Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

World of Warcraft: Der Untergang der Aspekte
World of Warcraft: Der Untergang der Aspekte
World of Warcraft: Der Untergang der Aspekte
eBook512 Seiten9 Stunden

World of Warcraft: Der Untergang der Aspekte

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

DAS ZEITALTER DER DRACHEN IST VORÜBER … und Azeroths uralte Wächter tragen schwer an der Aufgabe, eine neue Bestimmung zu finden. Vor allem Kalecgos, der jüngste der ehemaligen Drachenaspekte, leidet sehr unter diesem Umstand. Wie soll er - oder überhaupt einer seiner Art - noch etwas bewirken, jetzt, da die Aspekte ihrer unermesslichen Kräfte beraubt wurden? Die Antwort darauf liegt tief in der Vergangenheit verborgen, in einer Zeit, in der wilde Bestien - die sogenannten Protodrachen - den Himmel beherrschten. Mithilfe eines mysteriösen Artefakts, das im Herzen Nordends gefunden wurde, gelingt es Kalecgos, einen Blick in jene gewalttätige Epoche zu werfen und Zeuge der schockierenden Geschichte der ursprünglichen fünf Aspekte zu werden: Alexstrasza, Ysera, Malygos, Neltharion und Nozdormu. In ihrer urtümlichsten Form mussten sich die zukünftigen Beschützer Azeroths gegen eine blutrünstige Kreatur namens Galakrond behaupten, die die Existenz ihrer ganzen Art bedrohte. Doch stellten sich diese einfachen Protodrachen einem derart übermächtigen Gegner wirklich allein oder wurden sie durch eine Macht von außerhalb unterstützt? Wurden ihnen ihre legendären Kräfte einfach so verliehen oder mussten sie sich diese erst durch Blut verdienen? Kalecgos' Entdeckungen werden alles radikal verändern, was er je zu wissen glaubte über den Untewrgang der Aspekte.
SpracheDeutsch
HerausgeberPanini
Erscheinungsdatum14. Mai 2014
ISBN9783833228841
World of Warcraft: Der Untergang der Aspekte

Mehr von Richard A. Knaak lesen

Ähnlich wie World of Warcraft

Titel in dieser Serie (19)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für World of Warcraft

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    World of Warcraft - Richard A. Knaak

    BEREITS ERSCHIENEN

    WORLD OF WARCRAFT: Kriegsverbrechen

    Christie Golden – gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-8332-2858-2

    WORLD OF WARCRAFT: Der Untergang der Aspekte

    Richard A. Knaak – gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-8332-2859-9

    WORLD OF WARCRAFT: Vol’jin – Schatten der Horde

    Michael Stackpole – gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-8332-2617-5

    WORLD OF WARCRAFT: Jaina Prachtmeer – Gezeiten des Krieges

    Christie Golden – gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-8332-2523-9

    WORLD OF WARCRAFT: Wolfsherz

    Richard A. Knaak – gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-8332-2233-7

    WORLD OF WARCRAFT Band 9: Thrall – Drachendämmerung

    Christie Golden – ISBN 978-3-8332-2439-3

    WORLD OF WARCRAFT Band 8: Weltenbeben – Die Vorgeschichte zu Cataclysm

    Christie Golden – ISBN 978-3-8332-2234-4

    WORLD OF WARCRAFT Band 7: Sturmgrimm

    Richard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-2051-7

    WORLD OF WARCRAFT Band 6: Arthas – Aufstieg des Lichkönigs

    Christie Golden – ISBN 978-3-8332-2050-0

    WORLD OF WARCRAFT Band 5: Die Nacht des Drachen

    Richard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-1792-0

    WORLD OF WARCRAFT Band 4: Jenseits des Dunklen Portals

    Aaron Rosenberg, Christie Golden – ISBN 978-3-8332-1791-3

    WORLD OF WARCRAFT Band 3: Im Strom der Dunkelheit

    Aaron Rosenberg – ISBN 978-3-8332-1640-4

    WORLD OF WARCRAFT Band 2: Aufstieg der Horde

    Christie Golden – ISBN 978-3-8332-1574-2

    WORLD OF WARCRAFT Band 1: Teufelskreis

    Keith R.A. DeCandido – ISBN 978-3-8332-1465-3

    WARCRAFT Band 1: Der Tag des Drachen

    Richard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-1266-6

    WARCRAFT Band 2: Der Lord der Clans

    Christie Golden – ISBN 978-3-8332-1337-3

    WARCRAFT Band 3: Der letzte Wächter

    Jeff Grubb – ISBN 978-3-8332-1338-0

    WARCRAFT: Krieg der Ahnen, Buch 1: Die Quelle der Ewigkeit

    Richard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-1092-1

    WARCRAFT: Krieg der Ahnen, Buch 2: Die Dämonenseele

    Richard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-1205-5

    WARCRAFT: Krieg der Ahnen, Buch 3: Das Erwachen

    Richard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-1202-4

    Weitere Infos und Titel unter:

    www.paninicomics.de

    Von Richard A. Knaak

    Aus dem Englischen

    von Tobias Toneguzzo & Andreas Kasprzak

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

    http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Amerikanische Originalausgabe: „WORLD OF WARCRAFT:

    Dawn of the Aspects" von Richard A. Knaak,

    erschienen bei Gallery Books/Simon and Schuster, Inc., November 2013.

    Deutsche Übersetzung © 2014 Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87,

    70178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

    © 2014 Blizzard Entertainment, Inc. Alle Rechte vorbehalten.

    „WORLD OF WARCRAFT: Dawn of the Aspects", Warcraft, World of Warcraft und Blizzard Entertainment sind in den USA und/oder anderen Ländern Marken oder eingetragene Marken von Blizzard Entertainment, Inc.

    Übersetzung: Andreas Kasprzak und Tobias Toneguzzo

    Lektorat: Jörn Pinow, Luitgard Distel

    Marketing: Holger Wiest

    Chefredaktion: Jo Löffler

    Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

    Titelillustration von Glenn Rane/Blizzard Entertainment

    Satz und eBook: Greiner & Reichel, Köln

    ISBN 978-3-8332-2884-1

    Gedruckte Ausgabe:

    ISBN 978-3-8332-2617-5

    1. Auflage, April 2014

    www.paninicomics.de

    www.blizzard.de

    PROLOG

    DIE AUFGABE DER ASPEKTE

    Matt Burns

    Ich habe einen der meinen getötet.

    Der Gedanke traf Nozdormu den Zeitlosen in dem Augenblick, in dem er den leblosen bronzenen Drachen erblickte. Zirion war zu einer Hülle geschrumpft, die nur noch der Hälfte seiner ursprünglichen Größe entsprach. Verletzungen bedeckten seinen Körper vom Kopf bis zum Schwanz. Anstelle von Blut floss goldener Sand aus seinen Wunden. Endlose Ströme, über denen geisterhafte Bilder seines Lebens schimmerten – eines Lebens, das noch nicht gelebt worden war. Seine Zukunft entströmte ihm.

    Nozdormu eilte über einen der verlassenen Gipfel des Hyjal, um an Zirions Seite zu gelangen, während die sonnenfarbenen Schuppen des Zeitlosen jeden Augenblick der Geschichte widerspiegelten. Während er sich über den sterbenden Drachen beugte, überkam ihn eine Welle der Hilflosigkeit. Ein undurchdringlicher Schleier hatte sich über die Pfade der Zeit gelegt, ein Schleier, den nicht einmal er, der Aspekt des bronzenen Drachenschwarms und der Wächter der Zeit, durchdringen konnte. Die Vergangenheit und die Zukunft – Dinge, die er einst klar hatte sehen können – erschienen nun verworren.

    „Wo sind die anderen?" Nozdormu wandte seinen gewaltigen Kopf Tick zu, die sich in der Nähe befand. Der getreue Drache hatte Zirion vom Hort des bronzenen Drachenschwarms in den Höhlen der Zeit so schnell wie möglich auf seinem Rücken herbeigetragen – ein Unterfangen, das nur durch den verkümmerten Zustand seines Passagiers möglich gewesen war.

    Ticks atmete noch immer schwer nach den Strapazen: „Er ist alleine zurückgekehrt."

    „Wie kann das sein?", fauchte Nozdormu missmutig. „Ich habe zwölf von ihnen in die Vergangenheit entsandt. Zwölf!"

    Er hatte seinen Agenten den Auftrag erteilt, den beunruhigenden Zustand der Pfade der Zeit zu untersuchen, doch nun wurde er das Gefühl nicht los, sie bloß in ihren Tod geschickt zu haben. Nach ihrer Rückkehr in die Gegenwart hätten die Drachen den Zeitlosen auf der Spitze des Hyjal treffen sollen, genau zur Mittagsstunde. Es war bereits weit nach Mittag, als Tick, die er nicht in die Pfade der Zeit entsandt hatte, eingetroffen war, mit Zirion auf ihrem Rücken.

    „Was habt Ihr gesehen, Zirion?", fragte Nozdormu, während er begann, Zauber zu wirken, die das Entströmen des Sands der Zeit rückgängig machen sollten.

    „Ich fürchte, er hat nicht mehr die Kraft zu sprechen", wandte Tick ein.

    Der Zeitlose hörte sie kaum. Das Unmögliche geschah: Seine Magie zeigte keine Wirkung. Sein Vorhaben war vorhergesehen worden und wurde durch ein gleichermaßen mächtiges Zauberwerk reflektiert. Es existierte nur ein einziges Lebewesen, das über den Weitblick und die Fertigkeit verfügte, den bronzefarbenen Aspekt im Reich der Zeit zu übertreffen …

    „Direkt nachdem er aus den Pfaden der Zeit zurückgekehrt ist, berichtete Tick zögerlich weiter, „hat er erzählt, was er gesehen hat. Egal, wohin er und die anderen in der Geschichte zu reisen versuchten, sie tauchten immer wieder am gleichen Punkt in der Zukunft auf … Zur Stunde des Zwielichts.

    Nozdormu senkte den Kopf und kniff die Augen zu. Es war genauso, wie er es befürchtet hatte. Die Stränge der Zeit waren vereinigt und in Richtung der Apokalypse gerissen worden. In dieser grauen und leblosen Zukunft würde selbst der Zeitlose sein Ende finden. Zumindest glaubte er das. Vor undenklichen Zeiten, als der Titan Aman’Thul ihm die Herrschaft über die Zeit verliehen hatte, hatte Nozdormu darüber hinaus auch das Wissen über seinen eigenen Tod erlangt.

    „Wer trägt die Verantwortung für seine Wunden?" Der Zeitlose kannte die Antwort bereits und doch hoffte er mit aller Inbrunst, dass er sich irrte … dass das, was er gesehen hatte, nur eine Anomalität gewesen war.

    „Es war der ewige Drachenschwarm und sein … Anführer." Tick wagte es nicht, Nozdormu in die Augen zu sehen.

    Ich habe einen der meinen getötet. Die erdrückenden Worte hallten durch den Kopf des Aspekts.

    Einst hatte er geglaubt, dass der ewige Schwarm lediglich das Symptom einer fehlgeleiteten Zeitlinie wäre. Und doch, so unvorstellbar es auch schien, hatte er erfahren müssen, dass er und seine bronzenen Drachen in der Zukunft ihre heilige Pflicht – die Integrität der Zeit zu schützen – aufgeben und daran arbeiten würden, sie zu untergraben.

    Nozdormu ließ die Geschehnisse der letzten Wochen noch einmal Revue passieren, während er sich bemühte, seinen Ärger unter Kontrolle zu halten. Er war bis vor Kurzem in den Pfaden der Zeit gefangen gewesen, bis der Sterbliche Thrall ihn an die erste Lektion erinnert hatte: Dass es sehr viel wichtiger war, im Hier und Jetzt zu leben, als in der Vergangenheit oder der Zukunft zu verweilen. Der bronzene Aspekt war seiner Gefangenschaft mit einem neu gefundenen Verständnis der Zeit entkommen … nur um sich dann seinen finstersten Ängsten gegenüberfinden zu müssen.

    „Vergebt mir", flüsterte Nozdormu Zirion zu, obwohl er nicht wusste, ob sein geliebter Diener ihn überhaupt noch sehen oder hören konnte. Der verletzte Bronzedrache hob den Kopf, als Zeichen des Verstehens. Er sah von einer Seite zur anderen, bis seine trüben und traurigen Augen Nozdormus Blick trafen.

    „Vergebt mir", wiederholte der Zeitlose. Zirions Maul weitete sich und sein Körper erzitterte. Fast wirkte es so, als würde er lachen, doch Nozdormu erkannte schnell, dass der andere Drache schluchzte.

    Als der letzte Rest seiner Zukunft aus Zirions Körper rann, nutzte dieser, was ihm noch an Kraft verblieben war, um sich von Nozdormu wegzustoßen, seine Augen erfüllt mit Entsetzen.

    * * *

    Über den Hyjal erklangen die Geräusche von Feierlichkeiten.

    Nach einer Reihe von Rückschlägen hatten die Drachenaspekte Alexstrasza, Ysera, Nozdormu und Kalecgos ihre Magie mit der der Schamanen des Irdenen Rings und der Druiden des Zirkels des Cenarius verbunden, um den uralten Weltenbaum Nordrassil zu heilen. Vor Kurzem war darüber hinaus die Kunde verbreitet worden, dass Ragnaros – der Elementarfürst des Feuers, dessen Günstlinge versucht hatten, Nordrassil niederzubrennen – durch die Hand Sterblicher gefallen war.

    Und doch, dort wo Ysera die Erwachte in der Zuflucht des Cenarius am Fuße des Weltenbaums stand, war der Jubel nicht mehr als ein entferntes Flüstern. Der Aspekt des grünen Drachenschwarms vernahm nur die Geschichte einer Tragödie.

    Sie war mit den anderen Aspekten zusammengekommen, um über ihre weiteren Schritte gegen Todesschwinge zu beraten, den wahnsinnigen Anführer des schwarzen Drachenschwarms, der die Verantwortung für die Zerschlagung der Welt während des Kataklysmus trug. Obwohl die Verteidiger Azeroths erst vor Kurzem auf dem Hyjal und in anderen Regionen triumphiert hatten, schmiedete der gemarterte Aspekt selbst jetzt noch neue Pläne, die Stunde des Zwielichts herbeizuführen. Solange er atmete, würde er niemals ruhen, bis er seine finsteren Vorhaben ausgeführt hatte.

    Aber anstatt über Strategien zu sprechen, hatte Nozdormu von Zirions Tod und dem neusten Angriff des ewigen Drachenschwarms auf die Pfade der Zeit berichtet. Falten zogen sich über das ansonsten ebene Gesicht des Hochelfen. Genau wie seine Geschwister hatte auch er seine sterbliche Gestalt angenommen, etwas, was die Aspekte immer taten, wenn sie sich in der Nähe der kurzlebigen Völker befanden, die um Nordrassil herum weilten.

    „Es war meine Magie, die ihn getötet hat … Ich habe ihn getötet", murmelte Nozdormu. Ysera blickte beklommen vor sich hin. Trotz der entsetzlichen Notlage des Zeitlosen gelang es ihr nicht, darüber hinwegzusehen, wie alles um sie herum weit entfernt wirkte. Sie schwebte zwischen der wachen Welt und der der Träume, ohne Halt, weder in der einen noch in der anderen Welt.

    „Ich muss zum Treffpunkt zurückkehren. Der bronzene Aspekt rang unruhig die Hände und bewegte sich voller Ungeduld. „Meine anderen Agenten können noch immer zurückkehren, doch ich weiß es nicht mit Sicherheit. Ich kann nur hoffen.

    Während Nozdormu sich zum Gehen abwandte, suchte Ysera verzweifelt nach Worten des Trostes. Er hatte sich ganz eindeutig in sein Schicksal ergeben. Aman’Thul hatte ihm den Auftrag erteilt, die Reinheit der Zeit zu gewährleisten, unabhängig davon, welche grauenvollen Ereignisse stattgefunden hatten oder stattfinden würden. In mancher Hinsicht erschien die Aufgabe des Zeitlosen Ysera nicht richtig, aber es war nicht an ihr, seine Pflichten in Frage zu stellen.

    Was soll man einem Lebewesen sagen, das alles tun würde, um die Drachen seines Schwarms zu beschützen, aber das sich jetzt selbst verantwortlich macht für den Tod eines von ihnen?, grübelte sie. In ihrem Kopf herrschte ein Sturm aus zersplitterten Gedanken. Es war, als würde sie in einer riesigen Bibliothek stehen, durch die ein Orkan tobte. Seiten, übersprudelnd mit Ideen und Bildern, wirbelten vor ihren Augen vorbei, doch sie waren alle Teil unterschiedlicher Bücher.

    Bevor der Erwachten irgendetwas Angemessenes in den Sinn kam, war Nozdormu bereits fort. Eine gespenstische Stille folgte. Die Nachtelfen, die den druidischen Zufluchtsort normalerweise bewohnten, waren so freundlich gewesen, ihn den Aspekten für ihre Treffen zu überlassen, aber durch die Abwesenheit von geschäftigem Leben fühlte sich der Ort kalt und leer an.

    „Ob der ewige Schwarm nun mit Todesschwinge zusammenarbeitet oder nicht, tut eigentlich wenig zur Sache, ließ sich Alexstrasza die Lebensbinderin, Drachenkönigin ihres Volkes und Aspekt des roten Schwarms, zu guter Letzt vernehmen. „Der Grund, warum wir alle zugestimmt haben, auf dem Hyjal zu bleiben, ist, Strategien zu entwerfen, wie wir am besten mit ihm fertigwerden. Das Rätsel um die Pfade der Zeit ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass wir rasch handeln müssen. Kalecgos, hat Euer Schwarm seine Untersuchungen fortgesetzt?

    „Das haben wir." Der Aspekt des blauen Schwarms räusperte sich und richtete sich auf. Kalec, sonst so liebenswürdig und freundlich, gab sich in letzter Zeit seltsam förmlich. Er war der jüngste der Aspekte und war erst vor Kurzem zum Oberhaupt seines Schwarms erwählt worden, nachdem der frühere Anführer, Malygos, gestorben war. Ysera mutmaßte, dass Kalec versuchte, sich bei den anderen Aspekten zu beweisen, auch wenn sie ihn in Wirklichkeit längst als ihnen ebenbürtig betrachteten.

    Kalec ließ seine Hand durch die Luft gleiten und eine Reihe von leuchtenden Runen erschien, auf denen die Experimente aufgeführt waren, die der Drachenschwarm durchgeführt hatte. Die Blauen hatten die uralten Wissensschätze durchforstet, die sie in ihrem Hort, dem Nexus, aufbewahrten, auf der Suche nach Todesschwinges Schwachstellen. Kalecs Drachen waren die Hüter der Magie und wenn es eine Antwort gab, die im arkanen Reich versteckt lag, so würden sie sie finden.

    „Es ist uns gelungen, Spuren von Todesschwinges Blut in der Elementarebene Tiefenheim zu finden, wo er sich viele Jahre versteckt hielt. Die Proben waren nur klein, aber sie genügten für unsere Tests."

    „Und wie sehen die bisherigen Ergebnisse aus?" Alexstraszas Stimme klang erwartungsvoll. So hoffnungsvoll hatte Ysera ihre Schwester noch nie während eines dieser unergiebigen Treffen gesehen.

    „Wenn wir das Blut mit arkaner Magie erfüllen – in einem Umfang, dass jedes andere Lebewesen in Stücke gerissen werden würde –, so erzürnt dies die Proben nur. Das Blut teilt sich und beginnt zu kochen, aber letztendlich setzt es sich erneut zusammen."

    „Also hat nicht einmal arkane Magie einen Effekt." Die Lebensbinderin ließ die Schultern hängen.

    „Aber das ist nur der Anfang unserer Tests, fügte Kalec schnell hinzu. „Ich glaube, wir werden ein Werkzeug auf unserer Seite benötigen, wenn wir uns Todesschwinge stellen. Zahlenmäßige Überlegenheit, egal wie hoch, wird uns nichts nützen. Wir benötigen eine Waffe … eine, die es vorher noch nie gegeben hat. Mein Schwarm wird nicht ruhen, bis wir dieses Problem nicht gelöst haben.

    „Habt Dank. Alexstrasza wandte sich Ysera zu. „Habt Ihr in letzter Zeit besondere Visionen gehabt?

    „Bislang … nicht", antwortete sie, ein wenig beschämt. Während dieser Treffen fühlte sich die Erwachte häufig wie wenig mehr als eine Beobachterin. Die Titanin Eonar hatte ihr die Herrschaft über die Natur und den üppigen Urwald, der als der Smaragdgrüne Traum bekannt war, gewährt. Für Jahrtausende hatte sie dort als Ysera die Träumerin gelebt. Unmittelbar vor dem Kataklysmus war sie aus dem Traum erweckt worden. Ysera die Erwachte wurde sie nun genannt. Ihre Augen, die so lange geschlossen gewesen waren, hatten sich geöffnet, doch sie fragte sich, was sie mit ihnen sehen sollte.

    „Lasst uns wissen, wenn Euch irgendetwas einfällt. Die Lebensbinderin lächelte, aber Ysera spürte ihre Unruhe. „Wir werden morgen wieder zusammenkommen.

    Und damit endete das Treffen genauso, wie es begonnen hatte: ohne Antworten.

    Am nächsten Morgen wanderte Ysera durch die verstreuten Lager am Fuße Nordrassils. Der große Weltenbaum ragte hoch über ihr empor, seine Krone war in den Wolken verborgen. Hier und dort saßen Schamanen des Irdenen Rings und Druiden vom Zirkel des Cenarius, versunken in friedliche Meditation. Nach der Heilung Nordrassils hatte Ysera die Druiden gelehrt, wie sie ihren Geist mit den Wurzeln des Baums verbinden konnten, um ihnen zu helfen, in die Erde vorzudringen. Die Schamanen arbeiteten währenddessen daran, die Erdelementare zu beruhigen und den Wurzeln freies Geleit auf ihrem Weg in Azeroths Tiefen zu ermöglichen. Dies war ein beispielloses Zusammenarbeiten dieser beiden so unterschiedlichen Gruppen Sterblicher. So sehr ihre Einheit Ysera auch ermutigte, so wusste sie doch, dass all ihre edlen Unternehmungen bedeutungslos wären, wenn sie Todesschwinge nicht daran hindern konnten, weiter seine Vorhaben zu verfolgen.

    Die Erwachte setzte ihren Weg fort bis zu einem abgelegenen Ring aus Bäumen, nordöstlich des Weltenbaums. Als sie eine Lichtung in dem Hain betrat, fand sie Thrall vor, der bereits auf sie wartete. Er befand sich in tiefer Mediation. Ysera hatte tiefen Respekt für den orcischen Schamanen, vermutlich mehr, als er wusste. Vor einigen Wochen hatten Todesschwinge und seine Verbündeten die grünen, roten, blauen und bronzenen Aspekte angegriffen – ein Angriff, der sie vernichtet hätte, wäre Thrall ihnen nicht zur Hilfe gekommen. Er hatte dabei geholfen, die Anführer der Drachenschwärme zusammenzubringen und sie an ihren Auftrag erinnert, Azeroth zu beschützen. Die Aspekte waren derzeit so einig wie seit über zehntausend Jahren nicht mehr.

    „Thrall." Die Erwachte sprach leise. Die Natur reagierte auf ihre Worte. Der Wind zupfte an Thralls langen schwarzen Zöpfen. Das Gras raschelte unter seinen einfachen Gewändern. Und doch öffnete der Schamane nicht die Augen.

    Sein Grad an Konzentration verblüffte sie, doch sie wusste, dass er ihn nicht auf leichte Art und Weise erreicht hatte. Während seines ersten Versuches, Nordrassil zu heilen, hatten Todesschwinges Diener Thrall angegriffen und seinen Geist, seinen Körper und seine Seele auseinandergerissen und in die vier Elemente zerteilt – Erde, Luft, Feuer und Wasser. Durch die Taten eines sterblichen Helden und Thralls Gefährtin, Aggra, war er gerettet worden. Seit dieser Zeit hatte Thrall eine neu gefundene Verbindung zur Erde demonstriert, die weit über die bloße Kommunikation mit den Elementen hinausging. Er konnte Azeroth fühlen, als wäre es ein Teil seines Selbst. Er verband sich mit der Welt auf übernatürliche Art und Weise. Ysera glaubte, dass während der Neuzusammensetzung seines Seins die Essenz von Azeroth ihren Weg in ihn gefunden hatte.

    „Thrall." Ysera legte sanft ihre Hand auf den Arm des Schamanen.

    Der Orc erwachte endlich aus seiner Meditation und stand auf. „Ysera, Herrin, ich habe ohne Euch begonnen. Es tut mir leid."

    „Ich bin nur hier, um Euch zu helfen, solltet Ihr mich brauchen", beruhigte der grüne Aspekt ihn.

    „Darf ich fragen, wie das Treffen verlaufen ist?"

    „Wir haben Fortschritte gemacht, zwang Ysera sich zu sagen, bevor sie das Thema wechselte. „Sollen wir anfangen?

    „Ja." Thrall setzte sich erneut und Ysera tat es ihm gleich. Sie hatte vor langer Zeit gelernt, dass Demonstration das beste Mittel war, Wissen zu lehren. Während sich Thralls Geist mit der Erde vereinigte, würde sie sich mit Nordrassils Wurzeln verbinden. Die Magien waren unterschiedlich, doch das Prinzip der Konzentration war das gleiche.

    „Habt Ihr in letzter Zeit dieselben Schwierigkeiten gehabt?", fragte Ysera. Thrall hatte ihr berichtet, dass es ihm nicht gelungen war, mit der Erde jenseits des Hyjal in Verbindung zu treten, ganz so, als würde eine mentale Barriere seinen Geist blockieren. Der Orc war entschlossen, seine neuen Fähigkeiten zu erkunden, aber er schien zu zögern, sich zu weit nach Azeroth hineinzuwagen.

    „Ja, habe ich. Thralls Brauen zogen sich in Frustration zusammen. „Es ist, als stünde ich in der Brandung eines großen Ozeans. Je weiter ich mich in seine Tiefen wage, desto weiter entfernt fühle ich mich vom Ufer …

    „Thrall, sagte Ysera, während sie eine Handvoll Erde aufhob und sie in die linke Hand des Orcs legte. „Das hier ist Azeroth. Wenn Euer Geist diese Erde durchdringen kann, dann kann er sich überall bewegen. Der Hyjal ist kein magischer Anker. Er besteht aus derselben Erde, die unter den Straßen Orgrimmars liegt oder in den Dschungeln des Schlingendorntals. Diese Welt besteht aus einem Körper.

    „Ein Körper … Der Orc betrachtete die Erde und lachte herzhaft. „Oftmals lösen sich die schwierigsten Probleme durch die einfachste Antwort … durch die Dinge, die direkt vor den eigenen Augen sind. Das hat mir mein alter Lehrer, Drek’Thar, einmal vor vielen Jahren gesagt. Ihr habt viel mit ihm gemeinsam. So weise und geduldig … Egal, auf welche Hürden ich treffe, Ihr findet immer einen Weg, sie zu überwinden.

    Ysera zwang sich zu lächeln, als sie die Ironie in Thralls Worten erkannte.

    „Dies wird mein Anker sein." Der Schamane schloss seine Hand um die Erde.

    Thrall schloss die Augen und atmete tief. Ysera tat das Gleiche und sagte dann: „Beruhigt Eure Gedanken. Löst Euren Geist von Eurem Fleisch und fühlt die Erde um uns herum. Wisset, dass die Steine unter Euch die gleichen sind wie die unter mir. Wisset: Wenn Ihr einen Schritt tun könnt, so könnt Ihr sicherlich noch einen weiteren tun."

    Ysera nahm sich ihre eigenen Anweisungen zu Herzen, während ihr Geist sich mit den gewaltigen Wurzeln des Weltenbaums verband. Thrall glaubte, dass seine aufkeimenden Kräfte niemals für ihn bestimmt gewesen waren, dass er sie nur durch Zufall erhalten hatte. Tatsächlich entsprach aber genau das Gegenteil der Wahrheit. Seine Aufgabe war eindeutig, auch wenn er es nicht wusste. All die Jahre, die er sich dem Schamanismus gewidmet hatte, hatten ihn zu der außergewöhnlichen Fähigkeit geführt, sich mit der Erde vereinigen zu können. Die Erwachte sehnte sich nach einem ähnlichen Gefühl der Erfüllung.

    Ihre Gedanken wanderten zu den Treffen mit den anderen Aspekten. Sie konzentrierte sich auf jedes Detail und fragte sich, ob vielleicht eine einfache Antwort unter den endlosen Diskussionen verborgen sein mochte. Die Erwachte dachte über Kalecs Worte nach. Etwas von dem, was der junge Aspekt gesagt hatte, schien sich immer wieder in den Vordergrund schieben zu wollen.

    „Eine Waffe … eine, die es vorher noch nie gegeben hat."

    In den Worten steckte Macht, eine Bedeutung, die geradeso außerhalb ihres Verständnisses lag.

    Eine Waffe …

    „… wie keine andere. Sie muss sein wie keine andere." Eine bekannte Stimme dröhnte durch ihren Kopf. Sie verschlang sie wie eine Flutwelle und fegte die Millionen von zusammenhangslosen Ideen hinweg, die durch ihr Bewusstsein geschwirrt waren.

    Schockiert öffnete Ysera die Augen, doch sie befand sie nicht länger auf dem Hyjal.

    Sie schwebte durch einen dunklen und höhlenartigen Raum, den sie als die Kammer der Aspekte erkannte, die geheiligte Domäne der fünf Drachenschwärme. Unter ihr erblickte sie eine Versammlung von Drachen. Ysera – eine vergangene Version von ihr selbst – war darunter, zusammen mit Alexstrasza, Nozdormus Hauptgefährtin Soridormi, dem verstorbenen blauen Drachenaspekt Malygos und … Todesschwinge.

    Nein … nicht die narbenbedeckte und grässliche Kreatur der Gegenwart. Es war Neltharion der Erdwächter, der einst stolze Aspekt des schwarzen Drachenschwarms. Ohne dass seine Gefährten es ahnten, war er bereits von den heimtückischen Alten Göttern verderbt worden – jenen unergründlich mächtigen Wesen des Wahnsinns, die von den Titanen in der Erde gefangen worden waren – und hatte seine Aufgabe, Azeroth zu beschützen, verraten.

    Ysera erkannte die Zeit sofort wieder. Dies war vor über zehntausend Jahren geschehen, inmitten des Kriegs der Ahnen. Die dämonische Brennende Legion war in Azeroth eingefallen und die Aspekte hatten sich versammelt, um eine Zeremonie durchzuführen, von der sie hofften, dass sie die Welt vor der Vernichtung bewahren würde. Sie umringten eine unscheinbare goldene Scheibe, die in der Luft schwebte.

    Auf den ersten Blick wirkte diese wie ein einfaches Schmuckstück. Und doch war dies die Waffe, die die Einheit der Drachenschwärme zerstören würde … die Waffe, die zahllose blaue Drachen das Leben kosten und Malygos in Jahrtausende der Einsamkeit treiben würde. Die Drachenseele.

    Ysera sah mit Entsetzen zu, wie das Ritual abgeschlossen wurde. Jeder der Aspekte – mit Ausnahme von Neltharion – hatte einen Teil seiner Essenz geopfert, um das Artefakt zu stärken. Die Drachen hatten in dem Glauben, dass die Scheibe benutzt werden würde, um die Legion aus Azeroth zu vertreiben, zu dieser drastischen Lösung gegriffen.

    „Es ist vollbracht, verkündete Neltharion. „Alle haben gegeben, was gegeben werden musste. Ich werde jetzt die Drachenseele versiegeln, damit niemals verloren geht, was wir erreicht haben.

    Ein unheilvolles schwarzes Leuchten umhüllte den Erdwächter und das Artefakt, ein subtiler Hinweis auf seine wahre Natur.

    „Soll dies so sein?", fragte Yseras vergangenes Selbst leise.

    „Damit sie so sei, wie sie sein muss, ja", antworte Neltharion beinahe schnippisch.

    „Es ist eine Waffe wie keine andere. Sie muss sein wie keine andere", fügte Malygos hinzu.

    Die Wände der Kammer splitterten und fielen zur Seite wie Glasscherben, nachdem Malygos gesprochen hatte, und gaben den Blick auf den smaragdfarbenen Boden der Lichtung frei. Thrall verharrte noch immer in seiner meditativen Haltung, er hatte Yseras Vision nicht bemerkt. Sie achtete kaum auf den Orc, als sie sich erhob und versuchte, dem, was sie gerade gesehen hatte, einen Sinn zu geben. Ist es falsch zu glauben, dass die Drachenseele Azeroths Rettung sein könnte, nach all dem Leid und Tod, die sie verursachte?

    Die Erwachte eilte aus dem Hain, auf der Suche nach Kalec und Alexstrasza. Die anderen Aspekte werden mich für wahnsinnig halten, wenn ich vorschlage, sie für unsere eigenen Zwecke einzusetzen. Trotz ihrer Besorgnis drängte sich ein einzelner Gedanke in den Vordergrund: Todesschwinges Tyrannei muss beendet werden, wie sie begann.

    * * *

    Die Erde war kein Gegenstand in Thralls Hand. Vielmehr erkannte er, dass sie genauso ein Teil von ihm war, wie seine Finger ein Teil seiner Hand waren. Einzigartig in sich selbst, aber Teil des großen Ganzen.

    Der Geist des Orcs stieg in die Erde unter ihm ab und dann weiter in die Tiefen des Hyjal. Er erlebte jeden Stein und jeden Sandkorn, als wären sie eine Verlängerung seines Selbst. Die chaotischen Erdelementare, um deren Besänftigung er sich so lange bemüht hatte, umfingen ihn – hießen ihn willkommen – als einen der ihren.

    Im Berg waren viele Aktivitäten im Gange. Schamanen – Aggra unter ihnen – flüsterten zu der Erde in harmonischem Chor, der auf Thralls Geist eine genauso beruhigende Wirkung hatte wie auf die Elemente. An anderer Stelle geleiteten die Druiden Nordrassils Wurzeln immer weiter in Azeroths Tiefen hinab. Die Essenz des Orcs bewegte sich an ihrer Seite, dorthin, wo Steine und Stücke von Granit zu weicher Erde zerbröselt waren, damit der Weltenbaum sich nähren und im Gegenzug die Erde stärken konnte. Er glitt durch den Kreislauf der Heilung, gekräftigt.

    Thralls Geist erreichte das Hügelvorland des Berges. Dies war das Weiteste, wohin er sich bisher gewagt hatte. Sein Bewusstsein für seinen physischen Körper war so entfernt wie während seiner vorherigen Versuche. Der Orc konzentrierte sich auf die schwache Wahrnehmung der Erde in seiner Hand und wiederholte Yseras weise Worte. Dies ist Azeroth … Diese Welt besteht aus einem Körper.

    Ermutigt durch die Worte, verbannte Thrall alle Vorbehalte aus seinem Herzen und stürzte sich nach Azeroth.

    Seine Essenz raste kopfüber durch Kilometer nach Kilometer an Erde, die sich um ihn herum ausbreitete. Er bewegte sich durch die sonnenverbrannte Erde von Durotar und dann durch die schlammigen Ufer der Sümpfe des Elends. Alle Länder, egal, wie weit entfernt oder unterschiedlich sie voneinander waren, waren miteinander auf eine Art und Weise verbunden, die er zuvor niemals verstanden hatte.

    Neben den Gebieten, die er kannte, entdeckte Thrall andere Orte und Eigentümlichkeiten in Azeroth, die ihm bis dahin unbekannt gewesen waren.

    Irgendwo im Großen Meer lag eine mysteriöse Insel, verborgen im Nebel …

    Unterhalb der Östlichen Königreiche rührte sich eine Präsenz in den Bergen von Khaz Modan. Der Geist dort war stark, aber nicht elementarer Natur. Er war, seltsamerweise, wie Thrall: ein Sterblicher, der die Fesseln des Fleisches abgeworfen hatte. Das unbekannte Wesen patrouillierte die uralte Erde der Region, als würde es stille Wacht über das Land halten. Es sprach mit einem zwergischen Akzent, der durch Azeroth hallte.

    „Denn sieh, wir sind die Irdenen, die dem Land entstammen, und seine Seele ist die unsere, seine Qual ist die unsere, sein Herzschlag ist der unsere …"

    Thrall sah auch, dass die tiefen Orte der Welt durchlöchert waren mit geschmolzenen Verletzungen und anderen Wunden. Was ihn am längsten innehalten ließ, waren die gewaltigen Höhlen, kalt und unnatürlich, verstreut über den Erdball. Sie waren Orte der Leblosigkeit, bei denen selbst die Erdelementare zögerten, sich ihnen zu nähern.

    Einer dieser Hohlräume befand sich tief unter dem Hyjal. Thrall steuerte seinen Geist in die Richtung der unterirdischen Aushöhlung. Anders als beim Rest von Azeroth war das, was sich in der Höhle befand, vor seinem Blick verborgen. Als er sich näherte, drang eine einzelne Stimme aus der Kammer heraus, erzitternd vor unermesslicher Macht.

    „Schamane."

    Die Stimme trommelte über den Geist des Orcs, als würde Azeroth selbst zu ihm sprechen.

    „Komm."

    Thrall wurde von der Quelle der Stimme angezogen, er fühlte sich genötigt, sie ausfindig zu machen. Seine Essenz umkreiste das Äußere der Kammer, bis er eine Öffnung in den scheinbar undurchdringlichen Wänden der Höhle fand. Während er seinen Geist in die Leere schob, drangen Steine und Erde mit ihm zusammen ein. Das Geröll verschmolz zu Beinen, einem Rumpf, Armen und einem Kopf; zwei facettenreiche Kristalle dienten ihm als Augen. Seine neue Gestalt ähnelte seinem wahren physischen Körper – von dem Umstand abgesehen, dass er aus Erde war.

    „Wer seid Ihr?", rief Thrall mit einem scharfen Poltern, das mehr nach dem Geräusch mahlender Steine denn nach einer verständlichen Sprache klang.

    Teiche von aufgewühlter Lava boten die einzige Beleuchtung des Raums. Die Wände und der Boden waren bedeckt mit einer groben kristallinen Substanz, die so schwarz war, dass sie alles Licht um sie herum zu absorbieren schien.

    „Hier", kam die Antwort aus der Mitte des unterirdischen Lochs. „Hier liegt die Wahrheit dieser Welt."

    Thrall schleppte sich weiter in die Kammer, angelockt von der Autorität, die in den Worten mitschwang. Seine Verbindung mit dem Rest von Azeroth und seinem Körper auf dem Hyjal wurde mit jedem Schritt, den er tat, dünner. In der Mitte der Höhle stand eine humanoide Figur, ihre Gesichtszüge eingehüllt in fast fassbare Finsternis.

    Er wankte näher heran, bis zwei Augen sich in dem statuenhaften Wesen öffneten, die in der Farbe von geschmolzenem Stein glühten.

    Thrall stolperte zurück, als die Schatten, die die Gestalt umgeben hatten, sich auflösten und den Blick auf einen grotesken Menschen freigaben. Eine gewaltige Metallplatte in Form eines Kiefers war an sein äschernes Gesicht geschraubt. Gezackte Hörner ringelten sich von seinen Schultern und seine Finger endeten in dolchähnlichen Klauen. Adern aus Magma schlängelten sich über seine Brust.

    Der Orc erkannte den Menschen nicht, aber er spürte seine wahre Identität: Es war Todesschwinge in seiner sterblichen Gestalt.

    „Die Arroganz von Schamanen wird niemals aufhören, mich zu verblüffen, rumpelte der schwarze Aspekt, mit einer Stimme, die wie das Zusammenstoßen zweier gewaltiger Steinbrocken klang. „Ihr strebt danach, eine Macht zu zähmen, deren Herrschaft euch von Rechts wegen nicht zusteht … eine Macht, die euer Verständnis bei Weitem übersteigt.

    Thrall rannte in die Richtung der Wand, durch die er die Höhle betreten hatte. Splitter schwarzen Kristalls lösten sich krachend vom Boden und schlossen sich über der freigelegten Erde. Der Orc rammte seine Schulter in die Barriere und flehte die elementaren Geister an, sich ihm zu öffnen. Die widerwärtige Substanz erhörte seine Rufe jedoch nicht, so wie es die Erdelementare Azeroths getan hätten.

    „Faszinierend, nicht wahr?, fauchte Todesschwinge hinter ihm. „Das Blut der Alten Götter antwortet deinen Launen nicht, denn sie sind nicht von dieser Welt. Nur die Erwählten können es wirklich beherrschen.

    Thrall wirbelte in Erwartung eines Angriffs zu dem Aspekt herum, doch Todesschwinge war nicht nähergekommen.

    „Ich habe dein Kommen erwartet, seit ich deinen Geist blind durch die Hänge des Hyjal tasten sah, sagte Todesschwinge. „Ich hatte angenommen, dass du nicht mutig genug wärst, um dich jenseits des Bergs zu wagen, aber dein Fortschritt beweist, was ich bereits vermutet hatte … Die anderen Aspekte haben vor, dir meine Kräfte zu gewähren. Sie planen, mich durch einen Sterblichen zu ersetzen.

    Thrall begriff den Sinn dieser Worte nicht. Obwohl er nun über erweiterte Fähigkeiten verfügte, hatten Ysera und ihre Kameraden ihm deutlich gemacht, dass er niemals ein Aspekt werden würde und daher auch nicht der Erdwächter.

    „Sie haben nichts mit diesen Kräften zu tun. Thrall bewegte sich tastend an der Höhlenwand entlang, in der Hoffnung auf einen Riss oder eine Schwachstelle zwischen den aus dem Blut der Alten Götter gefertigten Platten. „Und die Entscheidung, sie zu nutzen, war ganz allein meine.

    Die Kammer erzitterte unter Todesschwinges Lachen. „Das wollte man dich glauben machen. Ich habe an vielen Orten Augen, die für mich sehen, Schamane. Ich weiß, dass die anderen Aspekte auf dem Hyjal zurückgeblieben sind, um ihre Ränke zu schmieden, und dass du mit ihnen zusammenarbeitest. Wie Feiglinge haben sie dich in dieses Schicksal gelockt, ohne dass du davon ahntest, darauf bedacht, meinen Fluch auf dich zu übertragen."

    „Was Euch gegeben wurde, war ein Geschenk, kein Fluch", erwiderte Thrall. Er hatte in letzter Zeit viel über die Titanen und die Aspekte erfahren. Vor langer Zeit hatte der Titan Khaz’goroth Todesschwinge die Herrschaft über die irdenen Weiten der Welt gewährt und ihm den Auftrag erteilt, sie vor Unheil zu schützen. Allerdings hatte diese Pflicht ihn anfällig gemacht für den Einfluss der Alten Götter, die im Inneren Azeroths gefangen waren. Die Probleme und Sorgen, mit denen die Aspekte im Laufe der Geschichte zu tun hatten – von Todesschwinges Verrat bis hin zur bevorstehenden Stunde des Zwielichts –, waren alle Teil des großen Plans der Alten Götter, alles Leben in der Welt zu vernichten.

    „Ein Geschenk?", fauchte Todesschwinge. „Du bist genauso fehlgeleitet wie die anderen Aspekte, ein zu großer Narr, um zu erkennen, dass die uns auferlegten Aufgaben nichts anderes als Kerker für uns waren."

    „Die Titanen gaben Euch einen Sinn", gab Thrall zurück. Seine Verbindung mit dem Hyjal war schwächer denn je. Er spürte, dass die Erde, die er in weiter Entfernung in seiner physischen Hand hielt, ihm durch die Finger rann.

    „Nichts von dem, was sie tun, hat einen Sinn. Todesschwinge stampfte in Richtung Thralls, wobei jeder Schritt durch die Kammer donnerte. „Azeroth war für die Titanen ein Experiment. Ein Spielzeug. Als sie genug hatten, haben sie uns allen den Rücken gekehrt. Es war ihnen vollkommen egal, was mit der zerbrochenen Welt geschehen würde, die sie zurückließen.

    „Sie ist zerbrochen wegen dem, was Ihr getan habt. Weil Ihr Euer Geschenk zurückgewiesen habt!", brüllte Thrall.

    „Es ist kein Geschenk!" Todesschwinges Körper erbebte vor Zorn.

    Thrall bemerkte, dass seine Worte einen Effekt auf Todesschwinge hatten. Er fuhr damit fort, den Aspekt zu reizen, in der Hoffnung, dass dieser irgendeine Schwäche preisgeben würde. „Das Geschenk, für das Ihr nicht stark genug gewesen seid. Das Geschenk …"

    „Sei still!", donnerte Todesschwinge. „Wenn du darauf bestehen möchtest, dass es ein Geschenk war, dann sei es so. Dann sollst du auch erfahren, wie es ist, ich zu sein, dieses gnadenvolle Geschenk zu erhalten … wie es ist, das glühende Herz dieser Welt als dein eigenes zu spüren."

    Schmerz loderte tief in Thralls irdener Brust. Die unablässigen Flammen, die in Azeroths Kern brannten, wirbelten in seinem Geist. Seine Steinhaut zischte und dampfte, während sie in einem finsteren und zornigen Rot glühte.

    „Dann sollst du erfahren, wie es sich anfühlt, das Gewicht dieser sterbenden Welt auf deinen Schultern zu spüren."

    Thralls Beine zitterten, als jeder Stein in Azeroth ihn zu Boden drückte. Sein Körper splitterte und zerbarst. Es war jenseits körperlichen Schmerzes; sein Geist löste sich auf, erstickt von der unfassbaren Last.

    „Schmeckt dieses Geschenk so süß, wie du es dir ausgemalt hast?, fragte Todesschwinge amüsiert. „Das ist es, was die anderen Aspekte wollen: dich an diese Welt zu ketten, so wie ich es einst war. Dich zu einem Leben von unendlicher Marter zu verurteilen.

    Durch den grellen Schmerz erkannte Thrall, dass er nun über unglaubliche Stärke verfügte. Das Gewicht Azeroths unterstand seinem Befehl. War Todesschwinge so arrogant, dass er ihm diesen Vorteil verschafft hatte?

    Der Orc hinterfragte seine Intuition nicht. Dies war der Irrtum im Urteilsvermögen seines Feindes, auf den er gewartet hatte. In einer einzigen schnellen Bewegung kanalisierte Thrall die Last Azeroths in seine Faust und stürzte auf Todesschwinge zu. Die Macht war berauschend. Er fühlte sich, als könnte er einen Berg entzwei schlagen.

    Der schwarze Aspekt stand regungslos da, während Thrall sich näherte. In dem Augenblick, bevor seine Faust auf Todesschwinges Brust traf, wurde das Gewicht Azeroths – und all seine Kraft – dem Zugriff des Orcs entrissen.

    Seine Hand schlug auf die menschliche Gestalt des Aspekt und Thralls Arm zerbrach bis hin zu seinem Ellenbogen in tausend Stücke. Er sank auf die Knie und heulte vor Schmerz auf, als das Magma aus dem zerbrochenen Glied schoss.

    Er spürte, wie in weiter Entfernung, in der Nähe seines physischen Körpers auf dem Hyjal, die Erde auseinanderbrach.

    * * *

    Es gab sterbliche Zauberer, und sogar Mitglieder des blauen Drachenschwarms, die die Regeln der arkanen Magie für absolut hielten. Doch wo sie Grenzen sahen, sah Kalec nur Potenzial für neue Erkenntnisse. Für

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1