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Neue Heimat Deutschland: Zuwanderung als Erfolgsgeschichte
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eBook236 Seiten2 Stunden

Neue Heimat Deutschland: Zuwanderung als Erfolgsgeschichte

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Über dieses E-Book

Voller Hilfsbereitschaft und Engagement wurden 2015 die rund eine Million Menschen empfangen, die nach Deutschland geflüchtet waren. Doch Spenden und Willkommensworte sind das eine - dauerhafte Integration ist das andere. Ist die deutsche Gesellschaft überhaupt bereit, den Geflüchteten gerechte Chancen zu eröffnen?

Ob Integration gelingt, ob Zuwanderung als Erfolgsgeschichte gelesen werden kann, leitet der Autor und Regisseur Michael Richter an drei wesentlichen Kriterien ab: Wie ist die Wohnsituation der Geflüchteten und Zuwanderer? Wie nehmen sie am Bildungssystem teil? Und wie ist ihr Zugang zum Arbeitsmarkt? Diesen Fragen geht Richter anhand von konkreten Beispielen, von Geschichten und Begegnungen, aber auch von wissenschaftlichen Analysen nach. Denn auch wenn sich Teile von Politik und Öffentlichkeit lange gegen diese Erkenntnis gesperrt haben: Deutschland hat jahrzehntelange Erfahrung als Einwanderungsland - gute und weniger gute, aber immer lehrreiche.

Michael Richters Beitrag zur Debatte um das magische »Wir schaffen das!« übersieht nicht die Schwierigkeiten, macht aber Hoffnung: Mit cleveren Konzepten und viel persönlichem Engagement kann Deutschland Heimatsein - für alle, die hier leben!
SpracheDeutsch
HerausgeberEdition Körber
Erscheinungsdatum17. Okt. 2016
ISBN9783896845108
Neue Heimat Deutschland: Zuwanderung als Erfolgsgeschichte
Autor

Michael Richter

Dr. Michael Richter ist Historiker am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der TU Dresden.

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    Buchvorschau

    Neue Heimat Deutschland - Michael Richter

    2016

    Kapitel I:

    Spontane Hilfe: Herbst 2015

    August/September 2015: Innenminister Thomas de Maizière erklärt, dass die Bundesregierung für das laufende Jahr mit bis zu 800.000 Flüchtlingen rechnet +++ In Heidenau in Sachsen kommt es zu mehrtägigen ausländerfeindlichen Ausschreitungen +++ Angela Merkel besucht Asylsuchende in Heidenau. Sie wird von Demonstranten ausgebuht. Es ist ihr erster Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft +++ Das BAMF setzt das Dublin-Verfahren, nach dem Flüchtlinge in dem EU-Staat Asyl beantragen müssen, den sie als ersten betreten haben, für Syrer außer Kraft +++ In einem an der A4 bei Parndorf abgestellten Lastwagen entdecken österreichische Polizisten 71 tote Flüchtlinge. Sie sind erstickt +++ Angela Merkel erklärt auf ihrer Sommerpressekonferenz: »Wir schaffen das« +++ Auf einem EU-Sondergipfel beschließen die Staats- und Regierungschefs, eine Milliarde Euro für die Versorgung syrischer Flüchtlinge in den Nachbarstaaten des Bürgerkriegslandes zur Verfügung zu stellen +++ Deutschland und Österreich öffnen die Grenzen für in Ungarn festgehaltene Flüchtlinge +++ Der Münchener Hauptbahnhof wird zur Drehscheibe für die Verteilung von Flüchtlingen in Deutschland

    Wasser und Sandwiches

    Die Bilder haben sich ins Gedächtnis eingebrannt: Flüchtlinge campieren vor überfüllten Erstaufnahmen. Sporthallen und ehemalige Baumärkte werden zu Unterkünften umfunktioniert, in denen Menschen auf eilig herbeigeschafften Feldbetten schlafen. Das Foto eines Jungen, der inmitten einer Menge ein Pappschild mit der Aufschrift »SOS please help me« hochhält.

    Überall in Deutschland sehen sich Städte und Gemeinden im Herbst 2015 einem Ansturm von Menschen gegenüber, die Hilfe und Schutz benötigen. Und unzählige Freiwillige tun etwas. Sie helfen in den Unterkünften, heißen die Flüchtlinge willkommen, geben erste Informationen.

    Einer von ihnen ist Hakim Chohbishat, Araber aus Iran, seit drei Jahren in Deutschland. Im August ist er schon auf eigene Faust nach Ungarn gefahren und hat Flüchtlingen geholfen, die auf der Balkanroute unterwegs waren. Zurück in Hamburg, sieht er, wie Hunderte Flüchtlinge jeden Tag in der Hansestadt ankommen und ebenso wie anderswo Hilfe benötigen: »Da kommen 200, manchmal auch 250 Leute in einem Zug an, und die sprechen alle Arabisch, Persisch oder Kurdisch. Und wir haben gesagt, wir können diese Sprachen, also helfen wir«, erinnert sich Hakim.

    Hakim organisiert, er ruft Bekannte und Freunde an, sammelt Geld für Hilfsgüter und Essen. Wochenlang stehen die Freiwilligen mit Warnwesten, auf denen in Englisch und Arabisch Refugee Helpers steht, auf den Bahnsteigen und warten auf Neuankömmlinge. Die Flüchtlingsfamilien sind erleichtert, mit den Helfern in ihrer Muttersprache reden zu können. Häufig waren sie auf der Balkanroute unterwegs, über die Türkei, Griechenland, Serbien, Kroatien, Ungarn und Österreich erreichen sie Deutschland.

    Die meisten, die in diesem Herbst auf dem Hauptbahnhof in Hamburg ankommen, wollen weiter nach Norden zu Verwandten oder Freunden. Unter den Flüchtlingen hat sich offensichtlich herumgesprochen, dass die Erstaufnahmelager der Hansestadt völlig überfüllt sind.

    Viele von Hakims Helfern sind selbst erst vor ein paar Monaten in Deutschland angekommen. Sie leben noch in Erstunterbringungen, manche von ihnen schlafen noch in Zelten und sind froh, etwas tun zu können. Sie wollen Deutschland, das sie so gastfreundlich aufgenommen hat, etwas zurückgeben. Andere sind Studierende, die sehen, dass sie gebraucht werden und die Uni eine Zeit lang Uni sein lassen.

    Die »Einsatzzentrale« der Ehrenamtlichen besteht aus zwei Tischen, die in der Wandelhalle, der Einkaufsstraße im Hamburger Hauptbahnhof, unter einer Treppe zusammengeschoben wurden. Dort sitzen ständig zwei bis drei Helfer und stehen für Fragen zur Verfügung: Wann fährt der nächste Zug Richtung Norden, wie kommt man am besten zur Fähre nach Schweden? Der Strom der Fragenden reißt nicht ab.

    Viele brauchen einfach eine Pause, müssen sich einmal ausruhen. Sie sind seit Monaten unterwegs und haben unglaubliche Strecken zu Fuß zurückgelegt. Hakim und seine Helfer führen die Neuankömmlinge zu den Zelten auf dem Bahnhofsvorplatz. Dort können sie sich auf Bänken ausruhen, sie bekommen ein Sandwich und etwas zu trinken.

    Essen, Schlafplätze, Ordnung – für all das sorgen die ehrenamtlichen Helfer selbst. Die Behörden der Stadt haben alle Hände voll damit zu tun, die Flüchtlinge zu versorgen, die sich in den Erstaufnahmen melden. Die Durchreisenden überlassen sie stillschweigend Hilfsorganisationen wie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband oder spontan gebildeten Helfer-Netzwerken.

    Eine riesige Aufgabe, die die Ehrenamtlichen da neben ihrem normalen Alltag bewältigen. Zum Beispiel Simone W., berufstätig und zweifache Mutter, seit August bei Refugees Welcome dabei. Refugees Welcome entstand im Sommer 2015 ursprünglich als Nachbarschaftsinitiative, um den Geflüchteten zu helfen, die provisorisch in den Hamburger Messehallen untergebracht waren. Simone war von Anfang an dabei. Jetzt ist sie überall dort, wo Hilfe gebraucht wird – und das ist zurzeit am Hauptbahnhof. Die Initiative hatte ursprünglich eine Menge Geld gesammelt, um Deutsch- oder Sportkurse für Flüchtlinge zu finanzieren. Jetzt fließt das Geld in die Versorgung am Hauptbahnhof – mindestens 2000 Euro pro Woche. Davon kauft Simone jetzt Essen und Wasser, Mülltüten und Babynahrung.

    Wenn keine Züge mehr fahren, können die Flüchtlinge nach der letzten Aufführung im Schauspielhaus übernachten oder in einer großen, nahegelegenen Moschee. Dem Imam sind alle willkommen. Religion kennt hier keine Grenzen. »Ich habe den verantwortlichen Imam Abu Sami gefragt, ob das für ihn ein Problem wäre. Aber er hat nur den Kopf geschüttelt. Ob Christen, Juden, Muslime oder Nichtgläubige, alle dürfen in der Moschee schlafen«¹, sagt Hakim.

    Jede Nacht übernachten Hunderte Flüchtlinge auf dem Boden des Gebetsraums. Wenn sie in ihren Schlafsäcken liegen und noch nicht zu müde sind, erzählen sie Hakim manchmal ihre Fluchtgeschichten. Hakim sind viele Erzählungen vertraut: »Meine Brüder und ich waren vor einigen Jahren auch auf der Flucht. Deshalb fühle ich mich verantwortlich. Ich muss hier sein. Wenn ich zu Hause bliebe, würde ich die ganze Zeit denken: Was geschieht mit diesen Leuten? Sie finden sich nicht zurecht, sie können sich nicht verständigen. Deshalb bin ich lieber hier.«

    Hakim nimmt gerne die Dinge in die Hand. Das hat sich auch in Deutschland nicht geändert, wo er seit dem Sommer 2012 lebt. Er gehört zur arabischen Minderheit in Iran, die in der Region Al Ahwaz im Süden des Landes an der Grenze zum Irak lebt und dort scharfen Repressalien ausgesetzt ist. 1925 annektierte Persien, der heutige Iran, die Region, in der damals große Öl- und Erdgasvorkommen entdeckt wurden. Bis heute fördert Iran dort 80 Prozent seines Öls. Dies, verbunden mit der strategisch wichtigen Lage an der Grenze zu den Erzfeinden Irak und Saudi-Arabien, lässt das Regime in Teheran die Region mit Argusaugen überwachen. Jede oppositionelle Aktivität wird streng sanktioniert. »Sich auch nur traditionell zu kleiden, erregte schon den Argwohn der Behörden. Die arabische Kultur ist in ihren Augen minderwertig: »Wir hatten zwar Arabischunterricht in der Schule, aber der Lehrer war ein Perser, der schlechter Arabisch sprach als wir Schüler und keine Ahnung von unseren Traditionen hatte. Wir haben ihn nie akzeptiert.«

    Hakim wollte das nicht hinnehmen und begann friedlich für die Rechte seines Volkes zu kämpfen. Er ging in die Dörfer, organisierte gemeinsam mit Freunden Weiterbildungskurse und sammelte Spenden für die Ärmsten. »Schon nach vier Monaten kam die Geheimpolizei und drohte mir, ich solle diese Aktivitäten einstellen. Ich machte weiter. Dann holten sie mich und machten mir den Prozess.«

    Hakim war zweimal monatelang im Gefängnis. Der Vorwurf: antiislamische Propaganda und Kontakte mit den USA. Seinem Vater gelang es, die Gefängniswärter zu bestechen, sodass Hakim wenigstens ausreichend mit Essen versorgt wurde.

    Als Hakim vom Schiiten zum Sunniten konvertierte, hielten seine Eltern die Situation für zu gefährlich und drängten ihn zu fliehen. Vermutlich hat das Hakims Leben gerettet. Sein Onkel wurde 2013 hingerichtet – angeblich weil er eine Bombe hergestellt hatte. Eine Lüge, ist Hakim überzeugt, er habe Gedichte geschrieben, in denen er seine Heimat besang.

    Inzwischen hat der junge Araber in Deutschland politisches Asyl erhalten. An eine Rückkehr nach Iran ist nicht zu denken.

    Mit dem Abstand von nur wenigen Monaten ist manche Szene schon wieder in Vergessenheit geraten. Doch im vergangenen Jahr haben sich Zehntausende Deutsche ehrenamtlich um die Neuankömmlinge gekümmert. Bei der Ankunft in Deutschland, bei der Betreuung in Flüchtlingscamps, bei den Hausaufgaben, beim Gang aufs Amt – im Alltag von vielen Flüchtlingen spielen hiesige Kontaktpersonen eine nicht zu überschätzende Rolle.

    Es ist unmöglich, den Einsatz aller Ehrenamtlichen präzise zu beziffern. Wie groß das Engagement der Deutschen in diesem Herbst 2015 ist, davon vermitteln Zahlen immerhin einen Eindruck. 47 Prozent der Deutschen über 10 Jahre, also 31,8 Millionen, waren aktiv, indem sie entweder Sachen (44 Prozent) oder Geld (8 Prozent) spendeten. 4,1 Millionen oder 6 Prozent waren persönlich als Helfer aktiv.² – Geschichten wie die von Hakim und Simone oder von Iman Abu Sami könnte man zu Tausenden erzählen, nicht nur aus Hamburg, aus der ganzen Republik. Ohne all diese Helfer bliebe für viele Flüchtlinge Deutschland ein unverständliches Land.

    Sie verstehen nicht – und wie sollten sie auch? –, wie die deutsche Verwaltung funktioniert, wie Anträge gestellt werden müssen, welche Initiativen sie ergreifen sollten, um vielleicht eine Wohnung oder einen Platz in einem Sprachkurs zu bekommen. Die Geflüchteten haben oft ein verklärtes Bild von einem Land im Kopf, in dem alles funktioniert, sie sich mühelos verständigen können und es eine Frage von wenigen Wochen ist, Arbeit und Wohnung zu finden.

    Die Beamten und Angestellten in den Ausländerbehörden, den Jobcentern, die Erzieher in den Kindergärten oder die Lehrerinnen in den Schulen haben dagegen – bei allem Engagement – oft nicht die Zeit und die Nerven, sich intensiver um die Belange der Flüchtlinge zu kümmern. Trotz dieser Belastungen war der Zuzug der Geflüchteten für manche Kommunen auch eine Chance.

    Neustart in der Heide

    Bad Fallingbostel in Niedersachsen hat harte Zeiten hinter sich: Jahrzehntelang lebten die rund 7000 Einwohner des Ortes gut von den britischen Truppen, die hier stationiert waren. Nach ihrem Abzug im Frühjahr 2015 brachen die Umsätze in dem Heideort ein, Geschäfte schlossen. Doch ein halbes Jahr später gibt es wieder Hoffnung: die Flüchtlinge.

    »An einem Donnerstag bekam ich einen Anruf von der Kreisverwaltung, dass am Samstag 1200 Menschen mit Bussen kommen würden«, erinnert sich Kathrin Thorey, die Bürgermeisterin. »Und dann ging es los.« – Der gläserne Turm des Rathauses überragt die Häuser in der Ortsmitte. Thorey erzählt in ihrem Büro, hinter dem Schreibtisch erstrahlt ein modernes Gemälde mit üppigen Rottönen. Auf dem Tisch ein frischer Blumenstrauß.

    Sofort rief Kathrin Thorey an diesem Septembertag die Mitarbeiter der Verwaltung zusammen. 48 Stunden später waren die Kasernen, die ein halbes Jahr leer gestanden hatten, zumindest so weit hergerichtet, dass die Menschen dort schlafen konnten.

    Aus den angekündigten 1200 Flüchtlingen wurden zwischenzeitlich über 4000. Die Kasernen, ein paar Hundert Meter außerhalb von Fallingbostel gelegen, funktionierte man zur Zentralen Erstaufnahme von Niedersachsen um. Hier leben die Flüchtlinge einige Wochen, bevor sie in eine Folgeunterkunft irgendwo in Niedersachsen weiterziehen.

    4000 Flüchtlinge – das bedeutet wieder Leben in der Stadt. Seit der Ankunft der »Neuen« blüht das eine oder andere Geschäft auf, und es gibt neue Arbeitsplätze. Ein Gemüsehändler aus dem nahen Walsrode hat die Zeichen der Zeit erkannt und im Ort eine Filiale eröffnet.

    Die Kunden, das sind nicht nur Geflüchtete, sondern auch Einheimische. Sie freuen sich, dass es mal wieder ein neues Geschäft gibt. Und sie geben sich gelassen. Wichtig ist für sie, dass die Leute gut untergebracht sind.

    Auch die Bürgermeisterin erlebte die Situation positiv: »Natürlich ist es eine riesengroße Herausforderung, aber wir sehen auch, dass sich der Einzelhandel langsam wieder erholt. Bei 4000 Menschen kann man sich vorstellen, dass alle möglichen Produkte gebraucht werden oder auch viele Handwerker in den Kasernen permanent zu tun haben.«

    Aber die Stimmung in der Stadt lässt sich nicht nur an gestiegenen Umsätzen festmachen. Sie zeigt sich auch an den vielen Ehrenamtlichen, die sich nicht lange bitten ließen.

    Mark Müller ist einer von denen, die von Anfang an dabei waren. Mit einem Kollegen organisierte er ehrenamtlich zweimal in der Woche das Fußballtraining für die Flüchtlinge in den Kasernen. Das ist so geblieben. Anstrengend findet er das schon: »Es ist eine Belastung, absolut, aber eine Belastung, die Spaß macht, muss ich sagen. Ich bin Sportler durch und durch, und dadurch, dass ich wirklich durchgehend positive Resonanz bekomme, macht’s einfach Spaß, und dadurch kann man ohne Ende weitermachen.«

    Mark Müller ist für den Pflegedienst in einem Altersheim des Deutschen Roten Kreuzes verantwortlich. Anderen Menschen zu helfen, ist ihm schon immer leichtgefallen, auch deshalb ist er Altenpfleger geworden. Sein Arbeitgeber, das Deutsche Rote Kreuz, unterstützt ihn bei seinem ehrenamtlichen Engagement, sodass er etwa die Trainingsvorbereitung in seinen täglichen Arbeitsablauf integrieren kann.

    Bei allem Enthusiasmus war auch der Pflegedienstleiter am Anfang unsicher: »Als ich die Nachricht bekommen habe, dass so viele Flüchtlinge zu uns kommen sollen, hatte ich schon gemischte Gefühle. Da war ich nicht der Einzige, das ging den meisten so. Aber ich habe in den letzten Wochen durchgehend positive Erfahrungen gemacht, und ich denke, dass die Gemeinschaft in Fallingbostel das mittlerweile genauso sieht.«

    Ganz so unproblematisch, wie es Mark Müller schildert, war es doch nicht. Es gab Versuche von rechten Gruppierungen, Stimmung gegen die Flüchtlinge zu machen. Aber auch in dieser Situation reagierte Kathrin Thorey, die Bürgermeisterin, schnell. Sie rief die Kirchen, die Vereine, das Rote Kreuz und die Johanniter zu einem runden Tisch zusammen und demonstrierte, wie geschlossen die Zustimmung im Ort war. Seitdem sind keine weiteren Proteste laut geworden. Vielleicht hat Bad Fallingbostel durch das jahrzehntelange Zusammenleben mit den britischen Soldaten genug Erfahrung mit Fremden. Früher kamen sie aus England, jetzt sind sie eben woandersher, mögen sich die Leute denken.

    In den Kasernen sorgten die Helfer nicht nur für Betten – innerhalb weniger Tage organisierten die benachbarten Schulen auch den Deutschunterricht. Drei Klassen mit jeweils zwanzig Erwachsenen werden parallel unterrichtet. Die Lehrer können sich ganz auf den Unterricht konzentrieren, weil die ganze Organisation in den Händen der Schule liegt. Der Schulleiter steht nicht nur im Kontakt mit anderen Schulen, sondern auch mit der Leitung des Camps, kümmert sich um die Belegung der Kurse und die Einteilung der Schüler, die sich täglich melden.

    Die Unterstützung durch die Schulen, die Behörden und auch durch die örtliche

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