Wahre Tiere: Vier Tiergeschichten
Von shindoro und Albert Wüst
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Über dieses E-Book
Die Geschichten von shindoro zeugen von großem Verständnis, Toleranz und wahrer Tierliebe. Es sind die Tiere, die den Menschen den Spiegel vorhalten, seiner Geldgier und der Freiheit auf Kosten anderer. Gleichzeitig erfährt der Leser in den teilweise märchenhaften Erzählungen unter anderem, warum die Raben schwarz und bei den Elefanten die Weibchen die Leittiere einer Herde sind. So sind die Erlebnisse der Tiere für Groß und Klein lehrreich und ein Anstoß, über das menschliche Miteinander nachzudenken.
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Buchvorschau
Wahre Tiere - shindoro
Matter
Der heilige Franziskus spricht zu den Tieren
Eine Ameise kletterte unter der Kutte am Bein von Bruder Leo hoch.
„Was muss ich jetzt tun, Franziskus? Muss ich das Biest mich bis zur Bewusstlosigkeit kitzeln lassen und beten und leiden? Oder darf man sich wehren?", fragte Bruder Leo.
„Wofür hat dir der liebe Gott Gelenke und Muskeln in deine Haxen eingebaut? Doch wohl, dass du sie brauchen darfst! Hebe deine Kutte, schüttle dein Bein und sie verabschiedet sich unverletzt. Aber es ist sicher nicht verboten, dass du ihr sagst, dein Bein sei dein persönliches Terrain, und ihr einige Grußworte auf den Weg gibst", antwortete Franziskus.
Der heilige Franziskus und sein Mitbruder Leo wanderten über Feld und Wiesen und gelangten in einen Wald. Aus ihm drang ein Geschrei, dass Gott erbarm. Es klang nach Zeter und Mordio, an denen offensichtlich viele Tiere beteiligt waren. Die Bäume teilten sich und gaben den Blick auf einen Elchkadaver frei, der am Boden lag.
Ein Bär fraß am Kadaver, sein Gebiss verhakte sich im blutigen Fleisch und riss ein Stück los, drückte es mit den Tatzen auf den Boden, um es zu zerteilen. Geier stürzten sich auf den losgelösten Brocken, versuchten ihn dem Bären abzujagen.
Dieser schlug mit den kräftigen Tatzen wild um sich, brüllte wütend gegen die frechen Diebe, wollte seinen Fraß verteidigen. Wölfe vergruben sich ebenfalls in den Kadaver, versuchten sogar, ihn abzuschleppen und die Beute für sich zu sichern. Sogar unter sich stritten sie und jeder setzte alle seine Kraft ein, einen Happen für sich allein zu reklamieren. Es kam zu wütenden Bissen nach rechts und links. Da mischten sich noch Raben ein, indem sie zwischen die Räuber flogen, kämpften mit Schnabelhieben, um Wölfe und Geier zu vertreiben. Für kurze Zeit gelang es ihnen auch, Sieger zu sein, um aber nur gleich wieder Tatzenhieben, Geierschnäbeln und Wolfsattacken weichen zu müssen. Schwer fiel es allen Beteiligten, in genügendem Maße zum Fressen zu kommen. Zu viel Energie musste auf Verteidigung gegen Konkurrenten aufgewandt werden. Ein Klima von Hass, Gewalttätigkeit, Lärm und Gezanke herrschte und die Eskalation des Wettstreites um den Futternapf forderte ihre Opfer. Ein Wolf blutete aus dem Maul, ein anderer verlor ein Auge, weil ein Geier seinen scharfen Schnabel ins Organ wuchtete. Auch der Bär trug einige Verletzungen davon, einem andern Geier war ein Flügel gebrochen, ein Rabe lag tot im Elchbauch. Die Schwerverletzten zogen sich mit hungrigen Bäuchen zurück und leckten ihre Wunden. Nur der Bär vermochte doch noch, einen großen Happen zu ergattern und in den Busch zu schleppen. Ein noch wenig verletzter Geier verbarg sich in den Innereien des Kadavers. Raben und Wölfe, die noch nicht ganz kampfunfähig waren, zankten noch mit Geschrei, aber waren bereits zu erschöpft, um ernsthafte oder gar tödliche Attacken zu setzen. So tolerierten sie einander.
Diese blutrünstige Szene betraten die beiden Mönche, die dem Geschrei und Lärm gefolgt waren, und waren beim Anblick, der sich ihnen bot, entsetzt. Der Bär war halbwegs im Busch versteckt und fraß