Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Elben und Orks - Abenteuer in Athranor und dem Zwischenland
Elben und Orks - Abenteuer in Athranor und dem Zwischenland
Elben und Orks - Abenteuer in Athranor und dem Zwischenland
eBook539 Seiten7 Stunden

Elben und Orks - Abenteuer in Athranor und dem Zwischenland

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Abenteuer in Athranor und dem Zwischenland der Elben: Das Buch schlägt einen Bogen über die Zeitalter. Als junger Fährtensucher durchstreift der Elb Lirandil die Wälder von Athranor und gewinnt die Freundschaft von Rhomroor dem Ork und Prinz Candric von Beiderland. Viele Zeitalter später bricht er im Zwischenland nocheinmal zu einer Reise auf und begegnet dem Tod-in-Gestalt... 

Dieses E-Book enthält folgende, auch einzeln erschienene Abenteuer: 
Der Fluch des Zwergengolds 
Die Drachen-Attacke 
Sturm auf das Elbenreich 
Lirandil - der Fährtensucher der Elben 

Umfang: ca. 500 Taschenbuch-Seiten 

Alfred Bekker schreibt Fantasy, Science Fiction, Krimis, historische Romane sowie Kinder- und Jugendbücher. Seine Bücher um DAS REICH DER ELBEN, die DRACHENERDE-SAGA,die GORIAN-Trilogie und seine Romane um die HALBLINGE VON ATHRANOR machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er war Mitautor von Spannungsserien wie Jerry Cotton, Kommissar X und Ren Dhark. Außerdem schrieb er Kriminalromane, in denen oft skurrile Typen im Mittelpunkt stehen - zuletzt den Titel DER TEUFEL VON MÜNSTER, wo er einen Helden seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einer sehr realen Serie von Verbrechen macht.

SpracheDeutsch
HerausgeberBEKKERpublishing
Erscheinungsdatum25. Nov. 2018
ISBN9781386295815
Elben und Orks - Abenteuer in Athranor und dem Zwischenland
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Mehr von Alfred Bekker lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Elben und Orks - Abenteuer in Athranor und dem Zwischenland

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Elben und Orks - Abenteuer in Athranor und dem Zwischenland

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Elben und Orks - Abenteuer in Athranor und dem Zwischenland - Alfred Bekker

    Elben und Orks

    Abenteuer in Athranor und dem Zwischenland

    Sammelband

    von Alfred Bekker

    EIN CASSIOPEIAPRESS E-Book

    © 2014 by Alfred Bekker

    © 2014 der Digitalausgabe by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    DIESES EBOOK ENTHÄLT folgende Abenteuer:

    Der Fluch des Zwergengolds

    Drachen-Attacke

    Sturm auf das Elbenreich

    Lirandil – Der Fährtensucher der Elben

    sowie eine

    Übersicht Athranor und Zwischenland

    Der Fluch des Zwergengolds

    Der Vollmond stand fahl am Himmel und spiegelte sich im Meer. Sterne funkelten. Prinz Candric stand an den Zinnen des Westturms. Von hier aus hatte man einen weiten Blick über den burgähnlichen Königspalast, die Stadt und den Hafen von Aladar. Die Stadt nahm den größten Teil einer Insel ein, die an der Mündung des Grenzflusses zwischen Westanien und Sydien lag. Beide Reiche waren zum Königreich Beiderland vereinigt worden und so fügte es sich glücklich, dass die Hauptstadt auf einem Gebiet lag, das ursprünglich ein Niemandsland gewesen war und zu keinem der beiden Länder gehört hatte.

    Candric blickte hinauf zum Vollmond.

    Der zehnjährige Sohn des Königs von Westanien und der Königin von Sydien spürte sehr deutlich die Veränderung, die sich ankündigte. Er fühlte eine innere Unruhe. Wieder ist Vollmond und ich fürchte, es wird erneut geschehen!, dachte er mit Furcht im Herzen. Es ist wie ein Fluch ... Ich werde mich erneut in einen wilden Ork verwandeln und es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte ...

    Er atmete tief durch.

    Es war besser, wenn er in dieser Stunde allein war, damit niemand etwas merkte. Manchmal ging es ja auch sehr schnell wieder vorbei. Bilder erschienen vor seinem inneren Auge. Erinnerungen daran, wie es war, sich als wilder Ork in einer Schlammgrube zu suhlen, mit einer riesenhaften Streitaxt zu kämpfen, laut zu brüllen und die vier langen Hauer zu fletschen, die diesen hässlichen Wesen aus dem Maul herausragten.

    Und er dachte an Rhomroor, den Ork, mit dem er durch einen Zauber Seele und Körper getauscht hatte, sodass er in einem Ork-Körper gelebt hatte und der Ork Rhomroor in die Gestalt des Prinzen Candric geschlüpft war. Der Elbenmagier Asanil hatte diesen Zauber rückgängig gemacht – so hatte Candric zunächst gedacht.

    Aber offenbar war das doch nicht ganz gelungen, wie sich inzwischen herausstellte.

    „Candric!"

    Der Prinz zuckte regelrecht zusammen, als er die Stimme in seinem Rücken hörte. „Kara!", entfuhr es ihm.

    Das Mondlicht fiel auf ein Mädchen mit dunklen Haaren. Es war Kara, die etwa gleichaltrige Tochter des Haushofmeisters im Palast von Aladar – und außerdem seine engste Vertraute.

    „Hier bist du also!, stellte Kara überrascht fest. „Ich habe dich schon überall gesucht. Und normalerweise bist du doch jetzt auch am ehesten in der Bibliothek anzutreffen ...

    Das Stöbern in den Büchern der königlichen Bibliothek war etwas, was sie beide gerne taten. Oft unterhielten sie sich dann über das, was sie gelesen hatten. Und mehr als einmal hatten sie dabei auch völlig die Zeit vergessen.

    „Kara, was machst du hier?", entfuhr es Candric – und es war überdeutlich, dass es ihm eigentlich nicht recht war, dass sie ihn aufgespürt hatte.

    „Was ist los, Candric? Wieso verkriechst du dich hier?"

    „Es ist besser, du lässt mich jetzt etwas allein."

    „Und wieso bitteschön?"

    „Wir können uns später unterhalten ..."

    „Noch später? Es ist schon nach Mitternacht und ich bekomme wahrscheinlich schon einen Riesenärger, weil ich immer noch durch den Palast geistere, anstatt im Bett zu liegen."

    Ein Ruck ging durch Candrics Körper. Der Thronfolger öffnete den Mund und stieß einen durchdringenden Ruf aus, der weit über den Palast und die Stadt schallte. Er endete in einem lauten Rülpsen. Seine Augen wurden groß. Er wirkte völlig verstört und betastete vorsichtig seinen Oberkörper und sein Gesicht. „Kara?, fragte er und blinzelte. „Wie ist das möglich?

    „Hallo! Du unterhältst dich schon eine Weile mit mir!"

    „Davon weiß ich nichts", widersprach er.

    Er bleckte die Zähne wie ein Raubtier und machte einen Schritt auf Kara zu. Dann gab er ihr völlig unerwartet einen Stoß mit der Faust. Sie taumelte zurück und konnte sich nur mit Mühe auf den Beinen halten.

    „Hey, was soll das denn?"

    Er stieß einen knurrenden Laut aus. „Ich bin es! Rhomroor der Ork!, presste er dann hervor. „Tut mir leid, aber ich musste herausfinden, ob das nur ein Alptraum ist, oder ob ich mich tatsächlich wieder in diesem schwächlichen Menschenkörper befinde. Aber so empfindliche Menschenmädchen wie dich kann man nicht einmal im Traum erfinden!

    Kara sah ihn entsetzt an. Zu deutlich war ihr noch in Erinnerung, wie der Ork Rhomroor mit Candric den Körper getauscht hatte. Als ein Mensch mit der Seele eines Orks war Rhomroor dann durch den Palast gepoltert und hatte sich so ganz anders benommen, als man dies eigentlich von einem Prinzen und Thronfolger erwartete. Und es war schwer genug gewesen, diesen Zauber wieder rückgängig zu machen. Kara schüttelte verzweifelt den Kopf. Sollte da etwa was nicht geklappt haben? „Ich dachte, der Zauber, den Asanil in der Stadt der Spiegel gewirkt hat, hätte das ein für allemal rückgängig gemacht!"

    „Rückgängig stimmt – aber das mit dem ein für allemal wohl nicht so ganz!"

    „Das scheint mir auch so ..."

    Kara sah ihn entgeistert an.

    Rhomroor stieß einen ärgerlichen Schrei aus, der so laut und durchdringend ausfiel, dass auf den Wehrgängen des Palastes und den benachbarten Wachtürmen sich bereits einige der Burgwachen umdrehten.

    „Ups, ich muss mich wohl erst wieder daran gewöhnen, unter Menschen zu sein!, meinte Rhomroor. „Das bedeutet: Niemanden zu grob anfassen, immer nur leise Töne von sich geben und beachten, dass man seinen Zähnen nicht zu viel zumutet – schließlich hat man ja keine Hauer zur Verfügung! Rhomroor knurrte leise vor sich hin und fuhr dann fort: „Eigentlich hatte ich gedacht, das endgültig hinter mir zu haben!"

    ZUR GLEICHEN ZEIT ERWACHTE tief im Land der Orks Candrics Seele mit der gleichen Verwunderung in Rhomroors Ork-Körper, in dem er schon einmal eine ganze Weile hatte überleben müssen.

    Er trug einen Harnisch und an der Seite eine Steinaxt.

    Die überaus kräftigen und großen Pranken ballte er zu Fäusten, öffnete sie anschließend und betastete ungläubig seinen hässlichen Ork-Körper mit den vier langen Hauern im Maul. Er war über und über mit Schlamm bedeckt. Offenbar hatte er vor kurzem erst ein ausgiebiges Bad in der gemeinschaftlichen Schlammgrube hinter sich, in der sich die Orks zu suhlen pflegten. Ein Ork fühlte sich schließlich nicht richtig wohl, wenn er sich nicht regelmäßig im Schlamm wälzen konnte. Das hatte Candric während einer ersten Zeit bei den Orks gelernt. Es war ungefähr so, als wenn ein Mensch für längere Zeit keine Gelegenheit bekam, sich zu waschen.

    Candric blickte sich in der Umgebung um. In der großen Orkherrenhöhle prasselten Dutzende von Feuern, an denen die Orks lagerten. Die meisten von ihnen schliefen.

    Es war nicht das erste Mal, dass Candrics Seele wieder den Körper tauschte und er wieder ein Ork wurde. Jedesmal zu Vollmond war das bisher geschehen. Das erste Mal hatte Candric geglaubt, nur geträumt zu haben und das ganze war auch schon nach wenigen Augenblicken wieder vorbei gewesen. Aber in den Vollmondnächten der nächsten Monate hatten Prinz Candric und Rhomroor der Ork dann für immer längere Zeiten unfreiwillig und ganz von allein die Körper getauscht. Da die beiden in eine geistige Verbindung treten konnten, wenn sie die Gedanken genügend stark auf den jeweils anderen konzentrierten, wusste Candric, dass Rhomroor ebenso überrascht gewesen war.

    Moraxx, der Herr der drei Ork-Länder, hatte durch einen Zauber einst für den ersten Austausch gesorgt. Er wollte die Seele eines Orks in den Körper des Thronfolgers versetzen. Wenn ein getreuer Ork in der Gestalt eines Prinzen dann eines Tages gemeinsamer König von Westanien und Sydien wurde, so hätte Moraxx sein Ziel erreicht. Dann wäre das wichtigste Königreich seiner alten Feinde, der Menschen nämlich, insgeheim unter die Herrschaft eines Orks geraten und hätte Moraxx nicht mehr gefährlich werden können.

    Aber dieser Plan hatte sich längst zerschlagen.

    Rhomroor hatte das Leben eines Prinzen am Königshof ebenso wenig auf die Dauer aushalten können, wie Candric sich auch nicht in der Haut eines Orks wohlgefühlt hatte. Der Zauber des Elbenmagiers Asanil hatte beide von ihrer Qual erlöst und ihnen die Rückkehr in ihr bisheriges Leben erlaubt.

    Doch es schien so, als würde die Macht von Moraxx' Zauber langsam zurückkehren.

    War Asanils Zaubermacht doch nicht groß genug gewesen, um  den unheilvollen Bann auf Dauer zu brechen?

    Von Mal zu Mal hatte sich die Zeit, in der Candric und Rhomroor wieder mit vertauschten Körpern leben mussten, verlängert.

    Beim letzten Vollmond hatte dieser Zustand eine ganze Nacht angedauert. Danach war es glücklicherweise vorbei gewesen – fast wie bei einem bösen Traum, den man durch die ersten Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fielen, schon zur Hälfte wieder vergessen hatte.

    Aber sicherheitshalber hatte Candric sich in den Vollmondnächten versteckt, sodass niemand die Veränderung bemerkte. Vielleicht, so lautete seine Hoffnung, ging das alles ja von selbst wieder vorbei ...

    So, wie sonst auch.

    Eine Nacht in einer feuchten, kühlen Ork-Höhle – das ließ sich durchstehen.

    Zudem hatte ihn beim letzten Mal anscheinend niemand unter den Orks wirklich bemerkt. Schließlich war der Seelentausch ja mitten in der Nacht vollzogen worden und da hatten auch die meisten Orks die Augen geschlossen und schliefen.

    ETWAS FLOG DURCH DIE Luft.

    Eine Handvoll Hornechsen-Dreck klatschte ihm genau ins Ork-Gesicht. Da Candric nicht daran gedacht hatte, sein Ork-Maul rechtzeitig zu schließen, landete ein erheblicher Anteil  in seinem Rachen.

    Candric musste würgen. Hornechsen-Dreck hatte einen sehr intensiven Geruch.

    Er spuckte und schnaubte. „Was sollte das denn?, knurrte er, wischte sich erstmal den Dreck aus den Augen und sah dann Brox, einen Ork, mit dem er zwar häufig gekämpft, sich aber letztlich ganz gut verstanden hatte. „Ein Willkommensgruß für einen netten Verlierer!, sagte Brox.

    Netter Verlierer, das war de Bezeichnung für einen Freund, wie Candric sehr wohl wusste. So hatte Brox Candric genannt, bevor sich der Königssohn im Ork-Körper zum Turm des Magiers aufgemacht hatte, um eine Möglichkeit zu finden, in seinen alten Körper zurückzugelangen. Da Candric aber wusste, dass Brox sich mit Rhomroor überhaupt nicht gut verstanden hatte, musste Brox ihn offenbar erkannt haben.

    „Du bist es doch – oder? Der Menschenkönigssohn, der es anfangs etwas schwer hatte, sich hier durchzuschlagen, weil man an seinem Hof wohl etwas andere Sitten kennt..."

    „Woher weißt du, dass ich es bin?"

    „Ach, Candric!" Der Ork machte eine wegwerfende Handbewegung.

    Einer der anderen Orks rührte sich im Schlaf. Offenbar hatten sie zu laut gesprochen. Jetzt nur keines der Ork-Kleinkinder aufwecken!, dachte Candric. Wenn eines davon anfing zu schreien, konnten die Folgen im wahrsten Sinn des Wortes ohrenbetäubend sein. Orks hatten nämlich eine sehr eigenwillige Art und Weise, sich gegenseitig zu trösten. Wenn jemand schrie, brüllte nach und nach der ganze Stamm mit, um das Geschrei zu übertönen. Das sollte denjenigen, der Schmerzen hatte, deutlich machen, dass er nicht allein war und alle mit ihm litten.

    Ein einziges schreiendes Kleinkind konnte da mitunter zu einer völlig unberechenbaren Kettenreaktion führen, nach der dann jedem, der das nicht gewöhnt war, erstmal die Ohren klingelten.

    „Lass uns aus der Höhle gehen!, forderte Brox. „Sonst gibt es hier in Kürze ein allgemeines Stammesgebrüll und man kann sein eigenes Wort nicht mehr verstehen.

    Candric hatte nichts dagegen einzuwenden. Allerdings bohrte nach wie vor die Frage in ihm, wieso Brox sofort erkannt hatte, dass in diesem Ork-Körper nun ein anderer Geist steckte!

    Vielleicht werde ich das ja noch erfahren!, dachte Candric.

    Sie gingen aus der Orkherrenhöhle auf die vorgelagerte Felsenkanzel. Der Vollmond stand wie ein großes Auge, das zu ihnen herabblickte, am Himmel und spiegelte sich im nahen Meer. Dessen Rauschen war die ganze Zeit über zu hören.

    Dort, wo die Felsenkanzel endete, waren die Abbruchkanten schroffer Felswände. Es ging steil in die Tiefe, aber für einen Ork war es keine Schwierigkeit auch an diesen Wänden beim klettern Halt zu finden. Candric hatte das während der Zeit, die er unter den Orks gelebt hatte, selbst getan und sich gewundert, wie leicht es war, vorausgesetzt, man hatte einen unempfindlichen, mit Muskeln bepackten Ork-Körper mit den dazugehörigen starken Pranken. Selbst im kleinen Finger hatte ein Ork mehr Kraft, als so mancher Mensch in der ganzen Hand. Zu dem schmalen Strand zu gelangen war kein Problem. Und am östlichen Ende der Felsenkanzel konnte man direkt in die große Schlammgrube des Stammes springen.

    Dorthin gingen Candric und Brox nun.

    Brox setzte sich an die Kante und ließ seine kräftigen Beine hinunterbaumeln. Er sah auf die künstlich angelegte Schlammgrube hinab und meinte: „Ah, vielleicht nehme ich gleich noch ein kleines Bad! Ich habe noch mit niemand anderem darüber gesprochen, aber ich habe etwas empfindliche Haut und muss deswegen immer darauf achten, dass sie von genug getrocknetem Schlamm bedeckt wird... Er zog sich das Gewand zurecht, dass unter dem Harnisch hervorschaute. „Die Wolle scheuert so, wenn keine Schlammschmiere dazwischen ist. Kommst du mit?

    „Ich weiß nicht", sagte Candric.

    „Wir können ja auch vorher kämpfen und der Verliererwird dann in die Grube geworfen, so wie wir es früher oft gemacht haben."

    Ein grunzender Ton klang aus dem Schatten zwischen den schroffen Bergen herüber. Zwischen diese Bergen waren die Hornechsen eingepfercht, die der Stamm als Reittiere benutzte.

    „Woher wusstest du, dass ich – Candric – bin?", fragte  der Königssohn im Ork-Körper dann.

    Brox verzog das Gesicht. Seine vier Hauer traten nun deutlich hervor und etwas Speichel troff ihm herunter. Er bohrte mit der Nagelkralle seines linken Zeigefingers zwischen den Zähnen herum und flippste dann irgendein Stück davon. „Riesenschreckenflügel!, bemerkte er dazu. „Sie bleiben immer gerne mal zwischen in den Hauern stecken, wenn man draufgebissen hat, anstatt sie einfach so herunterzuwürgen – aber das Problem kennst du ja inzwischen auch.

    „Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet."

    Eine der Hornechsen stieß jetzt einen durchdringenden Ruf aus, so als wollte sich das Tier es verbitten, durch das nicht gerade leise Gerede zweier Orks in seiner Nachtruhe gestört zu werden.

    „Stille dahinten, ihr Hornviecher!, rief Brox. „Oder ich verstopfe euch die Ohren mit Schlamm.

    Daraufhin war tatsächlich Ruhe unter den Hornechsen. Ob das nun mit Brox' großspurigem Auftreten zu tun hatte oder nicht. „Das kommt davon, wenn der Anführer nicht da ist. Dann werden sogar die Hornechsen frech!", meinte Brox.

    „Der Anführer ist nicht da?, fragte Candric. „Wo ist Moraxx?

    „Moraxx ist nicht mehr unser Anführer, erklärte Brox. „Er hat sich mit einigen Getreuen davongemacht. Aber das ist schon ein paar Monate her.

    „Moraxx ist nicht mehr hier?", wunderte sich Candric.

    „Prataxx ist jetzt unser Anführer, sagte Brox. „Jedenfalls behauptet er das. Allerdings muss er sich noch richtig durchsetzen und im Moment kann er froh sein, wenn hier alle in der Orkherrenhöhle auf ihn hören. Bis die Orks aller drei Orkländer seinen Befehl gehorchen, wird es wohl noch länger dauern – und wer weiß, vielleicht ist Moraxx dann ja auch schon wieder zurück. Brox hämmerte Candric mit der geballten Ork-Faust so doll auf den Rücken, dass es einen dumpfen Ton gab, so als hätte man auf eine tiefe Trommel geschlagen. Candric konnte im ersten Moment gar nichts sagen, sondern schnappte nur nach Luft. „Du hast mich gerade gefragt, wieso ich gleich erkannt habe, dass du nicht Rhomroor bist! Genau daran zum Beispiel. So gut du dich damals an unsere Sitten auch angepasst hast, aber man konnte immer spüren, dass du anders bist!"

    „Ja, mag sein", gab Candric zu.

    „Außerdem hat Rhomroor mir davon erzählt ..."

    Candric sah Brox überrascht an. „Wie bitte? Ich dachte, ihr prügelt euch nur!"

    Brox fletschte die Hauer und stieß einen brummenden Knurrlaut aus. „Immer wieder gerne!, gab er zu. „Aber es ist eigenartig. Wir beide haben uns ja schließlich ganz gut verstanden. Und seltsamerweise hat sich das auch auf Rhomroor  übertragen. Wir stehen jetzt bei Prügeleien meistens auf der selben Seite!

    „Was du nicht sagst!"

    „Ja, und er hat mir anvertraut, dass ihr ab und zu wieder den Körper tauscht."

    „Das stimmt."

    „Warum eigentlich? Hat es dir Schwächling so gut bei uns Orks gefallen, dass du unbedingt wieder zurück wolltest? Oder wollte Rhomroor unbedingt euren Palast in Aladar in Trümmer legen und noch einmal beim Turnier des Ritternachwuchses alle Konkurrenten verprügeln und als überlegender Sieger vom Turnierplatz gehen – was ja auch eigentlich keine Kunst für einen richtigen Ork sein dürfte."

    „In einem Menschenkörper schon!", gab Candric zu bedenken.

    „Hm, brummte Brox. „Stimmt auch wieder. Ich möchte mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, so schwach zu sein. Deswegen verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht, dass sich Rhomroor nochmal darauf eingelassen hat, mit dir zu tauschen!

    „Es passiert einfach!, erklärte Candric. „Und bisher war es immer nur sehr kurz!

    Brox nickte fast mitfühlend. „So hat Rhomroor das auch beschrieben. Und ihr habt euch dann jeweils im anderen Körper einfach für eine Weile ruhig verhalten, um nicht aufzufallen. Aber diesmal scheint es länger zu dauern ..."

    „Ich habe keine Ahnung, woran das liegt. Eigentlich sollte der Zauber nicht mehr wirken ..."

    Brox bohrte sich in der Nase und schnippste das, was er gefunden hatte, fort. „Deswegen würde ich mich niemals mit Magie einlassen! Das ist einfach unberechenbar! Aber Moraxx denkt da anders. Er packte Candric am Arm. „Komm, das Schlammbad werden wir uns trotz allem nicht verderben lassen! Dann zog Brox Candric einfach mit sich und beide Orks fielen hinunter in die Tiefe.

    Der Schlamm spritzte hoch auf, als sie unten ankamen. Es war eine ziemlich weiche Landung, wie Candric fand. Ein Ork-Körper konnte viel aushalten und langsam begann sich Candric wieder daran zu erinnern, dass er sich nicht so leicht verletzen konnte wie in seinem menschlichen Körper.

    Brox nutzte die Gelegenheit und tauchte Candric aus purem Übermut einfach unter. Er drückte Candrics Ork-Kopf in den Schlamm. Candric spürte den Geschmack in seinem Maul. Als Prinz von Beiderland hätte er sich jetzt sicherlich übergeben müssen und allein schon der Geruch dieses Schlamms hätte ihm schier den Atem geraubt. Aber wenn sich seine Seele in Rhomroors Ork-Körper befand, dann veränderte sich nach einer Weile alles. Auch der Geschmack und der Geruch. Er fühlte bereits wieder den Spaß, den es machte, seine riesigen Muskeln auch zu benutzen. Selbst die Arme eines noch sehr jungen Orks waren schon viel dicker als selbst die kräftigsten Beine der stärksten Ritter am Hof von Aladar. So packte er Brox einfach unter den Armen, riss ihn ein Stück hoch und schleuderte ihn durch die Luft, sodass er ein paar Schritt entfernt mit dem Rücken wieder in den Schlamm klatschte. Dann warf er sich auf ihn. Beide wälzten sich übereinander. Jeder versuchte den anderen so lange wie möglich in den Schlamm zu tauchen oder ihm so viel wie möglich davon ins Maul zu stopfen.

    Ein Geräusch ließ beide dann plötzlich damit aufhören. Unruhe brach bei den Hornechsen aus. Irgendetwas stimmte da nicht, mindestens zwanzig oder dreißig dieser riesenhaften Tiere fingen an zu brüllen. Aber in dieses Geräusch mischte sich etwas anderes. Ein Grollen, das wie ein beginnendes Gewitter klang. Zuerst hielt Candric es noch dafür, aber spätestens, als die Erde zu seinen Füßen zu beben anfing, wusste er, dass die Ursache etwas anderes sein musste.

    Ein Erdbeben!

    Geröllmassen gerieten und ein ganzes Stück von einem nahen Berghang gerieten in Bewegung. Abgebrochene Felsbrocken und Erdreich stürzten in die Tiefe. Und die Hornechsen stoben in Panik donnernd davon. Einige kamen wie von Sinnen auf die Schlammgrube zu. Eigentlich brachte man den Hornechsen von klein auf bei, dass sie dort nichts zu suchen hatten. Schließlich war dieser Schlamm ausschließlich für die Orks! Nicht, dass Orks grundsätzlich etwas dagegen einzuwenden gehabt hätten, ihre Schlammgrube mit Hornechsen zu teilen, aber die die riesenhaften Reittiere brauchten einfach viel zu viel Platz.

    Candric sprang mit einem Satz zur Seite.

    Drei Hörner hatte diese Hornechse, dahinter ein Knochenschild, der den Nacken schützte – und zum Teil auch den Ork-Krieger, der ansonsten auf dieser Kreatur in die Schlacht ritt.

    Weder wollte Candric mit diesen Hörnern nähere Bekanntschaft machen, noch von dem massigen Körpern mit den breiten Füßen einfach über den Haufen geworfen und in den Schlamm hineingepflügt zu werden.

    Bei aller Unempfindlichkeit eines Ork-Körpers – das konnte selbst für den Stärksten unter ihnen gefährlich werden.

    Brox brachte sich ebenfalls mit einem Sprung in Sicherheit. Aber da kam schon das nächste gehörnte Monstrum mit Schaum vor dem Maul und dröhnende Laute ausstoßend.

    Eigentlich waren Hornechsen nicht dumm.

    Sie konnten sogar viele Wege selbst finden, sodass ein Ork-Reiter, der seine Hornechse gut erzogen hatte, manchmal sogar im Sattel schlafen konnte.

    Aber jetzt hatten sie einfach nur entsetzliche Furcht, weil da etwas in den Bergen vor sich ging, was sie nicht verstanden. Ganze Teile des Gebirges brachen einfach ab. Riesige Felsbrocken rutschten herunter, während gleichzeitig unter ihren Füßen die Erde bebte.

    Kaum hatte sich Candric wieder aufgerappelt, da musste er schon der nächsten Hornechse ausweichen. Das war nur ein Neugeborenes, aber selbst das reichte Candric bis zur Brust und hätte ihn einfach umrennen und auf die Hörner nehmen können.

    Auf dem Schlamm zu laufen, fiel den Hornechsen leicht. Sie hatten breite Füße und sanken kaum ein.

    Gerade war Candric dem Hornechsen-Baby ausgewichen, da erwischte ihn dessen Mutter mit der Schulter und dem Knochenschild. Candric wurde in die Höhe geschleudert!

    Jetzt nur nicht auf einem der Hörner landen!, dachte er in diesem Moment. Denn von einem Hornechsen-Horn aufgespießt zu werden, das überlebte auch ein Ork nicht.

    Er hatte Glück.

    Statt auf einem Horn zu landen, fiel er auf den Rücken eines gewaltigen Hornechsen-Männchens. Im nächsten Moment riss die Erde auf und es entstand ein breiter Spalt, der Candric, Brox, ein halbes Dutzend Hornechsen und mehr als die Hälfte der Schlammgrube in die Tiefe fallen ließ.

    Candric hielt sich am Rücken des Hornechsen-Männchens fest und landete auf dessen Körper. Eine kleinere Hornechse schrammte dicht an ihm vorbei und er hatte Glück, nicht einfach zerquetscht zu werden. Dann regnete es Schlamm.

    Brox, der auch hinuntergestürzt war, kletterte auf einen Felsen am Fuß der entstandenen Spalte und stellte sich an eine Stelle, an die besonders viel Schlamm von oben herabkam, breitete die Arme aus und rief: „Von so etwas habe ich immer geträumt! Das ich das noch erleben darf!"

    Candric war weit weniger erfreut. Er blickte empor.

    Der Spalt war so tief, dass die meisten Türme des Königspalastes von Aladar darin bis zur Spitze verschwunden wären. Und noch immer zitterte die Erde. Von den Seiten brachen immer wieder kleinere Stücke ab und fielen in die Tiefe.

    Ein Brocken fiel Candric genau auf den Kopf. In seinem Menschenkörper wäre er davon erschlagen worden, aber ein Ork-Schädel hielt da eindeutig mehr aus.

    Oben am Rand versuchten einige Hornechsen, die gerade in vollem Lauf gewesen waren, noch gerade zu verhindern, dass auch sie hinunterstürzten. Manchen gelang das allerdings nicht. Sie hatten zu viel Schwung und sausten in die Tiefe, brüllten dabei laut auf und anschließend brüllten auch jene Hornechsen, die sie durch ihren Sturz getroffen hatten.

    Man konnte nur froh darüber sein, dass der Großteil der Herde wohl ohnehin in die entgegengesetzte Richtung gelaufen war, denn jenseits der Schlammgrube war nur der schmale Strand und dann das Meer. Trotz ihrer Panik angesichts des Erdbebens hatten sich die meisten der Echsen offenbar daran erinnert. Andernfalls hätte sich nun wohl ein großer Strom von ihnen gegenseitig unwillentlich in die Tiefe gedrängelt.  So waren es nur ein paar, die noch folgten.

    Aber das war allein schon schlimm genug.

    Zwar war diese Erdspalte mehr als doppelt so breit wie selbst die Prachtstraßen in der königlichen Hauptstadt Aladar, aber mit fast zwanzig dicken, wütenden und in Panik versetzten Hornechsen darin, konnte es dort schon auch für einen Ork ganz schön ungemütlich werden. Denn die Hornechsen rempelten sich nun gegenseitig an. Sie versuchten nach rechts und nach links dieser Enge zu entkommen, aber da waren nichts als steile Wände. Und wenn sie sich dann auch noch gegenseitig mit ihren Hörnern piekten, gerieten sie in Streit miteinander und begannen zu kämpfen. Es herrschte ein ohrenbetäubendes Gebrüll in der Erdspalte. Candric hatte ja schon erlebt, wie laut es sein konnte, wenn ein ganzer Ork-Stamm aus Mitleid mit einem von ihnen mitbrüllte – aber das, was die Hornechsen demgegenüber an Krach zu Stande brachten, war noch um ein Vielfaches schlimmer.

    Schier unerträglich – das waren die einzigen Worte, die es für Candrics Begriffe auf den Punkt brachten. Als er überlegte, wie man das in der Ork-Sprache ausdrücken konnte, fiel ihm ein, dass es dafür gar keine richtige Übersetzung gab. Man musste es umständlich umschreiben. Offenbar war es für die Orks wohl undenkbar, dass es irgendetwas geben könnte, was für einen Ork wirklich schier unerträglich sein konnte.

    Man ging wohl davon aus, dass Orks so gut wie alles auszuhalten vermochten.

    CANDRIC KLETTERTE DIE steile, brüchige Felswand ein Stück empor, um sich in Sicherheit zu bringen. Er erinnerte sich schnell daran, wie man eine solch Wand in kurzer Zeit hinaufkam. In seinem Menschenkörper wäre er da völlig unbeholfen gewesen. Aber mit den kräftigen Armen eines Orks war das überhaupt kein Problem. Die Finger waren stark genug, auch an kleinsten Vorsprüngen und Vertiefungen noch Halt zu finden. Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte Candric, dass Brox unterdessen auf der anderen Seite der Erdspalte emporgeklettert und schon ein ganzes Stück weiter in die Höhe gelangt war. Jetzt hielt er allerdings inne.

    Und selbst die wilden Hornechsen unten in der Spalte hörten für einige Augenblicke mit ihrem Gebrüll auf, so als hätte ein geheimes Zeichen sie dazu veranlasst.

    In Wahrheit hatten sie nur dasselbe gespürt, was auch Brox aufgefallen war und schließlich auch Candric bemerkte. Die Erde bewegte sich wieder. Candric spürte, wie er langsam den Halt verlor, weil sich ein großer Brocken einfach aus der Felswand löste. Ehe er mit diesem Bruchstück einfach in die Tiefe stürzte, versuchte Candric einfach weiter in die Höhe zu klettern, doch, wo er auch seine Griffe ansetzte, überall gab das Gestein nach. Alles zerbröckelte. Dann ging ein Ruck durch das Erdreich. Die Spalte erweiterte sich noch einmal erheblich. Sie reichte jetzt bis zum Strand. Das Meerwasser drang ein. 

    In einer hohen Welle spülte es in die Erdspalte hinein. Candric verlor den Halt, fiel und im nächsten Moment schmeckte er nur noch Salzwasser.

    Die Erdspalte füllte sich mit Meerwasser. Alles wurde durcheinander gespült und mitgerissen: die Hornechsen, Felsklumpen und die beiden Orks. Die Hornechsen waren als gute Schwimmer bekannt und strampelten nur so um sich. Candric hingegen sah eine ganze Weile gar nichts mehr. Mal glaubte er, den Körper einer Hornechse zu spüren, dann trank er unfreiwillig Unmengen von Wasser. So viel Salzwasser hatte er wohl noch nie geschluckt und auch wenn ein Ork weit weniger empfindlich als ein Menschenjunge war, so war dies doch eindeutig zu viel.

    Immerhin konnten Orks ziemlich lange die Luft anhalten und das kam Candric jetzt zugute.

    Aber als er endlich an die Oberfläche aufgestiegen war,  musste er erst Wasser spucken, bevor er nach Luft schnappen konnte.

    „Hier her! Na los!", rief Brox.

    Er hatte es inzwischen schon geschafft, aus der Spalte herauszukommen, stand am Ufer und musste nur darauf achten, nicht erneut ins Wasser zu fallen, denn an den Rändern der Erdspalte brachen immer wieder Stücke ab.

    Aber ein Gutes hatte es, dass sie nun mit Meerwasser gefüllt war: Man brauchte nun nicht mehr die brüchigen Wände hinaufzuklettern, sondern konnte einfach ans Ufer schwimmen. Schwierig wurde es dann erst wieder beim Hinaussteigen. Beim ersten Versuch brach erneut ein Stück ab und Candric wurde zurück ins Wasser gespült. Erst beim zweiten Mal klappte es. Brox half ihm, indem er seinen Gürtel abschnallte, Candric ein Ende entgegenwarf und ihn dann zu sich heranzog.

    „Danke!", sagte Candric, als er pitschnass am Ufer stand. Er schüttelte sich wie ein Hund, der ein Bad genommen hatte.

    Brox schnallte sich seinen Gürtel wieder um.

    „Der schöne Schlamm!, meckerte er. „Alles weg! Und das Schlimmste: Unsere Stammesschlammgrube ist auch hin! Es wird eine Weile dauern, bis wir eine neue angelegt haben!

    INZWISCHEN WAREN ZAHLREICHE andere Orks durch das Getöse erwacht und aus der Höhle gestürmt. Manche waren am Rand des kleinen Sees, der nun in der Erdspalte entstanden war, gleich abgerutscht und ins Wasser gefallen.

    Andere begannen damit, den schwimmenden Hornechsen dabei zu helfen, wieder an Land zu kommen. Die Tiere waren sehr schwer. Sie konnten zwar gut klettern und die Orks ritten auch in gebirgigem Gelände auf ihnen, aber der Rand, der mit Wasser gefüllten Erdspalte war sehr rutschig. Ständig drohten weitere Stücke abzubrechen. Abgesehen davon schien sich die Unruhe im Inneren der Erde noch keineswegs gelegt zu haben. Wieder und wieder hatte Candric das Gefühl, plötzlich den festen Boden unter den Füßen zu verlieren. Für Orks war das genauso verunsichernd, wie für die Hornechsen, die sich kaum beruhigen konnten.

    Was geschieht hier nur?, ging es Candric durch den Kopf.

    „Seht! Dort hinten!, rief unterdessen einer der Orks. Er war völlig außer sich. „Der Berg sinkt!

    Mit einem dumpfen, grollenden Laut sank tatsächlich einer der in der Nähe befindlichen Berggipfel ein ganzes Stück hinab. Gerade noch hatte die Spitze von Candrics Standpunkt aus fast bis zum Mond hinaufgereicht. Aber dort, wo sich eben noch der dunkle Schatten des spitzen Bergmassivs erhoben hatte, leuchteten jetzt die Sterne.

    Aber nicht lange.

    Schon wenige Augenblicke später stieg eine Staubwolke aus den umliegenden Tälern auf und verdunkelte den Himmel so sehr, dass es völlig finster wurde. Der Staub zog schließlich sogar bis zu Candric und den Orks herüber. Ork-Lungen waren unempfindlich, aber jetzt fing doch der eine oder andere von ihnen an zu husten.

    „Haben wir irgend etwas getan, was die Geister des Untererdreichs zornig gemacht hat?, murmelte Brox kopfschüttelnd. „Wie kann das sein? Ein ganzer Berg stürzt in die Tiefe und ist jetzt nur noch ein kleiner Hügel?

    Ein entsetztes Schweigen herrschte unter den Orks.

    Mehrere Erschütterungen ließen den Boden unter ihren Füßen erneut zittern. Aber mittlerweile hatten auch die letzten Mitglieder des Stammes die Orkherrenhöhle verlassen. Wenn sie jetzt eingestürzt wäre, hätte es zumindest keine Verschütteten gegeben.

    „Vielleicht sind die Geister des Untererdreichs mit unserem neuen Anführer nicht einverstanden!", hörte Candric eine der Ork-Mütter sagen, deren Ork-Kind auf ihren Schultern herumturnte und Grimassen schnitt.

    „Ich habe gleich gesagt, dass dieser Prataxx nicht der Richtige ist! Nur das größte Ork-Maul haben und am lautesten rülpsen können, reicht eben noch nicht so ganz, um ein guter Anführer zu sein!", meinte ein schon etwas älterer Ork, dessen Haut im Laufe der Jahre völlig schlammfarben geworden war. Er trug stets eine Hellebarde bei sich – aber weniger, um damit zu kämpfen, als vielmehr, um sich darauf zu stützen.

    „Los, worauf wartet ihr noch! Fangt die Hornechsen wieder ein!", rief ein Ork von besonderer Größe, der die meisten anderen um fast einen halben Kopf überragte. Sein Maul war selbst für Ork-Verhältnisse riesig und die vier Hauer ebenfalls. Einer davon war zur Hälfte abgebrochen, aber trotzdem noch länger als die Hauer der meisten anderen Orks. Außerdem trug er einen Harnisch. Obwohl er einer der größten und kräftigsten Orks war, musste der Harnisch für ein noch größeres Wesen gemacht worden sein. Er war ihm jedenfalls eindeutig zu groß.

    „Das ist Prataxx!, raunte Brox. „Und viele sagen, dass  der Posten als Anführer ebenso zu groß für ihn ist wie sein Harnisch, von dem er immer behauptet, er hätte ihn einem riesigen Troll gestohlen, als er vor ein paar Jahren eine weite Wanderung in die nördlichen Berge von Trollheim, machte!

    CANDRIC UND BROX BETEILIGTEN sich wie alle anderen daran, die vor Schreck halb wahnsinnig gewordenen Hornechsen wieder einzufangen.

    Die Tiere waren nach Norden geflohen, wo sie sich viele von ihnen in einem Tal sammelten. Aber das galt längst nicht für alle dieser Kolosse. Manche waren vermutlich so sehr von Angst erfüllt, dass sie wahrscheinlich erst nach einer tagelangen Flucht wieder zur Ruhe kamen – mehr vor Erschöpfung, als dass sie sich dann wirklich beruhigt hatten.

    Der ganze Ork-Stamm der Orkherrenhöhle beteiligte sich an dieser Suche. Selbst die kleineren Ork-Kinder kletterten Berge empor, um von dort aus Ausschau zu halten, ob nicht irgendwo in einem der zahllosen Täler im Küstengebirge noch irgendwo eine versprengte Hornechse zu finden war.

    Candric machte sich zusammen mit Brox auf den Weg. Sie nahmen Seile mit und schlangen sie sich wie eine Schärpe um den Oberkörper. Wenn sie dann ein Tier eingefangen hatten, konnten sie es damit immerhin für eine Weile an den Hörnern festbinden.

    Bis zum Morgengrauen waren sie damit beschäftigt und hatten noch immer nicht alle Tiere wieder eingefangen. Hin und wieder zitterten noch die Berge. Manchmal brach ein großer Felsbrocken aus den steil aufragenden Wänden heraus, aber all diese Beben waren nicht einmal mehr halb so schlimm wie die ersten Erdstöße.

    Auch wenn Brox das ungern zugeben wollte, so war es für Candric sonnenklar, dass der Ork inzwischen eine ziemlich große Angst vor den Mächten hatte, die da offenbar unter seinen Füßen rumorten und so völlig unberechenbar waren.

    Auf einem Hochplateau fingen sie eine besonders große Hornechse. Wie sie dorthin gelangt war, blieb den beiden Orks ein Rätsel. Die schmalen Pfade, die zu diesem Hochplateau hinführten waren eigentlich für so ein großes Tier kaum geeignet.

    Und die Hänge waren selbst für gute Kletterer viel zu steil.

    Vielleicht konnte ein Ork daran noch Halt finden, aber keineswegs ein Wesen von der Größe einer Hornechse.

    Jedenfalls war die Hornechse jetzt ziemlich verängstigt, denn sie traute es sich ganz offensichtlich nicht mehr zu, diesen Ort zu verlassen.

    „Tja, das ist mal wieder typisch!, meinte Brox. „Hinaufklettern ist immer leichter als wieder hinunterzugelangen – es sei denn, man springt einfach in die Tiefe!

    „Aber sowas machen doch höchstens Orks!, meinte Candric. „Und keine empfindlichen Hornechsen!

    Brox lachte dröhnend.

    „Kaum eine halbe Nacht scheint für deine Seele schon wieder ausgereicht zu haben, um dich an das Leben unter uns Orks restlos zu gewöhnen!, meinte er und gab Candric einen kräftigen, freundschaftlichen Schlag auf den Rücken. „So als wärst du nie weg gewesen!

    „Naja, ganz so entspricht das natürlich nicht den Tatsachen", gab Candric zurück.

    „Hast du eine ungefähre Ahnung, wie lange dein Zustand diesmal andauern wird?, erkundigte sich Brox. Er zuckte die breiten Schultern und fügte noch hinzu: „Schließlich möchte ich gerne wissen, ob ich mich immer noch mit Candric unterhalte oder schon wieder mit Rhomroor, diesem Nichtsnutz und Möchtegern-Krieger!

    „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich habe den Tausch der Seelen nicht unter Kontrolle!"

    Brox wandte den Blick in Candrics Richtung und stieß einen klagenden Laut aus. „Ziemlich übel, sowas. Ich hoffe für dich, dass man was dagegen machen kann!"

    „Ich weiß auch nicht ... Es muss eine Art Fluch oder dergleichen sein. Aber leider kann ich denjenigen, der die meiste Ahnung von diesem Seelentauschzauber hat, ja im Moment nicht fragen – mal abgesehen davon, dass ich noch nicht einmal sicher sein könnte, dass er mir überhaupt eine Antwort darauf geben würde."

    GEMEINSAM SCHLANGEN sie der verängstigten Hornechse eine Seilschlinge um die Hörner und zogen sie dann hinter sich her. „Na komm schon, du echsenhaftes Hornvieh! Irgendwie bist du ja auch hier hinaufgelangt! Jetzt stell dich nicht so an!", rief Brox.

    Es ging über einen sehr schmalen Grat. Die Hornechse verlor das Gleichgewicht, strampelte mit ihren Beinen und konnte sich im nächsten Moment nicht mehr halten. Das riesige Tier rutschte und riss die beiden Orks mit sich in die Tiefe.

    Glücklicherweise landeten sie auf einen moosüberwachsenen Vorsprung. Das enorme Gewicht der Hornechse sorgte allerdings dafür, dass dieser Felsvorsprung abbrach.

    Brox und Candric landeten auf dem Körper der Hornechse, die nun mitsamt dem abgebrochenen Felsbrocken einen geröllhaltigen Hang hinunterrutschten. Immer tiefer ging es und so sehr sich die beiden Orks auch darum bemühten, diese Abwärtsrutschpartie zu stoppen – es gelang ihnen nicht. Dann kamen sie an einen Abgrund. Eine Erdspalte tat sich vor ihnen auf. Sie war offenbar durch dasselbe Erdbeben entstanden, das auch die Schlammgrube des Stammes hatte verschwinden lassen.

    Zusammen mit der Hornechse stürzten sie in die Tiefe.

    Wider Erwarten landeten sie dann jedoch recht weich. Unter ihnen war Schlamm, der in die Erdspalte geflossen war. Die Hornechse strampelte laut schnaubend und stieß dröhnende Laute aus. Sie schien völlig verzweifelt zu sein und prustete. Brox hingegen war zunächst gar nicht zu sehen, während Candric bis zum Hals in den Schlamm eingesunken war. Ein Mensch wäre wohl darin versunken, aber für einen Ork war es kein Problem, sich mit ein paar kräftigen Bewegungen der Arme wieder zu befreien. Allerdings gab es fast nirgendwo festen Grund unter den Füßen.

    Brox schoss plötzlich aus dem Schlamm hervor.

    „Mann, ist das ein Bad! Bei allen Ork-Geistern, so ein Schlammbad habe ich noch nie erlebt! Davon müssen wir dem Stamm erzählen!"

    „Und du

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1