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SPACE2012: Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2011
SPACE2012: Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2011
SPACE2012: Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2011
eBook619 Seiten4 Stunden

SPACE2012: Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2011

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Über dieses E-Book

Sonja Rohde, eine Frau auf dem Weg in den Weltraum +++ 50 Jahre bemannte Raumfahrt: Gagarin, Wostok & Co. +++ Was folgt auf den Shuttle? +++ Suborbital: Die tollkühnen Männer in ihren rasselnden Raketen +++Megaraumfahrtjahr für China +++die Ära des Drachen! +++ Flug zu den Sternen: Mission Epsilon Eridani +++ Texus 49: Schlaflos in Schweden +++ Science-Fiction Wettbewerb +++ Raumfahrtchronik +++ Statistik 2010 & Vorschau 2011 +++ und vieles mehr...

Die spannende Welt der Raumfahrt im einzigen Raumfahrtjahrbuch des deutschen Sprachraums. Nehmen Sie teil am großen Abenteuer unserer Zeit...
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum12. Feb. 2015
ISBN9783944819099
SPACE2012: Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2011

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    Buchvorschau

    SPACE2012 - Eugen Reichl

    Highlights

    Editorial

    Liebe Leserin, Lieber Leser,

    kennen Sie Sonja Rohde? Wenn nicht, dann gibt Ihnen die vorliegende neunte Ausgabe von SPACE die Gelegenheit dazu. Sonja Rohde ist der Beweis dafür, dass der Traum vom Flug in den Weltraum für jeden von uns in Erfüllung gehen kann. Vielleicht noch nicht gleich, aber doch schon bald. Und Sonja Rohde macht den Raumflug nicht nur für Sie und mich erschwinglich, sondern auch für Hochschulen, Wissenschaft und Industrie. Das erscheint Ihnen jetzt ein wenig kryptisch? Nun, wir kommen gleich noch einmal auf das Thema zurück. Doch zunächst ein paar Bemerkungen in eigener Sache.

    Seit dem Jahre 2003, als die erste Ausgabe von SPACE erschien (damals noch unter dem Titel „Spacexpress") haben wir jedes Jahr Änderungen in das Layout eingebracht. Mal waren sie erheblich, wie die große Umstellung im Jahre 2006 auf unser heutiges Format, mal waren es eher kleine und unauffällige Änderungen in der Präsentation der Inhalte. Dieses Mal gibt es wieder einen größeren Schnitt. Wir gestalten SPACE zum ersten Mal durchgehend in Farbe. Dies war der Wunsch vieler Leser, dem wir aber nur mit einigem Zögern nachgekommen sind, denn es bedeutet automatisch, dass wir mit dem Preis etwas heraufgehen müssen, um die Zuschüsse des Vereins zur Förderung der Raumfahrt e.V. so niedrig wie möglich zu halten. Ziel ist immer, dass sich SPACE wirtschaftlich selbst trägt.

    Dann haben wir in diesem Jahr den Erscheinungszeitpunkt um einen Monat vorgezogen. Wir haben festgestellt, dass sich SPACE am Besten in der Vorweihnachtszeit verkauft. Da macht es wenig Sinn, wenn das Buch erst Mitte Dezember auf dem Markt ist. Aus diesem Grund haben wir nun die chronologische Darstellung der Raumfahrtereignisse des Jahres auf den Zeitraum Oktober 2010 – August 2011 gelegt (nach der alten Regelung wäre es der Zeitraum von Oktober 2010 – September 2011 gewesen). Diese neue Systematik wird in den kommenden Jahren fortgesetzt. SPACE 2013 wird demzufolge in der Rubrik „Raumfahrt-Jahreschronik" den Zeitraum von September 2011 – August 2012 beschreiben. Das lückenlose Verzeichnis der wesentlichen Raumfahrtereignisse, auf das viele unserer Leser besonders großen Wert legen, bleibt also unberührt. Noch etwas wird ihnen schon im ersten Moment aufgefallen sein: Wir haben diesmal einen Menschen auf dem Cover. Das ist nun nicht das erste Mal, denn die Frontseite der Ausgabe des Jahres 2007 zierte, ein wenig versteckt in einem Raumanzug, bereits der deutsche Astronaut (und jetzige ESA-Direktor für bemannte Raumfahrt) Thomas Reiter. Wir wissen, dass einer der wesentlichen Identifikationsfaktoren in der Raumfahrt die Anwesenheit von Menschen ist. Menschen identifizieren sich nun mal lieber mit anderen Menschen als mit Maschinen. Dem wollen wir zukünftig verstärkt Rechnung tragen und häufiger als bisher (aber nicht immer) auf dem Cover und im Innenteil des Buches wichtige und interessante Personen eines Raumfahrtjahres vorstellen. Und dann haben wir in diesem Jahr erstmals eine Kontakt-Ecke eingerichtet. Sie können über space@vfr.de direkt mit uns in Verbindung treten. Wenn Sie Kritik haben oder Lob, Tipps oder Meinungen, ein Problem oder eine Frage zu den Inhalten oder wenn Sie über das Erscheinen der nächsten Ausgabe direkt informiert werden wollen. Wir freuen uns auf Ihr Feedback.

    Nun einige Worte zu meinen „Mitstreitern. Ich möchte an dieser Stelle dem SPACE-Team recht herzlich danken, allen voran den zwei Hauptprotagonisten, nämlich unserem Grafiker, Layouter und Ideengeber Stefan Schiessl, der dafür sorgt, dass sich dieses Werk auch optisch in der Spitzengruppe des Genres befindet und Peter Schramm, dem „General Managers des Projektes. Er ist der Kümmerer für alles außer Schreiben und Layout/Grafik. Er sorgt für die organisatorische Abwicklung des Ganzen, er sorgt dafür, dass Anzeigen hereinkommen und das Buch im Buchhandel platziert wird, er treibt das Team an und steckt mit nachsichtigem Lächeln so manch mürrischen oder unwilligen Kommentar weg, wenn er „seine" Mannschaft mal wieder zur Termintreue mahnen muss. Viel Arbeit steckt auch Reinhold Glasl in das Buch, wenngleich indirekt, denn er ist der Organisator des VFR Science-Fiction Wettbewerbs, der eine etablierte Größe in den Aktivitäten des Vereins zur Förderung der Raumfahrt ist. Und schließlich möchte ich auch unseren Lektoren danken, die dafür sorgen, dass dieses Buch in jedem Jahr ein durch und durch professionelles Werk wird.

    Wir decken auch dieses Mal eine Vielzahl interessanter Themen ab: Den 50. Jahrestag des ersten bemannten Raumflugs, den Rückzug des Shuttles vom aktiven Dienst, Stories zur Geschichte der Raumfahrt und ihrer Zukunft, Berichte zu den aktuellen Themen und zu raumfahrtpolitischen Entwicklungen, Reportagen, Glossen, Meinungen, Kommentare und unseren bewährten Science-Fiction Wettbewerb. Natürlich den Chronik-Teil mit den Ereignissen des vergangenen Jahres, mit der Statistik der im Berichtszeitraum erfolgten Starts und dem Ausblick auf die im laufenden Jahr noch folgenden Flüge. Vor allem aber berichten wir in dieser Ausgabe über den steilen und unaufhaltsamen Aufstieg der Privaten Raumfahrt. Und damit sind wir wieder bei Sonja Rohde. Sie gilt in der deutschen Boulevardpresse als „Weltraumtouristin ein Begriff, den man in der englischsprachigen Presse eher selten findet. Dort findet man in der Regel, wesentlich treffender, die Bezeichnung „Private Space Explorer.Warum Sonja Rohde – bei allem privatem Interesse an ihrer Unternehmung – ein wichtiger Impulsgeber für die Sache der bemannten Raumfahrt ist, erfahren sie gleich im Anschluss in unserem Leitartikel. Wir erzählen Ihnen über „The Spaceflight Company, „Scaled Composites und „Virgin Galactic". Wir erzählen Ihnen, was Sonja Rohde damit zu tun hat, und warum Menschen wie sie es sind, die das Tor zum Weltraum für uns alle öffnen.

    Und damit hinein ins Raumfahrtgeschehen. Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre von SPACE 2012. Halten Sie uns weiterhin die Treue. Im Namen des ganzen Teams, ihr

    Eugen Reichl

    Themen im Fokus

    Sonja Rohde und die „Sehnsucht nach dem

    weiten unendlichen Meer"

    „Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge zu verteilen und Arbeit zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten unendlichen Meer"

    Antoine de Saint Exupery

    Hagen, Nordrhein-Westfalen

    Das Bundesland Nordrhein-Westfalen ist urdeutsches Kernland. Seine Kulturgeschichte reicht soweit zurück, dass sich in jeder größeren Stadt der Region der Unterhalt eines paläontologischen Museums lohnt. Es galt über mehr als ein Jahrhundert als das „Land von Kohle und Stahl" und erwirtschaftet – im Gegensatz zu einer in Bayern ebenso weit verbreiteten wie irrigen Meinung – den höchsten Anteil aller Bundesländer zum deutschen Bruttosozialprodukt. Die Einwohner dieser Region neigen nicht zu Kapriolen. Der Westfale gilt als Hüter deutscher Tugenden und grundsolider Bodenständigkeit. Pioniere und Eroberer, Abenteurer und Himmelsstürmer findet man dort eher selten. Im Zentrum Nord-rhein-Westfalens liegt Hagen. Der Ort existiert seit über 1.200 Jahren, seit 265 Jahren hat er die Stadtrechte. 1848 wurde Hagen an das Bergisch-Märkische Eisenbahnnetz angeschlossen, erlebte während der Kaiserzeit 1871-1914 eine erste Blüte und war bekannt als Zentrum moderner Architektur. Walter Gropius, Peter Behrens und Henry van de Velde arbeiteten hier. 1928 überschritt die Einwohnerzahl die 100.000er-Marke. Hagen wurde Großstadt. Nach dem zweiten Weltkrieg, der Hagen wie alle großen Industriestädte des Westens schwer traf, ging es zunächst noch einmal für drei Jahrzehnte aufwärts. Im Jahre 1975 begrüßte die Stadt den 230.000. Einwohner. Doch dann machte Hagens größter Arbeitgeber zu, die Klöckner-Hütte in Haspe, und auch die Gussstahlwerke Wittmann mit ihren 2.000 Mitarbeitern mussten Insolvenz anmelden. Die Brauereien Bettermann und C.H. Andreas, beide mehr als 100 Jahre alte Traditionsunternehmen, machten dicht. Die Süßwarenhersteller Villosa und Grothe verließen die Stadt und die Brandt Zwiebackwerke auch. Die Menschen zogen weg aus Hagen. Seit 2005 stehen im Hagener Melderegister wieder weniger als 200.000 Namen. Tendenz: weiter fallend. Hagen wird heute außerhalb seines unmittelbaren Umfeldes vor allem wegen der Fernuniversität wahrgenommen. Wer länger nachdenkt, dem fällt möglicherweise auch die Justizvollzugsanstalt ein. Hagen kann – so jedenfalls ist der Eindruck aus einigem Abstand – frischen Wind, neue Ideen, neue Gesichter und den Mut zum Besonderen abseits der eingefahrenen Gleise gut gebrauchen. Und tatsächlich hat Hagen in Westfalen jemanden im Angebot, der genau diese Werte repräsentiert: Sonja Rohde.

    Mojave, Kalifornien

    Randa und Roderick Milliron

    von Interorbital Systems

    Interorbital

    Von der Einwohnerzahl her ist Mojave im US-Bundesstaat Kalifornien ein Kuhdorf und man muss zugeben: Hagen steht selbst in Zeiten des wirtschaftlichen Niedergangs rein optisch deutlich besser da als die hässliche Flächensiedlung nördlich der Luftwaffenbasis Edwards. Durch Mojave führt zwar eine Bahnlinie, einen richtigen Bahnhof gibt es aber nicht. So etwas findet man erst wieder 80 Kilometer weiter westlich, in Bakersfield. Dabei entstand der Ort einst wegen der Eisenbahn. In Mojave gibt es auch keine paläontologische Sammlung sondern nur ein virtuelles Transportmuseum (Motto: From Mule teams to Space Dreams). Es gibt kein historisches Zentrum und kein Kunstquartier. Keine Jugendstilsiedlungen, keine Schlösser und keine Parks. Es wäre wahrscheinlich auch sinnlos, dort so etwas zu errichten, es würde sowieso niemand hingehen. Wer nach Mojave reist, sei es zum Arbeiten oder als Tourist, tut es weil dort die Zukunft der Raumfahrt beginnt. Wer zum ersten Mal hierher kommt, setzt sich ins Voyager-Restaurant am Spaceport Mojave, bestellt sich „The Hangar Queen (ein Omelette aus drei Eiern) oder „Joudis Crash Landing (ein mit Käse und Ranchero-Sauce überbackenes Tortilla), dazu einen Eistee, und guckt durch die Fenster auf die „Flight-Line in der Hoffnung, eins der legendären Flugzeuge von Scaled Composites oder eine der kleinen raketenbetriebenen XCOR-Maschinen zu sehen, oder vielleicht sogar den großen Guru des Ortes höchstpersönlich, den legendären Burt Rutan. Hier in Mojave hat die „New Space-Szene ihr Mekka. Hier liegt das Silicon Valley des Weltraums. Hier haben sich einige der innovativsten Unternehmen der privaten Raumfahrt angesiedelt. Beispielsweise Masten Space Systems. Dave Masten gewann mit seinen Leuten vor zwei Jahren die „Northrop Grumman Lunar Lander X PRIZE Challenge und entwickelt gerade eben revolutionäre, wiederverwendbare suborbitale Forschungsraketen. Wenn am anderen Ende des Mojave-Flughafens mal wieder eine seiner Xaeros, Xombies oder Xoies (wo hat er nur die Namen her?) zu einem Testflug aufsteigt, dann sieht das aus wie eine Szene aus einem schlechten Hollywood-Sciencefiction Movie der 50iger Jahre. Zunächst steigt das seltsame Vehikel orgelnd in den Himmel über Mojave, dann wird es für eine Weile still und schließlich setzt das Orgeln erneut ein, leise zunächst, dann immer lauter und die Rakete setzt in einer gewaltigen Staubwolke wieder auf seinen dünnen Beinen auf demselben Helipad auf, von dem sie Minuten zuvor gestartet war. Das ist Raumfahrt a la Dave Masten. Das Ding kommt ganz und gar unbeschädigt wieder zurück und startet nach dem Tanken erneut. Nicht so wie beim herkömmlichen Raumflug, wo nach der Mission mit Ausnahme der Nutzlast alles in Klump und Trümmern liegt. Dave Masten hat allerdings ein Problem: Langsam wird die Performance seiner Raketen zu gut, um sie hinten am Flugplatz testen zu können. Dave Masten hat deshalb in Cap Canaveral schon mal die Startanlage 36 gemietet. Da haben NASA und Airforce zuletzt die Atlas Centaur gestartet. Oder „Interorbital Systems, geleitet von der exzentrischen Randa Milliron. Ihr Ehemann Roderick fungiert als Chefingenieur. Sie greifen die Idee des deutschen Konstrukteurs Lutz Kayser auf, der in den siebziger Jahren eine modular gestaltete Rakete konzipierte und mit seinem Unternehmen OTRAG vermarkten wollte. Die Module ihrer Raketen sind aus massenproduzierbaren Komponenten aufgebaut und daher sehr preiswert. Der Traum von Interorbital besteht darin, einen Satellitenträger zu konstruieren, den man schon mit einem mittelgroßen Lastwagen zum Startplatz fahren kann. Ein Träger, der kleine Nutzlasten zu sensationell niedrigen Preisen in den Weltraum bringt. Oder Jeff Greason‘s XCOR Aerospace, wo sich der Prototyp des „Lynx Mark 1 eben in der Endmontage befindet. Er soll im nächsten Jahr zu seinen ersten Testflügen starten und dann Nutzlasten und Menschen für die NASA, für Universitäten, für Forschungsinstitute aber auch Privatpersonen zu kurzen suborbitalen Flügen in den Weltraum bringen. Zunächst nur etwa 60 Kilometer hoch, danach – in der Version Lynx 2 – 100 Kilometer und mehr. Und dann ist da natürlich der Platzhirsch: Scaled Composites. Wer sich mit der New-Space Szene beschäftigt, horcht bei diesem Namen auf. Scaled Composites hat mit dem heute schon historischen SpaceShipOne (SS1) – es befindet sich bereits im Washingtoner Smithsonian-Museum – im Jahre 2004 drei suborbitale Raumflüge unternommen. Zweimal war Mike Melville am Steuer. Er schaffte einmal 100 Kilometer und einmal 103 Kilometer Höhe. Beim dritten Flug in den Weltraum erreichte Brian Binnie sogar 112 Kilometer. Als Startstufe dieses Raumflugvehikels diente seinerzeit das ebenfalls von Scaled Composites entwickelte und gebaute Trägerflugzeug „WhiteKnightOne (WK1).

    Einer der eigenartigsten und gleichzeitig effektivsten Entwürfe in der Geschichte der Fliegerei. Gleich nach dem Projekt SS1/WK1 nahmen die Ingenieure von Scaled das Vorhaben „SpaceShipTwo (kurz: SS2) in Angriff. Größer, schwerer und leistungsfähiger als „SpaceShipOne und in der Lage, inklusive der beiden Piloten acht Personen auf mehr als vierfache Schallgeschwindigkeit zu beschleunigen und auf eine suborbitale Bahnparabel mit einem Scheitelpunkt in 120 Kilometern Höhe zu werfen. Das Prinzip mit dem Trägerflugzeug, von dem das eigentliche Raumschiff auf seine Starthöhe von 15 Kilometern transportiert wird, wurde vom Vorläufer übernommen. Größer, schwerer und leistungsfähiger. Konsequent in Anlehnung an seinen Vorgänger trägt es die Bezeichnung „WhiteKnightTwo" (WK2). Diese beiden Maschinen muss man sich merken. Sie sind es, die Sonja Rohde in den Weltraum bringen werden.

    Der Traum vom Raum

    Dass man dem Hagener womöglich Unrecht tut, wenn man ihm (oder ihr) das Verharren in konservativen Denkgewohnheiten unterstellt, sehen wir an Sonja Rohde am Besten. Zum einen ist sie die bodenständige Westfälin, die sorgsam ihren Müll trennt, gesundheitsbewusst lebt, sich fit hält und nachts alle Standby-Geräte im Haus ausschaltet. Aber da war auch schon ganz von Anfang an noch etwas anderes in ihr. Sie trug den Traum in sich, der in uns allen mehr oder weniger tief verborgen ist: Den Traum, einmal im Leben etwas ganz Besonderes zu machen. Bei ihr war es „Die Sehnsucht nach dem weiten, unendlichen Meer, wie es Antoine de Saint Exupery in einer poetischen Metapher beschrieb. Oder, um bei westfälisch-bodenständiger Ausdrucksweise zu bleiben: Die kleine Sonja wollte Astronautin werden. Unbedingt. Aber sie fühlte sich auch verpflichtet, eines Tages den elterlichen Betrieb zu übernehmen. So studierte sie schweren Herzens Betriebswirtschaftslehre und nicht Physik, Astronomie oder Luft- und Raumfahrt. Der Traum vom Raum rückte damit in fast unendliche Ferne. Die ESA konnte keine Leute mit einem Wirtschaftsstudium brauchen, zumindest nicht im Orbit. Und wer hat schon die 50 Millionen Dollar für ein Privatticket zur ISS übrig (das ist tatsächlich möglich, wenngleich mit einem sehr begrenzten Kontingent an freien Plätzen). Und da, ganz hinten, im Kämmerchen mit den unerfüllbaren Sehnsüchten und Hoffnungen, wäre der Traum auch geblieben, wäre ihr nicht der Zufall zu Hilfe gekommen. Bei einer Safari in Afrika begegnete Sonja Rohde zufällig Richard Branson. SIR Richard Branson. Auch er hatte den Traum vom Raum. Und er hatte die Mittel und den Willen, ihn auch zu verwirklichen. Und ihn auf eine Weise zu verwirklichen, dass dieser Traum nicht nur für ihn allein, sondern für eine große Zahl von Menschen erreichbar wird. Sir Richards Idee basiert darauf, dass man nicht unbedingt eine Umlaufbahn ansteuern muss, um einen Raumflug zu unternehmen. Technisch deutlich weniger aufwendig geht das auch auf einer suborbitalen Flugparabel. Statt auf die Orbitalgeschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde beschleunigt SS2 „nur auf etwa 4.200 Kilometer pro Stunde. Das Mutterflugzeug WK2 trägt SS2 dabei zunächst in einem gut einstündigen Flug auf mehr als 15.000 Meter Höhe. Dort gibt es das Raumschiff frei, das dann wie ein Stein zunächst mehrere Sekunden lang in Richtung Erdoberfläche fällt. Das ist wichtig, um Abstand zum Trägerflugzeug zu bekommen. Einige hundert Meter unter WK2 zündet SS2 dann seinen Raketenmotor. Der arbeitet für eine Minute, eine Zeit, in der die Insassen des kleinen Raumschiffes dem sechsfachen der Erdbeschleunigung ausgesetzt sind, doppelt so viel wie Shuttle-Astronauten. Nach dem Ausbrennen des Treibsatzes folgt SS2 nun im freien Fall (der hier eher ein „freier Aufstieg" ist, ähnlich einem mit ungeheurer Kraft empor geworfenen Stein) weiter dem zuletzt eingeschlagenen Kurs, auf der es zunächst zum Scheitelpunkt der Bahnparabel in eine Höhe von etwa 120 Kilometer steigt und danach wieder zur Erde zurückstürzt. Alle Aspekte eines Raumfluges sind in solch einer suborbitalen Mission enthalten: Die raketengestützte Startphase mit hoher Beschleunigung, eine Zeit der Schwerelosigkeit, der Ausblick von oben auf unseren blauen Planeten und die Krümmung des Horizontes, der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre mit seiner heftigen Bremsverzögerung und schließlich die Landung. Vom Lösen der Bremsen des Trägerflugzeugs bis zum Stillstand der Räder von SS2 nach der Landung vergehen etwa 90 Minuten. Zwischen der Zündung des Raketenmotors und der Rückkehr in die tieferen Schichten der Erdatmosphäre sind es nur etwa 15 Minuten. Nicht viel, doch die ersten beiden bemannten Raumflüge der Amerikaner im Jahre 1961 waren von dieser Art und auch sie dauerten nicht länger. Der Aufenthalt im Weltraum mag nur kurz sein, aber das Verfahren hat einen großen Vorteil: Es kostet nur einen Bruchteil eines orbitalen Raumflugs. Und damit war der Traum plötzlich auch für Sonja Rohde in Reichweite. Zurück in Hagen ging sie zur Bank, hob ihre Ersparnisse ab und nachdem die bei weitem nicht reichten, nahm sie zusätzlich einen Kredit auf. Wo ein anderer mit diesem Geld vielleicht zum Porsche-Händler gegangen wäre, deponierte sie es in Sir Richards neu gegründeter Firma Virgin Galactic. Der Preis für das Ticket ins All: 140.000 Euro. Als das erledigt war, war sie die erste Deutsche, die sich für das Abenteuer in Sir Richards Spaceliner angemeldet hatte. Und dann begann, was auch so mancher Berufsastronaut erlebt, der sich auf eine Reise mit einem neu entwickelten Raumfahrzeug vorbereitet: die Zeit der Vorbereitung, des Ausharrens, des Auffrischungstrainings. Entwicklungsprobleme türmten sich auf, Termine verschoben sich, der Startzeitpunkt rückte auf der Zeitachse immer weiter nach rechts. Doch niemand gab auf. Niemand verlor die Nerven. Niemand ließ sich von den Zweiflern und Zauderern vom Vorhaben abbringen. Jedes technische und organisatorische Problem wurde methodisch bearbeitet und gelöst. Als Sir Richard seine Zusage von Sonja Rohde erhielt, rechnete sie damit im Jahre 2008 zu fliegen. Tatsächlich wird es Ende 2013 werden. Kein Grund zum Aufgeben.

    Was ist los in Europa?

    Warum entwickelt sich eine solche Szene ausgerechnet in Mojave, Kalifornien und nicht auch irgendwo in Europa? Junge Ingenieure sind hierzulande nicht weniger einfallsreich und unternehmungslustig wie jenseits des großen Teichs. Man sollte also annehmen, dass auch bei uns ähnliche Ideen entstehen wie in den Vereinigten Staaten. Mit dieser Annahme liegt man durchaus richtig. Während aber in den USA die Rahmenbedingungen für die private Raumfahrt von der Legislative und den Behörden schon vor Jahren sorgfältig und vorausschauend definiert wurden, fühlte sich in Europa zunächst einmal keine Institution dafür zuständig. Es fehlte der Wille, diese neue Industrie überhaupt wahrzunehmen. Als man nicht mehr daran vorbeikam, gingen die Bemühungen dahin, es möglichst schnell wieder loszuwerden. Diese Einstellung lässt jegliche positive Entwicklung á la Mojave in Europa schon im Keim ersticken. Da und dort haben auch schon Politiker das Thema als Quelle für stimmheischenden Populismus entdeckt und gefallen sich darin, die Aktivitäten auf dem Gebiet der privaten Raumfahrt öffentlichkeitswirksam zu verdammen. Legendär ist die selbst für einen Politiker ungewöhnlich bornierte Aussage des EU-Wirtschaftskommissars Günter Verheugen beim vorletzten Pariser Aero-Salon. Er bezeichnete die private Raumfahrt und hier speziell den so genannten „Weltraumtourismus als unsinnige Spielerei der Superreichen, die er keinesfalls zu fördern gedenke. Der Grundtenor für die Haltung der Europäischen Gemeinschaft auf diesem Sektor war damit vorgegeben. Wie sich diese Einstellung in der Praxis auswirkt, konnte man sehr gut beim deutschen Raketenflug-Startup „Talis Enterprise beobachten. Zunächst wollte das Unternehmen den Test- und späteren Flugbetrieb am Heimatflughafen in Magdeburg-Cochstedt durchführen. Dort sind sie aber gleich mal abgeblitzt. Flugbetrieb mit Raketenantrieb sei im deutschen Luftraum schon mal generell nicht erlaubt, so hieß es. Und dann wollte die Landesregierung in Sachsen-Anhalt wegen eines möglichen Besitzerwechsels des gesamten Flughafens an einen dubiosen Interessenten aus dem mittleren Osten auch keine neuen Gewerbeansiedlungen am Airport dulden. Danach versuchte es die Talis Enterprise am Flugplatz Peenemünde an der Ostsee, um die Flugversuche über dem Meer durchzuführen (und damit die Bestimmungen über den nicht erlaubten Einsatz von Raketenantrieben über bewohntem Gebiet zu umgehen). Aber auch hier schlug ihnen sofort Ablehnung entgegen. Raketenflug an einer historisch belasteten Stelle: (man erinnere sich, hier wurde die V2 entwickelt) das darf nicht sein. So wurden die üblichen Argumente vorgeschoben: Naturschutz, Einflugschneisen, Probleme mit Genehmigungen. Dazu ein unzuverlässiger Partner vor Ort, und das war es dann. Andere europäische Startups wie Copenhagen Suborbital oder ARCA (und mehr gibt es dann auch schon nicht mehr) lösen das Problem zwischenzeitlich so schlecht und recht, in dem sie ihre Flugversuche auf das offene Meer hinaus verlegen. Außerhalb der Zwölfmeilenzone können sie der Regulierungswut der Behörden wenigstens etwas entkommen. Leider stellt eine solche Lösung diese kleinen und nur schwach finanzierten Unternehmen vor enorme logistische und damit automatisch auch finanzielle Probleme. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass es keiner von ihnen über fortgeschrittenes Bastel-Niveau hinaus schaffen wird. Talis Enterprise jedenfalls hat inzwischen entnervt aufgegeben. Eines ist klar: in Europa, und hier vor allem in Deutschland wird private Raumfahrt nicht funktionieren. Wer einen Traum wie diesen hat, muss weg von hier.

    Saurier und Raumschiffe

    Die in Europa und hier speziell in Deutschland vorherrschende Grundeinstellung zur Privaten Raumfahrt erlebt Sonja Rohde immer wieder hautnah. Presse und Fernsehen, „ernsthafte Wissenschaftler, Politiker und deutsche Ex-Astronauten (Ulf Merbold) versuchen ihre Unternehmung nach Kräften in die Nähe eines Jahrmarkt-Spektakels zu rücken. Sonja Rohde wird herablassend als „Weltraumtourist bezeichnet und ihr Flug als eine Art „Stunt-Show für gelangweilte Egomanen, denen Bungee-Springen nicht mehr den nötigen „Kick gibt. Ganz anders die Einstellung in den USA. Dort ist man sich der Tragweite des Vorhabens bewusst. Auch dort berichten die Medien über private Raumfahrt durchaus gelegentlich kritisch. Während aber hierzulande Ignoranz als Indikator für geistige Superiorität betrachtet wird (...also bitte, ICH beschäftige mich doch nicht mit SOWAS...), befasst man sich dort sachkundig und offen mit dem Thema. Das hat zur Folge, dass Sonja Rohde mit ihrem Plan in Amerika vollständig anders wahrgenommen wird, als bei uns. Sie ist in den USA eine so positiv besetzte „Celebrity, dass sie dort regelmäßig um Autogramme gebeten wird und renommierte Institutionen wie die Columbia University sie für Vorträge einladen. Sie war bei CNN, Discovery Channel und BBC zu Gast und gab Interviews für eine ganze Reihe von US-Publikationen wie National Geographic und dem Time Magazine. Der Weltraum und die Sterne faszinierten Sonja Rohde schon sehr früh. Im Kinderlexikon, das sie von der Großmutter geschenkt bekam, fand sie vor allem zwei Themen besonders spannend: Saurier und Raumschiffe. Raumschiffe und Weltraum hielten sie auch in der Schul- und Studentenzeit in ihrem Bann. Die Zeit zwischen Mitternacht und sechs Uhr früh war nicht selten mit der „Space Night, dem legendären Weltraum-Nachtprogramm von Bayern 3, ausgefüllt. Da konnte es dann morgens auch schon mal vorkommen, dass sie sich den gutmütigen Spott ihrer Mitschüler und Kommilitonen anhören musste, wenn sie wieder einmal „völlig verstrahlt" zur Vorlesung erschien, wie sie selbstironisch sagt. Doch jetzt ist die Zeit vorüber, in der sie mehr damit beschäftigt war, ihr Vorhaben zu verteidigen als sich darauf vorzubereiten. Das Testprogramm für ihr Raumschiff ist inzwischen in vollem Gang und der Tag, an dem ihr Traum Wirklichkeit wird, rückt immer näher. All das, was sie sich schon tausendmal vorgestellt hat, wird bald zur Realität. Die Aufregung bei den Vorbereitungen und beim abschließenden Training. Der Aufstieg mit dem Trägerflugzeug. Der Abwurf von der WK2. Die enormen Beschleunigungskräfte, wenn der Raketenmotor zündet (bereits acht Sekunden nach dem Start des Raketenmotors fällt die Schallmauer). Die ballistische Aufstiegsphase, in der die Schwerelosigkeit einsetzt. Der atemberaubende Ausblick auf dem Scheitelpunkt der Bahnparabel, der Abstieg, erneut der enorme Andruck und schließlich die Landung im Gleitflug wie einst mit dem Shuttle.

    Spaceport America, White Sands

    Sir Richard haben wir schon kennengelernt. Ihm gehört das Plattenlabel Virgin Records und mit Virgin Airlines eine der größten Fluglinien der Welt. Wenn er nicht gerade als Unternehmer agiert präsentiert er sich als Abenteurer, Weltenbummler und Romantiker. Er ist in der Stratosphäre mit seinen Rekordballons ebenso zu Hause wie in der Tiefsee, die er mit seinem Tauchboot Virgin Oceanic besuchen will. Auch er hat den Traum,

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