Hilfe, ich werde geholfen!: Neue Sprachspaltereien von Auskontern bis Zutexten. Mit einem Vorwort von Christian Ultsch
Von Eva Male und Christian Ultsch
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Über dieses E-Book
Stilblüten, Pleonasmen und sprachliche Hoppalas wie diese stehen im Mittelpunkt von Eva Males Kolumne »Sprachspaltereien« in der Tageszeitung »Die Presse«. Ihrer großen Leidenschaft für die Sprache folgend, sammelte die Autorin unermüdlich originelle Wortkreationen und verdrehte Sprichwörter, ebenso wie peinliche Versprecher, sprachliche Unarten oder falsche Anwendungen von Fällen und inkorrekte Pluralbildungen. Für die aufmerksame, dabei stets kritische Zuhörerin und Sprachbeobachterin erwies sich die Tagespresse ebenso als Goldgrube für sprachliche Auffälligkeiten wie der Jargon von Kindern und Jugendlichen oder ein Besuch im Supermarkt. Mit Taktgefühl und feinem Humor legt Eva Male ihre Schreibfeder gekonnt in so manche grammatikalische oder ortografische Wunde.
»Hilfe, ich werde geholfen!» versammelt die »Sprachspaltereien« aus den Jahren 2007 bis 2014 - über den Tag hinaus gültig und von zeitloser sprachlicher Schönheit.
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Buchvorschau
Hilfe, ich werde geholfen! - Eva Male
Titelseite
Eva Male
Hilfe, ich werde geholfen!
Neue Sprachspaltereien von
Auskontern bis Zutexten
Mit einem Vorwort von Christian Ultsch
Amalthea
Copyright
Die Publikation von Eva Males Kolumnen »Sprachspaltereien« erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Tageszeitung Die Presse.
Besuchen Sie uns im Internet unter: www.amalthea.at
© 2015 by Amalthea Signum Verlag, Wien
Alle Rechte vorbehalten
Covergestaltung: Kurt Tutschek
Herstellung: Hannes Strobl, Satz·Grafik·Design, Neunkirchen
Gesetzt aus der Minion Pro
eISBN 978-3-903083-24-0
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
In der Fälle-Falle
Wunschen verboten!
Wie gelehrt muss ein Pool sein?
Überfahren, überführt!
Strich, gedankenlos
Untreue, extrascharf
Urne oder Aschenbecher?
Der Hai und seine Flossensuppe
Zwischen Buxe und Bidet
Norwegen, inkontinent
Musterbriefe, streng persönlich
Tot telefonieren, aber richtig
Autos an der Wäscheleine
Weihnachten, zum Weinen
Aufschneiderei mit Obstteller
Kuscheln mit Dehnbund
Pelle, Stelle, Hühnerhaut
Burn-out im Day Bed
Wellnesser, Eier ab!
Homepage im Countdown
Döner, Tagerl, Tandemstillen
Verwendet Verwandte!
Ein bisschen ausverkauft
Verbitten, bitte!
Leisefurzer? Dativverschluderer!
Profin müsste man sein!
Hillarys Handtuch, andiskutiert
Lasset uns smirten!
Flügerl-Lamento
Anzeichen von Wackelkontakt
Kuschel- oder Lanzenwäsche?
Wie schmeckt Johann Strauß?
Währet den Gehzeiten!
Kanzlerin, gedrungen
Junge, Junge, ein Bub!
Wann geht uns „ausgehen" aus?
Einzigst? Keinst? Putzigst!
Heumilch? Geil!
Nicht nett: Powerbummeln!
Gut aufgestellt ins Töpfchen
Speiübel mit Palat-Schinken
Klugscheißerei, mutmaßlich
Züchtigt die Semmlinge!
Wo’s zieht wie Hechtsuppe!
Tief und untief: Genitiv
Wir Zutexter
Kaltgetränke, typenoffen
Semmeln ins Eingemachte
Geld und Dusche, happyful
Sofa to schlepp
Messermachen? Macht nichts!
Wie, bitte, „öfft" man?
Nie wieder Enten lackieren!
Aggregatzustand: überflüssig!
Aknestäbchen mit Ketchup
Zug um Zug, Kaffee um Kaffee
Von Oversized bis Overknee
Von Hünen und Hühnern
Erfühlt, gefühlt und vorgefühlt
Hilfe, ich werde geholfen!
Nur keine Schweinsgrippe!
Nebenwirkung, sexistisch
Weg mit dem „guten Buch"!
Kastration, pars pro toto
Der Hengst und seine Tasten
Ein Meer voll Palatschinken
GLG aus dem OLG? ROFL!
Duktus? Interessiert mich Nüsse!
Heute schon „übelst" gefreut?
Opake Stellung, dicke Hüften
Ohne Worte
Gesetz voll Niedrigkeit
Saftmaus, bitte zahlen!
Mein verschluckter Putzmann
Kipferln mit Dreckskanone
Das Geschlecht auf der Zunge
Zugetextet, ergebnisoffen
Grapsch and touch and go
Schwülkühl, selbst gefühlt
Wenn die Frau allein steht
Vom Einpullern und Auskontern
Ein Pennyloafer muss es sein
Zwillinge, zweiäugig
Bin auf Störung!
Langer Bart, schön langsam
Identität, teilweise
Jugend, hintüber gebeugt
Heute schon Rehe gestaunt?
Morgen ist auch noch ein Jahr
Na? Zack! Hallöchen.
Lekker niederlegen!
Wenn wir Flyer foldern
Eckpfeiler mit Spielraum
Frühling, still sitzend
Wenn die Höhe ins Auge geht
Bindung, hinterlegt
Sexy? Schlapp!
Wir treulose Tomaten
Cellospiel und Kunstfurzen
Verramscht und zugenäht
SMS aus der Küche
Unvergessenes Lotterbett
Integration ohne Croissants
Wir Bettelstudierenden
Grüß Gott, Mohnstriezerl!
Neue Listen, alte Lasten
Verabschiedung auf Englisch
„k fürs sch.haus"
Shuttlebus im Pool
Advent, türkisch
Weihnacht, erlesen
Lasst sie ziehen, die Tee’s!
Wedeln, wochenlang?
Beten mit Schuldigerm
Heute schon geliked?
Forellen-Fischer mit Turban
Zunge im zahnlosen Mund
Brotlaib und Fleischeslust
Verb, du Randfichte!
Wer braucht eine zeitlose Uhr?
Wer wartet auf mir?
Fiere, aufe und sonst wohin
Soletti und Sonnenbräune
Genierer an der Donau
Spritzer, nehmenswert
Popschi mit Stufen
Ipfi, Ulli und der Pol
Beckenbodenschnuppern
Ach, hätt ich nur ein Flugerl!
Geduld, angekokelt
Wetterfrösche & Sprachmotten
Ja, die Feta-Stellung!
Grammeln, grandios
Abstiegschance mit Bestblick
Eingeschenkt
Mega-Weihnacht, aufblasbar
Mit der Tube auf dem Kopf
Abputzen in 450 Meter Höhe
Iss mich mailend!
Verfroren in der Hundezone
Wenn die Kabel mit der Torte
Urgeil gephotoshopt
Glatt verkehrt in der Einbahn
Lüstern mit Umlaut
Gesucht: Stuhlassistenz
Vom Stuhl zum Häuferl
Es wird an- und abgedacht
Der Natur sein Recht
Sommer, Sonne – Stress
Teilzeitvegan
Exakt drapiert
Im Sommer potschasn
Tomateiser und Kartäpfel
Bauernstrudel am Schottentor
Ohne Verwandtschaft
Arme Würstel
Genug der Fragen!
Die Boxer, elastisch
Rechtzeitig vor Hoho
Weihnachten live
Wertachtung
Zwick Zwack in der Kammer
Wie wird man ein Vorzimmer?
Aktiv auf dem Skilift
Muttersprachliches
Schnelle Blamage
Zahnpasta mit Tiefenwirkung
Intellektuelle Brille für draußen
Heute schon gewalten?
Kekse mit Daseinsberechtigung
Von Mäusen und Löwen
Antragsleiden, wertig wie nie
Die Autorin
Vorwort
Zeitlos schön. So nennt das Journalistenvolk liebevoll Texte, die nicht unbedingt aktuell in der Zeitung stehen müssen, weil sie auch über den Tag hinaus gültig sind. Eva Males Sprachspaltereien gehören in diese seltene Gattung. Sie haben die Zeit überdauert. Sie sind zeitlos schön.
Im vorliegenden Buch sind in chronologischer Reihenfolge Kolumnen gesammelt, die zwischen 2007 und 2014 im Spectrum, der Wochenendbeilage der Presse, abgedruckt waren; eine Fortsetzung ihrer ersten Kolumnensammlung Wenn uns die Fälle davonschwimmen …, die 2007 im Amalthea Verlag herausgekommen ist. Sprachspalterin für die Presse war Eva Male seit 1998.
Das vorliegende Buch erscheint posthum. Eva Male ist am 30. November 2014 im Alter von 49 Jahren verstorben. Wer ihre Sprachspaltereien liest, kann Eva Male wieder hören und spüren: ihre Josefstädter Sprachmelodie, ihre heitere Verspieltheit, ihren funkelnden Esprit, ihre unangestrengte Aufmerksamkeit und ihre nachsichtige Güte. Eva Male war keine strenge Sprachrichterin, keine Spötterin. Ihr Zeigefinger war nie erhoben. Ihre Kritik an sprachlichen Ungereimtheiten trug sie stets mit Humor vor. Unermüdlich wie ein Spracheichhörnchen sammelte sie kleine missratene Kostbarkeiten für ihre Kolumne: im Supermarkt, beim Bäcker, im Restaurant, bei der Lektüre von Werbeprospekten, Agenturmeldungen oder Zeitungsbeiträgen, beim Fernsehen, bei ihren Spaziergängen durch Wien und Berlin, wo sie von 2008 bis 2011 Korrespondentin der Presse war, und zuletzt auch während ihres Aufenthalts im Allgemeinen Krankenhaus. Die »SelbstkommerInnen« im AKH-Formular wollte sie ebenso wenig unkommentiert lassen wie das »Antragsleiden« der Pensionsversicherungsanstalt.
Eva Male hielt immer Ohren und Augen offen, um eine ihrer großen Lieben zu pflegen: die Sprache. Daraus ist zeitlose Schönheit entstanden.
Wien, im November 2015
Christian Ultsch
Christian Ultsch ist Ressortleiter Außenpolitik der Tageszeitung Die Presse sowie redaktioneller Leiter der Presse am Sonntag.
In der Fälle-Falle
»Widerrechtliches Parken wird mit Besitzstörung geahndet.« So steht es auf einer Hauseinfahrt in Graz geschrieben. Nun, von widerrechtlichem Parken ist ja an sich abzuraten, aber »Besitzstörung« erscheint als Bestrafung doch etwas unverhältnismäßig. Will man in die Wohnung des Falschparkers einbrechen oder über seinen frisch gesäten Rasen trampeln? Das geht denn doch wirklich zu weit! Gemeint war eine Besitzstörungsklage.
»Der 18-Jährige, der ohne Rollstuhl keinen Schritt machen kann …«, schreibt die Krone. Das klingt – wohl unbeabsichtigt – zynisch: Der Arme sitzt ja gerade deswegen im Rollstuhl, weil er keinen Schritt machen kann.
Immer wieder schwer fällt der Genitiv; das S wird wohl in 50 Jahren verschwunden sein, aber so weit sind wir noch nicht. Beispiele: ein Viertel des heimischen Handelsumsatz; die Direktorin des Technik-Museum; ein Leiter des Wohlfahrtsausschuss.
Auch andere Fallfehler sind nicht selten: »für die Strabag, Österreichs größtem Baukonzern«; »an südliche Ländern werden wir nie herankommen«; »feiert man ihn als eine Art Säulenheiliger«; »da ist die Rede von der Besitzerklasse und der Rechte der Massen«; »entgegen der gesetzlichen Regelungen«; »entgegen aller Beteuerungen«; »die Ausgabe von Naisbitts neuesten Werks«; »mit einem erstaunlich großem Privatvermögen«. Alles aus der Presse übrigens.
Wunschen verboten!
In Vorarlberg schneit es heftig, obwohl – zumindest laut Kalender – schon bald der Sommer beginnen sollte. »Solche Bilder hätten wir uns im Winter gern gewunschen«, kommentiert der ORF-Wetterfrosch. Dazu ist zweierlei zu sagen: Das Partizip »gewunschen« erfreut sich zwar im Volksmund großer Beliebtheit, ist aber streng grammatikalisch nicht existent. Dieses Wissen hätten wir uns auch vom Wetterfrosch gewünscht!
Und dann »gern«. Wünschen oder nicht wünschen – aber gern wünschen? Wer wünscht sich schon ungern etwas? Wünschen kann man sich alles, pflegte mein Vater zu sagen. Unausgesprochener Nachsatz: Ob man es bekommt, ist eine andere Frage. Besonders natürlich beim Wetter!
»Positive Entwicklung in der Phasing-Out-Periode absichern«, fordert ein burgenländischer Politiker per Presseaussendung. Es dürfte um EU-Belange gehen – so weit kann der Laie folgen. Aber das war’s dann auch schon wieder. Phasing-Out-Periode? Eine solche möchten wir uns vor allem für eventuelles Schlechtwetter gewunschen haben!
Sagten wir schon, dass zu viel Englisch nicht immer bekömmlich ist? »Wir haben uns gematcht. Wir haben ganz schön gefightet«, schnaufte eine Marathonläuferin unmittelbar nach dem Run. Wäre ja schön, wenn es im Deutschen für Kämpfe und Kriege keine Wörter gäbe. Ist aber Wunschdenken!
Wie gelehrt muss ein Pool sein?
»Zuvor war der Pool gelehrt worden.« Auch eine Sprachspalterin kann einmal etwas übersehen. Da hatte der Korrespondent leeren und lehren verwechselt, und weder Redakteurin noch Korrektorin haben es entdeckt. Bitte um Nachsicht! Allen Beteiligten ist der Unterschied natürlich bewusst – und mit dem Lehren des Pools ein Volltreffer gelungen. Was könnte man einen Pool schon lehren? Sich sauber zu präsentieren?
Ich schicke diese Zeilen von einer Urlaubswoche in Kroatien und kann Ihnen versichern: Der hiesige Pool ist perfekt. Da besteht absolut kein Lehr- oder Lernbedarf. Gleiches gilt fürs Meer – was mich an einen touristischen Werbespruch von früher erinnert: »Der Natur brauchst nix lernen!« Wobei hier lehren und lernen, nicht lehren und leeren verwechselt wurde. Es ist dies ein beliebter Fehler: Ich lerne dir etwas. Ich kann dir jedoch nur etwas beibringen oder dich etwas lehren. Lernen musst du selber.
Schon oft in den Sprachspaltereien aufgegriffen, aber eine leider auch in der Presse sich ausbreitende sprachliche Seuche ist das Komma nach Subjekten: In Unkenntnis der Beistrichregeln und aus Angst, einen Beistrich zu versäumen, setzt man ihn dort, wo er absolut nichts verloren hat. Zwei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: »Etwa 2,3 Mrd. Dollar davon, wurden verpulvert.« – »Ein weiteres Todesopfer, konnte allerdings nicht verhindert werden.« Auch viele Fehler, können leider nicht aus der Welt geschafft werden …
Überfahren, überführt!
»Italiens First Lady vor dem Quirinal überfahren«, titelte einst die österreichische Presseagentur. Um Gottes willen, die arme Frau, der arme Witwer! Aber nein: »Ihr Zustand ist nicht Besorgnis erregend«, hieß es weiter. Entwarnung! In Wirklichkeit war Clio Napolitano angefahren worden, nicht überfahren. Wenn nämlich Letzteres passiert, ist das Opfer meistens tot. Falls sich der Unfall im Ausland ereignet, wird in der Folge der Leichnam in die Heimat des Überfahrenen überführt. Entschuldigen Sie bitte diese morbiden Überlegungen zur Urlaubszeit.
Auch überführt und überfahren werden oft verwechselt. Häufig liest man, dass jemand von einem Auto überführt wurde (statt überfahren). Wir hoffen vielmehr, dass die Täter ihres Verbrechens bald überführt und zur Verantwortung gezogen werden!
Es gibt auch andere Unglücksfälle: »Chinese beißt Hund tot.« Da hat doch der Chinese sich glatt aus Liebe zu einem Welpen todesmutig auf einen angreifenden Hund gestürzt und diesen mit einem Biss in den Hals getötet. Eine brutale Welt! Das dachte ich mir auch, als eine Kollegin vom »Pfadfindergrillen« in Perchtoldsdorf erzählte. Werden da die Pfadfinder von beiden Seiten scharf angebraten? Kannibalisch scheint es auch in Pötzleinsdorf zuzugehen. Auf einem Schild in einer Wohnhausanlage heißt es: »Die Müllentsorgung von anlagefremden Personen ist verboten und wird ausnahmslos zur Anzeige gebracht.« Wer innerhalb des Gürtels bleibt, scheint jedenfalls sicher.
Strich, gedankenlos
Mit der Interpunktion kann man es übertreiben. Zu viele Gedankenstriche, Strichpunkte, Beistriche, Klammern und vor allem Anführungszeichen, wo sie gar nicht notwendig sind. Schon Kurt Tucholsky hat sich daran gestoßen, dass Texte häufig mit allzu vielen Satzzeichen gewürzt sind.
Manchmal kann jedoch auch deren Absenz störend, ja sinnstörend sein. »Einwanderungsminister wird in Schubhaft genommen«, schrieb die Nachrichtenagentur als Untertitel zur Hauptinformation: »Terrorverdächtiger in Australien bleibt doch in Haft.« Wer also ist nun in Haft? Selbstverständlich der Terrorverdächtige. Der Einwanderungsminister hatte bloß darüber informiert, dass jener in Schubhaft komme, was, kurz gefasst, korrekt so ausgesehen hätte: »Terrorverdächtiger … bleibt doch in Haft. Einwanderungsminister: Wird in Schubhaft genommen.« Ohne den Doppelpunkt freilich wähnt der Leser den Einwanderungsminister im Gefängnis.
In ein Luxushotel sollen unterdessen Geburtstagskinder gelockt werden. »Besuchen Sie uns im Monat oder des