Mutti und Vati schon vorfahren zum Kaffeetrinken zu Lehmanns.
Gedankenverloren fotografiere ich unsere Bushaltestelle. Hier fuhr ich jeden Morgen mit dem Schulbus los. Oma wohnte gleich gegenüber und beobachtete uns Schulkinder, sah mit den Ellenbogen aus dem Fenster gelehnt zu. Praktisch diese Nähe, wenn man schnell mal auf die Toilette musste...
Lars mit Turnschuhen, auf denen Elvis stand, Antje, die Bürgermeistertochter, selbstbewusst und groß gewachsen, Angie, meine Buddelkastenfreundin, meine Zwillingscousine und mein Zwillingscousin, unzertrennlich, ein eingeschworenes Team. Palli, mein einziger Mitschüler, Akka,....Gedanken schweifen zurück. Akka, der kleine Bruder meiner Freundin, fast täglich fuhr er in schnellem Tempo, mit dem Fahrrad durch das Unterdorf, begleitet von imitierten Autogeräuschen: Ön, ön
. Es kam vor, dass er in den Ferien verreiste. In diesen Zeiten meinten meine Eltern spaßeshalber, dass sie gar keinen richtigen Mittagsschlaf halten könnten, da ihnen das vertraute Ön, ön
fehlte.
Mein Blick fällt erneut auf das kleine Wartehäuschen. In Gedanken beame ich mich zurück, sehe meine früheren Mitfahrer, die mit mir jeden Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr, auf den Schulbus warteten.
Ich gehe an der Kirche vorbei, an der Friedhofsmauer entlang, wo meine Schritte vom Schnee verschluckt werden. Die alte Schmiede erkenne ich kaum wieder, denn Angie ist zurückgezogen und hat viel Zeit und Geld in einen Umbau investiert. Ich möchte zur Lücke, diesem schmalen Weg zwischen zwei Mauern, der auf mich immer geheimnisvoll und mysteriös wirkte. Sie hat sich nicht verändert, ist begehbar und nicht zugewachsen. Aus der Ferne höre ich vereinzelt ein paar Stimmen, ansonsten Stille, dörfliche Idylle. Endlich biege ich in das Unterdorf ein.
Rechts liegt wie eh und je die Kneipe, Gasthaus Müller. Hier wurde Fassbrause gezapft, trafen sich die Männer sonntags zum Stammtisch, erfolgten Filmvorführungen in den Ferien, Filme mit Louis de Funes und der Olsenbande. Außerdem feierten wir Kinderfasching.
In meiner Erinnerung wühlend fällt mir wieder der „Partykracher
Da sprach der alte Häuptling der Indianer …", ein. Lächelnd gehe ich weiter. Eine für mich unbekannte Frau schippt Schnee vor dem Haus von Lisbeth Schmidt. Ich möchte ein Foto von diesem Haus machen, mit dem mich so manches verbindet.
Lisbeth Schmidt, genannt Fräulein Schmidt, war unsere Dorfkatechetin. Bei ihr besuchten wir wöchentlich die Christenlehre. Sie war es auch, die das jährliche Krippenspiel mit uns einstudierte. Eine tragende Rolle, im wahrsten Sinne