Namibia - Der Süden: Einladung zur Rundfahrt
Von Robert Pfrogner
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Über dieses E-Book
Robert Pfrogner
Der Autor aus dem Oberbayerischen ist ein versierter Kenner des südlichen Afrika. Einige seiner unterhaltsamen Reisebeschreibungen sind bereits veröffentlicht. Im Brotberuf berät Robert Pfrogner Unternehmen mit seinen Spezialkenntnissen im elektronischen Zahlungsverkehr. Er trotzt der Beratersprache und erzählt so gar nicht lehrmeisterlich. Im leichten, humorvollen Stil will er die Leser auf seine Reisen mitnehmen.
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Buchvorschau
Namibia - Der Süden - Robert Pfrogner
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Gute Gründe für Namibia
Jugendstil in Afrika, Fachwerk trotzig im Wüstenwind, Schweinebraten an der Ecke Bahnhofstraße und Bismarckstraße: es gibt einige Gründe, warum deutsche Touristen so gerne nach Namibia fahren. Die täglichen Airbusse A330–200 der Air Namibia von Frankfurt nach Windhoek sind voll mit abenteuerlustigen Südwester-Sympathisanten. Ungefähr 90.000 Deutsche reisen in das Land, von dem man selbstverständlich erwartet, dass es Deutsch spricht oder zumindest versteht. Die Einreiseformalien sind denkbar einfach und unkompliziert. Das Ausfüllen eines DIN A5-Formulars, das selbst nach neuneinhalb Flugstunden im Halbschlaf gelingt, genügt als Einreisevorbereitung. Fingerabdrücke (wie in der fremdenängstlichen USA) werden nicht genommen, eine Einladung eines Einheimischen (wie im kriegsphobischen Angola) wird auch nicht verlangt. Der Staat verzichtet sogar auf Eintrittsgelder in Form kostenpflichtiger Einreisestempel (wie im armen Sambia, das alle Touristen für unendlich reich hält) und erhebt keine Straßenbenutzungsgebühren (wie unsere europäischen Nachbarn).
Der internationale Flughafen Windhoek hat ein jährliches Passagieraufkommen vergleichbar mit den Regionalflughäfen Memmingen oder Münster/Osnabrück in Deutschland. Die Benennung des Flughafens nach dem Herero-Führer Hosea Kutako irritiert den deutschen Touristen nicht, obwohl dieser Häuptling nicht müde wurde, den Deutschen ihre Schuld bei der Vertreibung der Hereros am Waterberg vorzuführen. Aber der Münchener Franz-Josef-Strauß-Airport verhindert ja auch nicht den Anflug der Berliner Sozialdemokraten. Wie der Münchner Flughafen, ist auch der Windhoeker Flughafen nicht gerade stadtnah. Es braucht rund eine dreiviertel Stunde bis man die Autovermietungsspezialisten in der Stadt erreicht. Auf dem Weg dorthin sieht man immerhin schon eine ganze Reihe von Hinweisen auf Gästefarmen, die ein wildes, tierreiches Afrikaerlebnis versprechen. Im Umkreis von einer Stunde um den Flughafen gibt es tatsächlich eine Reihe von Farmern, die sich auf ihren wirklich großen Flächen, zwischen zehn- und vierzigtausend Hektar, allerhand Wildtiere halten und kleine, private Safaris durch ihre eigenen Grundstücke organisieren. Solche Farmen sind perfekte Übernachtungsmöglichkeiten am Anfang oder Ende einer Reise. Sie nähren die Illusion, inmitten eines wilden Afrika zu leben.
Die Farmer sind auch dankbar für die schnellen Einnahmen aus dieser Erst- oder Letztberührung. Die großen Farmen befinden sich noch überwiegend im Eigentum Weißer. Bislang gab es eine verhältnismäßig vernünftige, wenig aggressive schwarze Regierungspolitik, die von der Enteignung weißen Farmlands bislang Abstand hielt. Während der Nachbar Simbabwe über viertausend Farmen praktisch entschädigungslos enteignete, waren es in Namibia vielleicht vierhundert Farmen, die von Weißen verkauft und schwarzen Farmern übergeben wurden, meist nach dem Prinzip des willigen Verkäufers und des willigen Käufers. Der ehemalige Präsident Hifikepunye Pohamba war kein Freund von Landumverteilungsmaßnahmen. Vom immerhin seit 2014 regierenden Präsidenten Hage Geingob gibt es ebenfalls noch keine Initiativen zur Enteignung. Vielleicht ahnt er auch um die Hilflosigkeit seiner Bevölkerung, Farmland effektiv bewirtschaften zu können. Hier ist auch Simbabwe wieder das Negativbeispiel. Aus der ehemaligen Kornkammer Afrikas wurde das Armenhaus des Kontinents, denn mit der Farmlandzuweisung müsste auch eine landwirtschaftliche Ausbildung einhergehen. Die gab und gibt es in Simbabwe nicht und sie gibt es auch in Namibia noch nicht. Trotzdem bangen die weißen Farmer um ihre ererbten oder gekauften Besitztümer.
Erschwerend kommt für Namibias rund viertausend Farmer hinzu, dass das Land nicht ähnlich fruchtbar ist, wie das in Simbabwe. Pro Rind muss eine Fläche von 10 bis 20 Hektar zur Verfügung stehen¹. Der große Hektarbesitz ist also der Wirtschaftlichkeit geschuldet und nicht einem Sozialprestige. Was nützt es, wenn auf einem vierzigtausend Hektarland drei karstige Berge aufragen und nicht genug Wasser verfügbar ist? Die politische Diskussionen und Neiddebatten gehen vollkommen an der Sache vorbei. Zwei Drittel Buren und einem Drittel Deutschen gehört die Hälfte des Farmlandes in Namibia, aber es wird auch bewirtschaftet. Einige Schwarze, in der Regel aus der Regierungsmannschaft die Minister und Staatssekretäre, sind zwar auch Farmbesitzer, nützen diese aber nur aus Prestigegründen und sind allenfalls Gastgeber einiger Jagdgesellschaften. An nachhaltiger Landwirtschaft sind sie nicht interessiert. Von der Regierung aufgekauft wurden bislang rund acht Millionen Hektar und an schwarze Farmer übergeben. Wie glücklich und erfolgreich diese Neufarmer sind müsste untersucht werden. Auf touristischen Reisen durch das Land ist das nicht feststellbar, eine offizielle Statistik oder Untersuchung ist nicht verfügbar. Die Farmer von Regierungsgnaden sind leider keine Arbeitgeber, sie schaffen es gerade einmal, ihre Eigenversorgung sicherzustellen. Wenn nicht einmal das klappt, dann gibt es immer noch die staatlichen Zuteilungen von Maismehl.
In Krumhuk gibt es seit 2008 so etwas wie eine landwirtschaftliche Berufsschule mit Haushaltsschule: das Agriculture Training Center Krumhuk ATCK. 21 Monate dauert die Ausbildung für Schüler nach der 10. Klasse. Gegründet wurde diese Schule auch nicht vom Staat, sondern von zwei weißen Farmerfamilien. Laufend unterstützt wird die Schule vom deutschen Entwicklungshilfeministerium, Ein Herz für Kinder, dem Landwirtschaftsverlag Münster-Hiltrup und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Leider hat diese Einrichtung nur für 50 Studenten Platz, ganz sicher zu wenig für Namibias landwirtschaftliche Zukunft.
Es sei also dem Farmgast empfohlen, mit den Eigentümern etwas über diese Problematik zu diskutieren, um neben der begeisterten Tierschau auch ein wenig Verständnis zu entwickeln für deren Sorgen und Nöte, und ihnen nicht den scheinbar übergroßen Besitz neiden.
¹ In Deutschland rechnet man ungefähr 1 bis 1,5 Kühe pro Hektar, also die 10- bis 30-fache Menge gegenüber einer namibischen Farm.
Das ideale Fahrzeug
In der Hauptstadt selbst, nicht im Flughafen, gibt es die richtigen Autovermieter für geländetaugliche Autos. Alle Verleiher haben eine gute Internetdarstellung und so ist die Vorbereitung von zuhause eine leichte. Für Fahrten auf den insgesamt 6.000 Kilometern Teerstraße oder den ausgezeichneten Gravels könnte ein ganz normales Auto angemietet werden. Aber Spaß macht das nicht. Es macht keine Freude mit den vielen LKWs auf der 1.600 Kilometer langen B1 von Nord nach Süd zu fahren. Auch die Nationalstraße B4 von Keetmanshoop nach Lüderitz (330 Kilometer) ist über weite Strecken langweilig, außer die 123 Kilometer zwischen Aus und Lüderitz, denn sie führen zwischen Nationalpark und Sperrgebiet durch wunderbare Sanddünen. Außerdem ist es der einzige legale Weg durch das Diamantensperrgebiet.
Die in diesem Buch vorgestellte Südtour vermeidet alle unnötigen Teerstraßen und sucht dafür lieber landschaftlich beeindruckende Nebenstraßen der Kategorien C, D, M und P, oder auch private Farmstraßen. Daraus entwickelt sich das Bedürfnis, ein Allradfahrzeug mieten zu „müssen". Klassischerweise wünscht man sich einen gut motorisierten Land Rover. Genau dann wird aber die Auswahl an Vermietern dünn und die Preise ziemlich unattraktiv. Die meisten Vermieter bieten Toyota an, weil in Namibia und in den Nachbarländern genug Werkstätten und Ersatzteile verfügbar sind. Das ist ein entscheidendes Argument, das noch vor der traditionellen Schönheit eines Land Rover Defender gilt. Für Passstraßen wären die langen Federwege perfekt geeignet, weil es die höchste Achs-verschränkung im steinigen Gelände bietet. Die ganz tollen extremen Pässe zu befahren, wie den 1.298 Meter hohen Van-Zyl’s-Pass in den Otjihipabergen, schließen die Mietbedingungen aber fast immer aus. Einfach das Verbot zu ignorieren geht nicht mehr, seit alle Fahrzeuge mit einem eingebauten, nicht manipulierbaren GPS-System ausgestattet sind und der Vermieter jederzeit die gefahrene Route nachvollziehen kann. Im Schadensfall erlischt dann die Versicherungsleistung.
Für diese Südroute reservierten wir einen Toyota Hilux 3,0 mit Doppelkabine und einem Dachzelt. Die Doppelkabine ist sehr nützlich, auch wenn man nur zu zweit im Auto fährt, da auf der Rückbank genug staubfreier Platz für das persönliche Gepäck ist. Bei den Dachzelten wird gelegentlich unterschieden zwischen einem normalen Dachzelt, das man von außen mit einer wagenhohen Leiter begeht, und einem sogenannten integrierten Zelt. Das integrierte Zelt wird von innen begangen und hat unterhalb des Schlafbereichs verschiedene Staufächer, in denen gut Ordnung zu halten ist. Wir haben nun die alte Version, würden aber zukünftig wohl auf die etwas teurere integrierte Variante gehen, die auch schneller auf-und abzubauen ist.
Wirklich wichtig ist ein möglichst im Wageninneren eingebauter, elektrischer Kompressor. Der Wechsel von Teerstraße zu tiefen Sandwegen erfordert das Absenken des Luftdrucks von 2 bar auf 1,5 bar. Das ist noch einfach mit einem Stöckchen zu machen, das man in das Ventil hineindrückt. Das Aufpumpen aber ist kompliziert. Sämtliche Handpumpen, die es dafür gibt sind spätestens nach der vierten Reifenfüllung kaputt. Man selbst schwitzt dabei fürchterlich und hasst das heiße Wetter, den Sand und die fehlende Weitsicht bei der Anmietung.
Die mitgemietete Campingausrüstung ist in der Regel vollständig und gut. Vollkommen unsinnig sind dagegen die mitgelieferten zusammenrollbaren Sandleitern. Sie taugen lediglich bei Spazierfahrten für ein gutes Gefühl, im Sand sind sie untauglich. Gräbt sich das Auto im Tiefsand ein, kommt nach der anstrengenden Schaufelarbeit unweigerlich der Frust: die angelegten Leitern werden von den Reifen erfasst und durch den Sand einfach nach hinten oder vorne ausgespukt, ohne dass das Fahrzeug auch nur einen Zentimeter vorwärts kommt. Viele helfen sich danach mit dem Bau eines Knüppelweges aus zusammengetragenen Ästen. Warum aber mühsam Knüppel zusammentragen (wenn es überhaupt welche gibt), statt sich gleich ordentliche Bretter mitzunehmen. Solche massiven Bretter sind allerdings nie vorrätig. Gelegentlich findet man einen Autovermieter, der so etwas verspricht zu besorgen. Das heißt aber nicht unbedingt, dass er das Versprechen hält. Die Anfrage nach solchen Brettern ist ihm meist unheimlich. Er frägt sich wohl: welche schwierigen Strecken will denn der Kunde mit meinem schönen Auto fahren? In diesem Fall bleibt nur eines: eine Schreinerei in Windhoek suchen und diese Bretter kaufen. Sonntags geht das leider nicht und außerhalb von Windhoek ist die Suche nach einer Schreinerei ziemlich schwierig. Ausreichend dicke Holzbretter, wenigstens fünf Zentimeter, sind nicht so einfach verfügbar. Teuer sind sie ohnehin. Mindestens 30 Euro pro Brett sollte man schon einrechnen. Das ist aber gar nicht so schlimm im Vergleich mit den eigentlich hervorragend geeigneten Sandblechen, die im Campingfachgeschäft in Windhoek rund 1.000 Euro kosten. Solche Bleche stellt der Autovermieter allerdings nie zur Verfügung. Wohl fürchtet er um den Diebstahl solch im Allgemeinen sehr gut brauchbarer Accessoires.
Der Doppeltank mit 120 Liter Gesamtfassungsvermögen gibt ausreichend Sicherheit mindestens eintausend Kilometer ohne Tankstopp durchzukommen. Die Tankstellendichte im Land ist mittlerweile wirklich ausreichend und fast könnte der Zusatzkanister eingespart werden. Sind die Mitfahrer allerdings etwas ängstlich, vermeidet der Zusatzkanister unerfreuliche Zusatzdiskussionen. Ein integrierter Brauchwassertank ist dann hilfreich, wenn wildes Campen außerhalb der sonst gut mit Wasser versorgten Camp Grounds geplant ist. Zum Duschen und Geschirrspülen ist das Bordwasser gut genug. Zur Steigerung der Haltbarkeit gebe ich immer noch ein Löffelchen Micropur Forte in den Wassertank. Danach würde das Wasser gemäß Herstellerangabe sogar sechs Monate halten.
Fährt man nicht im Konvoi mit mindestens zwei Fahrzeugen, ist