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Tundra: Lappland-Überwinterung am Lainio 1937/38
Tundra: Lappland-Überwinterung am Lainio 1937/38
Tundra: Lappland-Überwinterung am Lainio 1937/38
eBook181 Seiten2 Stunden

Tundra: Lappland-Überwinterung am Lainio 1937/38

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Über dieses E-Book

Eine Erzählung aus der Lappmark. In einem bunten Reigen wechseln sich eindringliche Tier- und Naturschilderung ab; zahlreiche Menschenschicksale nehmen Gestalt an. Ein Roman über Bären, Rentiere und vor allem über Wölfe und das beschwerliche Leben der Lappen in Frost und Eis. Neben vielen weiteren Figuren sind der Lappe und Rentiertreiber Isko Pilltu und ein alter erfahrener Altwolf und Leittier eines Rudels die Helden dieses Buches ... und erbitterte Gegner.

Korrektur gelesen und in neuer deutscher Rechtschreibung. Das E-Book entspricht der Ausgabe von 1942.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. März 2016
ISBN9783833494543
Tundra: Lappland-Überwinterung am Lainio 1937/38
Autor

Artur Jost Pfleghar

Artur Jost Pfleghar wurde 1907 geboren und starb 1941. Er schrieb die Romane «Die Islandreiter», «Nordleute» und «Tundra».

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    Buchvorschau

    Tundra - Artur Jost Pfleghar

    Inhaltsverzeichnis

    Zum Buch

    1. KAPITEL

    2. KAPITEL

    3. KAPITEL

    4. KAPITEL

    5. KAPITEL

    6. KAPITEL

    7. KAPITEL

    8. KAPITEL

    9. KAPITEL

    SCHLUSS

    Impressum

    Zum Buch

    Eine Erzählung aus der Lappmark. In einem bunten Reigen wechseln sich eindringliche Tier- und Naturschilderung ab; zahlreiche Menschenschicksale nehmen Gestalt an. Ein Roman über Bären, Rentiere und vor allem über Wölfe und das beschwerliche Leben der Lappen in Frost und Eis. Neben vielen weiteren Figuren sind der Lappe und Rentiertreiber Isko Pilltu und ein alter erfahrener Altwolf und Leittier eines Rudels die Helden dieses Buches ... und erbitterte Gegner.

    Korrektur gelesen und in neuer deutscher Rechtschreibung. Das E-Book entspricht der Ausgabe von 1942.

    Artur Jost Pfleghar wurde 1907 geboren und starb 1941. Er schrieb die Romane «Die Islandreiter», «Nordleute» und «Tundra».

    1. KAPITEL

    Sven Hedin dem großen Asienforscher in Ehrerbietung

    Der Herbst war bald zu Ende.

    Er streute noch einmal glühende Farben über die Wälder und die Ufer des Flusses, dass es war, als begänne er jetzt das Leben auszuklammern in der Wildmark. Man konnte meinen, die Wogen des Flusses müssten wieder rascher zu strömen beginnen wie zur Zeit der Frühjahrswende, wenn tausend Wildbäche aus den Bergen zu ihm stießen und ihn schwellen ließen, dass er sich hochwölbte in seinem Bett und über die Ufer trat. Und die Wälder müssten wieder brausen von neuem Leben, das in den glühenden Farben der Wipfel aus ihnen leuchtete, unter Wolken, die in zerflatterten Ballen schnell vor der Sonne zogen.

    Aber von den Zinnen der Berge herab wuchs über Nacht eine andere Farbe in die Täler nieder und löschte das Leuchten der Wälder mit einem matten Pinsel aus. Sie kroch tiefer und niedriger über die Schletten der Tundra in grauem stumpfem Weiß. Und es wurde Winter danach.

    Die Köpfe der Pflanzen begannen zu dorren, neigten sich dem Boden zu, bis die Stängel plötzlich knickten in einem scharfen Windstoß, der durch die Schluchten trieb und die Stämme der Birken schüttern und beben ließ, dass ihre Blätter von den Zweigen wirbelten und im niedrigen Weidengestrüpp sich verfingen, das überall durch die Tundra kroch.

    Nach vielen Tagen begann der Wald zu zittern, wie durch den Leib eines Sterbenden ein Schauer läuft und verkündet, dass die Arbeit des Todes nun im Ernst eingesetzt hat – das es zu Ende geht. Das Blut wich aus den Wipfeln und Ästen der Bäume zurück und drängte in den Stamm, sank tiefer in den Schaft, der noch von der Erde umkleidet war wie mit einem warmen Gewand.

    Als der zweite Sturmlauf des nahenden Winters über die Wildmark brach, weckte er brausendes Echo über dem ganzen Land, denn er hatte die Haufen der abgefallenen Blätter mit sich gerafft und wirbelte sie in einer dunklen Wolke über die Wälder hinweg, dass sie schwirrend und tönend im Gesang des Windes mitfolgten.

    Eilig fegten die grauweißen Wolken des Schnees in ihren Spuren und umhüllten Bäume und die großen Ebenen der Tundra für den langen Schlaf des Nordwinters.

    Wie eine Melodie des Todes klang das Sausen des Windes um die einsamen Zelte der Lappen und sang in den großen Öffnungen des Firsts, dass die Feuer im Innern der Koten wild aufflammten, weil der Wind die warme Luft in Wirbeln aus den Zelten sog.

    Das Klagen der Wälder summte um die Wohnungen der Lappmark. Und sie klagten, weil der Sturm ihnen die Ruhe nahm, die der Winter ihnen versprochen hatte, die Ruhe, und oft das Leben, wenn er einen aus ihrer Mitte riss und ihn krachend gegen die Stämme der andern warf, dass seine Wurzeln knirschend und brechend die Erde durchrissen im taumelnden Fall des Stammes. Dunkel umhüllte sie und nahm ihnen den Atem. Aber es waren nun die Menschen, die diese Klage führten, weil der Sturm seine eisigen Arme nach jedem Hauch reckte, der aus dem Mund eines Lebenden kam, und ihn wegzerrte von seinen Lippen, dass eine weiße Bahn vom warmen Atemdampf hinter ihm blieb.

    Die Menschen stimmten ein in die Klage der Wälder.

    Die große Nacht kam darüber. Die Nordnacht.

    ***

    Der Lappe Pilltu lief auf knatternden Skiern hinter seiner Renherde, die sich wie ein brauner scharrender Strom von Läufen und hochgerissenen Geweihen über die Bergebene schob. Neben seinen langen Lappskiern trabte mit schnellen Schritten ein zottiger Hirtenhund, der bisweilen in ein paar raschen Sprüngen von ihm wegrannte, um mit heiserem Jaulen einen Nachzügler in die Herde zurückzutreiben.

    Am Himmel stand der Mond in einer gelben Scheibe und ließ die Berge in der Runde in blassem Licht aufleuchten. Silbern glänzten die weiten Schneefelder, und selbst die Wolke von Dampf und Atem war zu sehen, die über den schnell ziehenden Tieren lag, über dem Stoßen und Klappern ihrer gereckten Geweihe.

    Isko Pilltu hatte seine Augen im Norden, wo sich dunkle Wolken wie eine Wand über die Bergketten hereinschoben und mit jeder Stunde höher kletterten am Nachthimmel. Er wusste, dass es bald vorbei sein würde mit der Stille, die jetzt noch die Berge in ihrem Schweigen hielt. Härter trieb er auf die Herde ein und sandte seinen Hund mit hohen langgezogenen Rufen zwischen die Tiere, dass sie sich angstvoll zusammendrängten und einander in schnellerem Gang als bisher vorwärts stießen – dem Osten entgegen, wo die Berge einmal zu Ende sein mussten und die Wälder der Lappmark über sanften Hügeln und Ebenen sich dehnten.

    Droben am Nachthimmel hatten sich die Wolken jetzt über den Zenit geschoben. Fetzen wuchsen aus ihrer dunklen Wand heraus und griffen wie mit krallenden Fingern nach dem verblassenden Mondball. Und mit einem Mal war das Leuchten erstorben, das vorher das Land aus der Nacht herausgehoben hatte. Grau lag die Öde und wurde zum schwarzen undurchsichtigen Dunkel, in dem nur noch das Kratzen und Schürfen der ziehenden Tiere zu hören war. Ein Windstoß stieß über die Ebene hin, sang brausend weiter in den Berghalden – der Schnee begann zu stäuben und zu wandern. Sturm stand auf.

    ***

    Der Lappe schickte seinen Hund um die Herde, um die Tiere zum Halten zu bringen und in einem Haufen zu sammeln. Er hörte sein heiseres Läuten durch die unsichtige Nacht und blieb auf seinen Skiern stehen, müde auf seinen Stab gelehnt, während seine Lider unter den starken Stößen des Firnwindes zusammenzuckten. Aber er wartete umsonst, dass der Strom der Tiere zum Halten käme, und schwer atmend machte er sich endlich wieder auf den Weg, während das wütende Bellen seines Hundes aus der Ferne herüberdrang, der sich vergeblich abmühte, die Spitze des Zuges zurückzutreiben. Mit einem Fluch rannte er dann seitwärts, um die Herde zu umgehen und dem Hund in seiner Arbeit zu helfen. Aber es gelang ihm nicht mehr, die Tiere, die nun stürmend über die Ebene zogen, zu überholen, und er lief missmutig auf seinen früheren Platz zurück, nachdem er mit einem scharfen gellenden Pfiff den Hund zu sich gerufen hatte. Keuchend lag er mit seinen Skiern von da ab am Ende des Zuges und hatte Mühe, den Tieren zu folgen, deren dunkle Rücken vor ihm in den Schleiern des ziehenden Schnees auf und nieder wogten.

    ***

    In der Lehne eines Hügels standen fünf graue Schatten, nur wenige Meilen von dem Ort, zu dem Pilltu mit seinen Renen zog.

    An ihren mageren Leibern mit den hohlen Weichen zerrte der Sturm und zerkämmte ihre struppigen Decken. Aber reglos verharrten sie gleichwohl, hatten sichernd die langen schmalen Köpfe in den Wind gerichtet, der ihnen den Duft von warmem lebendem Fleisch in die zitternden Nasen trieb.

    Graue Wölfe!

    Vor ihren Mäulern mit den hochgeschobenen Lefzen stand der Dampf ihres heißen Atems, quoll aus den tropfenden Zungen und schlug sich nieder auf die Masken, dass sie weiß vereist waren bis zu den gereckten Lauschern hinauf.

    Jetzt rührte einer der Schatten sich und tat schnell einen Schritt gegen den Wind – doch verhielt er seine Bewegung jäh wieder – unentschlossen, zögernd. Aber wie auf einen Befehl hatten sich die andern in seine Nähe gesellt, mit matt glimmenden Lichtern, erhitzt von Erwartung und Lust, ihre Fänge in zuckendes Fleisch zu reißen.

    Ein Jungwolf trabte plötzlich an dem Leittier des Rudels vorbei, dem lockenden Geruch entgegen. Doch hatte er kaum Raum gewonnen, als die Zähne des Leitwolfs wie eine glühende Zange sich in seine Lefzen bohrten und krachend gegen sein Gebiss hieben, dass er winselnd zur Seite flüchtete, um sich schleichend wieder zu den andern zu gesellen.

    Unversehens fuhr eine Wolke stürmenden Schnees über das Rudel, und als der Rücken des Berges sich danach in schwachen Umrissen wieder aus der Nacht hob, war die Stelle leer, an der die Wölfe zuvor gestanden hatten.

    Leblos lag der Berg.

    Aber aus geringer Entfernung hob sich ein Heulen in das Brausen des Sturmes, flog zerhackt und verweht gegen die Felswände. Langgezogen schallte es von Neuem herüber, klarer, weil das Toben des Windes für einen Augenblick schwieg. Und es wurde ihm Antwort von einem benachbarten Hügel. Jene Antwort, die die Geschöpfe der Wildmark schneller atmen lässt und ihren Herzschlag hämmern. Gurgelndes, schwappendes Heulen, hochkletternd bis in schrille Misstöne, wieder abfallend, sich selbst verzehrend im Hunger nach Blut. Eine Kehle, die dürstet – dürstet.

    Nur das Ziehen des Schnees war noch zu hören, als die Antwort geendet. Aber im Schatten der Berge arbeiteten sich die Wölfe voran. Geräuschlos trabten sie durch den Schnee, eine Kette hochgelegener Berge zu.

    Ihre Fesseln waren blutig von den scharfen splitternden Graten des Harschs, der sich unter der weißen Oberfläche verbarg, seit der Frost durch Wochen hindurch über der Tundra gelegen hatte. Und die Läufe schmerzten, weil der feuchte Neuschnee die kaum verklebten Schnitte in ihren Sohlen und Zehen erweichte, dass es wie Feuer in den Zwischenhäuten der Pfoten fraß. Aber die leeren Mägen brannten noch teuflischer hinter den gebogenen Rippen, da sie seit Tagen nichts anderes in sich aufgenommen hatten als die harten Krusten des Harsches, den sie in ihrem quälenden Hunger kauten. In einer Reihe trabten sie hintereinander, mit schnellen ausgreifenden Schritten.

    Plötzlich wurde der Duft stärker, der vor ihnen lag, und jenes Lauern trat in ihre Lichter, das erst dann verschwindet, wenn sich im Sprung an das Wild die Augen weit öffnen, damit keine Bewegung des Opfers ihre letzte Anstrengung vereiteln könnte. Zitternd stand der Altwolf still. Die langen Haare seiner Rückenmähne erhoben sich, als striche sie eine unsichtbare Hand gegen Kopf und Lauscher. Und als wollte er seine Spannkraft proben, so wog er seinen langen Leib auf den Läufen. Mit halb geschlossenen Sehern hatte er seine Nase gegen den Wind angehoben und ließ sie langsam in der Luft kreisen. Dann trabte er mit einem Ruck weiter und wandte seine Aufmerksamkeit nun auch der näheren Umgebung zu. Leicht und behänd glitt er plötzlich seitab, grub mit seinen Läufen im Schnee, dass er stäubend zur Seite flog.

    Die Losung eines Rens!

    Ungeordnet und locker lag sie im Schnee verstreut, und begierig ließ der Altwolf seine Nase über sie hinwegstreichen. Er nahm hastig eines der Klümpchen auf mit den spitzen Fängen und schlang es hinab. Begann dann zu scharren und zu wühlen und konnte sich nicht genug tun, den frischen Geschmack auf seiner Zunge zu kosten, bis er unvermittelt seinen Kopf über die Rücken der Jungtiere erhob und aufmerksam in die Nacht hinaussah. Steil trat der Rist aus seiner dürren Schulter heraus, als er nun seinen Rücken krümmte und tief den Leib auf die Fesseln niederdrückte. Die Rute lag buschig zwischen den geknickten Hinterläufen und achtlos wetzten die Krallen seiner Landläufe über die Losung hin –

    Duft von warmem Blut zitterte in der Nachtluft. Eine Welle von Schweiß und Blut hatte seine Nüstern getroffen. Erregt vertrat er sich die Läufe und knetete den Schnee, bis er mit einem schnellen Satz davonjagte, indessen die Jungtiere ihm mit hechelnden Zungen folgten. Er strebte höher in den Hängen, dort hinauf, wo der Rücken des Berges sich abzurunden begann und überlief zu einer weitgedehnten Hochebene.

    ***

    Die Wölfe rückten zu in ihrem Hunger, als sie die Hunderte von Geweihen und Stangen sahen, die klappernd und stoßend über diese Ebene wanderten und dunkel sich aus dem mattgrauen Schnee hoben. Braune Leiber zogen, zu einem Haufen gedrängt, vor ihren funkelnden Lichtern polternd über den Harsch nach Osten. Dumpf klapperten die Schalen ihrer Läufe. Ein Strom von warmen Blut floss dort in dickfelligen schwitzenden Leibern, ein glühender Strom von Blut, der seinen Schein in die Augen der Wölfe zurückwarf und sie gierig aufglimmen ließ, lichtern – im Fieber –

    Wieder waren die Wölfe verschwunden, als hätte der Berg sich aufgetan und sie verschlungen.

    ***

    Die Herde Pilltus trabte schnell über die Hochebene dahin. Der alte Stier an ihrer Spitze schnaubte mitunter geräuschvoll und blies die kalte Luft von seinen gedehnten Nasenlöchern – hinter sich hörte er das heisere Kläffen des Hundes und strebte danach nur noch schneller den Lehnen der östlichen Gebirgsausläufer zu, wo die Moose zahlreicher und fetter wuchsen als auf der offenen stürmischen Ebene. Aber nur ein kleinerer Flock der Tiere schloss sich seinem schärferen Gang an und folgte ihm mit weit ausgeworfenen Beinen. Unschlüssig sahen die anderen voraus und zu den Seiten, denn die Tiere waren müde geworden von der schnellen Hatz im blasenden Sturm. Einige von ihnen hatten die Köpfe hochgebracht und schienen den Wind zu prüfen. Keuchend und hustend lief eine Kuh abseits und versuchte, ihr jähriges Kalb in die Herde zurückzutreiben. Es hatte sich mit verwunderten dummen Augen an den Steilhang einer Schlucht gedrängt und sah in die abgründige Tiefe hinab, die sich vor seinen ungelenken Läufen auftat.

    Die Herde war zerfallen. Man hörte das Läuten des Hundes bald in dieser und bald in einer anderen Ecke der Nacht, als er versuchte, die Tiere wieder zu einem Haufen zusammenzuschweißen.

    «Hoooooh – – – – – Hoooooh – – – – – Huuuuuh – – –», trieb Pilltu mit langen singenden Rufen auf die Rene ein und hetzte den Hund auf die Gruppen der haltenden Tiere, welche mit ihren scharfen Klauen den Harsch zertrümmerten, um zu den kargen Flechten

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