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Paracelsus: Schriften. Ausgewählt und kommentiert von Gerhard Wehr
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eBook165 Seiten4 Stunden

Paracelsus: Schriften. Ausgewählt und kommentiert von Gerhard Wehr

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Über dieses E-Book

Theophrastus Bombast von Hohenheim (um 1493 - 1541), der sich selbst den Titel Paracelsus beilegte, gehört als Arzt, Philosoph und fruchtbarer religiöser Schriftsteller zu den bald gerühmten, bisweilen auch vehement umstrittenen Gründergestalten auf der Schwelle zur Neuzeit.
Experientia, die eigene Erfahrung, schätzte der ebenso selbstbewusste wie streitbare Mann höher ein als die Lehrmeinungen anderer oder bloßes Bücherwissen. Nach der Schilderung des bewegten, früh abgebrochenen Lebens und einem Überblick über sein umfangreiches Schrifttum, folgt eine Auswahl aus dem Gesamtwerk. Seine Schriften zeigen Paracelsus als einen spirituell ausgerichteten Menschen, dessen ganzheitliche, den gesamten Kosmos einbeziehende Betrachtung auch, oder gerade heute, wieder ernst genommen wird.

"Der höchste Grund der Arznei ist die Liebe!"

Nach der Schilderung des überaus bewegten, früh abgebrochenen Lebens und nach einem Überblick über Hohenheims umfangreiches Schrifttum, einschließlich seiner Wirkungen, folgt eine Auswahl aus dem Gesamtwerk. Berücksichtigt ist die Tatsache, dass etwa ein Drittel seiner Aufzeichnungen religiösen und sozialtherapeutischen Themen gewidmet sind. Er war sich bewusst, dass es nicht ausreicht, lediglich dem leiblichen Wohl und der Heilung zu dienen. Immer hat der Arzt, die unsichtbare Seite der Wirklichkeit, schließlich das ewige Heil des Menschen im Blick.
SpracheDeutsch
Herausgebermarixverlag
Erscheinungsdatum23. Sept. 2013
ISBN9783843803250
Paracelsus: Schriften. Ausgewählt und kommentiert von Gerhard Wehr

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    Buchvorschau

    Paracelsus - Paracelsus

    Sekundärliteratur

    EINLEITUNG

    EIN REFORMATORISCH-REVOLUTIONÄRES ZEITALTER

    „So kann es nicht weitergehen. – Wir brauchen eine grundlegende Änderung auf allen Gebieten. – Es ist höchste Zeit, einen Neuanfang zu wagen …" Das sind Redensarten, wie sie in ähnlicher Weise im menschlichen Leben und in gesellschaftlichen Krisenzeiten immer wieder und in kaum veränderter Gestalt laut werden. Das trifft im Grunde auch auf den Epochenwechsel vom Mittelalter zur Neuzeit zu. An den Phänomenen, die vor aller Augen liegen, ist der jeweilige Gestaltwandel abzulesen. Ein Zeitalter der Umwälzungen und der Umbrüche kündigt sich an. Es gibt kaum ein Gebiet, auf dem alles so bleiben soll, wie es einmal gewesen ist. Was sich ereignet, trägt bald revolutionäre, bald reformatorische Züge. Die Provokateure des Neuen liegen im erbitterten Streit mit den Bewahrern der alten Ordnung.

    Als Friedrich von Hardenberg-Novalis auf der Schwelle vom 18. ins 19. Jahrhundert von „schönen, glänzenden Zeiten" träumte¹, davon, dass Europa ein menschlich gestalteter, von behutsamer Hand regierter christlicher Weltteil gewesen sei, auf den er sehnsuchtsvoll zurückblickte, da war diese romantisch verklärte Welt längst untergegangen, ein für allemal. Um 1500 bot sich ein Bild dar, das durch Bewegung und Erregung aller in Kirche und säkularer Gesellschaft aufgestört worden ist. Zwar herrschen noch die alten Machthaber, der Kaiser an der Spitze des Staates und der Papst in Rom, der sich als Stellvertreter Christi auf Erden und als Beherrscher der Seelen versteht. Doch die kaiserliche Schwertgewalt hat an Schärfe und Durchschlagskraft verloren. Dafür gibt es mancherlei Anzeichen. Die Stände, allen voran die Kaufleute, selbstbewusste Landesherren und nach Reichsunmittelbarkeit strebende städtische Magistrate verstehen es, sich durchzusetzen und ihre Autonomie zur Geltung zu bringen. Selbst der Bauer steht auf und beansprucht das ihm seit Generationen vorenthaltene alte, das „göttliche Recht und die Freiheit der Person von seinen durchaus nicht immer „gnädigen Herren, seien es weltliche, seien es kirchliche. Das bringen die Artikel und Manifeste der deutschen Bauernschaft zum Ausdruck. Doch da sind wenige, die ihr Anliegen als ein Gebot der Stunde begreifen. Auch Luther ist noch nicht so weit, soziale Gerechtigkeit als zur Reformation gehörig gelten zu lassen.

    In Bewegung gekommen sind das menschliche Denken als solches und der Glaube der Christenheit. Und das nicht von ungefähr, nachdem die zur Seelsorge berufene, mit der Stiftung der Sakramente betraute Geistlichkeit ihren Auftrag vernachlässigt hat und der Korruption verfallen ist. Der Himmel selbst schien käuflich geworden zu sein. „Sankt Peters Schifflein geht im Schwank / ich sorg gar sehr den Untergang", reimt ein zeitgenössischer Dichter. Angesichts des geistlich-moralischen Verfalls, wie er in Kirchen und Klöstern dieser Epoche um sich greift und selbst das römische Papsttum mit sich in den Abgrund zu reißen droht, können Protest- und Reformbewegungen nicht ausbleiben. Gefordert wird eine Generalreformation von Staat und Kirche an Haupt und Gliedern. Der Augustinermönch Martin Luther (1483–1546) ist zwar weder der Erste noch der Einzige, der das „vom Teufel gestiftete Papsttum zu Rom" beschuldigt und zur Verantwortung ruft. Aber er erweist sich als der Richtung weisende Exponent derer, die es mit ihm und nach ihm, auf das Wort Gottes gestützt, wagen können, eben diesen Prozess einer tiefgreifenden Erneuerung in Angriff zu nehmen. Dass dies um den Preis der abendländischen Kirchenspaltung erfolgen musste, signalisiert Ausmaß und Tragweite des bereits eingetretenen Niedergangs.

    Und dass nicht allein auf Erden Umwälzungen vor sich gehen, sondern dass Nikolaus Kopernikus, seines Zeichens Domherr im ostpreußischen Frauenburg (Frombork), eine Umkehrung bisheriger astronomischer Erkenntnis (De revolutionibus orbium caelestium, Nürnberg 1543) zu verkünden hat, deutet auf einen tiefgreifenden Bewusstseinswandel hin. Davon ist die ganze abendländische Menschheit erfasst. Wo ist nun der „rechte Himmel", so beginnt man einige Jahrzehnte später mit Jakob Böhme zu fragen, wenn die Seele von der Erde gen Himmel fährt? Und wie steht es mit den Wesenheiten am Firmament, wenn die Erde nicht mehr in der Mitte des bis dahin bekannten Kosmos steht, sondern als einer der Wandelsterne (Planeten) zu gelten hat, die die Sonne umrunden?

    Recht unterschiedliche geistige und gesellschaftliche Strömungen ergießen sich um 1500 über weite Regionen Europas: Zur Reformation Martin Luthers und des Zürcher Predigers Huldreich Zwingli treten solche von Glaubensernst durchdrungene Christen, die der Glaubenstaufe Erwachsener den Vorzug vor der herkömmlichen Kindertaufe geben und als Brüder und Schwestern ein beispielhaftes Leben führen wollten, frei von klerikaler Bevormundung und aus priesterlicher Gängelung entlassen. Als nicht zu duldende „Wiedertäufer" haben sie aber nach Meinung der Mächtigen in Kirche und Staat ihr Leben verwirkt. Darin sind sich selbst Katholiken und Protestanten einig.

    Humanistisch Gebildete sorgen ihrerseits dafür, dass die Originalsprachen der Bibel – Hebräisch und Griechisch – als Grundlage für die Bibelverdeutschung dienen können. Und damit darf es nicht genug sein, denn: „Jesus Christus, der Meister, lehret im Herzen …", so schärft Luther seinen Anhängern und Schülern ein. Er unterstreicht damit, dass zur äußeren Verkündigung der Predigt und religiösen Unterweisung das innere Wort mystischer Erfahrung und als eine Weise persönlicher Frömmigkeit kommen müsse.² Indem er dem Wittenberger Reformator zustimmt, stellt sich der energisch auftretende, zum Letzten entschlossene Theologe Thomas Müntzer darüber hinaus auf die Seite der um ihre elementaren Lebensrechte kämpfenden Bauern Mitteldeutschlands. Und so wie Luther dem Kirchenbann wie der Reichsacht verfallen ist, das heißt sein Leben riskiert hat, wird Müntzer (1525) ein Opfer des Bauernkriegs, nachdem er die schutzlos Geknechteten zum erbitterten Widerstand gegen die Übermacht der „großen Hansen" aufgerufen hat.

    Bei alledem sind die Fronten der geistig-religiösen Auseinandersetzungen nicht immer eindeutig abgegrenzt. Das zeigen die innerprotestantischen Gegensätze zwischen Luther und den von ihm ins Visier genommenen sogenannten „Schwarmgeistern", unter ihnen ebenfalls Thomas Müntzer und die Taufgesinnten, aber auch der nicht auflösbare Dissens zwischen den Lutherischen und den Schweizern um Huldrych Zwingli in der Frage nach Wesen und Konkretheit des Abendmahls. Der Streit geht um die Frage: Ist Christus im gesegneten Brot und Wein der Eucharistie real gegenwärtig, oder hat Zwingli recht, der dem Altargeschehen lediglich eine symbolische Bedeutung zuerkennen möchte?

    Dass mit den Türken, die 1529 als gefürchtete Angreifer vor den Toren Wiens stehen, der Islam, als eine in Mitteleuropa bislang unbekannte und so anders geartete Weltreligion neue Besorgnisse erweckt hat, zeigt einmal mehr, in welch einer Zeit der Unsicherheit und der Gefährdung die Menschen leben.

    Und wer, wie die gesamte Christenheit, sein Heil auf den „barmherzigen Sünderheiland setzt, der kann sich nicht etwa sicher wähnen. Denn an den Fassaden der Kirchen sehen die vielfach Geängsteten einen als Weltenrichter drohenden Christus. Ein Schwert geht aus seinem Mund: So bildete ihn der Nürnberger Meister Albrecht Dürer auf seinen Kupferstichen aussagekräftig ab. Und was kann in solcher Situation größere Besorgnisse verursachen als der „böse, schnelle Tod, den man ohne Empfang der Sakramente erleidet? Diese Gefahr ist allemal akut. Denn Krankheiten, Seuchen, die immer wieder aufflackernde Pest füllen die Siechenkobel der Ortschaften …

    Einer von denen, die in dieser unsicheren Zeit leben, einer, der durch den ärztlichen Einsatz Abhilfe zu leisten bereit ist, nennt sich Paracelsus, selbst ein vom Unruhegeist der Zeit Ergriffener. Wie stellt er sich zu all dem, was die Menschen besorgt macht?

    Und nicht nur davon ist zu berichten. Schließlich ist dieser Paracelsus Zeitgenosse überaus kreativer Menschen, denkt man an Michelangelo, Raffael und Leonardo da Vinci, an Albrecht Dürer, Hieronymus Bosch, Veit Stoß, Riemenschneider oder Matthias Grünewald. Die Liste ist kaum zu vervollständigen. Dazu bemerkt der durch eigene Paracelsus-Studien (1970, 51) hervorgetretene Kulturphilosoph Ferdinand Weinhandl:

    „Mitten in dieser Zeit, in der sich das schöpferische Europa in so gedrängter Fülle großer Namen verewigt hat, steht Paracelsus nicht nur als großer bahnbrechender Arzt, sondern auch als Schöpfer einer Philosophie, deren Bedeutung und deren Sinn wir erst heute zu würdigen imstande sind. Er selbst wusste sehr genau, dass es bei ihm und seiner Philosophie um etwas ganz anderes ging als bei den übrigen Philosophen."

    LEBENSWEGE DES PARACELSUS

    Von einer Mehrzahl von Wegen ist schon deshalb zu sprechen, weil ein Kennzeichen seines überaus wechselhaften Schicksals darin besteht, große Teile Europas bald wandernd, bald flüchtend durchquert zu haben, um seiner ärztlichen Bestimmung gemäß tätig zu sein. Von seiner offensichtlich durch Armut und Dürftigkeit gezeichneten Kindheit und Jugend sind nur sehr spärliche Daten überliefert; und die lassen sich nicht immer zweifelsfrei belegen.

    Er, Philipp Theophrastus Bombast von Hohenheim, der sich bisweilen auch Aureolus nennt, ist mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit 1493/94 in Einsiedeln, Kanton Schwyz, geboren. Er gehört zum schwäbischen Adelsgeschlecht der Bombaste, die seit dem hohen Mittelalter in Hohenheim bei Stuttgart zu Hause sind. Sein Vater Wilhelm von Hohenheim ist als Arzt tätig; seine Mutter war vermutlich eine Leibeigene des Benediktinerklosters zu Einsiedeln. Von daher ergibt sich der Umstand, dass ihr Sohn rechtlich betrachtet zeitlebens dem jeweiligen Abt dieses Klosters untersteht. An ihn ging daher der in seinem bescheidenen Nachlass angeblich vorgefundene silberne Kelch über.

    Trägt man die wenig verfügbaren, teils belegten, teils erschlossenen Daten zusammen, dann hat der Junge nach dem frühen Tod der Mutter mancherlei Bildungseinflüsse in sich aufgenommen, in erster Linie durch die praktisch-handwerkliche Unterweisung des Vaters, der als Stadtarzt im österreichischen Villach amtierte. In seiner Großen Wundarznei (1536) nennt Paracelsus eine Reihe von Namen seiner Lehrer und Förderer. Es handelt sich beispielsweise um Äbte wie Trithemius von Spanheim³, denen er sein Bildungswissen verdankt. Bemerkenswert ist Theophrasts umfassende Bibelkenntnis, die ihn schließlich befähigt hat, neben den medizinischen Schriften zahlreiche Manuskripte mit Auslegungen zum Alten wie zum Neuen Testament sowie zum christlichen Leben zu verfassen. Die Benediktinermönche im Lavanttal (Kärnten) gehörten wohl zu seinen Lehrern in Bibelkunde.

    Um das Jahr 1515 soll Paracelsus nach dem Studium an verschiedenen Hochschulen in Ferrara zum Doktor beider Medizinen, der allgemeinen und der chirurgischen, promoviert worden sein. Von da mag er seinen Gelehrtennamen mitgebracht haben, obwohl er ihn erst einige Jahre später, nämlich in Nürnberg, auf ein Titelblatt der von ihm selbst veröffentlichten Bücher setzen lässt. Mit Studienabschluss und Approbation beginnt für den jungen Arzt, einen

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