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Die bedeutendsten Grabreden
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eBook228 Seiten3 Stunden

Die bedeutendsten Grabreden

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Über dieses E-Book

Grabreden sind Reden gegen die Sprachlosigkeit des Todes. Bereits der erste literarische Text der Menschheitsgeschichte, den wir kennen, ist eine Auseinandersetzung mit dem Tod, die heute wie damals berührt. In diesem Band sind berühmte Grabreden vom Altertum bis in die jüngste Zeit gesammelt. Vom Gilgamesch-Epos bis in die Gegenwart spannt sich der Bogen. Martin Luther, Philipp Melanchthon, Abraham Lincoln, Ludwig Börne, Friedrich Engels und Richard von Weizsäcker sind nur einige aus der Reihe der berühmten Redner, die hier – zum Teil das erste Mal im Druck oder in deutscher Übersetzung – zu Wort kommen. Viele der Grabreden sind nicht nur rhetorische Glanzlichter ihrer jeweiligen Zeit, in ihnen verdichten sich auch exemplarisch der Geist und die Mentalität einer Epoche. Der Band bietet so anhand prominenter Beispiele eine kleine Kulturgeschichte des Todes, aber auch einen interessanten Streifzug durch die abendländische Geschichte insgesamt. Den hier dokumentierten Reden wird jeweils eine informative Einführung vorangestellt, die den historischen Kontext erläutert, aufschlussreiche Zusatzinformationen bietet und die vorgestellten Reden unmittelbar lebendig werden lässt.
SpracheDeutsch
Herausgebermarixverlag
Erscheinungsdatum21. Sept. 2010
ISBN9783843800594
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    Buchvorschau

    Die bedeutendsten Grabreden - Bruno Kern

    „Mein Freund, den ich liebe, ist zu Erde geworden"

    Gilgameschs Klage um Engidu

    (2. Jahrtausend v. Chr.)

    Einführung

    Wir stehen hier vor dem ältesten uns bekannten schriftlich überlieferten Mythos der Menschheitsgeschichte und damit an der Schwelle zum Schriftgebrauch, der die Vorgeschichte von der Geschichte trennt. Während bis in die Jungsteinzeit die Erfahrungswelt, das Denken und Empfinden der Menschen, auch ihre Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Daseins, nur indirekt, über archäologische Befunde, Grabbeigaben, die Ornamentik usw., erschlossen werden konnte, haben wir es ab jetzt mit sprachlichen Äußerungen der Menschen selbst zu tun, die es uns erlauben, mit ihnen in ein „Gespräch einzutreten. Die Ursprünge dieses Mythos reichen möglicherweise ins 3. vorchristliche Jahrtausend, in die damalige sumerische Stadtkultur, zurück. Die ersten Textfragmente finden sich auf Tontafeln in sumerischer Keilschrift. Die am besten erhaltene und deshalb heute als „kanonisch geltende Fassung aber ist die sog, „jungbabylonische", zwölf Tontafeln mit Keilschrift in jungbabylonischer Sprache, die in Ninive aufgefunden wurden. Sie enthält auch den ursprünglich eigenständigen Sintflutmythos, der später im Buch Genesis des Alten Testaments wieder auftaucht. Im Zweistromland erfuhr das Gilgamesch-Epos eine lebhafte Überlieferungsgeschichte in unterschiedlichen Sprachen. Viele Lücken im Text können mithilfe späterer Überlieferungen einigermaßen sicher rekonstruiert werden. Der Hauptprotagonist des Mythos ist der sagenhafte König von Uruk, Gilgamesch, zu einem Drittel Mensch und zu zwei Dritteln Gott. Ihm wird von den Göttern der Steppenmensch Engidu zur Seite gestellt. Sie werden unzertrennliche Freunde und bestehen etliche Abenteuer zusammen. Doch Engidu stirbt. Die Endgültigkeit der Trennung vom geliebten Freund löst nicht nur unstillbaren Schmerz bei Gilgamesch aus, sondern das bangende Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit. So macht er sich auf, um das ewige Leben zu suchen.

    Im Mittelpunkt dieses Mythos steht also die existenzielle Erfahrung des Menschen, die Frage nach seinem eigenen Dasein und dessen Grenzen. Dass ein Jahrtausende alter Mythos nicht nur das distanzierte Interesse des Historikers weckt, sondern auch heute noch in der Lage ist, existenziell anzusprechen und zu berühren, bezeugt der Schriftsteller Elias Canetti in seiner Lebensbeschreibung: „Gilgameschs Klage über den Tod seines Freundes Enkidu traf mich ins Herz … Die Wirkung eines Mythus habe ich auf diese Weise in mir erfahren: als etwas, das ich im halben Jahrhundert, das seither verflossen ist, auf viele Arten bedacht und in mir hin und her gewendet, aber nicht einmal ernsthaft bezweifelt habe … Es geht nicht darum, wie ein Papagei zu wiederholen, dass alle Menschen bis heute gestorben sind, es geht nur darum, zu entscheiden, ob man den Tod willig hinnimmt oder sich gegen ihn empört. Ein Recht auf Glanz, Reichtum, Elend und Verzweiflung aller Erfahrung habe ich mir durch die Empörung gegen den Tod erworben. In diesem endlosen Aufstand habe ich gelebt. Und wenn der Schmerz um meine Nächsten, die ich im Laufe der Zeit verlor, nicht geringer war als der des Gilgamesch um seinen Freund Enkidu, so habe ich doch eines, ein einziges vor dem Löwenmenschen voraus: dass es mir um das Leben jedes Menschen und nicht nur um das meiner Nächsten geht." (Canetti, 59 – 61)

    Die Klage

    Da versammelt Gilgamesch seine Edlen und spricht:

    „Hört mich, ihr Ältesten, schaut auf mich!

    Wegen Engidus, meines Freundes, weine ich.

    Wie ein Klageweib schreie ich bitterlich.

    Die Axt an meiner Seite,

    Die Lanze in meiner Hand,

    Das Schwert an meinem Gürtel, meiner Augen Freude,

    Mein Festgewand, das meine Kraftfülle bedeckt,

    Was soll es mir?

    Ein böser Geist hat sich erhoben und mich ins Unglück gestürzt" …

    [Und Gilgamesch kehrt an das Lager des Freundes zurück und spricht:]

    „Du Panther der Steppe,

    Der alles vermochte, so dass wir den Berg erstiegen,

    Den Himmelsstier packten und schlugen,

    Chumbaba niederwarfen,

    Der im Zedernwald wohnte:

    Was ist das nur für ein Schlaf,

    Der dich gepackt hat?

    Du siehst finster aus und hörst meine Stimme nicht!"

    Doch der erhebt seine Augen nicht mehr:

    Er berührte sein Herz, doch es schlägt nicht mehr!

    Da deckte er den Freund zu wie eine Braut.

    Einem Löwen gleich erhob Gilgamesch die Stimme.

    Einer Löwin gleich brüllte er auf.

    Er wendet sich dem Freunde zu,

    Er rauft seine Haare und streut sie hin …

    Sobald ein Schimmer vom Morgen erglänzte, erhob Gilgamesch neue Klage:

    „Auf wohlbereitetem Ruhebett ließ ich dich ruhen,

    Ich ließ dich eine ruhige Wohnstatt bewohnen …

    Fürsten der Erde ließ ich deine Füße küssen.

    Nun will ich die Leute des umfriedeten Uruk um

    dich weinen und um dich jammern lassen,

    Die zahlreichen Leute will ich dir dienen lassen,

    Und ich selbst will um dich Trauerkleider anlegen,

    Will mich in Löwenfelle kleiden und über die Steppe eilen" …

    Gilgamesch weint bitterlich um seinen Freund Engidu und eilt über die Steppe:

    „Werde nicht auch ich wie Engidu sterben?

    Wehklage ist in mein Herz gezogen.

    Ich habe Furcht vor dem Tod bekommen,

    Deshalb eile ich über die Steppe.

    Zu Utnapischtim, des Ubara Tutu Sohn, nehme ich eilends den Weg.

    […]

    Gilgamesch sagt zu ihm, zu Utnapischtim:

    „Wie sollen nicht meine Wangen abgezehrt,

    Mein Antlitz gesenkt,

    Mein Herz betrübt und aufgerieben meine Gestalt sein?

    Wie sollte nicht Weh in meinem Herzen sein?

    Wie sollte ich nicht einem Wandrer ferner Wege gleichen?

    Wie sollte mein Antlitz nicht von Kummer und Leid verstört sein?

    Wie sollte ich nicht von weit her über die Steppe eilen?

    Mein Freund, der Panther der Steppe,

    Engidu, mein lieber Freund, der alles vermochte,

    Dass wir den Berg erstiegen,

    Den Himmelsstier packten und schlugen,

    Chumbaba niederwarfen, der im Zedernwald hauste,

    Und in Bergesschluchten Löwen erlegten,

    Mein Freund, der mit mir alle Mühsal durchwanderte,

    Engidu, mein Freund, der mit mir Löwen tötete,

    Der mit mir alle Mühsal durchwanderte,

    Ihn hat das Schicksal der Menschen erreicht.

    Sechs Tage und Nächte habe ich um ihn geweint,

    Bis zum siebenten Tag ließ ich ihn nicht begraben.

    Da fürchtete ich mich […]

    Und Furcht vor dem Tode ergriff mich.

    Deshalb eile ich über die Steppe.

    Das Schicksal meines Freundes lastet auf mir:

    Deshalb eile ich einen weiten Weg über die Steppe.

    […]

    Wie soll ich es verschweigen?

    Wie soll ich es hinausschreien?

    Mein Freund, den ich liebe, ist zu Erde geworden.

    Engidu, mein Freund, den ich liebe,

    ist zu Erde geworden!

    Werde nicht auch ich,

    Wie er, mich niederlegen müssen

    Und nicht wieder aufstehen in alle Ewigkeit?

    „… viel wunderbarer als die Liebe von Frauen"

    Davids Totenlied für Saul und Jonatan (2 Sam 1, 17 – 27)

    (1. Jahrtausend v. Chr.)

    Einführung

    Das Alte Testament kennt nur zwei „echte" Totenlieder; neben dem hier wiedergegebenen ist dies die Totenklage König Davids auf Abners Tod (2 Sam 3,33ff). Doch im übertragenen Sinn, für das Schicksal einer politischen Größe, wurde diese literarische Gattung von der prophetischen Tradition aufgegriffen. (vgl. Am 4,2; Jes 14,4 – 21; Ez 27; 28, 11 – 19; 32,2 – 16). Unmittelbar voran geht diesem Lied die Schilderung des Todes König Sauls und seiner Söhne im Kampf gegen die Philister – in zwei miteinander nicht zu vereinbarenden Versionen! Nach 1 Sam 31 stürzt sich Saul selbst in sein Schwert, nach 2 Sam 1 versetzt ihm ein Amalekiter den Gnadenstoß, der dann die Botschaft mitsamt Sauls Stirnreif dem David überbringt. Nachdem David den Überbringer der Nachricht töten ließ, stimmt er die Totenklage über den König und dessen Sohn Jonatan an. Wie so oft in der Bibel werden unterschiedliche Überlieferungen nicht harmonisiert, sondern in ihrer Widersprüchlichkeit einfach nebeneinander stehen gelassen. Das gilt bereits für die unterschiedlichen, nicht miteinander zu vereinbarenden Schöpfungserzählungen!

    Es ist nicht leicht, die Entstehungszeit des Textes zu bestimmen. Er steht im Kontext des sogenannten deuteronomistischen Geschichtswerkes. Martin Noth war der Erste, der feststellte, dass das fünfte Buch Mose (Deuteronomium) mit den darauffolgenden sechs biblischen „Geschichts"-Büchern (Josue, Richter, 1/2 Samuel, 1/2 Könige) eine literarische Einheit bildet. Ältere Überlieferungsstücke, eigenständige Textsammlungen etc. erfuhren eine Endredaktion durch eine Gruppe von Schriftgelehrten, für die das Deuteronomium und die von ihm geforderte Alleinverehrung Jahwes theologisch zentral waren. Sie deuteten die wechselvolle Geschichte als Konsequenz der Treue zu Jahwe oder des Abfalls von ihm. Diese theologische Interpretation bildet nun den Rahmen der einzelnen Erzählstücke. Innerhalb einer etwa fünfhundert Jahre währenden Redaktionsgeschichte hat sich also die Endgestalt jener biblischen Bücher entwickelt, deren älteste Texte in die frühmonarchische Zeit (Beginn des 1. vorchristlichen Jahrtausends) zurückreichen mögen.

    Den historischen Kontext der Erzählung bilden einerseits die Bedrohung durch die Philister (die Bezeichnung „Palästina" geht auf sie zurück) und andererseits die Auseinandersetzung um die Errichtung einer Monarchie. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts v. Chr. waren die Philister im Zuge einer größeren Völkerwanderung in der Region an die Mittelmeerküste abgedrängt worden. Ein weiteres Vordringen nach Süden verhinderte das ägyptische Pharaonenreich. Die Philister waren dem entstehenden Israel weit überlegen und stellten eine ernsthafte Bedrohung für es dar. Umgekehrt waren die erstarkenden Stämme Israels wohl für die Philister ein willkommener Puffer gegen Norden.

    Die beiden Samuelbücher reflektieren zum großen Teil Israels Transformationsprozess von einem Stammesbund zu einer von einem König zentral regierten Nation. Während für zahlreiche Völker des alten Orients die Monarchie eine selbstverständliche Gegebenheit war, bedeutete sie für die israelischen Stämme einen radikalen Bruch der Sozialstruktur, auf deren Grundlage sich der Jahweglaube entwickelt hatte. Die Einführung der Monarchie war deshalb heftig umstritten, und beide Tendenzen haben in den deuteronomistischen Geschichtsbüchern deutliche Spuren hinterlassen. So ist etwa die einzige im Alten Testament enthaltene Fabel (die „Jotamfabel" im Buch der Richter, 9. Kapitel) der scharfen Polemik gegen die Monarchie gewidmet – es ist wohl ein einzigartiges herrschaftskritisches Dokument des Altertums. Andererseits enden viele Schilderungen von Gräueltaten, Gewalt, Rechtsbeugung und Korruption mit dem tendenziösen Kommentar, dass es damals noch keinen König in Israel gegeben habe. Ausschlaggebend dafür, dass sich die Monarchie letztlich durchsetzen konnte, waren neben der äußeren militärischen Bedrohung sicher auch innergesellschaftliche Gründe.

    Auch die Gestalt des David selbst bleibt höchst ambivalent. Seine spätere Idealisierung zum Modell des Monarchen schlechthin war kein Hindernis dafür, dass Überlieferungen erhalten blieben, die diesem Bild diametral widersprechen. Rückschlüsse auf komplizierte Machtstrukturen können oft nur aus kurzen Bemerkungen im überlieferten Text selbst gezogen werden. Das gilt eben auch für die direkte Nachfolge Sauls. Es darf darüber spekuliert werden, ob Davids Totenklage nicht auch die Funktion hatte, seinen Rechtsanspruch auf die Nachfolge zu unterstreichen. Eine kurze Bemerkung zu Beginn des 3. Kapitels im selben Buch deutet auf einen langen Kampf mit Sauls Dynastie hin. Und auch seine Rolle bei Sauls Tod selbst darf hinterfragt werden: Im 16. Kapitel, das die Flucht Davids aus Jerusalem vor der Rebellion seines Sohnes Abschalom schildert, wird David von Schimi aus der Sippe des Hauses Saul verflucht, mit Steinen beworfen, der „Blutschuld am Haus Sauls" beschuldigt und des Mordes bezichtigt. Vor diesem Hintergrund darf die Aufrichtigkeit der Totenklage Davids und ihres starken Pathos des Verlustes und der liebenden Zuneigung bezweifelt werden.

    Zu ergänzen bleibt noch, dass zu jener Zeit der Jahweglaube keine Jenseitshoffnung kannte. Eine irgendwie geartete Hoffnung auf ein individuelles Weiterleben nach dem Tod wird in anderen alttestamentlichen Texten (etwa den Psalmen) sogar ausdrücklich negiert. Erst nach dem babylonischen Exil bilden sich Vorstellungen einer leiblichen Auferstehung und eines Endgerichts heraus, wie sie in jüngeren alttestamentlichen Büchern (besonders deutlich in den beiden Makkabäerbüchern) dokumentiert sind. Und nicht alle Strömungen des Judentums haben diesen Auferstehungsglauben rezipiert.

    Zu ergänzen bleibt ferner, dass das hier zitierte Lied seine relative Bekanntheit dem Vers 26, der Klage um Jonatan, verdankt. Dass David dessen Liebe mehr galt als Frauenliebe, kann wohl kaum anders als im Sinne einer homoerotischen Beziehung gedeutet werden.

    Die literarische Gattung des Leichenliedes zeichnet sich durch ein bestimmtes metrisches Versmaß aus (Qinavers), das natürlich nur im hebräischen Original nachzuvollziehen ist. Ein anderes typisches Merkmal hebräischer Lyrik bleibt aber auch in der Übersetzung erkennbar: der sog. „Parallelismus membrorum", das heißt die Wiederholung eines Gedankens in zwei aufeinanderfolgenden, etwa gleich langen Satzgliedern mittels einer variierenden Formulierung. Dieses poetische Stilmittel hebräischer Dichtkunst mag vielen aus den Psalmen vertraut sein.

    Das Lied

    2 Sam 1,17 – 27

    Und David sang dieses Klagelied für Saul und dessen Sohn Jonatan; er sagte, man möge es den Söhnen Judas als Bogenlied beibringen; es steht im „Buch des Aufrechten".

    Erschlagen liegt dein Stolz auf deinen Hügeln, Israel.

    Ach, gefallen sind die Helden.

    Macht davon keine Meldung in Gat,

    verkündet dies nicht auf den Straßen Aschkelons,

    damit die Töchter der Philister sich nicht freuen,

    damit der Unbeschnittenen Töchter nicht frohlocken.

    Oh ihr Berge Gilboas, weder Tau noch Regen mögen auf euch fallen,

    ihr trügerischen Gefilde.

    Denn dort wurde der Helden Schild befleckt,

    Sauls Schild, als wäre er nicht der Gesalbte.

    Der Bogen Jonatans kehrte nie zurück ohne das Blut von Getöteten,

    ohne das Mark von Helden.

    Auch Sauls Schwert kam nie zurück ohne Erfolg.

    Saul und Jonatan, geliebt und teuer, weder im Leben noch im Tod sind sie getrennt.

    Schneller waren sie als der Adler, stärker als der Löwe.

    Ihr Töchter Israels, weinen müsst ihr um Saul,

    denn er hat euch gekleidet mit prächtigem Purpur und mit goldenem Schmuck eure Gewänder verziert.

    Ach, gefallen sind die Helden mitten im Kampf.

    Erschlagen liegt Jonatan auf deinen Hügeln.

    Wie weh ist mir ums Herz um dich, mein Bruder Jonatan. Sehr lieb warst du mir.

    Deine Liebe war für mich viel wunderbarer als die Liebe von Frauen.

    Ach, gefallen sind die Helden,

    verloren sind die Waffen des Kampfes.

    „… dem Gesetz gemäß die Gebliebenen betrauert"

    Die Leichenrede der Aspasia

    (5./4. Jh. v. Chr.)

    Einführung

    Die im Folgenden dokumentierte Leichenrede ist in einem der Dialoge Platons enthalten, dessen Echtheitscharakter nicht bestritten wird. Menexenos, nach dem dieser Dialog benannt ist und der hier als fiktiver Dialogpartner des Sokrates auftritt, ist wie Platon selbst ein Schüler des Sokrates. Im Lauf des Dialogs lässt Platon Sokrates – als zentrales Stück dieses Dialogs – die Leichenrede der Aspasia zitieren, einer äußerst bemerkenswerten Frau. Aspasia (ca. 470 bis 420 v. Chr.) stammte aus Milet und war die zweite Frau des Perikles, der die kulturelle Blütezeit Athens nach den Perserkriegen wesentlich prägte. Gelegentlich wird Aspasia als die Mätresse oder Hetäre des Perikles bezeichnet (so bereits bei Antisthenes von Athen). Dies ist einerseits Teil der üblen Nachrede, der Aspasia ausgesetzt war, andererseits dem attischen Recht geschuldet, das die Ehe zwischen einem Athener und einer Milesierin als Konkubinat betrachtete. Aspasia war von hoher philosophischer Bildung und hatte vermutlich enge Beziehungen zu Sokrates, Sophokles und Euripides. Platon nennt unter den Lehrern des Sokrates zwei Frauen: neben Diotima ist es eben jene Aspasia, von der Sokrates seine rhetorische Bildung erhalten haben soll. Die Athener unterstellten ihr einen starken Einfluss auf Perikles, und dies war wohl letztlich der Grund dafür, dass man sie der Gottlosigkeit und Kuppelei anklagte. Sie entkam nur knapp einer Verurteilung.

    Die von Sokrates zitierte Rede der Aspasia ähnelt in Vielem der berühmten Gefallenenrede des Perikles, wie sie uns der griechische Geschichtsschreiber Thukydides überliefert hat. Im Menexenos wird dies damit erklärt, dass Aspasia die Rede des Perikles verfasst und in ihrer eigenen Rede „Übriggebliebenes daraus „zusammengekittet habe. Nach Meinung vieler ist die Leichenrede der Aspasia als Parodie aufzufassen. Der Text der Rede selbst bietet hierfür keinen Anhaltspunkt, sehr wohl jedoch der Kontext dieses platonische Dialogs, in dem Sokrates den Brauch von Leichenreden mit beißendem Spott bedenkt: „Es ist doch von gar vielen Seiten eine herrliche Sache, Menexenos, im Kriege zu bleiben. Denn ein schönes und prachtvolles Leichenbegängnis bekommt, wer auch als ein armer Mann gestorben ist, und gelobt wird ebenfalls, wer auch nichts taugt, und das von kunstreichen Männern, die nicht aufs Geratewohl loben, sondern schon lange vorher ihre Reden angeordnet haben, und die so vortrefflich loben, dass sie, was jeder an sich gehabt hat, und was auch nicht, ihm nachrühmend, mit dem herrlichen Schmuck der Worte verziert, unsere Seelen bezaubern […] ja, auch uns selbst preisen, die wir noch leben: so dass mir wenigstens, o Menexenos, ganz erhaben zumute ist, wenn ich von ihnen gerühmt werde, und ich stehe jedes Mal ganz versunken im Zuhören, bezaubert, meinend, ich sei zusehends größer und edler und trefflicher geworden […] Und dieses Selbstgefühl bleibt mir wohl länger als die drei Tage; so einsiedeln kann sich der Ton des Redners in den Ohren, dass ich mich kaum am vierten oder fünften Tage besinne und merke,

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