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Mehr werdet ihr nicht finden: Authentische Fälle eines Kriminalhauptkommissars
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eBook233 Seiten2 Stunden

Mehr werdet ihr nicht finden: Authentische Fälle eines Kriminalhauptkommissars

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Über dieses E-Book

Kriminalhauptkommissar Gerhard Starke sitzt einem Verdächtigen gegenüber. Der Polizist ruft sich den Tatort vor Augen: Ein Waldstück am Ortsrand, die Sonne scheint, ein schönes Wochenende steht bevor. Trügerische Stille, denn alles ist voller Blut. Messer verschiedener Größe liegen auf dem Boden. Eines davon ist unnatürlich verbogen, an ihm haftet das meiste Blut.
"Habe ich denn wirklich so etwas Schlimmes angestellt?" klingt die Stimme des Mörders zu ihm durch. Es fällt ihm schwer, Ruhe zu bewahren nach einer solchen Frage, vor allem, wenn er an die Opfer denkt...

Unzählige Ermittlungen bei familiären Tragödien, Mordfällen und sexuellem Missbrauch haben den erfahrenen Beamten nicht abstumpfen lassen. Und so erzählt er emphatisch, aber trotzdem bei der Sache bleibend, von den bewegendsten Fällen seiner Berufslaufbahn, von menschlichen Abgründen und von der Schwierigkeit, sich nicht von Emotionen leiten zu lassen.
Spannend und mitreißend sind die Geschichten des Kriminalhauptkommissars, die er mit Hilfe des Autors Christoph Kloft zu Papier gebracht hat. Ein Muss für Fans authentischer Kriminalliteratur.
SpracheDeutsch
HerausgeberMilitzke Verlag
Erscheinungsdatum1. Okt. 2012
ISBN9783861896975
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    Buchvorschau

    Mehr werdet ihr nicht finden - Gerhard Starke

    Koblenz

    »Habe ich denn wirklich so etwas Schlimmes angestellt?«

    Es ist ein Freitag im Mai, im Westerwald scheint die Sonne, ein schönes Wochenende ist angekündigt. Selbst der sonst für seine Rauheit bekannte Westerwaldwind weht an diesem Tag nur sanft.

    In einem kleinen Waldstück am Ortsrand von Altenkirchen haben die Herbststürme einige Bäume entwurzelt.

    Einer dieser Wurzelteller ist mit zartem Reisig und mit Blättern ausgelegt, es sieht aus wie eine von der Natur bereitete Liegestätte.

    Trotzdem trügt der Schein.

    Der Ort ist voller Blut.

    Ob an den Blättern oder auf dem Erdreich, überall sind deutlich sichtbare Blutspuren.

    Messer verschiedener Größen liegen auf dem Boden, einige sind in einer Plastiktüte verborgen. Eines der Messer ist unnatürlich verbogen, hieran haftet des meiste Blut.

    Auch ein Strick fällt gleich ins Auge.

    Die Blutflecken – die einen größer, die anderen nur zarte Tropfen – lassen sich vom Ort des Geschehens bis aus dem Waldstück hinaus verfolgen.

    Die Spurensicherung hat in diesem Bereich stundenlang zu arbeiten.

    Beim Anblick des Tatorts müssen selbst die abgebrühtesten Kriminalbeamten schlucken.

    Schlucken müssen sie auch, wenn derjenige, der dies angerichtet hat, in seiner Vernehmung später die Frage stellt, die sich ihnen am ganzen Körper die Haare aufstellen lässt: »Habe ich denn wirklich so etwas Schlimmes angestellt?«

    Auch mir fällt es schwer die Ruhe zu bewahren.

    Was hat der Täter denn nun so Schlimmes angestellt?

    Er hat versucht, zwei Menschen umzubringen. Eine schwangere Frau und ihr kleines Kind. Er hat die Frau vergewaltigt, sie mit unzähligen Messerstichen traktiert und ihr Kind weggeworfen, wie ein Stück Müll.

    Rückblick: Seit Wochen trägt sich Wilfried Grund mit dem Gedanken, eine Frau zu vergewaltigen.

    Alles wird von ihm akribisch vorbereitet. Außerhalb von Altenkirchen, in einem kleinen Waldstück unweit eines Gewerbegebietes, richtet er für seine Tat ein regelrechtes Lager her. Es ist eine Erdmulde an einem umgestürzten und entwurzelten Baum, in der er Schichten von Reisig und Laub aufhäuft.

    Wie ein Häuschen im Wald, das sich Kinder bauen.

    Doch er legt nicht nur Laub in diese Mulde. Grund versteckt hier auch eine Plastiktüte, in der sich mehrere Messer befinden.

    Hiermit will er sein Opfer später gefügig machen und er hat offenbar auch den Plan gefasst, es nach der Tat zu töten.

    Nachdem er alles vorbereitet hat, ist er tagelang im Bereich von Altenkirchen unterwegs und sucht nach einer geeigneten Frau. Er wohnt am Stadtrand und ist nicht motorisiert. Deshalb konzentriert er seine Suche vor allem auf den Bereich größerer Einkaufsmärkte.

    Auch am Bahnhof und um das Krankenhaus hält er Ausschau nach einem potenziellen Opfer.

    Schließlich wird er fündig: Es ist eine Frau, die er auf dem Parkplatz eines Altenkirchener Einkaufmarktes entdeckt hat.

    Sie ist Mitte zwanzig, damit etwa so alt wie er, und gut aussehend.

    Der Mann beobachtet sie längere Zeit: Die Frau hat eingekauft und belädt ihr Auto, während in ihrem Einkaufswagen ein etwa zwölf Monate altes Baby mehr oder weniger geduldig wartet. Dem Beobachter im Hintergrund bleibt nicht verborgen, dass die Frau schwanger ist. Dies hält ihn aber nicht eine Sekunde von der Tat ab, ebenso wenig das Kleinkind im Einkaufswagen. Im Gegenteil: Er sieht es als Druckmittel an und ist überzeugt, dass die Frau schon aus Sorge um das Kleine dem Geschlechtsverkehr zustimmen wird.

    Noch hält sich der Täter zurück. Er ist aufgeregt und es fällt ihm immer schwerer sich unter Kontrolle zu halten. Er hat Angst, dass in letzter Minute noch etwas schief geht. Er beobachtet weiter, wie sein Opfer die Ware einlädt. Als die Frau damit fertig ist, hebt sie das Kleinkind behutsam in einen Kindersitz auf der Rückbank. Der Mann schlägt zu, als die junge Mutter einsteigt und sich auf den Fahrersitz setzt.

    Blitzschnell reißt er die Beifahrertür auf und wirft sich auf den Beifahrersitz.

    Die Frau kann nicht einmal richtig schreien, so überrascht ist sie.

    Das Messer in der Hand des fremden Mannes spricht Bände. Wild fuchtelt er damit in der Luft herum und zwingt sie loszufahren. Angesichts der Hilflosigkeit seines Opfers findet der Täter seine Ruhe wieder und lotst die Frau zum späteren Tatort.

    Er duzt sie, gibt nur kurze Anweisungen: »Fahr da lang!, Bieg hier ab!«

    Sie fleht ihn an, sie zu verschonen, sie appelliert angesichts des Kleinkindes und ihrer Schwangerschaft an seine Menschlichkeit.

    Doch die Bitten lassen den Mann unbeeindruckt.

    Die Frau muss aussteigen und ihr Kleinkind im Auto zurücklassen. Der Mann bedroht sie weiter mit dem Messer, zieht kaltblütig seinen Plan durch: Er zwingt sein Opfer sich auszuziehen. Dann vergewaltigt er die Frau brutal.

    Als er seine Bedürfnisse befriedigt hat, wird klar, dass er nicht einen Moment daran gedacht hat, die Frau nach der Vergewaltigung gehen zu lassen. Er hebt sein Messer und sticht etliche Male auf das Opfer ein. Kaltblütig, ungerührt. Nur ein Messer genügt ihm dazu nicht, er zieht weitere aus dem vorbereiteten Versteck und sticht immer wieder zu. Die Frau schreit, sie blutet. Der Mann verletzt sie lebensgefährlich.

    In der Überzeugung, dass sie den zahlreichen Stichwunden erliegen wird, lässt er sie am Tatort zurück.

    Grund nimmt ihr Fahrzeug, in dem noch immer das kleine Kind sitzt und fährt in die Nähe seiner Wohnung. Diese befindet sich noch im Haus seiner Eltern und er muss schon deshalb vorsichtig sein. Er bewohnt in der zweiten Etage sein eigenes Zimmer und kann unbemerkt kommen und gehen. Trotzdem besteht die Möglichkeit, dass er im Treppenhaus plötzlich auf Mitglieder der Familie oder Besucher trifft. Damit niemand etwas beobachten kann, parkt er den Wagen in einiger Entfernung vom Haus. Kein Mensch soll ihn sehen, die größte Gefahr geht von den Nachbarn und den eigenen Eltern aus.

    Dann schleicht er vorsichtig zum Eingang, denn man darf seine blutverschmierte Kleidung nicht bemerken. An der Haustür vergewissert sich Grund noch einmal, dass es nicht zu unerwarteten Begegnungen kommen wird. Als er sich dessen gewiss sein kann, geht er vorsichtig ins Haus. Erst als er in seiner Wohnung ist, fühlt er sich halbwegs sicher. Im Badezimmer säubert er sich sorgfältig. Das Kind lässt er während dieser Zeit unbeachtet im Auto zurück. Es stellt keine Gefahr für ihn dar, denn es ist viel zu klein, als dass es sich befreien oder gar Hilfe holen könnte.

    Erst jetzt überlegt er, was er mit ihm machen soll.

    In der Hektik will ihm keine geeignete Lösung einfallen und so setzt er auf den Zufall. Grund geht zurück zum Wagen und fährt zunächst ziellos durch die Gegend. Er wird schon eine geeignete Stelle finden, an der er das Kind loswerden kann.

    Hinter dem Dorf Kroppach biegt er in einen Waldweg ein und sieht sich um. Die Örtlichkeit scheint ihm passend. Mit dem Kind im Arm geht er in den Wald. Nach etwa hundert Metern findet er, was er sucht. Es ist eine steile Böschung, die zu einem tiefer gelegenen Waldstück führt. Sie ist mit Gras und kleinen Sträuchern bewachsen, unten fließt ein kleiner Bach. Die Böschung ist etwa vier Meter tief.

    Grund findet, dass dies ausreicht. Er nimmt das Kind und wirft es mit aller Kraft hinunter.

    Dann dreht er sich rasch um und geht zurück zum Wagen. Er ist überzeugt: Selbst wenn das Kind den Aufprall überlebt haben sollte – hier wird es niemand finden. Ohne die geringste Gefühlsregung steigt er in das Auto des Opfers, das an anderer Stelle um sein Leben kämpft, und fährt davon.

    Unterdessen schleppt sich die schwer verletzte Frau Meter für Meter voran. Vielleicht ist es die Sorge um ihr Kind, die ihr die Kraft dazu gibt. Sie kann nicht gehen, bricht beim Versuch aufzustehen immer wieder zusammen. Sie kriecht auf allen Vieren, kämpft gegen die Bewusstlosigkeit, während das eigene Blut ihre Kleidung durchtränkt. Irgendwie schafft sie die rund 150 Meter, die es von dem kleinen Wäldchen bis zur Straße sind. Am Straßenrand bleibt sie völlig erschöpft liegen. Doch wieder reißt sie sich zusammen, winkt einem Wagen zu und tatsächlich: Sie hat Glück! Der Fahrer bemerkt sie, hält an und kümmert sich um sie. Geistesgegenwärtig hält er andere Verkehrsteilnehmer an und fordert sie auf, in Altenkirchen einen Notarzt und die Polizei zu verständigen. Die Autofahrer folgen seiner Anweisung, sodass binnen kürzester Zeit die Rettungskräfte eintreffen.

    Im Krankenhaus wird das Opfer mehrfach operiert.

    Es grenzt an ein Wunder, dass die Mutter und das ungeborene Kind gerettet werden.

    Die Ärzte schließen zunächst eine Beeinträchtigung des ungeborenen Kindes nicht aus, doch auch diese Befürchtung wird sich zum Glück nicht bestätigen.

    Große Sorge bereitet allen Beteiligten das verschwundene Kind. Immer wieder hat die schwer verletzte Mutter von ihm gesprochen, hat die Helfer angefleht nach ihm zu suchen.

    Dies geschieht natürlich sofort: Sobald die Polizei in Altenkirchen informiert ist, wird eine große Suchaktion eingeleitet. Feuerwehr, Hilfsdienste und Polizei nehmen teil. Es werden Hubschrauber und Suchhunde eingesetzt.

    Doch alles Suchen ist an diesem Tag vergeblich: Der Säugling kann nicht gefunden werden.

    Am nächsten Tag – die Suchmannschaften sind wieder im Einsatz – ist ein Ehepaar im Wald bei Kroppach unterwegs. Sie machen nach dem Mittagessen in einem Lokal einen Verdauungsspaziergang.

    Plötzlich hören sie Laute, die sich wie ein Wimmern anhören.

    Die Frau hat eine Erklärung dafür: Sie glaubt, dass es sich um ein Rehkitz handelt. Sie versucht ihren Mann davon zu überzeugen, doch dieser hat seine Zweifel und gibt sich nicht mit den beschwichtigenden Worten zufrieden. Schließlich klettert er die Böschung hinunter und findet das noch lebende Kleinkind. Das Ehepaar überlegt nicht lange, packt den Säugling ins Auto und fährt mit ihm zurück zur Gaststätte, in der es zu Mittag gegessen hat. Von hier aus wird sofort der Rettungsdienst informiert.

    Das Wunder ist perfekt: Auch das Kleinkind wird überleben.

    Der Fall Grund war sicherlich kein alltäglicher. Obwohl ich damals schon einiges gesehen hatte, schockierte mich die extrem kaltblütige Art des Täters.

    Davon, dass er das Kind die Böschung hinab geworfen hatte wie ein Stück Müll, dessen man sich entledigt, wollte er später nichts wissen. Er hatte sich eine eigene Version ausgedacht.

    Ich weiß noch, wie sehr ich mich damals zwingen musste, ruhig zu bleiben. Gott sei Dank sind Gedanken nicht strafbar. Aber wie es in mir aussah, als der Täter schilderte, er hätte sich erschreckt und das Kind wäre ihm deshalb aus dem Arm gerutscht, kann ich nicht beschreiben. Glücklicherweise hatte ich mich aber in der Gewalt.

    Grund begleitete mich auch zu der Stelle, an der er die Tat begangen hatte.

    Überlegungen, was mit dem Säugling hätte geschehen können, darf ich heute noch nicht anstellen. Er hätte von Wildschweinen, Füchsen oder anderen Tieren gefressen werden können! Das Kind eine ganze Nacht alleine im Wald, da war wohl mehr als Glück im Spiel.

    Ich erfuhr von dem Verbrechen kurz nach dem Verschwinden des Kindes, doch das gesamte Ausmaß erschloss sich mir erst nach und nach. Zunächst hieß es, dass eine lebensgefährlich verletzte, schwangere Frau am Straßenrand gefunden worden sei. Sie befinde sich im OP im Krankenhaus. Weiter wusste ich, dass ein einjähriges Kind vermisst wird.

    Dies war schon Grund genug für die Mordkommission, den Fall zu übernehmen.

    Allerdings hatten wir zunächst kaum Anhaltspunkte, sodass wir im ersten Augenblick nichts anderes tun konnten, als bei der Suche nach dem Säugling zu helfen. Die Mutter konnten wir nicht befragen, sie war in diesen Stunden nicht vernehmungsfähig.

    Ich erinnere mich noch, wie es in mir arbeitete, wie ich die unterschiedlichsten Möglichkeiten durchspielte und wie ich in Gedanken schon nach einem möglichen Täter suchte.

    Welches Schwein hat so etwas gemacht? Was ist mit dem Säugling passiert? Hat er das Kind etwa getötet?

    Fragen und Sorgen, die nicht nur mich, sondern auch alle meine Kollegen quälten.

    Dann – am nächsten Tag – die erlösende Mitteilung:

    Völlig ortsfremde Personen hatten den Säugling im Wald gefunden. Das Kleine hatte die Nacht überlebt.

    Die Erleichterung war jedem anzusehen. Es war doch der reine Zufall, dass dieses Ehepaar ausgerechnet dort spazieren ging und dass das hilflose Kind gerade in diesem Augenblick so erbärmlich wimmerte.

    Die Freude und die Erleichterung der betroffenen Familie war natürlich riesengroß, als sie erfuhr, dass ihr Kind lebendig und in einem den Umständen entsprechend guten Zustand gefunden worden war. Ganz gewiss dürfte dies auch wesentlich zum Genesungsprozess der Mutter beigetragen haben, der in den nächsten Tagen und Wochen rasche Fortschritte machte.

    Die Pressemitteilungen über den Fund des noch lebenden Säuglings riefen eine enorme Erleichterung in der Bevölkerung und bei den gesamten Suchkräften hervor.

    Jetzt, als klar war, dass die Mutter und ihre Kinder überleben würden, wurde der Wunsch immer stärker, den Täter möglichst schnell zu fassen.

    Wir, die zuständigen Ermittler von der Mordkommission Koblenz, setzten alles daran, den Menschen diesen Wunsch zu erfüllen und denjenigen zu finden, der diese grausame Tat begangen hatte.

    Um möglichst schnell zum Ziel zu gelangen, baten wir die Presse um Mithilfe. In etlichen Veröffentlichungen wurde die Bevölkerung aufgefordert, der Polizei Beobachtungen mitzuteilen, die möglicherweise auf der bekannten Fahrtstrecke bzw. im Bereich des Tatortes gemacht worden waren.

    In Kroppach wurde eine Hausbefragung durchgeführt. Es galt, Angaben über das Fahrzeug oder den Täter zu erhalten. Förster und Jagdpächter wurden befragt, doch ergaben sich keine brauchbaren Hinweise zur Ergreifung des unbekannten Täters.

    Ausgiebig wurde das Ehepaar vernommen, das den Säugling gefunden hatte. Ich ließ mir den genauen Fundort zeigen und beorderte die Beamten der Spurensicherung dorthin.

    Unsere Ermittlungen erstreckten sich auch auf die akribische Spurensicherung vor Ort und auf die Kleidung des Säuglings, die natürlich erst gesichert werden konnte, nachdem das Kind im Krankenhaus ärztlich versorgt worden war.

    Es gab zu dieser Zeit noch keine Spurensicherung, die DNA-Spuren verfolgen konnte, wohl aber wurde schon nach Faserspuren gesucht, die beispielsweise von der Täterkleidung stammen konnten.

    Parallel dazu wurde fieberhaft nach dem Tatfahrzeug gesucht.

    Tatsächlich konnte der Pkw dann auf einem großen Parkplatz in der Stadt gefunden werden. Zur Spurensicherung wurde er bei der Polizei in Altenkirchen untergestellt. Auch hier wurde nach Fingerabdrücken sowie nach Fasern, Erd- und Laubanhaftungen vom Tatort gesucht. Im Fahrzeug fanden sich schließlich Fingerspuren, die nicht den rechtmäßigen Benutzern zugeordnet werden konnten.

    Es bestand also durchaus die Möglichkeit, dass es sich um Fingerabdrücke des Täters handelte.

    Wir übersandten alle gesicherten Spuren an das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz in Mainz, wo sie ausgewertet und begutachtet wurden. Täglich, ja fast stündlich, stand ich in diesen Tagen mit dem LKA in Verbindung.

    Natürlich arbeitete die Zeit gegen uns: Je länger es dauerte, bis Ergebnisse vorlagen, umso mehr Zeit hatte der Täter, belastendes Material beiseite zu schaffen.

    Unsere Anspannung war gewaltig und es kam in dieser Zeit sehr oft vor, dass wir nur ein paar Stunden zu Hause waren. An Schlaf war aber auch dann nicht zu denken, dazu wühlte uns der Fall viel zu sehr auf.

    Zwischenzeitlich befand sich die schwangere Frau in einem Zustand, der es ermöglichte, dass sie mit einem Mitarbeiter des LKA ein sogenanntes Phantombild des Täters erstellen konnte. Dieses Bild wurde vervielfältigt und veröffentlicht.

    Wir hatten außerdem einen Rechtsmediziner hinzugezogen, der sich das Opfer und seine Verletzungen ansah. Er sprach auch mit dem OP-Arzt über die Art und den Verlauf der Stichkanäle, um später beim Prozess als Sachverständiger auftreten zu können. Nachdem er die Verletzungen begutachtet hatte, konnte er uns über die Gewalteinwirkung auf das Opfer aufschlussreiche Aussagen machen und genau nachvollziehen, wie

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