Professor van Dusen in der Wüste
Von Michael Koser
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Über dieses E-Book
Doch bekanntlich ist dem Professor nichts zu gefährlich oder zu schwierig. Er entdeckt eine Hintertür im verschütteten Pharaonengrab, rettet seinen Assistenten in letzter Sekunde spektakulär aus einem von Beduinen überrannten Wüstenfort und spielt mit Geschick französische Spione, deutsche Agenten und den Sultan von Marokko höchstpersönlich gegeneinander aus.
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Buchvorschau
Professor van Dusen in der Wüste - Michael Koser
Professor van Dusen in der Wüste
Ihre ersten Auftritte hatten Professor van Dusen und Hutchinson Hatch in Kurzgeschichten des amerikanischen Autors Jacques Futrelle, der 1912 mit der „Titanic unterging. Michael Koser, von alten Krimis fasziniert, hat die Figuren wiederentdeckt und fortgeschrieben – von 1978 bis 1999 in 77 Radio-Hörspielen, die seit 2010 als CDs bzw. zum Download bei Highscore Music/Folgenreich erscheinen. In Zusammenarbeit mit dem Künstler Gerd „Pirg
Pircher sind aus einigen Fällen Comics geworden (s. www.profvandusen.com), und nun werden Kosers VanDusen-Hörspiele zu Büchern. So schließt sich der Kreis.
Bisher erschienen:
„Professor van Dusen fährt Orient-Express"
„Professor van Dusen in Paris"
Michael Koser, 1938 in Berlin geboren, studierte Geschichte, Politik und Germanistik, bevor er 1965 begann, fürs Radio zu schreiben. Seine Krimireihen „Professor van Dusen, „Der letzte Detektiv
und „Cocktail für zwei" sind Kult. Heute ist Koser, der in Bremen lebt, vor allem damit beschäftigt, seine Hörspiele über Professor van Dusen zu Büchern umzuschreiben.
Michael Koser
PROFESSOR VAN DUSEN
IN DER WÜSTE
von Bezold Verlag, München
In Erinnerung an Klaus Herm alias
Hutchinson Hatch
INHALT
PROLOG
I. DER FLUCH DES PHARAO
II. AUF DEM FLIEGENDEN TEPPICH
III. HEISSES PFLASTER TANGER
NACHWORT
PROLOG
Mein Name ist Hutchinson Hatch. Ich bin Reporter beim „Daily New Yorker", dem Weltblatt der Weltstadt. 1898 lernte ich Professor Dr. Dr. Dr. Augustus van Dusen, die Denkmaschine, kennen. Mit meiner Hilfe entdeckte der weltberühmte Wissenschaftler sein Interesse an der Aufklärung spektakulärer Kriminalfälle. Seitdem fungiere ich als sein Assistent und Chronist.
Nachdem der Professor eine Reihe aufsehenerregender Verbrechen in seinem Heimatland, den USA, gelöst hatte, ging er 1903 mit mir auf eine Reise um die Welt, die drei Jahre dauern und uns in unglaubliche Abenteuer verwickeln sollte. Vielleicht am unglaublichsten war jene Serie von Ereignissen, die ich in meiner Chronik unter dem Titel „Professor van Dusen in der Wüste" zusammengefasst habe.
Ja, die Wüste! Ich sehe uns wieder unter brennender Sonne, mitten im unendlichen Sandmeer – zwei Männer auf Kamelen, der eine klein mit großem Kopf, in dem es von genialen Ideen nur so wimmelt, der andere mit einem ganz normalen Kopf ohne jede Spur von Genialität. Des weiteren sehe ich Grabräuber, Fremdenlegionäre, wilde Beduinen, Spione, einen leibhaftigen Sultan und einen toten Pharao.
Damit wir uns richtig verstehen: Im Verlauf seiner kurzen, aber hochbedeutsamen kriminologischen Karriere ist Professor van Dusen insgesamt dreimal mit mir in die Wüste geschickt worden. Das erste Mal von Präsident Teddy Roosevelt höchstpersönlich – wir sollten den unter mysteriösen Umständen abhanden gekommenen Erfinder Edison aufspüren. Das war, wenn ich mich recht erinnere, im Jahr 1902. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob diese Episode tatsächlich ein echtes Wüstenabenteuer darstellt. Kamele kamen jedenfalls nicht vor, und die gottverlassene Landschaft im Staat New Mexico ist eher steinig als sandig.
Da ist die Wüste Gobi schon ein ganz anderes Kaliber, groß und heiß und voller Sand. Kamele gibt’s da auch – und den Yeti, der uns zottig und bedrohlich über den Weg lief.
Doch noch vor der Gobi hatten wir es mit der Mutter aller Wüsten zu tun, der nordafrikanischen Sahara. Was wir da erlebt haben, will ich Ihnen jetzt berichten. Es fängt, wüstenmäßig gesehen, eher klein an, am Nil, im Tal der Könige. Aber ohne den Fluch des Pharao hätte es den fliegenden Teppich niemals gegeben, und der sollte uns schließlich nach Marokko bringen, wo Spione aus aller Herren Länder sich ein Stelldichein gaben.
Davon später. Jetzt sind wir erst einmal in Ägypten, an Bord des Nildampfers „Ramses", gechartert von der Firma Thomas Cook und Söhne. Es ist der 12. Januar 1905, gegen acht Uhr morgens…
I
DER FLUCH DES PHARAO
1
Noch einmal drehte sich das große Schaufelrad am Heck, dann kam die Maschine zum Stillstand. Die Matrosen, die schon vorher auf den Kai gesprungen waren, befestigten die Haltetaue und schoben die Gangway an ihren Platz.
„Geehrte Passagiere! tönte der Kapitän auf der Brücke durchs Megafon. „Wir sind soeben in Luxor gelandet. Sofern Sie die berühmten altägyptischen Tempelanlagen zu besichtigen wünschen, steigen Sie hier bitte aus!
Auch van Dusen und ich verließen das Schiff. Was mich betraf, mein Verlangen nach alten Pharaonentempeln hielt sich in Grenzen. Von Ägyptologie hatte ich einstweilen genug. In den vergangenen zwei Monaten hatten wir drei komplizierte archäologische Kriminalfälle aufklären müssen.
Wenn ich „wir" schreibe, dann meine ich natürlich, dass der Professor aufklärte, während ich ihm dabei nach meinen bescheidenen Kräften zur Hand ging, wie es meiner Rolle als Assistent entsprach. Oder anders ausgedrückt: Van Dusen machte die zerebrale Feinarbeit, mein Job war das Laufen, das Schleppen und das Zuhören.
Während unser Gepäck von Bord geschafft wurde, spähte der große Amateur-Kriminologe unruhig und zunehmend ungehalten über den großen Landungsplatz.
„Merkwürdig…", murmelte er vor sich hin.
Ich sah ihn fragend an. „Was ist merkwürdig, Professor?"
„Benedict…", murmelte er und spähte weiter.
„Was ist mit Benedict? fragte ich und spähte auch meinerseits ein bisschen herum. „Ich sehe ihn nicht.
„Das ist ja gerade das Merkwürdige, mein lieber Hatch. Ich sehe ihn nämlich auch nicht. Dabei habe ich ihn mit großem Nachdruck ersucht, uns an der Landungsstelle abzuholen. Er nahm den Kneifer ab und begann, ihn mit seinem großen karierten Taschentuch zu putzen. „Das fängt ja gut an…
Allmählich wurde es um uns ruhiger. Die ausgestiegenen Touristen begaben sich in ihre Hotel, begleitet von schwitzenden Kofferträgern, von Fremdenführern, die gestikulierend auf sie einredeten, von Kindern in schmutzigweißen Hemden, die Bakschisch verlangten.
„Noch immer nicht da! Der Professor hatte den Kneifer wieder aufgesetzt und fixierte mich mit strenger Miene. „Sie haben doch wohl nicht vergessen, das Telegramm aufzugeben, mein lieber Hatch?
„Aber Professor!" sagte ich, zutiefst in meiner Assistentenehre gekränkt.
„Haben Sie es aufgegeben oder nicht?"
„Natürlich habe ich. Persönlich. Gestern früh, im Hauptpostamt von Kairo. Ich hob die rechte Hand und streckte Zeige-nebst Mittelfinger aus. „Großes Ehrenwort!
Irritiert schüttelte van Dusen den Kopf. „Dann verstehe ich nicht, was meinen geschätzten Kollegen Benedict abgehalten haben könnte…"
Seine Irritation war verständlich. Schließlich galt unser Besuch in Luxor einzig und allein Professor Arnold Benedict. Seit gut zwei Jahren buddelte er im Tal der Könige nach toten Pharaonen, im Auftrag und auf Rechnung der Universität New York. Weil er bisher nichts Interessantes zu Tage gefördert hatte und weil eine Grabungskampagne mindestens dreißigtausend Dollar kostet, war die Universität ungeduldig geworden und hatte beschlossen, ihrem Professor für Ägyptologie mal auf die Finger zu schauen. Professor van Dusen, eminentes Mitglied des Lehrkörpers, Inhaber der Lehrstühle für Physik, Chemie, Biologie und so weiter, war auf seiner großen Reise gerade in Ägypten angekommen und ließ sich überreden, in Luxor nach dem Rechten zu sehen. So weit, so gut – dumm nur, dass Benedict partout nicht auftauchen wollte.
„Was nun, Professor? fragte ich. Die Sonne brannte, es war heiß und staubig. „Sollten wir nicht in ein Hotel…?
Kurz und energisch schüttelte van Dusen den Kopf.
„Ein Café?" schlug ich vor.
Wieder professorales Kopfschütteln.
„Oder wenigstens in den Schatten…?"
„Wir warten, mein lieber Hatch. Wir warten und fassen uns in Geduld. Wenn Sie sich langweilen, besichtigen Sie doch jenes interessante Exemplar lokaler Folklore."
Mein Blick folgte van Dusens Zeigefinger. „Meinen Sie den müden Schlangenbeschwörer mit seiner noch müderen Kobra? Von mir aus."
Einträchtig wanderten wir über den inzwischen fast völlig leeren Landeplatz. Ein ältlicher Sohn des Landes, angetan mit einem roten Kopftuch und einem langen grünen Schlabberhemd, hockte unter einer Palme und dudelte auf einer hölzernen Flöte vor sich hin. Eine angestaubte Brillenschlange im Korb zu seinen Füßen vollführte dazu die schläfrigen Windungen einer rheumatischen Bauchtänzerin.
„Ich nehme an, Sie wissen, wie der scheinbare Tanz des Reptils im Korbe bewerkstelligt wird, mein lieber Hatch?"
„Weiß ich, Professor", sagte ich schnell, um eine längere Vorlesung über tierische Reflexe gleich im Keim zu ersticken.
Als der Schlangenbeschwörer unsere fremdländischen Stimmen hörte, öffnete er die Augen und stellte sein Flöten ein. „Bakschisch, edle Herren?" fragte er hoffnungsvoll. „Ein kleines Bakschisch im Namen Allahs, des Allbarmherzigen! Wie spricht der Prophet? Gesegnet sei – „
„Geben Sie ihm schon was, Hatch!" Van Dusen war einen Schritt zurückgetreten.
Ich grabbelte in der Jackentasche und warf dem Mann eine Münze zu, die er geschickt und gar nicht müde im Fluge auffing. Als er sah, was er bekommen hatte, weiteten sich seine Augen. „Ein Goldstück! Oh Dank, edle Herren, Dank!"
„Eine ganze Guinea? Aber Hatch…!"
Ich zuckte die Achseln. „Kein Kleingeld, Professor."
Der Schlangenbeschwörer deckelte seinen Korb und stand auf. „Sie sind mitleidige Herren, barmherzige Herren, flüsterte er. „Zum Dank will ich Ihnen einen guten Rat geben. Betreten Sie niemals das Grab des Heidenkönigs! In ihm lauert der Tod! Ein schreckliches Ende ist jedem verheißen, der des Königs Ruhe stört! Lassen Sie sich warnen, edle Herren –
„Aus dem Weg! Eine große rote Hand hatte den Schlangenbeschwörer an der Schulter gepackt und schob ihn grob zur Seite. „Verschwinde!
Während sich der Mann gehorsam von dannen machte, drehte er den Kopf und rief uns zu: „Nochmals Dank, edle Herren – und folgen Sie meinem Rat!"
„Gar nicht abgeben mit solchen Typen! schnarrte der Fremde, ein hochgewachsener Mann in einem hellen Leinenanzug. „Professor van Dusen?
„Ich bin es."
Der Fremde zog den Tropenhelm. „Oliver, stellte er sich vor, „Dr. John Oliver. Professor Benedicts Assistent.
„So, der Assistent, meinte van Dusen pikiert. „Warum kommt der Professor nicht selbst?
„Tja, das ist eine merkwürdige Sache. Dr. Oliver kratzte sich am Hinterkopf. „Wie es den Anschein hat, ist Professor Benedict verschwunden.
„Verschwunden? Van Dusens Augen leuchteten. „Aha!
„Aha, sprach der Jagdhund, hob den Kopf und blähte die Nüstern, murmelte ich. „Oder was Jagdhunde so machen.
„Hatch! Der Professor rief mich zur Ordnung und wandte sich dann wieder Dr. Oliver zu. „Berichten Sie, Doktor. Was ist geschehen?
„Das wissen wir nicht, Professor. Der Chef verließ gestern Abend das Haus – und ward seitdem nicht mehr gesehen." Dr. Oliver setzte den Helm