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Traumferien im Sattel
Traumferien im Sattel
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eBook248 Seiten8 Stunden

Traumferien im Sattel

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Über dieses E-Book

Pferdespaß im Doppelpack!  Sommer, Pferde und die erste Liebe für Mädchen ab 10 Jahren. Dieses eBook enthält die beiden Einzelbände "Erbschaft - Liebe inbegriffen" und "Eine filmreife Freundschaft".

Was braucht man mehr zum Glücklichsein als Pferde und eine beste Freundin? Klar, dass Pina begeistert ist, als ihre Eltern ein Haus und ein Pony auf Mallorca erben! Schließlich wohnt dort auch ihre Internetfreundin Andrea. Doch die stellt Pina vor allerhand Rätsel – und dann ist da auch noch dieser tolle, süße Junge ...
Reichlich verwirrt ist auch Susan: Ihre Freundin Lotta will nichts mehr von ihr wissen und ihr Schwarm Julian ahnt nicht einmal, dass sie überhaupt existiert. Zum Glück gibt es Blitz, Susans wunderschönen Araberhengst, und die Schauspielertochter Coco. Aber eines Nachts sind Coco und Blitz plötzlich verschwunden.
SpracheDeutsch
HerausgeberLoewe Verlag
Erscheinungsdatum17. Okt. 2016
ISBN9783732008810
Traumferien im Sattel

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    Buchvorschau

    Traumferien im Sattel - Kathrin Siegel

    Titelseite

    Für meine Schwägerin Daniela Siegel

    Erbschaft – Liebe inbegriffen

    Pferdezöpfchen und Stinktiersträhnchen

    Pferdeflüsterin_14: Hi Mädels! Wer hat Tipps für eine romantische Pferdefrisur? Ich möchte Flocke jeden Tag anders frisieren!

    Diese Pferdeflüsterin_14 würde ich zu gerne mal kennenlernen. Im Internetforum geht es bei ihr immer nur um das Aussehen ihres Pferdes Flocke. Wie bekommt sie das Fell so richtig schön zum Glänzen? Welches Fett lässt die Hufe schimmern? Und jetzt will sie ihrem Rheinländer offenbar auch noch einen Satz Engelslocken verpassen. Der Ärmste!

    Klar ist Körperpflege bei Pferden wichtig. Tante Tamara, um deren wunderschönen Wallach Fire ich mich nach der Schule immer kümmere, legt auch großen Wert darauf. Jeden Tag putze ich ihn gründlich und kontrolliere vor und nach dem Reiten seine Hufe. Und wenn Tante Tamara zu Turnieren fährt, machen wir Fire richtig schön! Dann flechten wir seine Mähne ein und am Schweif bekommt er einen eleganten spanischen Zopf. Toll sieht das aus mit dem rotbraunen Fell! So richtig edel! Aber im Alltag wird Fire mit solchem Schnickschnack in Ruhe gelassen. Die Vorstellung, dass ich ihn täglich anders frisieren würde … Ich glaube, da wäre es mit unserer Freundschaft ganz schnell vorbei.

    Trotzdem nehme ich mir ein Herz und beantworte Pferdeflüsterins Frage.

    „Auf jeden Fall brauchst du Mähnenspray. Du kannst es selbst herstellen. Nimm Babyöl und Birkenhaarwa…"

    „Pina! Wenn du nicht sofort zum Abendessen kommst, werfe ich deine Nudeln in die Biotonne!"

    O. k., das war deutlich. Pferdeflüsterin_14 muss wohl oder übel noch ein bisschen auf meine Antwort warten, sonst flippt meine Mutter in der Küche aus. Seit dem Streit heute Morgen mit meinem Vater geht sie bei jeder Kleinigkeit gleich in die Luft.

    Ich klappe also eilig den Laptop zu und haste rüber in die Küche. Mama und meine ältere Schwester Hanna-Marie sitzen am Tisch und essen schweigend Spaghetti. Papa ist nirgends zu sehen. Wenn meine Eltern gestritten haben, bleibt er meistens länger im Geschäft und zu Hause herrscht bedrückende Weltuntergangsstimmung.

    „Und, wie war euer Tag?, unterbricht Mama schließlich die Stille und täuscht ein Lächeln vor. „Wie geht es Falk, Hanna-Marie? Was habt ihr heute in der Stadt unternommen?

    Falk ist der Freund meiner Schwester. Die beiden haben sich vor ein paar Monaten auf einem Punkkonzert im Jugendzentrum kennengelernt und seitdem gehen sie miteinander.

    Hanna-Marie hat zwar einen altmodischen Namen, aber sie ist ein echt verrücktes Huhn. Ihre Kleidung kauft sie in „Gonzos Klamottenkiste. Und ihre Haare schneidet eine tätowierte Frau mit Rastazöpfen, von der Mama immer sagt, dass sie sie nie bei uns zu Hause antreffen möchte. Zusammen mit Falk und seinen hochgegelten blauen Haaren bildet Hanna-Marie das neue Skandalpaar des Jahrhunderts. Zumindest hier bei uns auf dem Dorf, wo jeder jeden kennt und die Leute meine Mutter ehrfürchtig „Frau Doktor nennen.

    „Falk ist so cool!, schwärmt meine Schwester und saugt schmatzend eine Nudel ein. „Er hat mir bei Gonzo total witzige Schwimmflossen aus den Sixties gekauft. Im Sommer will er nämlich mit mir in den Urlaub fahren.

    Falk hätte meiner Schwester besser mal einen Taschenspiegel gekauft. Mit dem knallroten Lippenstift und den blonden und schwarzen Strähnen sieht sie aus wie Cruella aus „101 Dalmatiner". Ganz zu schweigen von dem unförmigen Knutschfleck an ihrem Hals.

    Unsere Mutter knipst ihr angestrengtes Lächeln sofort wieder aus. „Erstens solltest du dir mal Tischmanieren angewöhnen, Hanna-Marie! Zweitens möchte ich, dass du ein Halstuch anziehst, wenn du das Haus verlässt. Und drittens haben Papa und ich auch noch ein Wörtchen bei deinen Ferienplänen mitzureden. Du bist gerade mal 15 und machst ganz sicher nicht mit Falk alleine Urlaub!"

    Oje, die ist aber wirklich schlecht gelaunt!

    „Wo ist Papa überhaupt?", fragt Hanna-Marie und schiebt beleidigt ihren Teller zur Seite. Von dem Streit heute Morgen hat sie nichts mitbekommen. Der Bus zur Berufsschule fährt eine halbe Stunde früher als meiner und so bin ich die Einzige, die mitanhören musste, was sich unsere Eltern an den Kopf geworfen haben.

    Anlass war, dass Papa vergessen hat, das kaputte Autoradio zu reklamieren, und jetzt ist die Garantie abgelaufen. Vom Autoradio kamen sie nahtlos auf Papas viele Überstunden und irgendwann haben sich meine Eltern nur noch angeschrien.

    „Papa kann meinetwegen im Studio übernachten!", sagt Mama und steht ruckartig auf. Ihr Gesicht ist verschlossen, die Lippen bilden einen schmalen Strich.

    „Darf ich mich noch mit Falk im Jugendzentrum treffen?", fragt Hanna-Marie.

    Mama seufzt und nickt. „Aber wehe, du rauchst! Und um neun bist du spätestens wieder zu Hause!"

    „Danke! Hanna-Marie strahlt. „Dafür darfst du auch auf unsere Hochzeit kommen! Sobald wir 18 sind, wollen Falk und ich heiraten.

    „Hochzeit? Da kann ich dir nur raten, dir schon mal einen guten Scheidungsanwalt zu suchen!", murmelt Mama und räumt ihren Teller in die Spülmaschine.

    Das soll wohl ein Witz sein, aber weder Hanna-Marie noch ich finden ihn lustig. Das Thema Scheidung steht bei uns ständig im Raum. Unsere Eltern sind die Weltmeister im Dauerzoff und vor vier Jahren ist unser Papa schon einmal ausgezogen. Zum Glück haben die beiden sich nach zwei Wochen wieder versöhnt.

    Dann verschwindet Mama im Bad und meine hibbelige Punk-Schwester stürmt in ihr Zimmer, um Falk per Handy Bescheid zu geben. Ich bleibe allein vor meinem Teller Spaghetti zurück. Wie mein Tag war, interessiert mal wieder keinen. Schwimmflossen hat mir auch niemand geschenkt. Und wenn ich an meinen Papa denke, der immer noch im Fotostudio steht, möchte ich am liebsten heulen.

    Meine Antwort für Pferdeflüsterin_14 ist viel länger geworden als geplant. Ich füge auch noch ein paar Links ein. Im Internet findet man wunderschöne Pferdefrisuren. Eigentlich hätte ich nun auch Lust, Fires feuerrote Mähne mal wieder toll zu frisieren. Und dabei habe ich mich eben noch über die oberflächliche Pferdeflüsterin lustig gemacht!

    Ich stöbere weiter im Forum. Die Internetseite für Pferdefreundinnen hat mir Emmi aus meiner Klasse gezeigt. Und seitdem bin ich danach süchtig! Hier kann ich mich mit anderen Mädchen über das Reiten austauschen. Es gibt ständig neue Informationen, Rätsel und Buchempfehlungen. Im Chat geht es gerade um Weltrekorde und ich sehe, dass Andrea einen neuen Beitrag eingestellt hat. „Habe im TV einen Bericht über das größte Pferd der Welt gesehen!", schreibt sie. „Der Wallach Sampson. 2,19 Meter Stockmaß! Gigantisch, oder?"

    Ich verlasse das Forum und öffne mein E-Mail-Programm. „Hi Andrea!", hämmere ich in die Tasten. „Du hast dich ja ewig nicht mehr gemeldet! Treffen wir uns gleich noch im Chat?"

    Andrea und ich haben uns vor einigen Wochen im Forum für Pferdefreundinnen kennengelernt. Seitdem ist sie meine allerwichtigste Vertraute. Ich weiß, das klingt seltsam, weil wir uns noch nie in echt begegnet sind. Aber wir haben uns inzwischen so oft gemailt und so viel anvertraut, dass Andrea aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken ist.

    Andrea und ich haben total viele Gemeinsamkeiten. Und trotzdem sieht ihr Alltag völlig anders aus als meiner. Vor zwei Jahren ist sie mit ihrer Familie von München nach Mallorca gezogen. Ihre Eltern haben dort einen Reiterhof gekauft und jetzt lebt Andrea umgeben von Pferden mitten auf einer Ferieninsel! Die Glückliche! Andrea ist noch viel besessener von Pferden als ich. Und ein wandelndes Pferdelexikon – sie weiß einfach alles über die Tiere. Hübsch ist sie auch und sie sieht viel älter aus als 14. Mit langen dunklen Haaren und wunderschönen braunen Augen. Klar, ihr Vater ist Italiener – und das sieht man ihr auch an. Andrea ist ganz anders als die anderen Mädchen in meinem Alter. Bei denen geht es ständig nur um Jungs, Kosmetik und die angesagtesten Klamotten. Blöderweise interessiert mich das alles nicht. Mein Lebensinhalt sind und bleiben die Pferde.

    „Wir hatten zwei Tage keinen Strom!", berichtet Andrea mir kurz darauf im Chat. „Das passiert auf Mallorca leider öfter."

    Die Vorstellung, ich könnte zwei Tage lang nicht ins Pferdeforum, ist für mich fürchterlich.

    „Meine Eltern haben sich schon wieder gestritten!", schreibe ich zurück. „Diesmal ging es um ein kaputtes Radio. Meine Mutter hat geheult und mein Vater ist immer noch nicht von der Arbeit zurück. Keine Ahnung, ob sie sich wieder versöhnen."

    Andrea schickt mir ein trauriges Smiley von der Insel herüber. Ach, wie schön es wäre, wenn sie jetzt hier wäre! Wir könnten uns in meine gemütliche Sofaecke verziehen und ganz in Ruhe über alles quatschen.

    Hanna-Marie steckt den Kopf durch die Tür. Ihre Stinktierfrisur hat sie mit viel Wachs nach oben geklebt. Vielleicht sollte Pferdefreundin_14 sich davon mal inspirieren lassen. „Ich gehe!, sagt sie und nickt mir zu. „Mama hat sich schon hingelegt. Um zehn bin ich wieder zu Hause!

    Ich richte mich vor dem Familien-Laptop auf. Das hat mir noch gefehlt, dass meine neugierige Schwester liest, was ich Andrea schreibe!

    Schlagartig hat es Hanna-Marie doch nicht mehr so eilig. Sie macht einen Schritt in mein Zimmer herein. „Wieso hängst du nicht endlich diese kindischen Poster ab?, fragt sie kopfschüttelnd und zeigt an die Wand mit den Pony- und Pferdebildern. Dann fällt ihr Blick auf das Foto auf meinem Nachttisch und sie verzieht das Gesicht. „Krass kitschig!, lästert sie und macht quietschende Kussgeräusche.

    „Das ist mein Zimmer!", erinnere ich sie.

    „Klar! Hanna-Marie zuckt mit den Schultern. „Aber irgendwie finde ich es komisch, dass du Tag und Nacht in diesem Pferdeforum verbringst. Es gibt doch noch andere Dinge im Leben!

    „Momentan schreibe ich meiner Freundin Andrea!, sage ich verletzt. „Und einiges an dir ist übrigens auch komisch.

    Ich mische mich schließlich auch nicht in Hanna-Maries Angelegenheiten ein! Die Wahrheit ist nämlich, ich finde ihren Falk ungefähr genauso langweilig wie sie meine Poster. Und das Foto von Fire auf meinem Nachttisch ist mein größter Schatz. Tante Tamara hat es mir zum Geburtstag geschenkt. Der herzförmige Bilderrahmen hat bestimmt ein Vermögen gekostet.

    Hanna-Marie verlässt endlich mein Zimmer und ich wende mich wieder meiner Freundin Andrea zu.

    „Meine Schwester ist einfach in mein Zimmer gepoltert und hat sich über meine Pferdeposter lustig gemacht. Echt NERVIG!"

    „Wem sagst du das?", antwortet Andrea prompt. „Meine ist ja auch nicht viel besser! Ich habe dir doch gemailt, dass sie all meine Pferdezeitschriften auf dem Flohmarkt verkauft hat! Meine Schwester hasst Pferde. Und dabei leben wir auf einem Reiterhof!!! :-)"

    Ein weiterer Punkt, in dem wir uns prima verstehen. Wir haben beide total anstrengende Schwestern. Und zum Glück findet auch Andrea Jungs doof! Zumindest hat sie nicht widersprochen, als ich ihr zu Beginn unserer Freundschaft eine Liste geschickt habe mit allen Nachteilen, die Jungs so haben.

    Mit Jungs kann man sich überhaupt nicht unterhalten.

    Jungs haben keinen Sinn für Romantik.

    Jungs verstehen es nicht, wenn man Pferde liebt.

    Und so weiter.

    Die Liste habe ich im Matheunterricht mit Emmi erstellt und sie umfasst vierundvierzig überzeugende Punkte.

    „Soll ich dir die Fotos vom Springturnier mailen?", frage ich Andrea. Tante Tamara hat am Wochenende mit Fire den dritten Platz belegt und Papa hat ganz viele Fotos davon geschossen.

    „Klar!", meldet sich Andrea sofort zurück. „Ich will deinen wunderbaren Fire gewinnen sehen!"

    Ein Pferd zum Ausheulen

    Sabi_11: Hilfe! Das Fohlen unserer Schimmelstute ist ganz dunkel!!! Dabei habe ich fest mit einem weißen Pferdchen gerechnet!

    Sabi_11 braucht dringend Nachhilfe in Sachen Pferde. Jedes Kind weiß doch, dass alle Schimmel dunkel auf die Welt kommen und dann im Lauf der Zeit immer helleres Fell kriegen.

    Ich tippe die frohe Botschaft in den Computer. Ungemütlich ist das, so versteckt unter der Decke. Aber wenn Mama und Papa merken, dass ich mitten in der Nacht noch im Forum bin, darf ich den Computer bestimmt nur noch in Ausnahmefällen benutzen.

    Meine Tür ist angelehnt, damit ich hören kann, wenn Mama oder Papa aus der Küche kommen. Es ist halb zwölf in der Nacht und die zwei führen mal wieder Krisengespräche.

    Obwohl sie versuchen, leise zu reden, bekomme ich fast jedes Wort mit.

    „Dein Job kommt doch immer an erster Stelle!", höre ich den Vorwurf von Mama.

    „Und du lässt dir immer die Wochenendschichten geben!, verteidigt sich Papa. „Dabei sind das meine einzigen zwei freien Tage!

    Mama gibt einen verächtlichen Laut von sich. „Ich kann auch nichts dafür, wenn der Kollege auf Fortbildung ist, oder?"

    Papa arbeitet in einem Fotostudio. Mama ist Ärztin im Krankenhaus. Die zwei arbeiten echt ziemlich viel – das ist ein uraltes Streitthema zwischen den beiden.

    „Manchmal frage ich mich, ob wir nicht vor vier Jahren die Scheidung hätten durchziehen sollen!", höre ich Mama sagen.

    Papa schweigt. Dann antwortet er müde: „Du hast recht. Vielleicht sollten wir darüber noch mal ernsthaft reden."

    Mein Herz bleibt stehen. Auch wenn ich die Zänkereien zwischen den beiden gewohnt bin, kriege ich jetzt doch einen Schreck. Ganz viele Kinder in meiner Klasse haben geschiedene Eltern und sehen ihren Vater nur noch ab und zu. Ich finde die Vorstellung schrecklich, Papa nicht mehr zu Hause zu haben. Meinen Papa, der so wunderschöne Fotos macht. Der chinesisch und indisch kochen kann. Der mit mir am Wochenende Filme guckt und Mama besänftigt, wenn sie wegen Hanna-Maries Outfit an die Decke geht.

    Ich merke, wie mir die Tränen in die Augen schießen. Diesmal scheint es wirklich ernst zu sein. Verstört klappe ich den Laptop zu. Eine andere Pferdefreundin wird Sabi über ihren schwarzen Schimmel aufklären müssen. In Windeseile schlüpfe ich in meinen Jogginganzug, schnappe mir meine Turnschuhe und klettere durch das Fenster in den Garten hinaus. Wenn meine Eltern meine Abwesenheit bemerken, gibt es ein Donnerwetter, so viel steht fest. Mitten in der Nacht draußen herumzustreunen, dafür haben die beiden überhaupt kein Verständnis. Allerdings streune ich auch nicht herum, sondern laufe nur rasch rüber in den Stall zu Fire. Tante Tamara, Mamas Schwester, wohnt glücklicherweise genau gegenüber.

    Für mich ist das natürlich prima. Denn so kann ich Fire zu jeder Tages- und Nachtzeit besuchen!

    Ich husche über die nächtliche Straße. Um diese Zeit ist kein Mensch mehr im Dorf unterwegs. Dann schleiche ich mich über den Hof, vorbei an Tante Tamaras Schlafzimmer, und stehle mich in den Stall zu Fire. Als ich das Licht anknipse, schnaubt Fire erfreut und kommt zu mir rübergetrottet.

    „Ach, Fire!" Ich lege meinen Kopf an seine Flanke.

    Schon immer bin ich hierhergekommen, wenn ich nicht weiterwusste. Fire kennt so ziemlich alle Sorgen von mir. Bei ihm habe ich mich ausgeheult, als meine beste Freundin weggezogen ist. Ihm habe ich anvertraut, wie es mich verletzt hat, als meine Mathelehrerin vor der versammelten Klasse gesagt hat, ich wäre ein hoffnungsloser Fall. Und Fire weiß auch, wie sehr ich darunter leide, wenn meine Eltern sich streiten.

    „Menschen sind schrecklich kompliziert!, schluchze ich und vergrabe mein Gesicht in seinem Fell. „Sie streiten sich ständig und verstehen einander einfach nicht. Warum können meine Eltern sich nicht endlich versöhnen?

    Mitleidig dreht sich Fire zu mir und stupst mich mit seinen Nüstern an. Meine Heulanfälle ist er gewohnt, geduldig steht er da und bewegt sich nicht von der Stelle. Seine treuen Augen ruhen sanft auf mir. Ist doch alles halb so wild!, scheinen sie zu sagen.

    „Pina, wir haben doch schon tausendmal darüber gesprochen!" Auf einmal erscheint Tante Tamara in der offenen Tür. Vermutlich hat sie mich gehört – im Schlafanzug und mit verstrubbelten Haaren steht sie vor mir.

    „Du kannst Fire doch morgen nach der Schule besuchen!, ermahnt sie mich. „Wenn deine Eltern entdecken, dass du nicht im Bett bist, bekommst du Ärger! Und ich obendrein!

    Erst jetzt bemerkt sie mein verheultes Gesicht. „Pina, was ist denn los?" Sie unterbricht ihre Standpauke und nimmt mich erschrocken in den Arm. Eine ganze Weile drückt sie mich an sich.

    „Haben sich deine Eltern schon wieder gestritten?, fragt sie und trifft damit den Nagel auf den Kopf. „Oder hast du etwa deinen ersten Liebeskummer?

    Ich höre auf zu heulen und löse mich aus ihrer Umarmung. Ich und Liebeskummer – wie kommt sie denn darauf? Ich werde mich garantiert niemals verlieben! Zuerst kauft man sich Schwimmflossen und will miteinander in den Urlaub fahren … und im nächsten Moment schreit man sich wegen einem kaputten Autoradio an!

    „Mama und Papa wollen sich scheiden lassen!, schniefe ich. Tante Tamara sieht mich mitleidig an. „Ach, Pina. Vielleicht wäre das sogar das Beste. Ist doch auch nicht schön, wenn die beiden immer nur streiten.

    Meine Eltern streiten wirklich immer. Das fing schon an, als Hanna-Marie geboren wurde. Mama wollte unbedingt, dass ihr erstes Kind den Namen ihrer Großmutter Hanna trägt. Papa bestand auf dem Namen seiner Oma Marie. Schließlich haben sie sich auf einen Kompromiss geeinigt und deshalb rennt meine Schwester mit diesem unpassenden Doppelnamen herum.

    Als ich dann kam, war die Sache noch komplizierter. Diesmal wollte Mama nämlich, dass ich Nina heiße – wie ihre Freundin von früher. Papa aber verlangte, dass ich Pia genannt würde, wie eine berühmte Fotografin aus seinem Lieblingsbildband.

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