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Meine dritte Chance: Warten auf ein Spenderorgan
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Meine dritte Chance: Warten auf ein Spenderorgan
eBook188 Seiten2 Stunden

Meine dritte Chance: Warten auf ein Spenderorgan

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Über dieses E-Book

Die Transplantation von Organen bedeutet für viele Menschen die letzte Chance. Das Warten auf ein geeignetes Spenderorgan dauert in der Regel in Südtirol etwa 4 Jahre. Eine lange Zeit, die für den betroffenen Patienten geprägt ist von Bangen, Schmerzen und Entbehrungen. Kilian Bedin ist einer von diesen betroffenen Menschen. Er lebt den harten Alltag eines Dialysepatienten, mit Hoffnungen und Ängsten – und dem Wunsch, dass möglichst wenige Menschen davon etwas mitbekommen. Bis er beschließt, ein Buch zu schreiben.
SpracheDeutsch
HerausgeberAthesia
Erscheinungsdatum8. Apr. 2015
ISBN9788868390952
Meine dritte Chance: Warten auf ein Spenderorgan
Autor

Kilian Bedin

Kilian Bedin lebt und arbeitet in Bozen.

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    Buchvorschau

    Meine dritte Chance - Kilian Bedin

    NACH EINER DIALYSE

    Um 6.30 Uhr läutet der Wecker. Ich habe sehr gut geschlafen und gar keine Lust aufzustehen. Muss ich aber. Ich ziehe mich im Dunkeln ganz leise an, um meine Frau und meine Kinder nicht zu wecken.

    Auf dem Weg zur Dialysestation gehen mir die vergangenen Wochen durch den Kopf, in denen ich hohen Blutdruck hatte und wegen Herzrhythmusstörungen dreimal ins Krankenhaus musste. Ist der Blutdruck heute hoch, oder ist er normal? Fängt das Herz wieder an verrücktzuspielen? Es gilt abzuwarten.

    In der Dialysestation ziehe ich mich um und lege mich auf das Bett. Nach einigen Minuten kommt die Krankenschwester, um mir die Blutdruckmanschette anzulegen. Ich bin angespannt, aber muss geduldig bleiben, bis das Blutdruckmessgerät die Manschette aufpumpt und langsam die Luft auslässt. Mein Blutdruck ist wieder hoch. Ich bin demoralisiert, weil das schon Tage andauert. Meine Bemühungen, mich nach allen Vorgaben des Arztes zu ernähren und nur wenig zu trinken, haben nichts genützt. Die neue Therapie greift nicht.

    Die Krankenschwester kommt erneut, um mich an das Dialysegerät anzuschließen. Natürlich hoffe ich, dass das Einstechen heute nicht wehtut. Ich spüre zwar die Stiche im Arm, sie tun heute zum Glück aber nicht weh. Aufgrund des hohen Blutdruckes ist nicht eindeutig, auf welches Körpergewicht die Krankenschwester die Maschine einstellen soll. Nach ihrer Rücksprache mit dem Arzt wird mein Trockengewicht erneut um ein halbes Kilo auf 70 Kilogramm reduziert – probehalber, um zu sehen, wie sich der Blutdruck nach der Dialyse verhält. Habe ich in den letzten Wochen wirklich so viel abgenommen?

    7 Uhr, die Dialyse beginnt. Nach einer halben Stunde wird der Blutdruck wieder gemessen. Zu meiner Erleichterung ist er jetzt fast auf Normalwert. Ich schaue verkrampft alle halbe Stunde auf den Monitor. In der Regel ist der Blutdruck gegen Ende der Dialyse immer zu hoch. Die Küchengehilfin bringt mir irgendwann das Frühstück, das übliche Brot mit Aprikosen- oder Schwarzbeermarmelade – heute sind die Schwarzbeeren dran – und ein kleiner Becher Früchtetee, stark gezuckert. Während ich frühstücke, fällt mir auf, dass das Herz noch normal schlägt.

    Danach versuche ich zu schlafen. Das gelingt mir normalerweise, heute aber, wohl aufgrund des hohen Blutdruckes, kann ich nicht einschlafen und horche angespannt meine Herzschläge. Im Fernseher, der mir die Dialysezeit hilft zu vertreiben, ist wie jeden Samstagmorgen nichts Interessantes, sodass ich wie immer die Euro Top Charts auf MTV schaue.

    Die Dialyse dauert bereits mehr als eine Stunde, da hat mein Herz den ersten Aussetzer. Ich werde nervös und versuche, mich durch tiefes Ein- und Ausatmen zu beruhigen. Ich bete und bitte Gott, mir Kraft zu geben und mir beizustehen. Doch die unruhigen Herzschläge dauern an, bis kurz vor Ende der Dialyse. Dann endlich findet mein Herz wieder seinen Rhythmus. Ich kann entspannen.

    Mein Blick aus dem Dialysebett

    Erst jetzt ist es mir möglich, an die Planung meines Tages zu denken. Ich bin froh, dass wir am schulfreien Samstagvormittag nicht viel vorhaben. Natürlich fehlen mir erneut diese fünf Stunden mit meiner Familie. Zwar endet die Dialyse nach vier Stunden. Seit meinem Krankenhausaufenthalt Anfang November jedoch muss ich länger bleiben. Aufgrund der Blutverdünnungsmittel, die ich nach den aufgetretenen Herzrhythmusstörungen einnehmen muss, bluten die Einstichlöcher manchmal nach.

    Gegen 11.15 Uhr verlasse ich die Dialysestation. Auf dem Heimweg gehen mir die Ereignisse nochmals durch den Kopf. Ich bin wegen meines hohen Blutdrucks besorgt. Wenigstens schlägt das Herz normal.

    In diesem Moment entscheide ich, was mir bereits seit längerer Zeit durch den Kopf geht: Ich möchte über mein Leben schreiben. Über das Leben mit Dialyse, über mein chronisches Nierenleiden, über das Warten auf ein neues Spenderorgan. Darüber, wie ich versuche, ein ganz normales Leben mit meiner Frau und meinen beiden Kindern zu führen, als Mittvierziger.

    Ich spüre die Kraft in mir, diese Krankheit zu stemmen. Meine Familie hat sich vollständig darauf eingestellt, auch auf den Ablauf meiner Woche, der von den drei Vormittagen im Dialysebett diktiert wird. Meine Familie ist für mich die wichtigste Unterstützung, die ich mir vorstellen kann.

    Die Entscheidung, dieses Buch zu schreiben, fälle ich nicht, um mein Schicksal zu beklagen. Keineswegs. Stichworte wie „Transplantation und „Organspende kennen viele nur aus den Schlagzeilen der Medien. Für mich – und für alle, die an einer Organkrankheit leiden – bedeuten diese Schlagworte alles.

    Alles, das heißt, im besten Fall zu versuchen, das Leben trotzdem so normal als eben möglich zu leben.

    Ebenso wie ich warten viele andere in Südtirol und überall sonst auf den entscheidenden Anruf: Ja, auch während ich schreibe, liegt mein Telefon neben mir, das jeden Moment klingeln kann. Der Anruf mit der Nachricht, dass das für mich geeignete Spenderorgan bereit ist, bedeutet für mich, die längst gepackte Tasche zu nehmen und – ab in die Klinik: Dann ist ein gesunder Mensch gestorben, der vorsorglich zugestimmt hat, dass er oder sie im Fall des ungeplanten Ablebens seine bzw. ihre Organe spendet.

    Doch das Telefon klingelt nicht.

    Ich schreibe weiter.

    Kilian Bedin

    DIALYSE – ZUM ZWEITEN ERSTEN MAL

    Meine Blutwerte sind zwar stabil, aber zu hoch. Auch der Blutdruck war schon besser. Mir fällt das auf, weil mir das Treppensteigen schwerer fällt. Ich fühle mich wie ein alter Mann. Nachdem mein Körper aufgedunsen ist und ich immer weniger Wasser lasse, ist mir erst vor Kurzem klar geworden, dass die Dialyse für mich wohl wieder notwendig werden wird. Zunächst hatte ich gehofft, dass ich meine Niere noch bis zu Jahresende retten kann. Mein Ziel wäre es eigentlich, zehn Jahre mit meiner transplantierten Niere zu erreichen. Ich bin wohl zu ambitioniert. Aber es ist die Niere meiner Mama, die nun dabei ist, in mir aufzuhören zu arbeiten.

    Bei einer Routinekontrolle im September ist es dann so weit. Der Arzt rät mir, mit der Dialyse anzufangen. Der medikamentöse Aufwand sei zu hoch, die nur mehr schwach arbeitende Niere zu unterstützen, so der Arzt. Das würde meinem Körper mehr schaden, als guttun.

    Ich kann mich vor den vielen Fragen nicht erwehren, die über mich hereinbrechen, ohne dass ich das verhindern könnte. Warum immer ich? Was habe ich falsch gemacht? Hätte ich es durch einen anderen Lebensstil verhindern können? Wie ist die Dialyse mit meiner Familie vereinbar? Wie mit meinen ehrenamtlichen und meinen Freizeittätigkeiten? Wie mit meinen beruflichen Plänen?

    Am heftigsten sind die Schuldzuweisungen mir selbst gegenüber, mit dem Geschenk meiner Mutter, ihrer Lebendspende, nicht sorgfältig genug umgegangen zu sein.

    Solche Momente muss ich überwinden. Ich konzentriere mich also auf das Wesentliche: Dialyseort, Dialysetage und der Beginn der Behandlung sind zu organisieren. Mein erstes Ziel ist, die Dialyse nicht im Krankenhaus machen zu müssen. Das Dialysezentrum im Bozner Neustifter Weg liegt fünf Minuten Fußweg von daheim, da habe ich bereits vor acht Jahren meine erste Dialyse gemacht. Hoffentlich kann ich mir den langen Weg ersparen.

    Zum Glück ist noch ein Platz frei. Ich muss drei Tage pro Woche wählen und suche für Montag, Mittwoch und Freitag an, wie damals für meine erste Dialyse vor acht Jahren. Damals hatte ich noch keine Kinder. Jetzt gilt es für mich, die Dialyse mit meiner Arbeit und mit meiner Familie gut einzuplanen. Und Samstag ist Familientag, da meine beiden Kinder schulfrei haben.

    Doch an meinen bevorzugten Wochentagen sind alle Plätze besetzt. Diese Nachricht trifft mich wie ein Schlag. Ich muss auf Dienstag, Donnerstag und Samstag ausweichen. In solchen Momenten fühlt sich jeder noch so kleine Rückschlag doppelt so schlimm an. Wofür muss ich büßen?

    Ich muss mich wieder konzentrieren, um die Kontrolle zu behalten. Der Beginn der Dialyse wird mit dem Arzt vereinbart. Zu meinem Glück ist meine Fistel noch sehr gut erhalten, obwohl sie mir vor fast neun Jahren operiert und nun seit acht Jahren nicht gebraucht worden ist. Ich brauche zum Glück keine OP für eine neue Fistel und auch keinen Halskatheter.

    Der Anfang meines zweiten Dialyselebens beginnt am 12. Oktober 2010, genau acht Jahre und zehn Tage nach meiner Transplantation.

    Nach meiner ersten Transplantation, wie ich nun zu zählen anfangen muss.

    Als ich hinkomme, bin ich nicht besonders aufgeregt. Ich kenne das Zentrum, die Krankenschwestern und die Ärzte noch von damals. Daher weiß ich auch, was dialysieren bedeutet, welche Auswirkungen das auf meinen Körper hat und was zu tun ist.

    Ich betreibe für mein Leben gern Sport, bin deshalb körperlich fit, und das gibt mir etwas Sicherheit. Ich gehe somit trotz allem eher gelassen in diesen Lebensabschnitt.

    Nach drei Stunden und drei Kilo weniger ist nun die Dialyse vorbei, die erste meines zweiten Zyklus. Seitdem komme ich jeden Dienstag, jeden Donnerstag, jeden Samstag ins Dialysezentrum.

    Was ist Dialyse eigentlich?

    Die Methode der künstlichen Niere ist im Prinzip ganz einfach. Das Blut wird in einer Maschine, an die ich als Patient angeschlossen werde, von Wasser und Schadstoffen außerhalb des Körpers gereinigt. Hauptkomponente des Dialysegerätes ist eine Membran, die aus Zellulose (Cellophan- oder Cuprophanmaterial) oder synthetischem Material besteht und als Filter dient. Sie lässt lediglich einen Teil der Substanzen durch.

    Bei der Hämodialyse macht man sich das physikalische Prinzip der Osmose zunutze. Das Blut hat eine andere Konzentration an harnpflichtigen Substanzen und Blutsalzen als das Dialysat, jene Flüssigkeit, die der Dialysator enthält. Deshalb wandern diese Substanzen aus meinem Blut ab in das Dialysat. Es kommt somit zu einem Ausgleich der Stoffkonzentrationen (Osmose).

    In die andere Richtung wird während der Hämodialyse das Patientenblut aus dem Dialysat mit Stoffen angereichert.

    Kurz: Dem Blut werden schädliche Stoffe entzogen und erwünschte Stoffe zugeführt. Das erfolgt in etwa vier Stunden, während denen das Blut etwa achtzigmal durch das Gerät gepumpt wird.

    SO FING ES AN

    Herbst 1986 Ich, 17 Jahre alt, frisch verliebt. Auf Sport konzentriert. Seit der Mittelschule. In mehreren Sportarten habe ich ein gutes Niveau erreicht, Schwimmen, Fußball, Tennis, ein kurzer Auftritt beim Eishockey. Zuletzt bleibe ich beim Handball. Mein Trainer erkennt sofort meine Fähigkeiten im Stellungsspiel. Mir gelingt der Sprung in den SSV Bozen, und er stellt mich auch aufgrund meiner Reaktionsschnelligkeit ins Tor, obwohl ich nicht der Größte bin.

    Meine Zukunft gehört da noch mir, alles ist offen. Ich hege keine beruflichen Pläne, es zählt nur mein Sport. Karrieren von Musterschülern sehen anders aus. Ich habe bereits zwei Schuljahre verloren. Dass ich die Matura schaffe, verdanke ich meiner Freundin. Vom Besuch einer Universität aber will ich nichts wissen. Ich nehme daher die erste Arbeit an.

    1987, mit 18 Jahren, werde ich fürs Militär gemustert. Meine Befunde der ärztlichen Untersuchung sind auffällig: Der Urin hat hohe Proteinwerte. Infolgedessen schäumte mein Urin, was mir bislang nicht aufgefallen war. Mein Hausarzt meint, dass sich diese Werte von alleine wieder normalisieren können, da sie manchmal bei männlichen Jugendlichen während der Pubertät auffällig sind. Er verschreibt mir eine Kortison-Therapie.

    Leider bringt die nichts, außer dass ich zehn Kilo zunehme und neunzig Kilo auf die Waage bringe. Die Proteinwerte hingegen steigen weiter. Ich werde an die Nephrologie, die Nierenabteilung der inneren Medizin des Bozner Krankenhauses, verwiesen. Es folgen erste Untersuchungen, unter anderem steht eine Biopsie der Niere auf dem Programm, um die Ursache der Proteinurie festzustellen, also den Proteinverlust beim Urinieren.

    Die Diagnose lautet: chronische Nierenentzündung. Ich denke mir noch nichts Besonderes dabei, verschwende keinen weiteren Gedanken und gehe davon aus, dass sich das wieder richten wird. Vielmehr freue ich mich über einen eminenten Vorteil als unmittelbare Konsequenz: Ich muss nicht zum Militär.

    Stehend/in piedi: Angeli Willi, Kakas Janos, Rigatti Silvan, Bedin Kilian, Pirpamer Stephan, Mayrl Bruno, Widmann Thomas, Barth Hanno, Amplatz Walter, Vinko Zgaga

    Unten/sotto: Birello Andrea, Mayr Martin, Puntscher Ivo, Vecchiato Andrea, Lutterotti Mauro, Putzer Harald, Pircher Andreas, Birello Marco, Cicoria Maurizio

    Dr. Regele Reinhold Arzt/medico

    Hofer Andreas Masseur/massaggiatore

    Ausserbrunner

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